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Im Gespräch mit Jacqueline Siegel, stv. HGK im GC Würzburg

Best Practice: Frauen im Greenkeeping

Frau Siegel, Sie sind schon seit mehr als zwanzig Jahren in der Golfplatzpflege aktiv; wie haben Sie zu diesem Beruf gefunden?

 

Im Grunde bin ich mit meiner ursprünglichen Ausbildung zur Kraftfahrzeug-Mechanikerin eine klassische Quereinsteigerin und gehörte damit 1992 auch einer klaren Minderheit an. Zu dieser Zeit verfügten die wenigsten Betriebe im KFZ-Gewerbe über separate Umkleidekabinen oder Toiletten für Frauen.

 

1997 wurde mein Sohn geboren und ursprünglich wollte ich nach der Elternzeit wieder zurück in meinen Beruf. Mein damaliger Arbeitgeber bestand jedoch auf Vollzeitarbeit und so kam ich dann zum Golf. Meine Erfahrung im Umgang mit Maschinen machte den Einstieg deutlich einfacher. Auf meiner ersten Golfanlage, in Bad Windsheim, blieb ich insgesamt 20 Jahre. In dieser Zeit habe ich mich an der DEULA Bayern weitergebildet, über den qualifizierten Platzarbeiter hin zur Fachagrarwirtin Golfplatzpflege (Anm. d. Red.: Frau Siegel absolvierte die Prüfung 2012 als Jahrgangsbeste, s. GKJ 4/12). Ich rückte danach zunächst zur Stellvertreterin auf, nach dem Weggang meines damaligen Chefs übernahm ich für weitere fünf Jahre die Position der Head-Greenkeeperin.

 

Ab 2020 war ich dann für zwei Jahre als HGK für die Firma Sommerfeld, in der Funktion eines Springers, auf unterschiedlichen Golfanlagen unterwegs. In dieser Zeit habe ich sehr viel Neues erfahren, meinen Focus erweitert und tolle Menschen kennengelernt, mit denen ich auch weiterhin Kontakt pflege.

 

Seit April 2022 bin ich nun als stellvertretende Head-Greenkeeperin im Golf Club Würzburg beschäftigt und werde in der kommenden Saison, wenn Marius Cazan nach 30 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand geht, die Head-Greenkeeper-Stelle übernehmen.

 

Welche Voraussetzungen sollte man für diesen Beruf mitbringen und würden Sie sagen, dass es zudem spezielle Herausforderungen für Frauen gibt?

 

Grundsätzlich ist Teamfähigkeit für mich die wichtigste Grundvoraussetzung, denn als Head-Greenkeeper ist man immer nur so gut wie das Team, das hinter einem steht! Und dann muss natürlich die Liebe zur Natur vorhanden sein.

 

Als Frau muss man sich darauf einstellen, dass in diesen männertypischen Berufen oft ein rauer Ton herrscht, da sollte man nicht alles zu ernst nehmen. Tatsache ist: als Frau muss man sich in der Männerwelt behaupten und durchsetzen. Im Greenkeeping ist es natürlich schon von Vorteil, wenn man auch keine Angst vor dem Umgang mit Maschinen hat.

 

Der Beruf bringt eine körperliche Belastung mit sich, auch was das Arbeiten in der Natur bei Regen oder extremer Hitze angeht. Die Arbeitszeiten verlangen über das gesamte Jahr Flexibilität. Und, ich muss es nochmal erwähnen, selbst in der heutigen Zeit sind auf Golfanlagen nicht ausreichend Sozial- oder Sanitärräume vorhanden, und dabei meine ich nicht nur die für Frauen.

 

Trifft es denn Ihrer Meinung nach zu, dass man als Frau mehr leisten, härter arbeiten muss, um akzeptiert zu werden?

 

! Aus meiner Sicht trifft das zu. Aber sobald die Kollegen feststellen, dass man nicht nur redet, sondern auch anpackt, ist „frau“ nach meiner Erfahrung auch akzeptiert. Von daher habe ich keine Probleme mit der Akzeptanz, zumal mir da meine langjährige Berufserfahrung zugute kommt. Die Tatsache, dass ich selber Golf spiele (Anm. d. Red.: Hcp 8,5), kommt vor allem bei den Golfspielern sehr gut an.

Hatten Sie auf Ihrem Weg einen Mentor und gibt es Unterstützung durch Kollegen aus der Branche?

 

Ja, den hatte ich in meinem Chef auf der Golfanlage in Bad Windsheim. Er hat mich drei Jahre lang als Mentor unterstützt und beruflich gefördert. Hilfestellung bekomme ich heute durch mein großes Netzwerk an Kollegen und Firmenvertretern. Diese kann ich jederzeit anrufen und mich mit ihnen austauschen. In dieser Beziehung habe ich noch nie negative Erfahrungen gemacht: wer Hilfe braucht, bekommt sie auch.

 

Frau Siegel, Sie haben einen Sohn. Wie sieht es mit der Vereinbarkeit von Familie und Job aus?

 

! Vor 20 Jahren, als mein Sohn noch klein war, war es noch deutlich einfacher, Job und Familie zu vereinbaren. Ich hatte damals das Glück, mit der Golfanlage einen flexiblen Arbeitgeber zu haben, der mir eine Kernarbeitszeit von 8 bis 12 Uhr ermöglichte.

In der heutigen Zeit, bei mehr Mitgliedern, Startzeiten und einer sich wandelnden Gesellschaft, ist das deutlich schwerer umsetzbar. Die Ansprüche steigen, der Platz soll stets in einem Top-Zustand sein, aber am besten, ohne dass ein Greenkeeper zu sehen ist. Das war vor 20 Jahren noch anders. Damals waren die Mitglieder mehr mit dem Heimatclub verbunden, ihre Greenkeeper haben ihren Platz gepflegt. Heute ist die Mentalität einiger Menschen eine andere, nach dem Motto: „Ich bezahle und möchte dafür ungestört Golf spielen, unabhängig von der Uhrzeit“. Das macht unseren Job nicht immer leicht. Wir bearbeiten die Grüns nicht, um die Golfer zu ärgern, sondern um die Gräser gesund zu erhalten. Jeder weiß, wenn die Grüns am schönsten sind, ist eben auch der Zeitpunkt gekommen, an dem der Greenkeeper wieder Pflegemaßnahmen durchführen muss.

 

Auf der Würzburger Golfanlage fangen wir in der Hauptsaison um 5 Uhr morgens an. Das ist mit Familie nur zu vereinbaren, wenn der Partner flexible Arbeitszeiten hat und zur Seite steht, um morgens die Kinder zur KiTa oder Schule zu bringen. Natürlich wird es im Laufe der Jahre im Hinblick auf die Kinder einfacher, aber dann kommt das Thema Wochenend- und Feiertagsarbeit hinzu. Außerdem gibt es das Pro-blem mit dem Urlaub: Maximal, wenn überhaupt, eine Woche während der Saison! Die wird übrigens durch den Klimawandel immer länger, somit aber auch die Saison der Golfplatzpflege.

 

Ich bin der Meinung, dass der Beruf des Greenkeepers durch diese Gegebenheiten und den Trend zu mehr „Work-live-Balance“ schon an Beliebtheit verloren hat. Dies betrifft jedoch Frauen und Männer gleichermaßen.

 

Wie lautet Ihr Fazit in Bezug auf den Beruf „Greenkeeper“?

 

Für mich ist es ganz klar, trotz allem: Traumjob Golfplatz! Ich liebe die Natur, die ersten Morgenstunden auf dem Platz, die wir mit Feldhasen & Co. teilen. Aber auch die Zeit, wenn die Golfer da sind und unseren wunderschönen Platz mit Leben füllen. Langeweile gibt es nicht und jedes Jahr ist anders. Das ist die schöne Herausforderung, man kann immer wieder Neues ausprobieren.

 

Liebe Frau Siegel, besten Dank für Ihre offenen Worte und viel Erfolg in der neuen Saison, dann auch offiziell als „Erste Frau“, denn eigentlich sind Sie das ja auch jetzt schon hinter HGK Marius Cazan …

 

Das Gespräch führte unsere Autorin Beate Licht | Greenkeepers Journal 3/2022

 

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