Schrittweises Vorgehen als Erfolgsrezept
Mitgliedergewinnung im Golfmarkt, Teil 1
Teil eins des DGV-Leitfadens
Teil 1 des vierteiligen Fachbeitrags „Mitgliedergewinnung im Golfmarkt“ befasst sich mit den Grundlagen der schrittweisen Vorgehensweise bei der Mitgliedergewinnung. Erster Schritt der Gewinnung neuer Mitglieder ist das unverbindliche Ausprobieren von Golf mit dem Ziel, regelmäßig bestehende Hemmschwellen zu überwinden, vorhandene Vorurteile abzubauen und parallel die Zahlungsbereitschaft der Schnupperer für Golf zu erhöhen. Diese Vorgehensweise ist deshalb erforderlich, weil Golf ein stark erklärungsbedürftiges mit Vorurteilen behaftetes Produkt ist und bei Golf-Interessenten Hemmschwellen bestehen. Ein attraktives, gut organisiertes und fehlerfrei kommuniziertes Schnupperangebot, das den Golfinteressenten mit dem Golfvirus „infiziert“, ist daher für die Gewinnung neuer Mitglieder im Golf unerlässlich.
Rahmenbedingungen für die Vermarktung
Das Marketing und der Vertrieb von Golf, sei es in Form von Mitgliedschaften in einem Golfclub oder von Nutzungsrechten einer Betreibergesellschaft, muss für die Golfanlagen zentrale Aufgabe sein. Grund dafür ist zum einem der veränderte Golfmarkt, der durch Stagnation der Nachfrage und intensiven Wettbewerb der Golfanlagen untereinander und auch zu anderen vielfältigen Freizeitangeboten gekennzeichnet ist. Zum anderen prägt ein hoher Fixkostenanteil die Golfanlagen. Betriebswirtschaftlich führt dies dazu, dass Kostendeckung letztlich nur durch eine entsprechende Auslastung der Golfanlage erreicht werden kann. Die Anzahl der Mitglieder bzw. nutzungsberechtigten Golfspieler ist daher entscheidend für die Wirtschaftlichkeit von Golfanlagen. Die Erträge aus den Greenfees haben demgegenüber für die Golflanlagen in Deutschland regelmäßig nur nachrangige Bedeutung. Aber auch für diese Vermarktungsform von Golfanlagen gilt, dass angesichts der Fixkostensituation eine erhöhte Kundenfrequenz die Wirtschaftlichkeit verbessert.
Schnuppern steht am Anfang
Nach den Ergebnissen der Marktforschung des DGV würden 32% aller Deutschen ein Schnupperangebot wahrnehmen, das 19 Euro kostet und über zwei Stunden in einer kleinen Gruppe inklusive professioneller Anleitung sowie Equipment veranstaltet wird¹. Bei einem kostenlosen Angebot eines solchen Schnupperkurses erhöht sich die Bereitschaft sogar auf 56%². Das Interesse an Golf ist in der deutschen Bevölkerung also vorhanden. Und da aus den Teilnehmern von Schnupperkursen langfristig viele als Mitglieder einer Golfanlage gewonnen werden können³, hat der Golfmarkt durchaus Wachstumspotenzial.
Doch warum haben dann bis heute 96%⁴ der deutschen Bevölkerung immer noch keinen Golfschläger in die Hand genommen, geschweige denn die Faszination des Golfsports auf einer der rund 725 Golfanlagen erlebt? Die Antwort hierauf ist in erster Linie auf der Angebotsseite zu finden:
Zwar verfügen mittlerweile nahezu alle Golfanlagen über Schnupperangebote, diese können jedoch sowohl in den Produktinhalten (Dauer, Gruppengröße etc.) als auch beim Preis von den Bedürfnissen und der Zahlungsbereitschaft der Zielgruppe abweichen. Und da der Golfmarkt ein Käufermarkt ist, in dem die Nachfrage entscheidet, müssen Golfanlagen die richtigen Produkte zum richtigen Preis anbieten, um mehr Golfspieler als Kunden zu gewinnen.
Gerade der Preis nimmt hierbei eine entscheidende Rolle ein, wie man oben beschriebenen Schnupperkurs sieht: Eine Preisreduzierung auf 19 Euro führt fast zu einer Verdopplung der Nachfrage! Ausschlaggebend ist hierfür der Grundsatz, dass die Zahlungsbereitschaft für ein Produkt dem Nutzen entspricht, den das Produkt stiftet. Und da 96% aller Deutschen den Golfsport noch nicht erlebt haben und somit den Nutzen aus Golf noch nicht kennen – ja, aufgrund vorhandener Vorurteile sogar einen negativen Nutzen mit dem Golfsport verbinden –, ist die Zahlungsbereitschaft der Nicht-Golfer für Golf noch sehr gering.
Golf unverbindlich ausprobieren
Diese Bereitschaft steigt jedoch beim ersten getroffenen Ball „schlagartig“. Dann, wenn Nicht-Golfer auf einer Golfanlage die Faszination des Golfsports – den Nutzen für sich – entdecken und dabei erleben, dass ihre Vorurteile falsch sind. Denn Menschen ändern erst ihre Meinung, wenn sie hautnah erleben, dass sie sich getäuscht haben. Daher erfolgt in erster Linie eine Imageänderung auf einer Golfanlage und nicht z.B. durch „erfolgreiche Golfer“ oder „Turnierübertragungen im Fernsehen“⁵.
Das primäre Ziel bei der Mitgliedergewinnung besteht folglich darin, Nicht-Golfer im ersten Schritt unverbindlich Golf schnuppern zu lassen, sie dabei mit dem Golfvirus zu infizieren, deren regelmäßig bestehenden Vorurteile abzubauen und ihre Zahlungsbereitschaft für Golf zu erhöhen.
Erfreulicherweise erwarten Nicht-Golfer genau das! Denn für sie ist „im ersten Schritt Golf unverbindlich ausprobieren“ mit die wichtigste Maßnahme, um mit dem Golfspielen anzufangen⁶. Aber Vorsicht: Die Schnupperer ahnen regelmäßig nicht, dass sie nach dem Schnuppern „infiziert“ sind und mit einer höheren Zahlungsbereitschaft nach Hause gehen. Wenn man ihnen folglich vorher den Preis eines PE-Kurses oder insbesondere einer Mitgliedschaft kommuniziert, wissen Nicht-Golfer, welche Kosten später auf sie zukommen. Da sie in diesem Stadium regelmäßig noch nicht bereit sind, diese Kosten zu zahlen, besteht die Gefahr, dass sie auch nicht zum Probieren auf die Golfanlage kommen. Und dies selbst dann, wenn der Preis für einen Schnupperkurs sonst akzeptiert würde.
Zahlungsbereitschaft schaffen
Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass ein Schnupperkurs über wenige Stunden in der Regel nicht ausreicht, um die Zahlungsbereitschaft bis zu einer Mitgliedschaft zu erhöhen. Denn hierfür muss der Nutzen bekannt sein, den man aus einer Mitgliedschaft erfährt. Dieser Nutzen ist im Kern das Golfspiel, der frühestens dann erlebbar ist, wenn man zuvor Golf gelernt hat und zumindest einmal auf der Anlage gespielt hat.
Oder anders gefragt: Warum sollte jemand ein Recht auf Golf spielen erwerben, wenn er noch nicht Golf spielen kann oder auf den Platz darf? Folglich sollte auch an Golf-Probierer keine Mitgliedschaft, sondern einzig ein Produkt „Golf lernen“ kommuniziert werden. Die Zahlungsbereitschaft des Golf-Probierers muss während des Lernens immer weiter erhöht werden, bis er schließlich bereit ist, die Kosten für eine Mitgliedschaft bzw. ein Nutzungsrecht aufzuwenden. Die Konditionen für die Mitgliedschaft in der Probier- und Lernphase zu kommunizieren, ist in hohem Maß kontraproduktiv.
Schrittweise Vorgehensweise
Dementsprechend empfiehlt sich im Golfmarkt folgende schrittweise Vorgehensweise bei der Kommunikation der angebotenen Golfprodukte:
- Personen, die noch nicht Golf ausprobiert haben, sollte einzig ein preiswertes Produkt „Golf ausprobieren“ kommuniziert werden (kein PE-Kurs, keine Mitgliedschaft)!
- An „Golf-Probierer“ sollte einzig ein preiswertes Produktportfolio „Golf lernen“ mit dem Ziel „Platzerlaubnis“ angeboten werden (keine Mitgliedschaft)!
- Frühestens an Personen, die Golf gelernt haben und zumindest einmal auf der Anlage spielen konnten, sollte auf persönlichem Weg eine Mitgliedschaft mit den Konditionen kommuniziert werden!
Hemmschwellen überwinden, Vorurteile abbauen
Diese schrittweise Vorgehensweise resultiert jedoch nicht nur aus der geringen Zahlungsbereitschaft der Nicht-Golfer, sondern zusätzlich aus zwei weiteren Kernproblemen: Eine stark selektive Wahrnehmung sowie Hemmschwellen aufgrund von Vorurteilen. Denn selbst wenn eine Golfanlage das richtige Probierprodukt zum richtigen Preis im Angebot hat, muss dieses so kommuniziert werden, dass die Zielgruppe regelmäßig vorhandene Hemmschwellen abbaut und auf die Golfanlage mit ihrem Schnupperangebot aufmerksam wird. Eben dies war in der Vergangenheit die häufigste Problemursache bei der Mitgliedergewinnung. Denn nach Befragung von Nicht-Golfern sind diese der Auffassung, dass in Deutschland lediglich 228 Golfanlagen existieren und nur 27% dieser Anlagen Schnupperkurse für Jedermann im Angebot haben⁷. Eine eklatante Fehleinschätzung der Angebotssituation!
Der Grund für die häufig fehlerhaften Kommunikationsmaßnahmen von Golfanlagen ist deren fehlendes Verständnis für die stark selektive Wahrnehmung der Zielgruppe: Menschen neigen dazu, ihre bereits gebildeten Meinungen zu bestätigen. Selbst dann, wenn sie (unbewusst) falsch sind. Daher nehmen sie Informationen, die ihren Meinungen nicht entsprechen, nicht wahr und beschäftigen sich weitaus eher mit Informationen, die ihre Urteile widerspiegeln. Da trotz fehlender Golferfahrung die meisten Bundesbürger bereits eine Meinung zu Golf haben und diese oftmals mit Vorurteilen verbunden ist, werden andere Informationen wie das heute umfassende Angebot an preisgünstigen Schnupperkursen nicht wahrgenommen. Deshalb sollten bei der Ansprache potenzieller Golf-Interessenten auch Begriffe und Bilder vermieden werden, durch die bekannte Vorurteile bestätigen werden.
Empfehlungsmarketing nutzen
Auch sollte auf „Empfehler“ zurückgegriffen werden, die das Probierangebot der Golfanlage kommunizieren. Es sind dies die Mitglieder selbst, Partner-Unternehmen, Medien oder Testimonials, die am Besten und vorurteilsfrei an ihre Freunde, Kunden, Lesen oder Fans kommunizieren können.
Der Erfolg dieses sog. Empfehlungsmarketings liegt darin, dass bei einer Botschaft vor allem die Beziehung zwischen dem Absender und Empfänger entscheidend ist. In einem vorurteilsbelasteten Markt wie dem Golfmarkt steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Botschaft wahrgenommen wird, wenn man dem Absender positiv gegenüber steht. Denn einem „Freund“ hört man eher zu als einem Werbetreibenden. Um dieses Instrument jedoch bestmöglich nutzen zu können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss der Empfehler über die entsprechende Motivation verfügen und zweitens muss die Botschaft inhaltlich richtig sein. Diese lautet uneingeschränkt: „Golf unverbindlich ausprobieren“. Auch kosten solche Kommunikationsmaßnahmen vergleichsweise wenig und es entstehen kaum Streuverluste. Denn neben der Wahl des Kommunikationspartners und damit seiner Kontaktpersonen gesellt sich gerne „Gleich und Gleich“. Deshalb ist eine Golfanlage bei der Kommunikation z.B. über die eigenen Mitglieder auch sehr dicht an ihrer Zielgruppe.
Willkommenskultur leben
Letztendlich sind jedoch die wenigen Probierstunden auf einer Golfanlage erfolgsentscheidend, da hier die Infizierung mit dem Golfvirus erfolgt, die wiederum für die notwendige Imageänderung, die Erhöhung der Zahlungsbereitschaft sowie den Kauf der Folgeprodukte erforderlich ist. Oder aber es bestätigen sich Vorurteile, so dass der Golf-Probierer nicht wieder auf die Golfanlage kommt. Denn auch wenn Golf-Interessenten die Hemmschwelle für den Besuch der Golfanlage überwunden haben, so sind vor der Infizierung mit dem Golfvirus immer noch Vorurteile vorhanden, die sie eventuell zu bestätigen suchen. Folglich ist gerade hier aufgrund der notwendigen persönlichen Kommunikation die Beziehung zwischen dem Sender und Empfänger der Botschaft sehr wichtig. Angefangen von der Begrüßung, über das Probieren auf der Übungseinrichtung und bis zur Verabschiedung. Darum sollten auch alle Personen mit direktem Kundenkontakt nicht nur in der schrittweisen Mitgliedergewinnung geschult sein. Sie sollten außerdem sympathisch sein, Spaß vermitteln können und die Willkommenskultur der Golfanlage personifizieren.
Dies gilt insbesondere beim Erstkontakt für das Sekretariat sowie den Pro bzw. Golftrainer, der die Schnupper- und PE-Kurse durchführt und somit permanenter Gesprächspartner ist. Wenn gerade der Pro bzw. Golftrainer nicht sympathisch wirkt, keinen Spaß vermitteln kann oder die falschen Botschaften zum falschen Zeitpunkt kommuniziert, wird eine Golfanlage weitaus weniger Neu-Mitglieder gewinnen können.
Nach dem ersten Schritt wird die Mitgliedergewinnung jedoch wesentlich einfacher und günstiger. Und dies nicht nur aufgrund der infizierten Golf-Interessenten, sondern auch aufgrund der dann vorhandenen direkteren Kommunikationswege. Denn durch die Nutzung der gewonnenen Kontaktdaten der Golf-Probierer sind für die beiden weiteren Schritte des Mitgliedergewinnungsprozesses keine teuren Kommunikationsmaßnahme wie beispielsweise Anzeigen mehr notwendig. Dabei empfiehlt sich der Einsatz eines elektronischen CRM-Systems (Customer-Relationship-Management), in dem alle kundenbezogenen Informationen wie Kontaktdaten, Grund des Kontaktes, Produktkäufe, Interessen oder Status (Golf-Probierer, Golf-Lerner, Mitglied) erfasst, auswertet und für die weiteren Maßnahmen der Mitgliedergewinnung genutzt werden. Ist kein CRM-System vorhanden, können diese Informationen auch in einer Excel-Tabelle erfasst und bearbeitet werden.
Erfolgskontrolle nicht vergessen
Damit eine Golfanlage ihre gesetzten Ziele in der Mitgliedergewinnung erreicht und Optimierungspotenziale erkennen kann, ist eine Erfolgsmessung und -kontrolle aller Maßnahmen bei der schrittweisen Mitgliedergewinnung notwendig. Diese erfolgt mit Hilfe von Statistiken und Kennzahlen sowie technischen Hilfsmitteln wie Tracking-Tools des CRM-Systems oder Auswertungs-Tools für die Internet-Präsenz der Golfanlage.
Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Einzelmaßnahmen durch die jeweilige Golfanlage gelten für eine effiziente Mitgliedergewinnung im Golfmarkt folgende Grundvoraussetzungen:
- Kenntnisse aller Personen mit indirektem und direktem Kundenkontakt (insbesondere Pros/Golftrainer) über die Probleme bei der schrittweisen Mitgliedergewinnung sowie ein zielgerichtetes und gemeinschaftliches Handeln aller Beteiligten gemäß der festgelegten Maßnahmen der Mitgliedergewinnung.
- Datenerhebung, -auswertung und -nutzung unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen mit einem CRM-System oder anderen Arbeitsmitteln inklusive einer Marketing-Kontrolle. Dies gilt ebenfalls für alle beim Pro vorliegenden relevanten Daten.
- Ausreichende Ressourcen für die notwendigen Maßnahmen der Mitgliedergewinnung. Die Ressourcen-Verfügbarkeit bezieht sich auf Zeit (Anzahl der Schnupperkurse und deren Dauer), Finanzmittel (Budget für die Mitgliedergewinnung) und Personal (zeitliche Verfügbarkeit der mit der Mitgliedergewinnung betrauten Personen sowie deren Qualifikation für die übertragenen Aufgaben).
Der zweite Teil des Beitrags „Mitgliedergewinnung im Golfmarkt“ befasst sich mit den Details der einzelnen Schritte der Mitgliedergewinnung.
Quellen
1 Quelle: Sport + Markt, Oktober 2010
2 Quelle: Repucom, Oktober 2013
3 In diesem Leitfaden wird der Begriff „Mitglied“ als Synonym für alle Spielrechtsformen in einem Verein oder einer Betreibergesellschaft verwendet.
4 Quelle: Repucom, Oktober 2013
5 Vgl. Repucom, Oktober 2013.
6 Quelle: Repucom, Oktober 2013
7 Quelle: Repucom, Oktober 2013
Autor: Deutscher Golf Verband e.V., bearbeitet von Klaus Dallmeyer | golfmanager 5/2016