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Klimawandel und die Auswirkungen auf den Baumbestand

Nicht nur die Stürme der letzten Jahre, „Kyrill“, „Lothar“, „Ela“ oder „Friederike“, haben dem Baumbestand, auch auf den Golf­anlagen, zugesetzt. Hinzu kommen die Auswirkungen der Klimaveränderungen, sprich die Hitzesommer von 2018 und 2019. Sommertrockenheit bedeutet Stress und erhöht die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingsbefall.

 

In Deutschland dominiert die Fichte, als wichtigste Wirtschaftsbaumart, die Wälder, doch gerade sie ist für trockene bis sehr trockene Standorte ungeeignet. Fichten benötigen jährliche Niederschlagsmengen von mehr als 600 mm, davon mindestens 300-350 mm in der Vegetationszeit. Hinzu kommt eine Gefährdung durch den Befall mit Borkenkäfern.

 

2019 wurde im Rahmen des „Nationalen Waldgipfels“ über die Waldrettung diskutiert, von den elf Millionen Hektar Wald sind inzwischen 180.000 Hektar zerstört.

 

Fazit: Der Wald braucht einen Arten-Mix. Mischbestände sind in der Regel resistenter und reagieren weniger stark auf Störungen.

Vor diesem Hintergrund steht auf vielen Golfanlagen die Frage im Raum: Wie können wir unseren Baumbestand an zukünftige Gegebenheiten anpassen und sogar optimieren? Welche Bäume nehmen wir nun für unsere Golfanlage, um vorhandene Ausfälle zu ersetzen? Wir befragten hierzu unsere Baum-Expertin Dr. Isolde Hagemann:

 

? Viele der typisch vorherrschenden Baumarten bringen, neben der unzureichenden Trockenheitsverträglichkeit, auch noch andere Probleme mit sich, wie z.B. bei der Rosskastanie den Befall mit Miniermotten und eine Pilzerkrankung, bei der Eiche kommt es zum Befall mit dem Eichenprozessionsspinner. Die Rußrindenkrankheit sowie das Ulmen- und Eschensterben haben ebenfalls zugenommen. Sollen wir deshalb zukünftig bei Neuanpflanzungen auf diese Baumarten verzichten?

! Zurzeit empfehle ich in der Tat auf die Pflanzung der Rosskastanie zu verzichten, Grund ist der Befall durch die Miniermotte, mit den bekannten Schäden im Blatt, sowie Rindenschäden und das Auftreten des Bakteriums Pseudomonas, das auf der Baumrinde einen braunen bis schwarzen Ausfluss verursacht und schließlich die Baumrinde zum Absterben bringt.


Auf Plätzen mit starkem Eichenprozessionsspinner-Befall sollten vorerst auch keine weiteren Stiel- oder Traubeneichen gepflanzt werden. Möglicherweise vermindert sich in den nächsten Jahren durch eine konsequente Bekämpfung das Auftreten dieses Schädlings.


Die Rußrindenkrankheit beim Ahorn betrifft insbesondere den Berg-Ahorn. Glücklicherweise sind unsere beiden anderen Arten, der Spitz- und Feld-Ahorn, kaum betroffen; deshalb empfehle ich zurzeit, auf den Berg-Ahorn zu verzichten und nur diese beiden Arten zu pflanzen.


Dem Ulmensterben kann man durch die Wahl einer resistenten Züchtung, der sogenannten „Resista Ulme“, mit Sortennamen ‚New Horizon‘, entgehen.


Auch bei der Esche gibt es mit der Sorte „Fraxinus angustifolia ‚Raywood‘“ eine Alternative, bei der das Eschentriebsterben nur sehr selten auftritt.


Entscheidend ist, dass für die standörtlichen Gegebenheiten auf der Golf­anlage die passenden Baumarten ausgewählt werden. Dann würde ich immer einheimische Arten, von denen es glücklicherweise einige gibt, und die auch mit den Gegebenheiten der Klimaerwärmung zurechtkommen, den neueren Züchtungen vorziehen.

 

? Derzeit sind viele fremdländische Baumarten, häufig aus Südosteuropa, im Gespräch. Diese haben dann jedoch häufig mit Spät- oder Frühfrösten zu kämpfen. Zudem sind die Auswirkungen auf das Ökosystem nicht absehbar. Zu den Neophyten zählt auch die Robinie oder der Götterbaum, beides Arten mit einer großen Neigung, sich auszubreiten, was dann zu einem unerwünschten zusätzlichen Pflegeaufwand führt. Wie lautet da Ihre Empfehlung?

 

➜ Den zu diesem Thema passen­den Beitrag „Bloß nicht ...! Neupflanzungen von Bäumen“ aus dem Greenkeepers Journal 4/16 finden Sie HIER.

 

! Die Untersuchungen zum Verhalten fremdländischer Baumarten und deren Auswirkungen auf die Ökosysteme sind noch längst nicht abgeschlossen, es handelt sich um Angaben zum jetzigen Kenntnisstand. Zudem kommen immer wieder neue Arten in Betracht, die in die Testprogramme aufgenommen werden.


Aufgrund eigener Erfahrungen mit Robinie, Götterbaum, der Spätblühenden Trauben-Kirsche und dem Eschen-Ahorn em­pfehle ich mit Nachdruck, auf eine Pflanzung dieser Baumarten auf Golfplätzen zu verzichten. Auch weitere „Neubürger“ wie beispielsweise der „Schnurbaum“ oder der „Lederhülsenbaum“, die zwar für Trockenstress getestet und sehr gut bewertet worden sind, sollten wegen ihrer Früchte (fleischige bzw. ledrige Hülsen) keinesfalls auf Golfplätzen gepflanzt werden. Diese beiden Beispiele zeigen, dass neben der Trockenstress-Eignung auch noch andere Merkmale unbedingt zu berücksichtigen sind. Wenn es denn eine „exotische“ Art sein soll, dann höchstens als Solitär beispielsweise in der Nähe des Clubhauses.

 

? Wertvolle Informa­tionen zu Baumarten und deren Eigenschaften erhält man auch über die Gartenämter der Städte, die sich mit Stadtbaumkonzepten befassen. Die „Deutsche Gartenamtsleiter-Konferenz“ (GALK) ist ein Zusammenschluss der kommunalen Grünflächenverwaltungen. Auf der GALK-Straßenbaumliste finden sich sogenannte „Zukunftsbäume“, also Bäume, die für die Region am besten geeignet sind. Hier findet sich jedoch auch der „Eisenholzbaum“ oder der „Zürgelbaum“. Sind diese Neophyten doch em­pfehlenswert?

 

! Die Grundlage für die Aussagen über die Eignung der Bäume für Städte sind Erfahrungen von Mitgliedern des Arbeitskreises Stadtbäume, Tests und Literatur-Recherchen.

 

Die sogenannten „Zukunftsbäume“, auch „Klimabäume“, auf der GALK-Straßenbaumliste werden seit längerem auf ihre Eignung für den Lebensraum Stadt/Straße getestet. Hier herrschen spezielle Bedingungen: Der Raum für die Wurzeln ist beengt, Regenwasser kann kaum in das Erdreich eindringen, Straßenzüge mit Gebäuden heizen sich bei sommerlicher Hitze sehr stark auf.


Auf Golfanlagen herrschen jedoch andere Bedingungen als in den Städten. Deshalb halte ich die Empfehlungen der GALK-Straßenbaumliste im Hinblick auf Golfplätze für nicht besonders aussagekräftig.


Ich empfehle vielmehr die Angaben zu Arten, die in einer sogenannten KlimaArtenMatrix (KLAM) auf der Grundlage morphologisch-anatomischer und ökophysiologischer Parameter zusammengestellt sind, auf Golfanlagen stärker zu berücksichtigen. Hier werden insbesondere Trockenstress-Toleranz und Winterhärte der jeweiligen Baumart berücksichtigt, siehe Liste in: ROLOFF, A. 2013: Bäume in der Stadt. Ulmer-Verlag.

Der Eisenholzbaum kommt in Vorderasien, dem nördlichen Iran und am Kaspischen Meer vor. Er wächst eher strauchförmig und gilt als Großstrauch. Wenn er als Solitär gepflanzt wird, entwickelt er sich zu einem kleinen Baum mit weit ausladenden Seiten­ästen. Für eine Pflanzung auf Golfplätzen halte ich ihn insbesondere wegen seiner Wuchsform nicht besonders gut geeignet und würde abraten. Soweit mir bekannt, zeigt er aber keine Ausbreitungstendenzen.


Der Zürgelbaum hingegen kann sich nach meinen Beobachtungen in Städten stark ausbreiten. An manchen Stellen sind zahlreiche Jungpflanzen zu sehen. Vermutlich sind die kleinen kugeligen Früchte bei Vögeln sehr beliebt und werden von ihnen verbreitet. Er stammt aus Südeuropa, dem Kaukasus, kommt in Nordafrika vor und wächst vom Hima­laja bis Nepal. Er kann eine Höhe von 15 bis 20 Metern erreichen, gilt im Jugendstadium als frostempfindlich. Es ist nicht auszuschließen, dass er wegen seiner Tendenz zu stärkerer Ausbreitung irgendwann als Neophyt eingestuft werden könnte. Von einer Pflanzung auf Golfplätzen würde ich daher abraten.


Der bereits seit langem auf dem jeweiligen Golfplatz vorhandene Baumbestand liefert wichtige Hinweise, welche Baumarten sich auf dem Platz „wohlfühlen“. Golfanlagen sollten unter keinen Umständen als Versuchsfeld für neue Arten dienen! Wird irgendwann festgestellt, dass sich eine Art auf einer Golfanlage stark vermehrt, dann lässt sich die weitere Ausbreitung oftmals nur noch mit hohem Aufwand stoppen.

 

➜ Eine mittlerweile große Anzahl an Baum-Steckbriefen und ihre Eignung für Golfanlagen finden Sie HIER. Weiter Fachbeiträge zu Bäumen von Frau Dr. Hagemann finden Sie HIER.

Weitere interessante Informationen findet man beispielsweise auch unter www.waldwissen.net.

 

? Weitgehend Einigkeit herrscht bei den derzeitigen Empfehlungen bzgl. Nadelbäumen: Kiefer, Weißtanne, Douglasie – bei den Laubbäumen: Esskastanie, Winterlinde, Sommerlinde, Silberlinde, Vogelkirsche, Spitzahorn, Hainbuche, Traubeneiche, Elsbeere. Kann man diese Baumarten auch für unsere Golfanlagen empfehlen?

 

! Die von Ihnen genannten Arten sind für Golfplätze geeignet, wobei auch hier wieder die jeweiligen Standortsansprüche zu beachten sind. Die Weiß-Tanne wächst nur in Bergmischwäldern höherer Lagen, zudem wird die Weiß-Tanne von etlichen Schädlingen befallen. Die Esskastanie gedeiht nur in sommerwarmen Gebieten mit milden Wintern.

 

Auch wenn die Artenvielfalt auf Golfplätzen gefördert werden soll, warne ich ausdrücklich vor Experimenten mit „schönen, neuen Baum­arten“. Grundsätzlich ist es bei der Auswahl neuer Baumarten für den Golfplatz empfehlenswert, die Klima- und standörtlichen Gegebenheiten des jeweiligen Platzes zu berücksichtigen.

 

? Auf einer bestehenden Golfanlage ist zu beachten: Wo soll der Baum gepflanzt werden und passt er zu den bereits vorhandenen Baumarten. An was sollte weiterhin gedacht werden?

 

! Bei Nachpflanzungen verdienen neben der Auswahl der Baumarten die zu erwartende Größe, ein möglicher Schädlingsbefall, Wuchsform und auch die Ansprüche an Böden und Klimabedingungen besondere Beachtung, insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen in den letzten „Hitzesommern“.

 

? Mit der reinen Neuanpflanzung ist es nicht getan. Wie sieht es mit der weiteren Pflege aus? Eine große Rolle spielt sicherlich die Bewässerung?

 

! Bei der Pflanzung ist die Qualität des Jungbaumes von entscheidender Bedeutung, denn Bäume können über hundert Jahre alt werden. Deshalb ist diese Aktion bedeutend für mehrere Generationen von Golfspielern. Es sollten nur Jungbäume mit gutem Kronenaufbau, angemessenem Wurzelballen und unbeschädigten jungen Stämmchen gepflanzt werden.

 

Als Zeitpunkt für die Pflanzung empfehle ich angesichts der Klimasituation in den letzten Jahren dringend den Herbst, damit sich der Jungbaum etablieren kann, bevor im Frühjahr mit höheren Temperaturen zu rechnen ist.

 

Für eine optimale Entwicklung sind die Größe der Pflanzgrube und die richtige Pflanzhöhe von entscheidender Bedeutung. Damit das Wurzelwachstum nicht durch Wind etc. gestört wird, ist eine gute Verankerung an einem Dreibock notwendig.

 

Bis der Jungbaum seine Funktionen erfüllen wird, ist eine regelmäßige Pflege entscheidend. Vor allem sind ausreichende Wassergaben von hundert Litern, etwa fünfmal pro Jahr, angemessen. Je nach Witterung auch öfter und in kürzeren Intervallen. Die Baumscheibe ist dabei unkrautfrei zu halten, um Nahrungs- und Wasserkonkurrenz zu vermeiden. Ein sogenannter Gießring hat sich als sinnvoll erwiesen, denn so kann das Wasser in die Mulde gegeben werden und läuft nicht in die angrenzenden Bereiche.

 

Der Schnitt der Baumkrone ist nach zwei bis drei Jahren sinnvoll, damit kann ein korrekter Aufbau der Krone gefördert werden; reibende Zweige und Zwieselbildungen sind zu korrigieren.

 

Liebe Frau Dr. Hagemann, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!

 

➜ Lesen Sie ergänzend zu diesem Interview den Beitrag „Bäume richtig pflanzen“.

 

Das Gespräch führte Beate Licht, DGV-Koordinatorin „Lebensraum Golfplatz – Wir fördern Artenvielfalt“ | Greenkeepers Journal 1/2020

 

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