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Greenfeespieler-Potenziale optimal ausschöpfen

Golfbranche zwischen Evolution und Revolution

Golfanlagen sind betriebswirtschaftlich dadurch gekennzeichnet, dass sie einen besonders hohen Fixkostenanteil aufweisen. Der Großteil der Kosten ist somit unabhängig von Auslastung und Anzahl der gespielten Runden – ähnlich wie bei Transportunternehmen, deren Kosten mehrheitlich unabhängig von der Anzahl der beförderten Passagiere sind. Diese Rahmenbedingungen sorgen dafür, dass das Optimum der Durchschnittskosten – also die im statistischen Durchschnitt niedrigsten Kosten pro gespielter Runde – stets an der Kapazitätsgrenze liegen. Stichproben bei deutschen Golfanlagen zeigen jedoch, dass – von Stoßzeiten wie beispielsweise den Vormittagen an Wochenenden einmal abgesehen – die meisten Golfanlagen sich deutlich unterhalb einer Vollauslastung bewegen. Solange ein Club ausreichend Mitgliedschaften aufweist, bleiben die wirtschaftlichen Folgen oft überschaubar – immer unter der Voraussetzung, dass die Summe aus Mitgliedsbeiträgen die anfallenden Kosten mindestens deckt. Andererseits ist es weiterhin vergleichsweise herausfordernd, neue Mitglieder für einen Golfclub zu gewinnen. Teilt man die vom Deutschen Golf Verband (DGV) für 2022 ausgewiesenen Neumitglieder von 58.290 in 2022 (s. dazu den Beitrag „Der Golfmarkt 2022“ im golfmanager 3/23 oder HIER) durch die Anzahl der Golfanlagen laut DGV-Statistiken im gleichen Jahr (729), ergibt sich pro Anlage ein durchschnittliches Brutto-Wachstum bei den Mitgliedschaften von knapp 80 Mitgliedschaften. Reduziert man die Zugänge jedoch um die Abgänge, sinkt das Wachstum auf 8.959 Neumitglieder, das durchschnittliche Netto-Wachstum pro Anlage beträgt somit nur noch rund 12,3 Mitglieder, also quasi einem Mitglied pro Monat! Gleichzeitig weist die DGV-Golfnachfrage-Analyse 2022 neben den 682.942 DGV-registrierten Mitgliedschaften insgesamt rund 2,56 Mio. weitere Golfer aus, darunter als größte Gruppe die nicht-organisierten Golfer. Für all diese Golfer gilt: Es ist davon auszugehen, dass sie sich bewusst dafür entschieden haben, keine Mitgliedschaft in einem deutschen Golfclub einzugehen. Das Potenzial, diese Golfer für eine Mitgliedschaft auf einer deutschen Golfanlage zu gewinnen, ist daher begrenzt.

 

Greenfeespieler – mehr als On-Top-Einnahmequelle

Um den Ertrag einer Golfanlage weiter zu steigern, rückt damit neben den Mitgliedern ein anderer Typus Golfer stärker in den Blickpunkt: die Greenfee-Spieler. Seit jeher unterscheidet sich Golf von vielen anderen Sportarten dadurch, dass die Golfanlagen sehr unterschiedlich designt sind (nicht zuletzt aufgrund der andersartigen Topographien je nach Standort) und es somit für Golfer – unabhängig von einer möglichen Mitgliedschaft im In- oder Ausland – reizvoll ist, unterschiedliche Golfanlagen zu erkunden. Dies unterstreicht nicht zuletzt das Segment der Golfreisen mit den zahlreichen Golfreise-Spezialveranstaltern, die sich exklusiv darum kümmern, ihren Kunden abseits des Heimatclubs oder des Wohnorts Zugang zu Golfanlagen im In- und Ausland zu verschaffen. Als Greenfee-Spieler kommen somit grundsätzlich sämtliche Golfer in Deutschland in Frage – laut DGV-Golfnachfrage-Analyse 2022 immerhin mehr als 3,2 Mio. Menschen. Einmal angenommen, jeder Golfer (DGV-Mitglieder als Gastspieler mitgerechnet) spielt über das Jahr verteilt durchschnittlich 8 Greenfee-Runden (also eine pro Monat, den Winter ausgenommen), ergibt sich ein Potenzial von rund 25,6 Mio. Greenfee-Runden. Verteilt auf die 729 Golfanlagen wären dies theoretisch mehr als 35.000 Greenfee-Runden pro Jahr und Anlage – eine Zahl, die wahrscheinlich deutlich über der Gesamtzahl der gespielten Runden auf den meisten Golfanlagen inklusive Mitgliederrunden liegen dürfte. Selbst wenn jeder Golfer nur eine Greenfee-Runde pro Jahr spielt, ergeben sich bei dieser Annahme noch fast 4.400 Greenfee-Runden pro Golfanlage. Dabei sind Greenfee-Runden von Gästen aus dem Ausland – insbesondere in Urlaubsregionen – noch gar nicht berücksichtigt. Jede Golfanlage sollte daher die aktuelle Anzahl ihrer auf Greenfee-Basis gespielten Runden analysieren – und im zweiten Schritt die tatsächliche Auslastung ihrer Anlage ermitteln. Im Vergleich erhalten Golfanlagen so Aufschluss darüber, ob und in welchem Umfang Potenzial für mehr Greenfee-Runden besteht. Natürlich sind Greenfee-Runden auch eine strategische Frage. Grundsätzlich kann jede Anlage ihr Hausrecht frei gestalten – sprich, es gibt kein „Recht“, als Greenfee-Spieler aufzuteen. Da das in anderen Ländern weit verbreitete Geschäftsmodell des vollständig privaten Golfclubs in Deutschland jedoch quasi nicht existent ist, können die Golfer auf nahezu jeder Anlage – teilweise nur an vorgegebenen Tagen – spielen. So lässt sich auch nachvollziehen, warum selbst die Gruppe der nicht-organisierten Golfer in der DGV-Golfnachfrage-Analyse sich mit großer Mehrheit sehr zufrieden mit den Spielmöglichkeiten in Deutschland zeigt (23% „sehr zufrieden“ sowie 62% „zufrieden“). Hat sich eine Golfanlage grundsätzlich dazu entschlossen, Golfer gegen Greenfee abschlagen zu lassen, geht es um die Gestaltung der Rahmenbedingungen: An welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten ist das Spiel für Gäste möglich? Wird ein Mindesthandicap verlangt? Ist der Zugang nur für registrierte Golfer möglich oder auch für nicht-organisierte Golfer? Wie viele Tage im Voraus können Gäste eine Startzeit buchen? Wie hoch ist das Greenfee und soll dieses nach bestimmten Kriterien (beispielsweise nach Hologramm auf DGV-Ausweis oder als Gast eines Mitglieds) differenziert werden? Wie sehen die Stornobedingungen für Greenfee-Runden aus? Auch wenn die Konsensbildung bei diesen Punkten durchaus zu kontroversen Diskussionen auf einer Anlage führen kann: Die Hauptarbeit setzt erst danach ein! Denn anders als beim Mitglied, das zumindest für den Zeitraum der Mitgliedschaft an den einzelnen Club gebunden ist und das vereinbarte Jahresentgelt zahlt, muss der Greenfee-Spieler für jede einzelne Runde akquiriert werden – nur dann zahlt er auch ein Greenfee. Während eine stornierte, vorab gebuchte Mitgliederrunde für den Club somit keine Ertragseinbußen mit sich bringt (von möglichen, entgangenen Zusatzeinnahmen in Pro-Shop und Gastronomie einmal abgesehen), führt die fristgerechte Absage einer Greenfee-Runde zwangsläufig zum Ertragsausfall. Vielfach versuchen Golfanlagen, Greenfee-Spieler vor allem über das alte Instrument der Preisreduktion anzulocken. Die Vielzahl der Discount-Systeme, gerade im deutschen Markt, spricht hier Bände. Doch selbst bei entsprechender Preisreduktion bleibt die Frage: Wie kann man erfolgreich Gastspieler für die eigene Anlage gewinnen?

 

Corporate-Kunden

Erfahrungen aus dem In- und Ausland (gerade im Ausland gibt es zahlreiche Anlagen, die ausschließlich nach dem Pay & Play-Prinzip arbeiten, also gar keine klassischen Mitgliedschaften anbieten – beispielsweise der berühmte TPC Sawgrass mit dem Stadium Course, KLM Open-Austragungsort Bernardus Golf in den Niederlanden oder der spektakuläre Cape Kidnappers in Neuseeland) zeigen, dass es hier auf die richtige Mischung aus Produkt und Vertriebskonzept ankommt. Die positive Nachricht vorweg: Golfanlagen in Deutschland verfügen nahezu flächendeckend über die notwendigen Voraussetzungen, um die bestmöglichen Produkte für Greenfeespieler zu definieren. Daher kommt es vor allem darauf an, diese Produkte klar zu formulieren und dann entsprechend zu vermarkten. Da Golf grundsätzlich – sieht man einmal von den Teaching und Playing Pros ab – in der Freizeit der Menschen ausgeübt wird, soll nachfolgend bewusst ein Ansatz gewählt werden, der in der Touristik seit vielen Jahren bewährt ist: die Differenzierung nach Anlass des Ortswechsels. Hier wird zwischen Leisure (also Privatreisen) und Corporate (Geschäftsreisen) unterschieden. Da die meisten Golfanlagen sich bisher auf das Thema Leisure konzentriert haben, soll hier bewusst mit dem zweiten Reiseanlass, Corporate, begonnen werden. Weiteres Kriterium für die Definition der Produkte: Sollen ortsansässige Firmen und ihre Mitarbeiter angesprochen werden oder geht es um Menschen auf Geschäftsreisen?

 

Ortsansässige Firmen als Zielgruppe

Bei ortsansässigen Firmen geht es primär um Events – denn immer mehr Unternehmen, nicht zuletzt im Rahmen von „New Work“, wollen ihren Mitarbeitern auch Erlebnisse bieten, die noch dazu das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken. Was liegt da näher, als beispielsweise ein Golf-Erlebnistag auf der örtlichen Anlage? Musterbeispiel für eine erfolgreiche Herangehensweise ist das Golf Lounge Resort in Hamburg von Peter Merck (s. golfmanager 4/22 oder HIER). Beim Produkt ist es wichtig, dass die Firmen ein Gesamtpaket wünschen und vor allem zentrale Ansprechpartner. Unabhängig von der Frage, ob Golfschule und/oder Gastronomie selbst betrieben werden oder outgesourct sind: Wichtig ist, dass die Firmen Komplettangebote erhalten und somit eine interne Koordination auf den Golfanlagen erfolgt. Auch die Abrechnung sollte hier unbedingt zentral gegenüber dem Kunden erfolgen – der Rest ist, sofern die Anlage einzelne Bereiche nicht selbst betreibt, interne Verrechnung. Um solche Produkte zu vermarkten, ist klassische Vertriebsarbeit erforderlich. Wichtig sind entsprechende Produktvorschläge für die Firmen mit Paketpreisen, damit diese eine konkrete Vorstellung erhalten, wie ein solches Firmenevent aussehen könnte und welche Kosten anfallen. Bewährt haben sich hier als Gesprächsbasis unterschiedliche Pakete, die sich entweder nach Zeitdauer des Events (ganztags, halbtags oder abends) oder nach Wertigkeit der inkludierten Leistungen unterscheiden. Wichtig ist bei solchen Angeboten, dass man davon ausgehen sollte, dass bei Firmen die Mehrzahl der Mitarbeiter noch kein Golf gespielt hat, aber dennoch einige Mitarbeiter über Golf­erfahrung verfügen. Denkbar ist somit beispielsweise, dass beim Golfteil des Events zwei Leistungen optional angeboten werden: ein Schnupperkurs oder eine Golfrunde (ob 9 oder 18 Bahnen, hängt von der Eventdauer ab). Auch für Noch-nicht-Golfer ideal: Putt-Wettbewerbe, denn so ziemlich jeder Mensch in Deutschland kennt Minigolf. Da Golfanlagen in aller Regel kein regionales Monopol haben, ist bei der Paket-Definition Kreativität gefragt. Überlegen Sie, welche Alleinstellungsmerkmale Ihre Anlage den Firmen bieten kann. Das kann beispielsweise die Organisation der An- und Abfahrt sein, örtliche Transportunternehmen sind hier geeignete Kooperationspartner. Andere Alleinstellungsmerkmale können die Einbindung bekannter Persönlichkeiten (entweder regional oder überregional) oder Spezialitäten in der Gastronomie sein. Wichtig ist jedoch, dass der Produktfestlegung ein aktiver Vertrieb erfolgt. Ob diese Aufgabe vom Clubmanagement oder einer separat für den Vertrieb zuständigen Person übernommen wird, kann nur pro Anlage entschieden werden.

 

Der Geschäftsreisende, ein Spontangolfer

Ebenfalls hochinteressant sind für Golf­anlagen Geschäftsreisende. Gerade im Sommer enden Geschäftstermine oft weit vor Ende des Tageslichts. Wer selbst häufig auf Geschäftsreisen ist, kennt die Situation: Man verbringt dann den Rest des Tages meist im Hotel, geht noch etwas Essen – aber nur wenige nutzen die freie Zeit für weitere Aktivitäten. Beispiele aus den USA zeigen jedoch, dass gerade im Sommer mit Tageslicht bis gegen 22 Uhr Geschäftsreisende eine durchaus interessante Zielgruppe darstellen. Allerdings kommt es eher selten vor, dass Geschäftsreisende stets ihre eigene Golfausrüstung mit auf Reisen nehmen – und oft fallen die Entscheidungen über die Aktivitäten recht spontan. Das passende Produkt für diese Zielgruppe sollte daher zum einen unbedingt auch 9-Löcher-Runden beinhalten, zum anderen benötigen diese Golfer üblicherweise Leihausrüstung. Ein geeignetes Paket für diese Zielgruppe kann beispielsweise aus dem Greenfee (mit/ohne Buggy), Leihschlägern, einem Handschuh sowie drei oder sechs Golfbällen bestehen. Auch Leihschuhe sollten zumindest angeboten werden – wer nun die Nase rümpft, sollte sich an den Besuch auf einer Bowlinganlage erinnern, hier wird ausschließlich mit Leihschuhen gebowlt (die, besonders wichtig, nach Gebrauch direkt vor den Augen des Kunden desinfiziert werden – das schafft Vertrauen). Auch ein Abendessen lässt sich gut einbauen, zumal viele Geschäftsreisende die Gastronomie eines Golfclubs der eines Hotels vorziehen werden. Wichtig ist, dass die verschiedenen Leistungen für den Golfer zu einem Gesamtpaket mit Gesamtpreis kombiniert werden. Bleibt die Frage nach dem Vertrieb. Hier sind zwei Ansätze möglich: Ist bekannt, dass bestimmte Firmen (beispielsweise internationale Großkonzerne) oft Geschäftsreisende empfangen, kann man mit diesen Unternehmen direkt sprechen und versuchen, Vereinbarungen darüber zu treffen, dass die Geschäftsreisenden entsprechende Angebote (ob als Flyer oder per E-Mail, ist individuell zu klären) erhalten. Alternativ bieten sich vor allem die Hotels vor Ort sowie auf Geschäftsreisen spezialisierte Reisebüros als Vertriebs­partner an. Es ist durchaus möglich, dass diese für ihre Unterstützung Vertriebs­provision erwarten – dies ist dann direkt beim Preis einzurechnen. Reisebüros können so beispielsweise ihren Kunden direkt das Angebot mit der Buchungsbestätigung zusenden. Vorteilhaft ist hier, wenn nicht jede Golfanlage einzeln auftritt (das erhöht die Komplexität im Vertrieb für das Reisebüro), sondern wenn beispielsweise mehrere Anlagen im gesamten Bundesgebiet sich auf ein gemeinsames Paket (idealerweise zum identischen Preis) verständigen, so dass die Reisebüros den Kunden dieses Angebot bei allen inländischen Geschäftsreisen unterbreiten können. Gleiches gilt für das Incoming, denn auch ausländische Geschäftsreisende kommen als Greenfee-Spieler in Frage. Hier ist es allerdings schwieriger, die zuständigen Reisebüros zu identifizieren. In jedem Fall wird ein solches Angebot mehrsprachig benötigt. Wer ganz groß denken möchte, kann auch Gespräche mit internationalen Buchungsplattformen suchen – seien es reine Unterkunftsportale wie Booking.com oder auch komplette Online-Reisebüros wie Expedia (eher Privatreisen) oder die zahlreichen Online-Plattformen und Buchungssysteme, die sich speziell an Geschäftsreisende wenden. Einfacher ist hier sicherlich die Zusammenarbeit mit örtlichen Hotels. Mit ein wenig Recherche lässt sich herausfinden, welche Hotels vor Ort bei Geschäftsreisenden besonders beliebt sind. Dann sind individuelle Vertriebsgespräche mit dem Hotelmanagement gefragt – und die Angebote sollten mindestens auf Deutsch und Englisch verfügbar sein. Sie können beispielsweise als Flyer auf den Zimmern der Gäste ausgelegt werden oder als PDF-Dokument an Buchungsbestätigungen der Hotels angehangen werden. Als Alternative zur klassischen Vertriebs­provision ist es denkbar, den Hotels und ihren Mitarbeitern für ihre Unterstützung ihrerseits beispielsweise einen Golf-Erlebnistag auf der eigenen Anlage anzubieten. Oder – sofern die Hotels dies vorab gestatten – den Mitarbeitern an der Hotelrezeption einen Incentive für die erfolgreiche Buchung der Angebote zukommen zu lassen, beispielsweise Bonuspunkte, welche die Hotelmitarbeiter in eigene Greenfees, Gastronomiebesuche oder Kursteilnahmen umwandeln können (sofern sie selbst Golf spielen oder erlernen möchten). Wichtig ist: Gerade bei Geschäftsreisenden gilt, dass diese ein leicht verständliches und anwendbares Produkt benötigen (daher ist Leihausrüstung unverzichtbar) und zudem die alte Wahrheit gilt, dass hier der Prophet zum Berg gehen muss und nicht umgekehrt. Ob die potenziellen Partner vor Ort für solche Partnerschaften zu gewinnen sind, kann nur der konsequente Vertriebsversuch zeigen.

 

Leisure-Kunden

Auch bei den Leisure-Kunden empfiehlt sich eine differenzierte Herangehensweise. Wendet man erneut die Systematik der Touristik an, unterscheidet man nach Eintagesreisen ohne Übernachtung und Mehrtagesreisen inklusive Übernachtung.

 

Angebote für Tagesreisende: ­besonders anspruchsvoll

Bei den Tagesreisen handelt es sich letztlich um den klassischen Greenfee-Spieler, denn mit An- und Abreise dürfte – je nach Entfernung zur Golf­anlage – die Golfrunde zumindest der Hauptzweck, wenn nicht alleinige Grund der Reise sein. Alternativ zur Teilnahme an Discount-Systeme sollten Golfanlagen hier darüber nachdenken, Komplettpakete anzubieten. In Großbritannien beispielsweise wird oft ein Frühstück oder warmes Essen nach der Runde inkludiert, in Spanien gibt es oft Kombinationen aus Greenfee und Buggy. Die Vermarktung ist hier besonders anspruchsvoll, da man den Kunden an seinem Wohnort für die Anlage gewinnen muss. Idealerweise sollte eine Golfanlage daher zunächst analysieren, aus welchem Umkreis sich bisher ihre Greenfee-Spieler rekrutieren – und dann entscheiden, ob weiterhin dieses Einzugsgebiet beworben werden soll oder ob es weiße Flecken gibt, die künftig ebenfalls gezielt angesprochen werden sollen. Gerade Entscheidungen zu Tagesreisen werden oft spontan und wetterabhängig getroffen. Für den Vertrieb bedeutet dies, dass man hier zwar über die üblichen Marketinginstrumente wie Weiterem­pfehlung (durch Mitglieder und bisherige Greenfee-Spieler) sowie Präsenz in verschiedenen Golfmedien eine Art „Grundrauschen“ schaffen kann, damit die Anlage ins Bewusstsein potenzieller Gastspieler gelangt. Entscheidend ist jedoch der kurzfristige Impuls – und dieser findet primär online statt. Wichtig sind daher gezielte Aktivitäten über soziale Medien, Online-Werbung über Google oder erneut die sozialen Medien und entsprechende Angebote auf speziellen, golf-affinen Plattformen. Internationale Golf-Management-Unternehmen und Kooperationen wie Troon und IMG Prestige bieten ihren Golfanlagen entsprechende Zugänge zu Plattformen.

 

Bei Mehrtages-Reisenden sind die Mitreisenden nicht zu vergessen

Anders bei den Mehrtages-Reisenden: Hier kann man die potenziellen Kunden entweder bereits vor der Reise ansprechen oder während der Reise. Erfahrungen aus der Touristik zeigen, dass viele Ausflüge erst spontan vor Ort entschieden und gebucht werden. Stellt Golf den Hauptzweck der Reise dar, werden die Kunden primär eine entsprechende Golfreise buchen. Um hier berücksichtigt zu werden, benötigen die Golfanlagen daher Kontakte zu Golfreise-Spezialveranstaltern, oft aus dem Ausland. Interessanterweise sind gerade deutsche Golfanlagen – obwohl Deutschland weiterhin ein sehr beliebtes Reiseziel ist – auf den dafür wichtigen Messen wie ITB oder IGTM kaum vertreten. Für Golfanlagen sind jedoch nicht nur reine Golfreisen relevant, sondern auch die spontane Golfrunde während einer Mehrtagesreise. Wie bei den Tagesreisen gilt auch hier: Oft wird die Entscheidung spontan getroffen, das Wetter spielt eine wichtige Rolle – denn gerade im Urlaub möchten die wenigsten Golfer gerne im sprichwörtlichen Regen stehengelassen werden. Und wie bei den Geschäftsreisenden benötigen Golfer ein Komplettangebot inklusive Leihausrüstung – denn an sich war die Golfrunde für die Reise ja gar nicht eingeplant! Die wesentliche Herausforderung beim Produkt besteht jedoch in den Mitreisenden. Ein Glücksfall ist, wenn alle Reisenden einer Familie oder Gruppe golfen – dann können alle auf das identische Produkt zurückgreifen. Oft gehen jedoch nicht alle Familienmitglieder oder Reiseteilnehmer dem Sport nach. Dann kann die Golfrunde durchaus zur Herausforderung werden, denn gerade im gemeinsamen Familien- oder Paarurlaub möchten Golfer oft nicht den Tag alleine verbringen, denn dies geschieht ja bereits im Alltag regelmäßig. Eine Option sind spezielle Early Bird-Startzeiten für diese Golfer: Man beginnt (gerade im Frühsommer mit seinem langen Tageslicht) die Runde bereits gegen 06:00 oder 07:00 Uhr, danach können die Golfer den Rest des Tages mit den anderen Mitreisenden verbringen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Golfanlage zur genannten Zeit auch besetzt ist – denn oft benötigen die Golfer, wie dargestellt, eine Leihausrüstung. Ein anderes Konzept greift den seit vielen Jahrzehnten bekannten Begriff des Country Clubs auf: Golf ist nur eine der möglichen Aktivitäten auf der Golfanlage, es gibt weitere Angebote für nicht-golfende Mitreisende. Wer in Italien unterwegs ist, wird oft feststellen, dass gerade die hochwertigen Golfanlagen über eigene Pools verfügen. Hier können beispielsweise nicht-golfende Mitreisende den Tag genießen und tragen durch ihren Getränke- und Speiseumsatz sogar noch zu erhöhtem Umsatz bei. Bei Bernardus in den Niederlanden können Begleiter nicht nur den Pool, sondern auch den exzellenten Fitnessraum nutzen. Leichter sind solche Konzepte für Anlagen umsetzbar, die auch ein Hotel auf oder neben der Golfanlage bieten. Hier können Einrichtungen des Hotels wie Pool oder Spa sowohl den Golfern nach der Runde, als auch nicht-golfenden Mitreisenden zur Verfügung gestellt werden – ob als Teil des Pakets oder gegen Aufpreis, ist individuell zu entscheiden. In Deutschland werden solche Produkte beispielsweise vom bekannten Resort Das Achental angeboten. Es gilt: Der eigenen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt – auch Kooperationen mit anderen Freizeitangeboten sind möglich, beispielsweise mit Spaßbädern oder sonstigen Angeboten, die ungefähr den identischen Zeitaufwand erfordern wie eine Golfrunde. Wichtig ist es, mit den Produkten möglichst die gesamte Reisegruppe – ob Familie, ob Paare oder ob gemeinsam reisende Freunde und Freundinnen – anzusprechen. Beim Vertrieb empfiehlt sich eine Kombination aus Kooperationen mit örtlichen Ferienhotels sowie Online-Marketing. Auch Zusammenarbeiten mit anderen Freizeiteinrichtungen (beispielsweise durch Auslage von Flyern) können hier erfolgversprechend sein – wichtig ist es, dass den Kunden das Angebot möglichst oft begegnet, damit es Aufmerksamkeit gewinnt.

 

Analyse und entsprechend ausgerichteter Vertrieb erforderlich

Greenfee-Spieler stellen für Golfanlagen nicht nur eine wichtige, sondern langfristig sogar überlebensnotwendige Zielgruppe dar. Hintergrund ist, dass die Anzahl der Clubmitglieder aktuell langsamer wächst als die der übrigen Golfer in Deutschland. Zudem ist, gerade in touristisch ausgerichteten Regionen, die Möglichkeit, Gäste aus dem Ausland für eine Golfrunde zu gewinnen, ein bislang nur sehr begrenzt ausgeschöpftes Potenzial. Für den erfolgreichen Vertrieb an Greenfee-Spieler ist es wichtig, sich zunächst mit den Bedürfnissen der potenziellen Kunden auseinanderzusetzen: Welche Leistungen erwarten diese Kunden? Wie hoch ist der Anteil nicht-golfender Mitreisender? Wo lassen sich diese potenziellen Kunden am besten ansprechen? Auf dieser Basis gilt es zu entscheiden, welche Zielgruppen man ansprechen möchte – wer beispielsweise in einer eher touristisch geprägten Region angesiedelt ist, wird möglicherweise zum Ergebnis kommen, dass die gezielte Ansprache von Geschäftsreisenden wenig erfolgversprechend ist. In Ballungsgebieten und Großstädten (die vor allem für Kurztripps bei Privatreisen in Frage kommen) kann es genau umgekehrt sein. Danach kommt es darauf an, die für die ausgewählten Zielgruppen passenden Pakete zu schnüren. Hier kommt Leihausrüstung eine wichtige Funktion zu. Hat man diese Basisarbeit geschafft, steht man vor der letzten Hürde: dem erfolgreichen Vertrieb. Hier ist aktive Kundenansprache gefordert, vor allem das persönliche Gespräch mit örtlichen Hotels und weiteren Kooperationspartnern erfordert personelle Ressourcen beim Golfclub. Ob diese Tätigkeit, wie so vieles andere auch, vom Clubmanagement oder vom Vereinsvorstand mit übernommen werden kann und soll, kann nur pro Anlage beurteilt werden. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen jedoch, dass gerade die bei der Vermarktung an Greenfee-Spieler sehr erfolgreichen Anlagen eigene Positionen für Vertrieb und Marketing geschaffen haben.

 

Dazu nochmals eine Modellrechnung: Wenn es einer Golfanlage gelingt, über acht Monate (die Greenfee-Vermarktung im Winter ist witterungsbedingt stark eingeschränkt) hinweg täglich vier Startzeiten (eine Spielgruppe) mehr zu verkaufen, bedeutet dies rund 970 zusätzliche Greenfees. Setzt man hierfür ein kalkulatorisches Greenfee von 50 Euro an (das tatsächliche Greenfee der Golfanlagen liegt hoffentlich über diesem Wert), ergibt sich daraus bereits ein Ertragspotenzial von fast 50.000 Euro – das auch zur Deckung möglicher Mehrkosten für Vertriebsmitarbeiter genutzt werden kann.

 

Top-Buch- und Erreichbarkeit heute Basic

Ein letzter Baustein ist für alle Zielgruppen identisch: Buchbarkeit und Erreichbarkeit. Natürlich können die genannten Produkte grundsätzlich auch telefonisch gebucht werden – Beispiele wie das Streamsong Resort (s. golfmanager 2/23 oder HIER) zeigen, dass selbst renommierte Anlagen weiterhin primär auf diesen Buchungskanal setzen. Allerdings – und hier liegt ein wichtiger Unterschied zu den USA oder Großbritannien – stellt sich hier gerade bei ausländischen Gastspielern schnell die Sprachenfrage. Daher sollte bei telefonischer Buchung sichergestellt werden, dass zumindest alle Mitarbeiter Englisch beherrschen. Wer gezielt Golfer aus anderen Regionen (beispielsweise Japaner im Raum Düsseldorf oder Koreaner im Rhein-Main-Gebiet) ansprechen möchte, kann durch entsprechend sprachkundige Mitarbeiter (unter Umständen über ein externes Call Center) Barrieren abbauen und Alleinstellungsmerkmale kreieren. Alternativ bietet sich, nicht zuletzt aufgrund der Kurzfristigkeit vieler Entscheidungen, die Bereitstellung über Online-Buchungstools an. Auch für diese gilt: Es reicht nicht aus, sie auf Deutsch anzubieten, mindestens Englisch sollte ebenfalls als Bediensprache unterstützt werden. Zudem ist es unverzichtbar, in den Buchungssystemen die angebotenen Pakete als festes Leistungsbündel zu definieren. Wenn also beispielsweise ein Paket aus Greenfee, Buggy, Leihschlägern sowie Bällen und Handschuh angeboten wird, sollte dieses mit einem Klick auswählbar und buchbar sein – und nicht erst vom Golfer im Rahmen des Buchungsprozesses selbst zusammengestellt werden müssen. Um das Risiko der No-Shows, also des Nicht-Erscheinens ohne vorherige Stornierung, abzufedern, wird zudem gerade bei Onlinebuchungen die Bezahlung direkt bei Buchung empfohlen. Bei der Zusammenarbeit mit Hotels und Reisebüros ist neben der Buchung auch die Abrechnung zu klären: zahlt der Gastspieler zunächst an das Hotel/Reisebüro oder erfolgt die Bezahlung vor Ort beim Club? Am einfachsten ist der Prozess, wenn die Bezahlung direkt an die Golfanlage erfolgt.

 

Fazit

Ob eine Anlage verstärkt Greenfee-Spieler ansprechen möchte, bleibt eine individuelle Entscheidung. Sollen Greenfee-Spieler als Ergänzung zu den weiterhin wichtigen Mitgliedsbeiträgen zur Kostendeckung und/oder Gewinnerzielung akquiriert werden, benötigen diese eine andere Ansprache als potenzielle Mitglieder. Das erfordert im ersten Schritt Kreativität bei der Produktdefinition, eventuell geringfügige Investitionen in Leihausrüstung – und darauf aufbauend kontinuierlichen Vertrieb und zielgerichtetes Marketing. Letztlich können Konzepte immer nur individuell pro Anlage definiert werden, auch die Zielgruppenauswahl ist abhängig vom Standort einer Golfanlage und ihrem Einzugsgebiet, aber auch der örtlichen Konkurrenzsituation. Um künftig mehr Gastspieler anzusprechen, ist allerdings ein deutlich aktiveres Verkaufen von Seiten der Golfanlagen erforderlich. Hier hilft oft ein Blick ins Ausland – und vielfach können die Verantwortlichen dabei auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, denn natürlich sind auch Clubmanagement und Vorstand im eigenen Urlaub oft als Greenfee-Spieler unterwegs. Überlegen Sie daher einfach einmal, warum Sie selbst sich im Urlaub für eine bestimmte Anlage entschieden haben und was Ihnen besonders gut – und was weniger gut – gefallen hat. Dadurch erhalten Sie sicherlich viele Anregungen für die eigene Vermarktung bisher ungenutzter Startzeiten.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 4/2023

 

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