Umgang mit Preiserhöhungen bei Betriebsmitteln
„… doch die Situation könnte sich verschärfen und sich negativ auf die Getreide-Produktion im nächsten Jahr auswirken, mal ganz abgesehen von den Kosten, die den Landwirten beim Einkauf auch kleinerer Mengen Mineraldünger vor dem Hintergrund der auch sonst schon explodierenden Produktionskosten entstehen. So zeichnen sich derzeit etwa auch bei Pflanzenschutzmitteln zunehmende Versorgungsengpässe, Lieferkettenprobleme und steil ansteigende Preise ab“, so Dr. Olaf Zinke, agrarheute, Ende Oktober 2021.
Soweit ist die Situation im Düngemittelmarkt vor dem Ausbruch des Angriffskriegs Russlands am 24.02.2022 auf die Ukraine beschrieben. Wie allgemein bekannt, haben sich die Energiekosten für Strom, Gas und Öl erheblich in 2021 verteuert und sind in 2022 vor und insbesondere nach dem Kriegsausbruch weiter gestiegen.
Nun wollen wir unsere Grüns, Abschläge und Fairways nicht mit Gas düngen, sondern beispielsweise die Fairways mit einem NPK-Dünger. Das N steht dabei für Stickstoff, das P für Phosphor und das K für Kalium. Bei diesen drei Elementen handelt es sich um Makronährstoffe. Diese werden von Pflanzen in größeren Mengen zum Wachstum und Fortbestehen benötigt.
Immer noch kein Gas im Spiel?! Also was ist da los mit der Verknüpfung von Gas- und Düngerpreis? Erdgas ist der wichtigste Rohstoff für die Produktion von Stickstoffdüngern, denn Ammoniak wird unter Hochdruck aus Luftstickstoff und Wasserstoff hergestellt. Anschließend wird Ammoniak zu Nitratsalzen weiterverarbeitet. Diese Nitratsalze werden auf Golfanlagen und in der Landwirtschaft als Düngemittel eingesetzt. Ammoniak ist hoch explosiv und wurde im Ersten Weltkrieg als Sprengstoff eingesetzt, eine historische Tatsache, die seit der verheerenden Explosion des Ammoniaknitrat-Lagers im Hafen der Libanesischen Hauptstadt Beirut in 2020 wieder der Weltöffentlichkeit ins Gedächtnis gebracht wurde.
„Die Produktion von Düngemitteln ist in Europa so unwirtschaftlich geworden, dass die derzeit eingeschränkte Produktion dauerhaft eingestellt werden könnte, wenn die EU nicht schnell Maßnahmen ergreift, um den Anstieg der Erdgaspreise zu stoppen“, teilt die Handelsgruppe Fertilizers Europe ebenfalls im Oktober 2021 mit.
Die Produktion von Düngemitteln ist aufgrund der extrem gestiegenen Gaspreise so unwirtschaftlich geworden, dass z.B. der skandinavische Düngemittelkonzern Yara seit Oktober 2021 seine europäische Ammoniakproduktionskapazität um 40 Prozent reduziert hat, das sind etwa 1,9 Mio. Tonnen/Jahr. Auch die Anlagen des größten spanischen Düngerherstellers Fertiberia, in Palos de la Frontera, die Ammoniak und Harnstoff produzieren, sind für mehrere Wochen komplett geschlossen worden. Weniger Produktion bei gleichbleibender Nachfrage bedeutet steigende Preise, die mit einer Verknappung des Angebots einhergehen.
Mehrkosten beispielhaft gerechnet
Sehen wir uns hierzu eine Eingangsrechnung für NPK-Dünger aus dem Jahr 2012 an, stellen wir fest, dass wir EUR 1,12 netto für das Kilogramm bezahlt haben. Kaufen wir heute den gleichen Dünger ein, zahlen wir 76% mehr dafür, jedoch zu Großhandelskonditionen, die somit nicht zwingend repräsentativ sind. In kleinen Mengen liegt der Preis heute zuweilen bei EUR 3,52 pro Kilogramm (netto), was eine Steigerung von 214% ausmacht. Alleine von 2021 auf 2022 sind die Preise für Dünger rund 123% gestiegen. Dieser Wert korreliert auf lange Sicht mit dem GaLaBau-Index, der seit 2015 um 172% bestiegen ist.
Das bedeutet in EUR ausgedrückt, dass eine Golfanlage statt z.B. EUR 20.000,00 für Dünger im Verlauf der letzten zehn Jahre heute um die EUR 15.200,00 mehr p.a. für Dünger ausgibt.
EUR 15.200,00 bei einem Jahresspielbeitrag von beispielsweise EUR 1.500,00 p.a. bedeutet auf vollzahlende Golfer umgerechnet, dass mind. 10 Vollzahler netto mehr in der Mitgliederdatei zu finden sein sollten, als es vor 10 Jahren der Fall war. Nicht vergessen: Wir betrachten hier lediglich den Einkauf für Düngemitteln und lassen Strom, Personalkosten, Sand, Betriebsstoffe, Wasser und Instandhaltung unberücksichtigt.
Natürlich wird auch Sand teurer. Sand wird per LKW geliefert und die fahren nun mal mit Diesel, so wie die meisten Golfplatzpflegemaschinen auch. Wobei die ca. 100% Diesel-Verteuerung von 2020 auf 2022 in dieser Skalierung sich schon fast moderat liest – obwohl sie es nicht ist. Auch für Betriebsstoffe haben wir schnell zusätzliche EUR 10.000,00 wirtschaftlich zu stemmen, oder weitere 7 Vollzahler zu generieren, um auch diese Kostensteigerung zu kompensieren.
Nun klappt das mit dem Vollzahler generieren nicht immer so gut wie es mit pandemiebedingter Unterstützung in den Jahren 2020 und 2021 geklappt hat.
Möglicher Umgang mit den Mehrkosten
Variante A
Die Kosten an die Kunden weitergeben. Probleme können sein:
1. Kapitalgesellschaften : Außerordentliches Kündigungsrecht der Spielberechtigen
Denn bei Abschluss des Spielrechtsvertrages können nicht alle Möglichkeiten, die sich aus der künftigen technischen oder wirtschaftlichen Entwicklung oder aus Änderungen von gesetzlichen Bestimmungen oder sonstigen für das Vertragsverhältnis wesentlichen Umständen ergeben können, vorausgesehen und erschöpfend geregelt werden. Ausnahme: Eine jährliche Anpassung nach dem „Preisindex für die Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte in Deutschland“ (alle anderen Preisindexvereinbarungen sind unwirksam) ist bereits im Spielrechtsvertrag vereinbart.
2. Vereine
Auch hier ist eine Regelung in der Satzung zu verankern. Wenn nicht, sind die Beiträge von der Mitgliederversammlung zu beschließen. Achtung: Bei gemeinnützigen Vereinen ist bei der Festsetzung die Beitragshöhe die gesetzliche Obergrenze im Durchschnitt der Mitglieder zu beachten.
Variante B
Die Kosten nicht weitergeben. Die Argumentation dahinter: Unsere Golfer tragen auch im Privaten schon Preiserhöhungen in hohem Umfang über die Kraftstoffpreise für die Anreise zur Golfanlage und über ihren Haushalt für Heizung und Strom. Warum sollen wir uns als Golfanlage unattraktiv machen und die Preise erhöhen und damit Gefahr laufen, vollzahlende Golfer zu verlieren? Diese Argumentation kann sich eine Golfanlage mit Rücklagen ggf. für einen bestimmten Zeitraum erlauben. Danach kommt es ohnehin zu Preiserhöhungen oder bei Vereinen ggf. zusätzlich zu Umlagen.
Sofern die Golfanlage die Golfplatzpflege an einen externen Dienstleister beauftragt hat und ggf. einen Festpreis für Pflege inkl. Dünger und Betriebsstoffe vereinbart hat, kann u.U. 2022 noch ohne Kostensteigerung bewältigt werden. Im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist das jedoch nicht, denn derartige Preissteigerungen, wie wir sie nun erleben, werden von einer seriösen Kalkulation aus den Vorjahren nicht antizipatorisch in vollem Umfang aufgefangen. Weiterhin sind Golfanlagen sehr unterschiedlich, wenn es um die Gewichtung von Maschinen- und Materialeinsatz geht, hier ist der Einzelfall genau zu betrachten. „Das ist eine beispiellose Situation für uns, unsere Kunden und auch unsere Lieferanten. Daher stehen wir bereits mit allen Partnern im Dialog, um gemeinsam Transparenz und Planungssicherheit zu schaffen. Auf ähnliche Weise konnten wir unsere Kunden in der Pandemie unterstützen“, so Detlef Blohm, Prokurist Sommerfeld AG. Es geht also um ein Geben und Nehmen, die Frage bleibt wie immer: Woher?
Autor: Adriaan A. Straten | golfmanager 2/2022
Quellen:
Eigenes Erleben als Geschäftsführer von Golfanlagen