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Golfszene Niederlande – klare Strategien und Zielgruppen-Orientierung

Unterschiedliche Bedürfnisse und Einkommensschichten im Fokus

Deutschland und die Niederlande verbinden insgesamt 576 Kilometer gemeinsame Außengrenzen – nur zu Österreich und der Tschechischen Republik hat die Bundesrepublik eine längere Grenze (je 817 Kilometer). Dabei grenzt der größte der Benelux-Staaten an zwei Bundesländer: Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Gemäß DGV-Statistiken 2022 ist NRW hinter Bayern das Bundesland mit den meisten Golfern, gemeinsam mit Niedersachsen (und Bremen, da ein gemeinsamer Landesverband besteht) entfallen somit über 30% der deutschen Golfer auf die Grenz-Bundesländer. Zwar kommen die Niederlande nur auf knapp 10% der Landfläche Deutschlands, die Bevölkerungsdichte liegt mit knapp 17,6 Mio. Einwohnern aber mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. Zudem geht man bis 2060 für unsere Nachbarn im Westen von einer leicht wachsenden Einwohnerzahl aus, während man in Deutschland mit einem deutlichen Rückgang rechnet. Gut 99% aller Haushalte in den Niederlanden haben zudem Zugang zum Breitband-Internet (Deutschland: 89% – alle Zahlen gemäß Statista/Eurostat). Auch bei den Golfern zeigt sich bei unseren Nachbarn eine größere Durchdringung: Während in Deutschland rund 0,81% der Bevölkerung als Mitglied eines bundesdeutschen Golfclubs registriert sind, liegt dieser Wert in den Niederlanden mit 2,33% deutlich höher. In absoluten Zahlen gab es laut Niederländischem Golfverband NGF (Koninklijke Nederlandse Golf Federatie) Anfang 2022 410.028 Golfer, während der DGV in seiner Statistik per Ende 2021 insgesamt 673.983 Golfer (genauer: Golfmitgliedschaften) zählte. Damit konnte das niederländische Golf in den letzten fünf Jahren um insgesamt 13% wachsen. Insgesamt zählte der NGF Anfang 2022 427.311 Mitgliedschaften, nur gut jeder zwanzigste niederländische Golfer ist somit in mehr als einem Club seines Heimatlandes Mitglied – dabei sollte man die vergleichsweise geringen Entfernungen zwischen den einzelnen Landesteilen berücksichtigen. Der Anteil der Damen liegt bei rund 32%, soll aber – so NGF-Direktor Jeroen Stevens ► im Interview mit dem golfmanager – mittelfristig auf 50% gesteigert werden. Die größte Altersgruppe der Golfer ist die der 51- bis 60-jährigen, wie in Deutschland dominiert auch in den Niederlanden die ältere Bevölkerung. Auch beim Handicap zeigen sich viele Parallelen zu Deutschland: Von der größten Einzelgruppe, den 54er-Handicappern, sinkt der Anteil der Golfer nach Handicap bis hin zu den Scratchgolfern nahezu linear.

Im Unterschied zu Deutschland ...

Die Struktur der Mitgliedschaften zeigt deutliche Unterschiede zu Deutschland: Nur gut die Hälfte aller Golfer hat sich für eine Mitgliedschaft samt Heimatclub entschieden, der Rest hat keinen Heimatplatz. Bis 2020 war der Anteil der Golfer ohne Heimatplatz sogar höher als der Anteil der Club-gebundenen Golfer. Insgesamt zählen die Niederlande gut 200 Golfplätze, hinzukommen einige reine Driving-Ranges und Kurzplätze. Im statischen Mittel kommen damit auf eine Golfanlage in den Niederlanden fast doppelt so viele Golfer wie in Deutschland, bezogen auf Mitgliedschaften mit Club-Bindung dürfte die Anzahl der Golfer pro Anlage ungefähr gleich sein. Dennoch: Die Situation in den Niederlanden führt unweigerlich zu einer starken Nachfrage nach Startzeiten durch inländische Gastspieler. Doch auch wenn Deutschland und die Niederlande zahlreiche Gemeinsamkeiten beim Golf aufweisen: Es gibt auch klare Unterschiede. Deutlich wird dies bei den Betreibermodellen. Während in Deutschland das international weit verbreitete Modell des komplett privaten Golfclubs nahezu nicht existent ist, spielt dieses in den Niederlanden eine große Rolle. Sowohl traditionelle Golfanlagen wie De Pan, der Koninklijke Haagsche Golf & Country Club oder der Noordwijkse Golf Club haben sich diesem Geschäftsmodell verschrieben, aber auch vergleichsweise junge Golfanlagen wie der nicht zuletzt durch die Dutch Open bekannte The Dutch oder der The International und der The Duke Club setzen auf dieses Konzept – und geben sich bewusst exklusiv und verzichten mit Ausnahme von Mitglieds-Gästen oft auf Greenfee-Spieler. Vor allem bei den Privatclubs spielt das Thema „Business auf der Golfanlage“ eine wichtige Rolle, aber auch eine klare Serviceorientierung und -philosophie. Der golfmanager hat hierzu den The Dutch besucht und mit CEO Phil Helsby gesprochen (► siehe separate Informationen zu The Dutch ► plus Interview). Darüber hinaus gibt es in den Niederlanden den traditionellen Non-Profit-Mitgliederclub ebenso wie Betreibermodelle, bei denen die Verantwortung und das wirtschaftliche Risiko in den Händen der jeweiligen Besitzer liegt. Auch für diese Betriebstypen hat der golfmanager zwei Anlagen besucht: Den nahe der deutschen Grenze gelegenen Golf & Country Club Geijsteren und Golf de Goes in Seeland. Beide Anlagen werden in Kurzporträts vorgestellt. Auffällig ist, dass unabhängig vom Betreibermodell Business Golf eine große Rolle in den Niederlanden spielt. Kaum ein Club, der kein Mitgliedsmodell für Firmen anbietet – entweder für lokale Unternehmen oder landesweit. Wie in Deutschland wird zudem deutlich, dass der typische Mitgliederclub oft zum Outsourcing greift – vor allem bei der Gastronomie – während Betreiberclubs und Privatclubs eher auf Eigenbetrieb setzen. Generell kommt der Gastronomie und der sozialen Komponente in den Niederlanden eine eher höhere Bedeutung als in Deutschland zu – das zeigt nicht zuletzt die Ausrichtung der Dutch Open als einzigem DP World Tour Event unserer westlichen Nachbarn (► siehe golfmanager 4/22). Beachtlich ist auch die Flexibilität einiger Anlagen: So verwandelt sich der unmittelbar an die Rennstrecke von Zandvoort angrenzende The Dunes Golfclub von Betreiber Nigel Lancaster in der Woche des Formel 1-Rennens kurzerhand zum Fandorf samt Zeltstadt auf der Driving-Range.

Neben dem nationalen Golfverband NGF existiert der NVG (Nederlandse Vereniging van Golfaccommodaties) als Pendant zum deutschen BVGA. Auffällig ist der enge Schulterschluss zwischen Golfverband und dem Golf-anlagenverband. So haben beide gemeinsam ein Portal (GolfGo) zur Buchung von Startzeiten entwickelt, das inzwischen von rund einem Drittel der Anlagen genutzt wird und gegenüber Drittportalen deutliche Kostenvorteile bietet. Auch der Verband hat in Sachen Digitalisierung bereits große Erfolge erzielt. So wurde die Ausgabe von Plastikkarten an die Golfer inzwischen eingestellt, stattdessen wurde für die Golfer bereits vor mehr als fünf Jahren die App Golf.NL bereitgestellt. Schon 2021 kam die App auf fast 310.000 Accounts. Neben dem Mitgliedsausweis dient die App zur Erfassung von Scorekarten – sowohl für vorgabenwirksame Ergebnisse, als auch Privat-Runden. Die Anzahl der erfassten Runden stieg in 2021 um sagenhafte 76%, insgesamt wurden mehr als 1,4 Mio. Rundenergebnisse erfasst – somit knapp 3,5 Runden pro Golfer. Auffällig dabei: Knapp 72% der erfassten Runden gingen über 9 Spielbahnen, nur gut 28% über die volle Distanz. Weitere Informationen zur Arbeitsweise des Niederländischen Golfverbands und seinen umfangreichen Aktivitäten für Golfclubs und Golfer zeigt das ► Interview mit NGF-Direktor Jeroen Stevens. Interessant: Die Verbandsabgabe pro Golfer liegt in den Niederlanden bei lediglich 19 Euro pro Jahr, wie Stevens gegenüber dem golfmanager bestätigt. Auch die Zusammenarbeit mit den Clubs ist etwas anders gestaltet als in Deutschland: „Wir haben Account Manager in unserem Verband, und wir besuchen unsere Golfclubs, um herauszufinden, welche spezifische Hilfe sie brauchen könnten“, erläutert der NGF-Direktor das Konzept. Nach dem starken Mitgliederwachstum in den Zeiten von Corona erwartet der Verband nun einen Mitgliederrückgang – letztlich werde sich die Anzahl der Golfer wohl wieder auf dem Niveau von 2019 und somit vor Corona einpendeln, so der Manager. Ein Wachstum bei der Anzahl der Golfanlagen ist in den Niederlanden ebenfalls wenig wahrscheinlich. „Selbst wenn der Golfsport wachsen würde, hätten wir hier in den Niederlanden kaum Chancen für weitere Golfplätze. Wir haben einfach keinen Platz dafür“, betont Stevens die besonderen Voraussetzungen seines Landes.

 

Ein wichtiger Unterschied zu Deutschland besteht bei der Gestaltung der Greenfees. Discount-Systeme wie Golfhaftet und Co. haben kaum Zugang gefunden. Das Nominal-Greenfee der meisten öffentlich zugänglichen Golfanlagen liegt in etwa auf der Höhe der Greenfees in Deutschland oder leicht darunter – durch den Verzicht auf Rabattierung ist das tatsächliche Greenfee oft jedoch höher als im deutschen Markt. Statt Nachlässen setzen Niederländische Golfanlagen eher auf Pakete aus Greenfee und After-Round-Verpflegung – gerade bei Anlagen, welche die Gastronomie selbst betreiben. Eine Besonderheit ist auch die Stiftung Handicart: Sie wendet sich an Golfer, die aus medizinischen Gründen für ihre Runden auf einen Buggy angewiesen sind. Diese können gegen Vorlage eines ärztlichen Attests Mitglied der Stiftung werden und erhalten dann bei teilnehmenden Golfanlagen einen Buggy für unter 10 Euro pro Runde – plus jährliche Spende an die Stiftung, die im niedrigen einstelligen Eurobereich beginnt. Die Buggies werden den teilnehmenden Clubs von der Stiftung zur Verfügung gestellt, so dass den Mindereinnahmen aus der Buggy-Vermietung auch entsprechende Minder-Investitionen gegenüberstehen.

 

Nicht zuletzt aufgrund seiner exponierten Lage am Meer spielen Umweltschutz und Nachhaltigkeit seit vielen Jahrzehnten eine wichtige Rolle. Das beginnt beim individuellen Abfallmanagement auf der Runde (► siehe dazu das Interview mit Golf De Goese-Manager Geert Frommé) bis hin zur Nachhaltigkeitsinitiative des NGFs. „Ich kann ohne weiteres sagen, dass der Verband den gesamten Nachhaltigkeitsfokus schon vor 20 bis 25 Jahren begonnen hat. Damals hieß es ‚Committed to Green‘“, so NGF-Direktor Stevens. Anders als in Deutschland setzt man auf eine Zusammenarbeit mit der GEO Foundation, rund 125 Anlagen in den Niederlanden sind bereits GEO-zertifiziert. Sorgen bereitet dem Manager vor allem die bevorstehende EU-Novellierung bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln – denn hier droht nach seiner Einschätzung gar ein Verbot für biologische Wirkstoffe. Natürlich bleiben auch Deutschlands Nachbarn vom Fachkräftemangel nicht verschont – besonders stark ist nach Einschätzungen von Verband und Clubmanagern das Greenkeeping und hier insbesondere der Führungsbereich betroffen.

 

Fazit

Insgesamt ist der Niederländische Golfmarkt – obwohl in absoluten Zahlen etwas kleiner als der deutsche Markt – deutlich stärker differenziert. Nahezu alle Anlagen verfügen nicht nur über eine klare Ausrichtung und Zielgruppen-Orientierung, das Angebot spricht unterschiedliche Bedürfnisse und Einkommensschichten klar abgegrenzt an. Überraschend ist insbesondere die vergleichsweise hohe Anzahl echter Privatclubs. Auch die Herangehensweise des Verbands an Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit weicht in Teilen von der deutschen Strategie ab – teils jedoch mit deutlich größerem Erfolg.

 

Die Vorstellung der drei von golfmanager-Autor Michael Althoff besuchten Clubs und das Interview mit NHF-Direktor Jeroen Stevens zeigen auch für den deutschen Markt interessante Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf. Nicht zuletzt aufgrund der angrenzenden Märkte und räumlichen Nähe wäre es sinnvoll, wenn sich niederländische und deutsche Golfmanager künftig stärker über Erfolge und Misserfolge ihrer Konzepte austauschen würden und so ihre Produkte gemeinsam voranbringen würden – denn vor allem in grenznahen Regionen innerhalb der EU handeln Golfer längst Landesgrenzen-übergreifend.

 

 

Zur Vervollständigung des Beitrags zur Golfszene in den Niederlanden besuchte der golfmanager drei Anlagen, die interessante Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Vergleich zum deutschen Golfmarkt aufzeigen. Ergänzend zu zwei dieser Anlagen finden Sie zusätzlich ein Interview mit dem jeweiligen Geschäftsführer:

 

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 5/2022

 

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