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Frauen im Greenkeeping

Aufgabe für die gesamte Branche

Wie auch in anderen Branchen fehlt es im Greenkeeping an Fachkräften. Bei der Beschäftigung mit dem Problem fällt auf, dass unter den Greenkeepern nur wenige Frauen sind. Eine 2013 im Auftrag des Greenkeeper Verbandes Deutschland (GVD) durchgeführte Umfrage ergab einen Frauenanteil von nur 4,5% (n = 382 Teilnehmer). Schaut man auf das Ergebnis der aktuellen Befragung von 2021, dann ist der Anteil sogar noch einmal gesunken und liegt nur noch bei 3,5%! Zum Vergleich waren im Garten- und Landschaftsbau Ende 2019, laut Statistischem Bundesamt, immerhin 11% Frauen unter den Auszubildenden.

 

Erschreckend ist in diesem Zusammenhang aber auch ein weiteres Ergebnis der BIGGA-Umfrage aus dem Frühjahr 2022, an der mehr als 1.300 Mitglieder teilnahmen: Einer von drei Greenkeepern sucht Arbeit außerhalb des Golfbranche (https://www.fegga.org/one-in-three-greenkeepers-looking-for-work-outside-of-golf-bigga-releases-results-of-major-survey-that-details-life-at-the-uks-golf-facilities-in-2022/)!

Angesichts dieser Entwicklungen sollten alle möglichen Anstrengungen unternommen werden, um qualifizierte Mitarbeiter im Bereich Greenkeeping zu finden und zu binden. Bei dem geringen Anteil an Frauen stellen sich einige Fragen: Mangelt es an Frauen, weil es spezielle Hindernisse gibt? Welche Veränderungen wären nötig, um diesen Beruf für Frauen attraktiver zu gestalten? Müssen Bedenken abgebaut werden und bedarf es einer fokussierteren Ansprache, um Frauen für diesen Beruf zu gewinnen?

 

Die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird häufig genannt und lässt den Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten aufkommen. Auch hier bietet sich ein Blick über den Tellerrand in Richtung Garten- und Landschaftsbau an. Aufgrund der Tatsache, dass die Baustellen dort sehr häufig weit auseinanderliegen, ist es ein logistisches Problem, eine flexible Arbeitszeit einzurichten. Teilzeitarbeit wird in dieser Branche jedoch zunehmend praktiziert: vier Tage Arbeit, ein Tag frei; drei Tage Arbeit, zwei Tage frei. Ein Teilzeit-Modell, über das auch im Greenkeeping nachgedacht werden könnte, ermöglicht vielleicht auch eine Entschärfung der Problematik rund um das Arbeiten am Wochenende.

 

Nikolaus von Niebelschütz hat sich als Head-Greenkeeper im GC Hamburg Ahrensburg schon vor einigen Jahren intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Den Anstoss gab ein Aufenthalt in den USA, als er erfuhr, dass dort die Mitarbeiter in der Golfplatzpflege häufig zwei Jobs hatten.

Übertragen auf deutsche Verhältnisse kam er zu dem Schluss, dass gerade Frauen mit Kindern auf flexible Arbeitszeiten angewiesen sind. Beim Wiedereinstieg gibt es dann häufig Pro-bleme, in ihrem angestammten Arbeitsplatz wieder Fuß zu fassen. Also sprach er Kerstin Kausch an, von der Ausbildung her eigentlich Vermessungsingenieu-rin, und machte ihr ein Teilzeitangebot. Seit nunmehr über vier Jahren arbeitet Frau Kausch in der Zeit von 10:00 – 12:15 Uhr im Greenkeeping-Team. Ihre Hauptaufgabe ist die Pflege der Collar- und Approachbereiche sowie der Tees, wobei sie auch alle Maschinen bedient. Nikolaus von Niebelschütz: „Die meiste Arbeit fällt auf einer Golf-anlage am Vormittag an und eine Frau im Team zu haben, bringt eine Menge Vorteile, auch im Hinblick auf die Disziplin.“

 

Bei der Jugend zeigt sich heute der Trend, dass der Beruf nicht alleine auf das Thema Verdienst reduziert wird, nach dem Motto: je mehr Stunden, umso höher das Einkommen. Vielmehr wird die Frage gestellt: Wie lange muss ich arbeiten, um im Monat eine für mich ausreichende Summe zu verdienen? Frei nach dem Stichwort „Work-life-balance“. Auch eine Entwicklung, die bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern berücksichtigt werden muss.

 

Im Hinblick auf eine gezielte Ansprache von Frauen sind die Ergebnisse einer Bachelorarbeit „Frauen im Garten- und Landschaftsbau“, die von Ursula Seitle 2012 an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf verfasst wurde, interessant. Darin beschäftigt sie sich auch mit den Gründen für die Berufswahl. Die befragten Frauen stammen überwiegend aus ländlicher Umgebung, fühlen sich stark mit der Natur verbunden, arbeiten gerne draußen im Freien und bevorzugen handwerkliche, körperliche Arbeit. Außerdem schätzen sie die vielseitigen Aufgaben und die sichtbaren Arbeitserfolge, die ihre Tätigkeit mit sich bringt. Dies entspricht auch den Beweggründen der im Greenkeeping arbeitenden Frauen (Quelle: neuelandschaft.de/artikel/frauen-im-garten-und-landschaftsbau-4714.html). Der Erstkontakt zum Garten- und Landschaftsbau wurde laut der Bachelorarbeit überwiegend durch die Eltern oder das soziale Umfeld hergestellt, und nicht über die Schule oder das Internet.

 

Auch das Berufsbild des Greenkeepers ist in der Gesellschaft, außerhalb der Branche, wenig bekannt und es besteht grundsätzlicher Erklärungsbedarf. Im Hinblick auf die Präsenz im Internet hat sich bereits etwas getan. Im August wurde vom Deutschen Golf Verband (DGV), Golf Management Verband Deutschland (GMVD), Greenkeeper Verband Deutschland (GVD) und PGA of Germany die Website www.traumjob-golfplatz.de ins Leben gerufen. Sie bietet eine Übersicht über Berufsbilder und Qualifizierungsmöglichkeiten in der Golfbranche und spricht gezielt Neu- und Quereinsteiger in Haupt- und Ehrenamt an. Die Aktivitäten des GVD mit AGQ-Broschüre, Berufsbild und Film sind dort sinnvolle Maßnahmen. Wichtig ist hierbei auch der Hinweis auf die Fülle an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die sogar die Qualifikation zu einer Führungskraft mit Masterabschluss möglich machen. Vielleicht sollte diese Plattform auch genutzt werden, um gezielt Frauen auf den Bereich Greenkeeping aufmerksam zu machen, ihre speziellen Fragen zu beantworten und die Chancen vorzustellen.

 

Berufspraktika werden inzwischen an vielen Schulen angeboten. Hier das Greenkeeping einzubinden, ist ein guter und empfehlenswerter Weg, der helfen kann, Interesse zu wecken und Vorurteile abzubauen. Der Golf Club Abenberg hat so bereits zweimal im Rahmen des bundesweit durchgeführten „Girls Day“ Schülerinnen die Möglichkeit gegeben, hinter die Kulissen des Greenkeepings zu schauen. Head-Greenkeeper Werner Nißlein hat zudem mit Ingrid Martin eine Frau im Greenkeeping-Team, die dank Teilzeit-Modell Familie und Beruf verbinden kann.

 

Herausforderungen

Eine Tatsache lässt sich bei aller Gleichberechtigung nicht wegdiskutieren – der Unterschied in der körperlichen Kraft. Dies machen Frauen allerdings mit Organisationstalent wett, oder sie haben eben auch kein Problem damit, einen Kollegen um Hilfe zu bitten. Im Rahmen der zeitgemäßen Golfplatzpflege fallen zudem immer weniger Arbeiten an, die mit einem hohen körperlichen Krafteinsatz verbunden sind. Zudem muss angemerkt werden, dass auch nicht jeder Mann für jeden Einsatz geeignet ist. Nehmen wir als Beispiel das, für ein gezieltes Handwässern, notwendige Erkennen von Trockenstellen auf den Grüns. Auf diese Art von Vorurteil trifft man aber, und nicht selten muss man sich als Frau dann erst beweisen und zeigen, dass man den Aufgaben gewachsen ist.

 

Nicht geschlechtsspezifisch, aber eine Herausforderung sind die langen Arbeitszeiten während der Saison und der Aufenthalt im Freien, bei jeder Witterung.

 

Im Hinblick auf gemischte Teams ergeben sich auch für die Golfanlagen Herausforderungen, wenn man einen Blick in Richtung Umkleidekabinen, Toiletten oder Duschkabinen wirft. Leider werden hier selbst bei reinen Männer-Teams nicht überall die Mindestanforderungen erfüllt. Dies war übrigens auch ein Ergebnis der BIGGA-Umfrage: Auch dort verfügt nur jede fünfte Golfanlage über Toiletten oder Umkleidekabinen für weibliche Teammitglieder.

 

Vorteile von Frauen im Greenkeeping

Golfer reagieren teilweise überrascht, wenn sie eine Frau auf dem Mäher sehen. Es ist immer noch ein ungewohntes Bild, da das Greenkeeping eben überwiegend eine Männerdomäne ist. Entscheiden sich Frauen für den Beruf, werden sie meist als zielstrebiger, ehrgeiziger, strukturierter und organisierter wahrgenommen. Dies bestätigen auch die überwiegend guten Ergebnisse in Prüfungen und Abschlüssen.

Typisch weiblich ist auch die Tatsache, dass Frauen fragen – zum einen, um sich abzusichern, aber zum anderen auch, um dazuzulernen. Eine bekannte Tatsache aus dem Alltag: Wer fragt nach dem Weg, wenn er sich nicht auskennt? Der Mann oder die Frau? Männer wollen sich häufig keine Blöße geben oder Schwäche zeigen. Frauen sehen da eher den Vorteil und nicht die Selbstdarstellung, werden zudem durch ihr Streben nach Perfektion angetrieben.

 

Auch wenn es ein wenig klischeehaft klingt, Frauen bringen spezielle Eigenschaften mit, die auch dem Betrieb einer Golfanlage zugute kommen. Die Tatsache, dass Frauen übernommene Aufgaben häufig mit mehr Ehrgeiz und viel Liebe zum Detail erledigen, motiviert auch die Männer im Team. Gestalterisches Geschick und Kreativität sind Eigenschaften, die auch bei der Arbeit auf der Golfanlage gefragt sind. Das häufig ausgeprägtere Interesse an Flora und Fauna kommt nicht nur dem Blumenbeet rund um das Clubhaus zugute, sondern auch den zahlreichen Bäumen, Sträuchern oder Tieren auf der Golfanlage.

Frauen besitzen eine ausgeprägtere Bereitschaft und Fähigkeit zur Kommunikation. Hiervon profitieren nicht nur die Golfer, die sich häufig mit Fragen lieber an eine Frau wenden, sondern auch das gesamte Team. Veränderungen in Bezug auf den Umgangston und das Miteinander, auch in Bezug auf die Wertschätzung, sind hier zu nennen. Interessant wäre an dieser Stelle eine Befragung der männlichen Mittarbeiter eines Teams, deren Head-Greenkeeper eine Frau ist: Gibt es die häufig zitierten Unterschiede im Führungsstil auch in der Praxis?

Das Klischee überhaupt – aber es zeigt sich im Alltag und wird auch so wahrgenommen: Ordnung und Sauberkeit verbessern sich nicht nur im Bereich der Aufenthaltsräume, sondern auch in der Maschinenhalle. Struktur und Organisation sind gefragte Eigenschaften, womit Frauen in gemischten Teams punkten.

 

Fazit

Das Potenzial, das die Frauen in den Beruf mitbringen, gilt es für die Golfanlagen zu erkennen und zu nutzen. Gemischte Teams aus Frauen und Männern bringen auch im Greenkeeping viele Vorteile, weil das Betriebsklima gefördert wird, sie sich so gut ergänzen und gemeinsam gute Ergebnisse erzielen. Deshalb ist es wichtig, den Frauenanteil im Greenkeeping deutlich anzuheben, und das nicht nur aus der Not des Arbeitskräftemangels heraus – eine Aufgabe für die gesamte Branche!

 

Autorin: Beate Licht | Greenkeepers Journal 3/2022

 


Auswertung GVD-Umfrage 2021

… zu den Arbeitsbedingungen im Greenkeeping

Bezüglich der in diesem Beitrag erwähnten GVD-Umfrage zu den „Arbeitsbedingungen im Greenkeeping“ in 2021: Die Ergebnisse liegen vor, derzeit werden sie noch ausgewertet – auch im Vergleich zu der seitens GVD in 2013 durchgeführten großen Erhebung. Sie werden in einer Beitrags-Reihe in Kürze vorgestellt.


Ein Blick über den Tellerrand

Finnland

Finnland zeigt sich führend in Fragen der geschlechtlichen Gleichstellung. Die Darstellung von weiblichen Vorbildern in Berufen, die früher von Männern dominiert wurden, wirkt sich auch auf die Golfbranche aus. Finnland verfügt über 130 Golfclubs und 500 Mitglieder im Greenkeeper-Verband – mit einem Frauenanteil von 50%!

 

FEGGA

Die Federation of European Golf Greenkeepers Associations (FEGGA) plant ein Greenkeeper-Seminar speziell für Greenkeeperinnen, um auf diesem Weg auch den internationalen Austausch zu fördern.

 

USA

Derzeit sind in den USA 29.123 Superintendents auf Golfanlagen beschäftigt – mit 93,2% Männern und 6,8% Frauen. In diesem Zusammenhang auch interessant: im Jahr 2021 verdienten die Frauen nur 81% dessen, was die Männer an Gehalt bekamen (Quele: https://www.zippia.com/golf-course-superintendent-jobs/demographics/).

 

Unter den 18.500 GCSAA-Mitgliedern (Golf Course Superintendents Association of America) befinden sich weltweit 299 weibliche Mitglieder, das entspricht etwa 1,5%, von denen wiederum nur 61 als Greenkeeperinnen tätig sind. 54 in den USA und jeweils eine in Malaysia, Singapur, Südafrika und Südkorea. Ein auch hier erst kleiner, aber dafür seit 1990 zunehmender Anteil.

Leasha Schwab, ehemalige Superintendentin im Pheasant Run Golf Club in Ontario, ist die Gründerin von „Ladies Leading Turf“ und engagiert sich, um Frauen für den Beruf zu gewinnen. Die GCSAA bietet mit dem „Ladies Leading Turf-Treffen“ auf der Golf Industry Show Frauen die Möglichkeit, sich auszutauschen und zu vernetzen.

 

Devon Carroll, Doktorandin an der University of Tennessee, hat im letzten Jahr 13 weibliche Führungskräfte aus der Sportrasenbranche interviewt und unter dem Titel „Woman in Turf“ eine Studie erstellt. Ziel der Arbeit war es, die spezifischen Herausforderungen, den Führungsstil und die Chancen zu analysieren, um aufgrund dieser Erkenntnisse Veränderungen herbeizuführen. Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen häufig ein Problem mit der Akzeptanz und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben. Im Endeffekt gaben aber alle Teilnehmerinnen an, ihren Beruf gerne und mit Leidenschaft auszuüben (Quelle: https://gcmonline.com/course/environment/news/women-turf-golf-course-management).

 

Mit der Bewegung „Woman in Turf“ hat sich eine weitere Plattform für Frauen entwickelt, die zum einen die Möglichkeit der Vernetzung über social media bietet und zum anderen zusammen mit der Industrie spezielle Veranstaltungen anbietet.

 

 

Lesen Sie im Anschluss an diesen Beitrag die folgenden Interviews:

 

 

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