Login

Der Turniersommer 2022 im Profigolf

Die letzte Saison vor der LIV-Tour

Die gute Nachricht vorweg: In Deutschland wird wieder mehr Profigolf auf höchstem Niveau angeboten. Während Turnier-Deutschland vor einiger Zeit froh war, mit der BMW International Open wenigstens ein Turnier auf der DP World Tour zu haben, hat sich inzwischen auch die Porsche European Open im Turnierkalender etabliert. Die vergangenes Jahr erstmals ausgetragene Big Green Egg German Challenge, powered by VcG, fand 2023 erneut im Rahmen der Challenge Tour statt – und das Profigolf der Damen kehrte diesen Sommer nach langer Abstinenz mit dem LET-Event Amundi German Masters, powered by VcG wieder nach Deutschland zurück. Mit der 150. The Open Mitte Juli erreichte die europäische Turniersaison ihren Höhepunkt. Zeit, ein erstes Fazit der diesjährigen Turniersaison zu ziehen – angefangen bei der Dutch Open im niederländischen Cromvoirt, das nur rund eine Autostunde von Deutschland entfernt liegt und regelmäßig auch deutsche Zuschauer anzieht, bis hin zur The Open.

 

Dutch Open: Golfturnier trifft Partylocation

Bis zum Beginn der Corona-Pandemie lief dieses Turnier unter dem Namen KLM Open. Nachdem das Event 2020 der Pandemie zum Opfer fiel, wird es seit 2021 auf der Anlage von Bernardus Golf in Cromvoirt ausgetragen. Der von Kyle Phillips designte Platz hat sich binnen kürzester Zeit unter den Top-Anlagen des europäischen Golfsports etabliert (siehe dazu auch den Bericht zu „Bernardus Golf auf dem Weg zur Elite europäischer Golfclubs – Innovatives Konzept bei niederländischen Nachbarn"). Mit einem Gesamtpreisgeld von 1,75 Mio. Euro ist das Turnier identisch dotiert wie die Porsche European Open. Allerdings verzichtet man seit vielen Jahren darauf, über hohe Antrittsgelder Top-Stars der Tour in die Niederlande zu locken. Stattdessen stehen einheimische Spieler und das Besucher-Erlebnis im Vordergrund. Das zeigt sich beispielsweise an der seit Jahren beliebten Aktion „Beat the Pro“, welche dieses Jahr am anspruchsvollen Par 3 der achten Spielbahn ausgetragen wurde.

Bei dieser Aktion tritt an allen vier Wettkampftagen jeweils ein Amateur aus einem niederländischen Golfclub gegen die drei Profis der jeweiligen Spielgruppe in einem „Closest to the Pin“-Wettbewerb an. Entsprechend groß ist das Zuschauerinteresse, die Tribüne erinnert ein wenig an die berühmte Bahn 16 der Phoenix Waste Management Open – und auch die Clubs des niederländischen Golfverbands werden geschickt einbezogen, da sie jeweils Vorschläge für die möglichen Amateurspieler unterbreiten. Besonders auffällig ist jedoch, dass nicht erst bei Bernardus, sondern schon früher der Zuschauerbereich große Bedeutung hat. Hier treffen sich die Besucher in einer riesigen Outdoor-Gastronomie, um miteinander einen großartigen Tag zu erleben – und der Bereich ist so weit vom Turniergeschehen abgesondert, dass man dabei auch herzhaft lachen und fröhlich sein kann. Fast hat man das Gefühl, dass das Event für einige Besucher eher gesellschaftlicher Treffpunkt ist und das Beobachten des Turniergeschehens eher an zweiter Stelle steht. Insgesamt 40.000 Besucher an den vier Wettbewerbstagen unterstreichen das Publikumsinteresse an diesem Event. Ein weiterer Unterschied: Während sonst meist der Titelsponsor das Marketing dominiert, ist der Austragungsort Bernardus Golf hier besonders präsent. Sämtliche Abschlagmarkierungen wurden durch Bernardus gestellt, das damit für sein neuestes Produkt, einen Roséwein, warb – und gemeinsam mit der Ankündigung eines Hotels in den Alpen einmal mehr unterstrich, dass Bernardus eben eine Lifestyle-Marke und nicht nur Golf repräsentiert. Natürlich wurde auch Golf gespielt – in einem packenden Finish samt Playoff setzte sich der Franzose Victor Perez durch, bester Deutscher war Marcel Schneider auf einem hervorragenden vierten Platz. Ein aus sportlicher Sicht interessanter Unterschied: Bei der Dutch Open werden drei Startplätze für die The Open vergeben – ein Status, den leider keines der auf deutschem Boden ausgetragenen Turniere der DP World Tour aufweisen kann.

Der „German Swing“

Seit einigen Jahren darf sich Golf-Deutschland über gleich zwei Stopps der DP World Tour freuen: Zunächst die Porsche European Open, die seit einigen Jahren auf dem anspruchsvollen Porsche Nord Course von Green Eagle Golf ausgetragen wird, zudem die seit vielen Jahrzehnten etablierten BMW International Open, die nach zeitweiligem Wechsel des Austragungsorts zwischen Köln und München nun wieder regelmäßig bei Golf Eichenried ausgetragen werden. Schon ein Blick auf die beiden Titelsponsoren zeigt: Ohne PKW-Hersteller geht im deutschen Turniergolf auf höchster Ebene wenig. Vorbei die Zeiten, als Industrieunternehmen wie Linde oder der Fensterhersteller Schüco sich engagierten – beide deutschen Events der europäischen Top-Liga werden von Automobilkonzernen unterstützt. Zwar ist Deutschland sicherlich auch im Ausland weiterhin eine „Autofahrer-Nation“, dennoch wäre es wünschenswert, wenn Unternehmen aus anderen Branchen sich stärker am Heimatstandort engagieren würden. Seit vielen Jahren sorgen die Organisatoren des norddeutschen Events dafür, dass auch große Namen den Weg nach Winsen an der Luhe finden. Dieses Jahr war sicherlich Tommy Fleetwood der bekannteste Name – nach schwachem Start konnte er zum Schluss noch den zehnten Platz sichern. Sieger wurde der Finne Kalle Samooja, auch die deutschen Profis konnten überzeugen: Marcel Schneider war auf dem geteilten fünften Platz erneut bester Deutscher, mit Yannik Paul, Marcel Siem und Nicolai von Dellingshausen konnten sich drei weitere deutsche Spieler auf dem geteilten 18. Platz positionieren. Nach Angaben der Organisatoren kamen insgesamt knapp 19.000 Zuschauer zum Turnier.

 

Weiterhin das größte Event auf deutschem Boden ist die BMW International Open, die 2022 zum 30. Mal auf der Anlage des Golfclubs München Eichenried ausgetragen wurde. Mit einem Preisgeld von 2 Mio. Euro ist das Event auch das höchstdotierte Turnier auf deutschem Boden – bei den DPWTR-Punkten ist es allerdings der Porsche European Open oder der Dutch Open gleichgestellt. Traditionell finden zahlreiche Top-Golfer den Weg nach München, so auch dieses Jahr. Neben Martin Kaymer – der seinen Start bei der Porsche European Open noch verletzungsbedingt absagen musste und zwischenzeitlich bei der neuen LIV-Tour unterschrieben hatte – zählten Louis Oosthuizen, Sergio Garcia und nicht zuletzt Billy Horschel zu den Teilnehmern. Letzterer wollte als erster Golfer alle drei von BMW als Titelsponsor begleiteten Turniere weltweit gewinnen – das Münchener Event bleibt jedoch weiterhin auf seiner Bucketlist.

Erstmals nach Corona waren in München wieder Zuschauer ohne Begrenzung zugelassen. Insgesamt 51.500 Zuschauer erlebten über die gesamte Turnierwoche erneut Golf der Spitzenklasse. Bereits in München wurde sichtbar, dass auch die DP World Tour mit der neuen LIV-Konkurrenz fremdelt – alle Teilnehmer des ersten LIV-Events in London wurden in eigenen Startgruppen zusammengefasst, die zugeordneten Startzeiten entsprachen sicherlich nicht der Bekanntheit der Spieler und ihrer Beliebtheit bei den Zuschauern. Auch die TV-Abdeckung dieser Spieler war vergleichsweise geringer. Der Besucherbereich war dieses Jahr deutlich kleiner als bei den Turnieren vor Corona – im Unterschied zur Dutch Open steht bei der BMW International Open das sportliche Erlebnis der Zuschauer im Vordergrund. Und natürlich strahlt die Marke BMW über dem gesamten Event, nicht nur bei den Abschlagmarkern, Caddie-Westen und Hole-in-One-Sonderpreisen. Bei den Spielern besonders gelobt wurden die Transfers – und mit verschiedenen Maßnahmen von einer zu 100 Prozent per Ökostrom betriebenen Shuttle-Flotte über eine Verlagerung von Printprodukten hin zu digitalen Services bis hin zur Bereitstellung von Frischwasserstationen auf dem Golfplatz für die Spieler rückte Nachhaltigkeit deutlich stärker in den Fokus der Organisatoren. Natürlich wurde auch wieder spannendes Golf gespielt: Haotong Li setzt sich mit einem unfassbaren Putt im Stechen gegen Thomas Pieters durch und konnte seine Emotionen anschließend kaum zurückhalten. Auf dem geteilten fünften Platz sorgte Nicolai von Dellinghausen für das beste deutsche Ergebnis, insgesamt acht deutsche Spieler hatten es ins Wochenende geschafft.

Anfang Juli fand nach über sechs Jahren auch die Ladies European Tour wieder den Weg nach Deutschland, genauer gesagt in den Golf- und Country Club Seddiner See. Erst im März angekündigt, unterstreicht das mit 300.000 Euro dotierte Turnier bereits im Namen mit Amundi German Masters, powered by VcG, die Hauptfinanciers des Events: Neben dem französischen Vermögensverwaltungs-Giganten Amundi Asset Management kam das Turnier nicht zuletzt dank des Engagements der VcG zustande, die damit – nach der Big Green Egg German Challenge – zum zweiten Mal als neudeutsch „Enabler“ für Profigolf auf höchstem Niveau in Deutschland tätig wird. Erfreulich auch, dass das Turnier im Free-TV zu sehen war – und mit insgesamt knapp 5.000 Besuchern angesichts des eher knappen Vorlaufs eine ordentliche Zuschauerzahl erreicht wurde. Spätestens im spannenden Dreikampf am Finaltag zwischen der späteren Siegerin Maja Stark, ihrer Landsfrau Jessica Karlsson und der Deutschen Proette Leonie Harm wurde deutlich, dass Damengolf ebenfalls äußerst attraktiv und Zuschauer-kompatibel ist.

 

Den Abschluss der hochkarätigen Golfturniere auf deutschem Boden bildete die zweite Auflage der Big Green Egg German Challenge, powered by VcG, die erneut im Wittelsbacher Golfclub ausgetragen wurde. Mit dem Spanier Alejandro del Rey gewann wie im Vorjahr ein Spanier das Event. Das Wetter – ein Mix aus Regen und heißen Tagen – und die starke Konkurrenz mit anderen Events in der Region ließ die Zuschauerzahl leider auf rund 1.800 sinken – zum Vergleich: Bei der Erstauflage waren es mit rund 3.500 Zuschauern fast doppelt so viele Besucher. Dabei hatte man im Vorfeld darauf gehofft, dass durch den vorgezogenen Termin mehr Zuschauer den Weg auf den erneut bestens präparierten Wittelsbacher Golfplatz finden würden. „Es wurde die Entscheidung getroffen, das Turnier nicht wie im letzten Jahr in den bayerischen Sommerferien, sondern ganz bewusst außerhalb dieser kritischen Zeit zu veranstalten. Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass die überwiegende Anzahl an Zuschauern Anfahrtszeiten unter zwei Stunden haben, weshalb eine grundsätzliche Orientierung an deren Sommerferien-Beginn erfolgte“, begründet Turnierdirektor Christian Schunck den neuen Termin. Sicherlich spielte auch eine Rolle, dass Lokalmatador Matti Schmid und Hurly Long inzwischen auf der DP World Tour aufteen.

Big Business in den USA, Großbritannien und Irland

Die nächsten Stationen führten die Profigolfer der DP World Tour nach Irland und Schottland – mit deutlich höherem Preisgeld. Anfang Juli wurde die Horizon Irish Open mit einem Preisgeld von 6 Mio. USD ausgetragen, nur zwei Wochen später fand in Schottland das gar mit 8 Mio. USD dotierte Rolex Series-Event Genesis Scottish Open statt, erstmals als Co-sanktioniertes Event von DP World Tour und PGA Tour. Dazwischen lud JP MacManus zum wohl größten Charity-Golfevent der Szene in sein Resort Adare Manor ein, das 2027 Austragungsort des Ryder Cups sein wird. Mitte Juli traf sich dann die weltweite Golf-szene zum letzten Major des Jahres, der 150. The Open. Rund um die Scottish Open und die The Open profitierten vor allem die Profis der DP World Tour von der erweiterten Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Tour. Mit der Barbasol Cham-pionship und der Barracuda Championship konnten Spieler der europäischen Tour in der ersten Julihälfte erstmals an ko-sanktionierten Events in den USA teilnehmen. Aus deutscher Sicht profitierten vor allem Hurly Long (vierter und siebter Platz) und Matti Schmid (geteilter Achter und 38. Platz) vom deutlich höheren Preisgeld in den USA: Beide Turniere waren mit jeweils 3,7 Mio. USD und 4.250 DPWTR-Punkten ausgestattet, alleine bei den Punkten somit mehr als 50 Prozent höher als eine BMW International Open. Mit ihren guten Platzierungen konnten Long und Schmid mit ihrem Ausflug über den großen Teich erfreulicherweise auch die Tourkarte der europäischen Tour für das kommende Jahr sichern. Dennoch: Angesichts der deutlichen Preisgeld-Unterschiede ist auch in Zukunft damit zu rechnen, dass die besten europäischen Spieler langfristig ihre sportliche Heimat eher in den USA sehen dürften.

 

Bigger, Better, The Open

Eine The Open in St. Andrews – auch wenn der Begriff „episch“ heutzutage fast inflationär verwendet wird: Sie verdient dieses Attribut in jeder Hinsicht! Bereits der Anblick der zahlreichen Tribünen verdeutlichte, dass hier in anderen Dimensionen geplant wird. Obwohl die deutschen Profis gerade in den Wochen vor der The Open auf der DP World Tour starke Leistungen boten, konnte sich erstmals seit vielen Jahren kein einziger deutscher Spieler für das letzte Major des Jahres qualifizieren. Mehr als 1,3 Millionen Anfragen gingen bei der R&A für eines der begehrten, rund 290.000 Tickets für die Turnierwoche ein. Selbst an den Practice Days kamen mehr Zuschauer als bei vielen Turnieren in Kontinentaleuropa. Wie in den Vorjahren konzentriert sich die R&A auf wenige Sponsoren, die jedoch während des Events klar präsentiert werden. Nicht zuletzt aufgrund seiner Tradition – die The Open ist das älteste Major – kommt dem Merchandising eine herausragende Stellung zu, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Auf 2.250 Quadratmetern wurden mehr als 1.200 Artikel angeboten, insgesamt 325 Personen waren erforderlich, um den Shop zu betreiben. Und dennoch bildeten sich bereits am Morgen des ersten Spieltags früh Schlangen am Eingang. Insgesamt stiegen im The Open-Shop die Umsätze um 21% gegenüber der letzten The Open in St. Andrews in 2015. Der Medienpartner der R&A, NBC Sports, bestätigte, dass nie zuvor ein Golfevent derart hohe Zugriffszahlen im Streaming erreichte – die Zugriffe lagen nochmals 27% über den Werten von 2019 (Royal Portrush). Auch die Stadt St. Andrews profitierte von diesem Mega-Event, denn die Einbindung des Old Courses direkt an den Stadtrand sorgte auch für ausgebuchte Beherbergungs-Kapazitäten sowie volle Restaurants und Bars – und Golfanlagen in ganz Schottland berichteten von ausgebuchten Startzeiten.

Natürlich gab es bei der 150. The Open einige magische Momente: Tiger Woods wurden nach seinem Teeshot am Donnerstag stehende Ovationen zuteil, und sein Gang über die Swilcan Bridge am Freitag im Bewusstsein eines verpassten Cuts dürfte zu den emotionalsten Momenten dieses Events zählen. Auch wenn Tiger klarstellte, dass er seine Karriere noch nicht beenden möchte: Ob er im Rahmen einer The Open nochmals mit einer realistischen Sieg-Chance nach St. Andrews kommen wird, verrät wohl nur ein Blick in die Glaskugel. Auch Jack Nicklaus stand erneut im Blickpunkt: Die Stadt St. Andrews verlieh ihm die Ehrenbürgerwürde. Die Ehre des „Inaugural Teeshots“, also des ersten Abschlags am Donnerstag des Turniers, wurde dieses Jahr dem Schotten Paul Law-rie zuteil – und es dürfte wohl das erste Mal gewesen sein, dass dieser Schlag mit einem gelben Golfball ausgeführt wurde. Bei der 150. The Open waren übrigens auch alle Spieler startberechtigt, die inzwischen bei der LIV-Tour unterschrieben hatten – ob dies auch künftig der Fall sein wird, bleibt abzuwarten und hängt nicht zuletzt von den künftigen Qualifikationskriterien der R&A ab. Sieger der Jubliäums-Ausgabe und damit Champion Golfer of the Year wurde nach einem spannenden Finaltag der Australier Cameron Smith, die Silver Medal als bester Amateur holte sich der Italiener Filippo Celli.

Fazit

Auch wenn sicherlich die meisten Profiturniere in 2023 erneut auf dem Turnierkalender stehen werden, es wäre nicht überraschend, wenn vor allem das erste Halbjahr der Turniersaison 2022 als „letzte Saison vor der LIV-Tour“ in Erinnerung bleiben würde. Denn trotz geradezu gebetsmühlenartig wiederholter Sanktionsandrohungen vor allem durch die PGA Tour haben nach einer The Open weitere bekannte Profis bei der neuen Tour unterschrieben – aus europäischer Sicht sicherlich am bedeutendsten die Unterschrift von Henrik Stenson, der kurz danach von seinem Amt als Ryder Cup-Kapitän entbunden wurde. Die Erfahrungen der diesjährigen Turniersaison zeigen jedoch auch den Spagat zwischen der Notwendigkeit einer vielfältigen Turnierreihe für die Spieler und der Herausforderung, derartige Events auch wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten und ausreichend Zuschauer anzuziehen. Das Beispiel der BMW International Open zeigt, dass eine kontinuierliche Standortpolitik und ein attraktives Teilnehmerfeld in einem großen Einzugsgebiet auch ausreichende Zuschauerzahlen bewirkt. Die Dutch Open stehen als Musterbeispiel dafür, dass man für Zuschauer durch mehr event-orientierte Ausrichtung attraktiv sein kann – und dadurch durchaus auch neue Golfer gewinnen kann. Wie in vielen anderen Sportarten auch, ist die große Masse der Turniere jedoch eher ein Fernseh-Event, was nicht zuletzt an der internationalen oder gar globalen Ausrichtung der Touren liegt. Deutlich wird zudem, dass Turniere der „zweiten Liga“, also der Challenge Tour, sich im Kampf um Zuschauer vor Ort weiterhin schwertun – ein Phänomen, das man leider auch aus der Deutschen Golf Liga kennt, obwohl bei beiden Events meist hervorragendes Golf zu sehen ist. Wirtschaftlichen Erfolg für die Ausrichter generieren heutzutage nahezu nur noch die ganz großen Events – in erster Linie die vier Majors, aber auch – wenn derzeit auch mit einigen Fragezeichen versehen – ein Ryder Cup. Dass sowohl für die Ticketvergabe zur The Open 2022, als auch 2023 (Royal Liverpool) wie beim Masters auf eine Ticketverlosung gesetzt wird, unterstreicht die nicht nur ungebrochene, sondern weiterhin steigende Nachfrage nach Tickets für diese Mega-Events. Wer ein solches Event einmal selbst vor Ort erlebt hat, wird sich noch lange daran erinnern und sich auch in seiner Entscheidung, selbst Golf zu spielen, bestärkt sehen. Blickt man jedoch auf die Zuschauerzahlen der zahlreichen regulären Turniere im Saisonverlauf, bleibt die Frage offen, wie deren Bestand langfristig finanziert werden kann. Denn Golf steht bei den Sponsoren im harten Wettbewerb zu anderen Sportarten – man nehme nur das sehr umfangreiche Engagement von Erdinger beim Biathlon oder anderen Wintersportarten zum Vergleich. Vor diesem Hintergrund wird es interessant sein zu verfolgen, wie lange die Geldgeber der LIV-Tour bereit sein werden, auf Gewinne zu verzichten und wie die Zuschauer langfristig auf den veränderten Ansatz mit Kanonenstart und Teamwertungen reagieren. Auch wenn Einnahmen aus verkauften Tickets nur einen kleinen Teil der Finanzierung sichern: Um den Turnierstandort Deutschland zu sichern, wäre vor allem außerhalb Münchens ein deutlich höheres Zuschauerinteresse vor Ort sicherlich hilfreich, um nicht zuletzt die Sponsoren in der Richtigkeit ihrer Entscheidung zu bestärken.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 4/2022

 

<< zurück