(Golf-)Angebote bündeln
Zentrale Vermarktung am Beispiel Florida’s First Coast of Golf
Neben Mitgliedern und Greenfee-Spielern aus der Region werden für zahlreiche Golfanlagen Urlaubsgäste als Zielgruppe immer wichtiger. Blickt man jedoch auf die Beteiligung deutscher Anlagen an internationalen Golfmessen wie dem IGTM oder gar der PGA-Show, fällt die Analyse ernüchternd aus. Selbst bei den deutschen Golfmessen zeigt sich, dass Länder wie Italien, die Niederlande oder Österreich mit Golf in Austria gemeinsam auftreten und mehrere Anlagen bewerben, während die deutschen Clubs und Resorts meist auf sich alleine gestellt sind. Auch bei anderen Vermarktungsaktivitäten, auch im Online-Segment, agieren die meisten deutschen Resorts und Anlagen, wenn überhaupt, eher als Einzelkämpfer. Eine rühmenswerte Ausnahme ist hier die Golfküste Schleswig-Holstein, welche die Region in den vergangenen Jahren auf verschiedenen Kanälen erfolgreich promotet hat. Sicherlich ist die Bedeutung von Urlaubs-Golfern für jede Lage sehr unterschiedlich, aber in Zeiten sinkender lokaler Nachfrage und bei nicht ausgelasteten Kapazitäten sind Golfreisende eine attraktive Zielgruppe zur Auslastungsoptimierung. Man sollte den deutschen Golfanlagen jedoch zu Gute halten, dass eine solche Vermarktung einen erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand mit sich bringt – denn sowohl Messestände, als auch erfolgreiches Online-Marketing erfordern heutzutage erhebliche Mittel, die vielfach das Marketingbudget einzelner Anlagen übersteigen. Dies zeigt, dass viel zu selten die Kräfte gebündelt und damit die berühmten Synergien gehoben werden. Auch das Argument, dass viele Golfanlagen keine eigenen Unterkünfte bieten, ist aus Sicht potenzieller Gäste wenig befriedigend.
Gemeinsame Vermarktung verschiedener Partner
Golfer sind eine sehr reisefreudige Zielgruppe, allerdings legen sie zunehmend Wert auf das „one stop shopping“. Dies bedeutet: Der Golfer informiert sich am liebsten aus der gleichen Quelle über Golfanlagen und Unterkünfte – idealerweise gleich mit Buchungsfunktion. Dabei sollte man nicht vergessen, dass als Zielgruppe nicht nur Golfer aus dem Ausland in Frage kommen, sondern auch Inlandsgäste – vor allem im Bereich von Kurzreisen, beispielsweise an verlängerten Wochenenden. Um den Mitteleinsatz und die Effizienz zu optimieren, bieten sich daher gemeinsame Vertriebsaktivitäten zwingend an – idealerweise über eine eigenständige Organisation, die sowohl Golfanlagen, als auch Übernachtungsmöglichkeiten koordiniert und die gemeinsame Vermarktung aller beteiligten Partner gleichermaßen fördert.
Florida’s First Coast of Golf ist ein solcher Ansatz. Die First Coast of Golf bezieht sich in ihrem Namen darauf, dass in der Region rund um St. Augustine einst die ersten Europäer siedelten. Die Region umfasst den Küstenstreifen nördlich von Daytona bis hin zur Staatsgrenze nach Georgia. Auf diesem, rund 125 Kilometer langen Küstenstreifen liegen berühmte Orte wie Ponte Vedra Beach mit dem TPC Sawgrass sowie das World Golf Village mit der World Golf Hall of Fame und zwei eigenen Golfplätzen, aber auch Amelia Island. Insgesamt erwarten die Besucher über 60 Golfplätze in der Region. Der Startschuss fiel bereits 1992. Von Beginn an waren sowohl örtliche Tourist Boards, als auch Golfanlagen und die Hotellerie mit an Bord. Bemerkenswert ist, dass es hier gelungen ist, nicht nur die individuellen Anlagen einzubinden, sondern auch renommierte und große Managementgesellschaften wie Billy Caspar Golf und Troon Golf.
Ziel von Florida‘s First Coast of Golf ist es, den Nordosten Floridas als Top-Golfreiseziel zu positionieren – es geht somit nicht nur um Golfrunden, sondern auch um Übernachtungen, Ausflugsmöglichkeiten und nicht zuletzt das Erlebnis unter der Sonne Floridas. Bei Gründung waren drei Tourist Boards sowie zehn Resorts und Golfanlagen mit an Bord, inzwischen ist die Anzahl auf fünf Tourist Boards und über 50 Betriebe aus den Bereichen Golf und Hotellerie angewachsen. Die Bedeutung von Gastspielern stellt David Reese, Präsident der Organisation, heraus: „Statistiken belegen, dass jede dritte Runde auf unseren Anlagen im Nordosten Floridas von einem Golfer auf Reisen gespielt wird.“ Dass sowohl internationale Management-Unternehmen, als auch lokale Golfanlagen den Ansatz unterstützen, führt er auf eine gemeinsame Zielsetzung zurück. „Das gemeinsame Ziel beider Gruppen ist es, Umsatz und Ertrag mit Golfreisenden zu steigern“, so seine Erkenntnis. Basis hierfür ist ein zielgruppengerechtes Angebot – das nicht nur Golf alleine beinhaltet, sondern auch Unterkünfte und ergänzende Services. Die Organisation zielt somit konkret auf eine aktive Vermarktung und gemeinsames Marketing. Dabei setzen die Mitgliedsunternehmen auf eine klare Aufgabentrennung: „Unsere Golfanlagen kümmern sich ausgezeichnet um das lokale Marketing und stehen hier auch im Wettbewerb zueinander. Die Notwendigkeit einer einheitlichen und zentralen überregionalen Vermarktung gegenüber Golfern wird durch unser Geschäftsmodell abgedeckt“, so der Chef des Verbunds weiter.
Da sowohl Tourist Boards, als auch private Anlagen und Hotels beteiligt sind, ist das Unternehmen eine Non-Profit-Gesellschaft nach US-amerikanischem Recht, ihr Status als Organisation gemäß 501 (c) 6 ist mit Handelskammern vergleichbar. 55% der Einlagen stammen von den Tourist Boards beziehungsweise deren Counties, die restlichen 45% haben Unterkünfte, Golfanlagen und strategische Partner beigesteuert. Wichtig für die gemeinsamen Aktivitäten ist neben einer gemeinsamen Gesellschaft auch eigenes Personal. So wird Reese insbesondere durch Jenna Craven unterstützt, die als Director of Partnership fungiert. Zudem hat die Organisation ein Board of Directors, in dem 19 Mitglieder aus den Bereichen Golfanlagen, Hotellerie, Flugbehörden und Tourist Boards vertreten sind. Die Budgets und Marketingpläne werden jährlich mit dem Board abgestimmt und durch externe Audits überwacht, das Tagesgeschäft übernimmt die Organisation eigenständig.
Unterstützung auch bei der Urlaubsplanung selbst
Auch wenn die Organisation sich vor allem um das Marketing kümmert, unterstützt die eigene Website auch bei der Planung und Gestaltung eines Golfurlaubs. Dazu wurde für den Onlineauftritt eigens ein Tool entwickelt, über das Urlauber ihre Wunschreise als Kombination aus verschiedenen Hotels, Golfanlagen und Startzeiten zusammenstellen können. So zusammengestellte Reisen werden dann als Buchungsanfrage an die angeschlossenen Partner weitergeleitet. Zudem können Golfer auch von der Website direkt auf die Angebote der jeweiligen Partner wechseln, beispielsweise um dort online eine Startzeit zu buchen. Sehr wichtig ist der Organisation, dass die Mitglieder ihre Preishoheit behalten. Das Pricing der einzelnen Angebote obliegt somit stets dem jeweiligen Anbieter, der so auch zügig auf Marktveränderungen im Wettbewerb reagieren kann. Auch die jeweilige Nachfragesituation spiegelt sich in den Preisen wider, Reisen von August bis Januar haben oft das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
Einen besonderen Vorteil der zentralen Marketingaktivitäten sieht Reese im effizienten Mitteleinsatz: „Wir haben dadurch eine deutlich größere Reichweite und können gemeinsam viel mehr erreichen als jeder Einzelne für sich“. Interessant ist die Mittelverwendung im Marketing: Innerhalb der USA wird auch auf Golfmessen und Print gesetzt, international dominiert Online. Rund 10% des Jahresetats werden für Golfmessen in den USA verwendet, insgesamt 21% werden für Printmedien inklusive eigener Broschüren eingesetzt. PR und Fernsehen schlagen mit 13% pro Jahr zu Buche, auf Reiseveranstalter entfallen lediglich 3%. Den größten Anteil am Kuchen mit 53% nehmen die sozialen Medien, Suchmaschinen-Marketing und Online-Werbung ein.
Reese ist fest davon überzeugt, dass das Konzept der gemeinsamen Vermarktung auch auf andere Regionen übertragbar sei – nicht nur für Golfreisen. „Voraussetzung ist, dass mindestens zwei relevante Vertreter einer Region das gleiche Ziel und Verständnis für die Weiterentwicklung haben“, so der erfahrene Vertriebsmanager. „In den USA ist das Modell inzwischen weit verbreitet: Myrtle Beach, der Robert Trent Jones Trail, Hilton Head und Atlantic City sind nur einige wenige Beispiele für vergleichbare Konzepte in den USA.“
Autor: Michael Althoff | golfmanager 2/2019
Weitere Informationen unter www.florida-golf.org
Ein Best Practice-Beispiel für einen Vermarktungs-Verbund in Deutschland finden Sie mit dem Golfnet Rheinland e.V. HIER ...