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Zertifizieren – unnötig oder vielleicht doch eine Chance?

WBA Aktuell

Seit nunmehr drei Jahren bietet der GVD das neue Zertifizierungsmodell an. In Niedernhausen 2018 wurden die ersten vier Teilnehmer mit dem Silber-Zertifikat ausgezeichnet. Weitere werden in Oberhof auf der Jahrestagung folgen. Insgesamt stellen sich bisher zehn GVD-Mitglieder der neuen Herausforderung.

 

Soweit die nackten Zahlen. Natürlich stellen wir uns im Vorstand und WBA die Frage, warum nicht mehr Mitglieder die Zertifizierung annehmen, sich dieser Aufgabe stellen. Gründe könnte es einige geben. Oder sind es provokativ gesagt Ausreden?

Liegt es eventuell an der Namensgebung „Zertifizierung“? An der mangelnden Bereitschaft, einen Teil seiner Zeit für Weiterbildung zu opfern? Oder am Inhalt? Wobei ich dies fast ausschließe, da den meisten der Inhalt ja nicht bekannt ist.

 

Praxisnähe als Ansatz der Zertifizierung

Was bedeutet eigentlich „Zertifizierung“? Bei Wikipedia findet man dazu folgenden Eintrag: „Als Zertifizierung (von lat. ‚certe‘ = bestimmt, gewiss, sicher und ‚facere‘ = machen, schaffen, verfertigen) bezeichnet man ein Verfahren, mit dessen Hilfe die Einhaltung bestimmter Anforderungen nachgewiesen wird.“

 

„… mit dessen Hilfe die Einhaltung bestimmter Anforderungen nachgewiesen wird.“ Lese ich diesen Satz, sehe ich zwar einen Zusammenhang zu den Inhalten unserer Zertifizierung, aber keinen zu unseren Zielen! Das Ziel ist, nicht etwas nachzuweisen, das Ziel ist, sich fortzubilden, sich weiterzuentwickeln. Und das dort, wo es für jeden Greenkeeper wichtig ist, auf seinem Platz! Angebote der Fortbildung finden wir viele: Der GVD-Bundesverband mit seiner Jahrestagung und dem neugeschaffenen Feldtag, die Regionalverbände mit ihren Veranstaltungen, die Angebote unserer Fortbildungspartner, die beiden DEULEN und natürlich die Angebote unserer Partner.

 

Alles Möglichkeiten, die uns ganz sicher weiterhelfen, aber sich nicht direkt mit unserem Arbeitsplatz, der Golfanlage, beschäftigen! Dieses dort erlernte Wissen richtig einzusetzen, dies zu dokumentieren und den Erfolg zu überprüfen, ist ein wichtiger Ansatz der Zertifizierung.

 

Zeitaufwand: Zwei Lehrbriefe pro Jahr

Die „Zertifizierung“ – wir nennen sie erstmal so – besteht aus vier Lehrbriefen, die in einem Zeitraum von zwei Jahren bearbeitet werden müssen. Also in einem Jahr zwei! Aus eigener Erfahrung kann ich von einem zumutbaren und überschaubaren Zeitaufwand sprechen. Sicher werden auch Daten und Fakten zur eigenen Anlage abgefragt, wer beim Programm GOLF&­NATUR mitmacht, wird Fragen wiedererkennen. Aber es werden schon im ersten Lehrbrief eigene Konzepte zur Pflege verlangt. Die anderen bauen darauf auf. Gräserkunde, den eigenen Bestand beurteilen, Dinge, die wir alle aus unserer Ausbildung kennen, werden wieder zum Leben erweckt, ganzheitliches Denken wird gefragt und Konzepte müssen entwickelt werden. Kommunikation, Konzepte entwickeln für die Fortbildung der Mitarbeiter, Konzepte zur Öffentlichkeitsarbeit der Golfanlage und Konzepte zur Nutzung nachhaltige Energien, Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung, eigenes Auftreten … Ich könnte die Liste der spannenden Inhalte noch weiter fortführen.

 

Seit drei Jahren höre ich immer wieder auf Tagungen oder bei Treffen mit Greenkeepern Vorbehalte und Ablehnung gegenüber dieser Fortbildung! Der WBA arbeitet ständig an der Verbesserung und Weiterentwicklung der Lehrbriefe. Und mittlerweile auch an der Zusammensetzung der Re-Zertifizierung. Vieles aus den Anfängen, das pure Abfragen von Fakten, ist schon lange nicht mehr Inhalt der Lehrbriefe oder Zulassungsvoraussetzung. Es ist kein starres Gebilde, fest verankert auf Jahre hinaus. Wenn wir uns nicht auf das Wort „Zertifizierung“ versteifen, sondern das darin sehen, was es wirklich ist, nämlich eine Möglichkeit der Weiterbildung, dann werden wir der Sache gerecht.

 

Fortbildung für einen selbst, nach ­außen dokumentiert

Christina Seufert durfte dieses Konzept auf der FEGGA-Tagung 2017 in Portugal und jetzt im Herbst auf der Jahrestagung der AGA vorstellen und fand großen Anklang bei den anderen Verbänden und Teilnehmern. Der GALABau-Verband lobte diese Form und Möglichkeit der Fortbildung und wünscht sich Ähnliches für seine Mitglieder!

 

Wie vielleicht einige wissen, war ich zwei Jahre lang an der DEULA Rheinland in der Greenkeeper-Ausbildung tätig. Während dieser Zeit stellten mir viele Teilnehmer immer wieder dieselbe Frage: „Was mache ich eigentlich nach der DEULA-Zeit? Wie kann ich meinen Status weiter verbessern? Wie kann ich mich weiterentwickeln und Neues erreichen? Was kommt danach?“

 

Genau das sind die Ansätze und Ziele der WBA-Zertifizierung! Hier kann jeder nach seinem Abschluss als Greenkeeper/Head-Greenkeeper weiter an seiner persönlichen Fortbildung arbeiten. Und mit dem Titel Certified Greenkeeper/Head-Greenkeeper zeigt er es auch nach außen. Der Teilnehmer dokumentiert damit seinen ständigen Drang nach Wissen und Weiterentwicklung. Er zeigt gerade in dieser Zeit den Geschäftsführern und Vorständen auf den Golfanlagen: „Seht her, ich bilde mich ständig weiter, ich bleibe nicht stehen!“

 

Liebe Mitglieder, nicht immer ist alles direkt in materiellen Dingen messbar. Ganz sicher auch nicht unsere Zertifizierung. Aber auszahlen wird es sich auf Dauer für jeden Absolventen persönlich. Davon bin ich überzeugt! Stellt Euch dieser Herausforderung und seht es nicht als Gegner, sondern als das, was es ist. Eine große Chance der Weiterbildung!

 

Auskünfte über die genauen Inhalte geben Euch gerne Christina Seufert und Elisabeth Bließen in der Geschäftsstelle.

 

Autor: Michael Kurth, Certified Head-Greenkeeper, Mainzer GC | Greenkeepers Journal 04/2018

 

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