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Investitionen ohne Erfolgsgarantie

Kinder und Jugendliche als Zielgruppe für Golfanlagen

Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass auf die Bedeutung von Kindern für die langfristige Entwicklung des Golfsports hingewiesen wird. Zwar ist es der Branche gelungen, mit dem Konzept „Abschlag Schule“ vielen Kindern einen Erstkontakt zum Golfsport zu bieten – aber im Vergleich zu den USA, wo Golf auch College-Sport ist, ist das Angebot eher überschaubar. Kein Wunder, dass daher viele jugendliche Kader-Golf-amateure mit dem Berufsziel „Profi-Golfer“ den Weg über die USA und dortige Colleges gehen. Auch der erste österreichische Sieger auf der US-PGA Tour, Sepp Straka, hat diesen Weg gewählt. Doch für die künftige Entwicklung des Golfsports ist entscheidend, welche Rolle Kinder in Richtung Breitensport spielen – denn von allen Zielgruppen sind Einsteiger im Kindesalter naturgemäß diejenigen, die dem Sport am längsten erhalten bleiben können. Kinder und Jugendliche bieten somit die Chance auf einen im Vergleich zu Erwachsenen und insbesondere „Best Agern“ deutlich höheren Customer Lifetime Value. Doch auf den ersten Blick ist die Gewinnung von Kindern für den Sport mit Hindernissen verbunden:

 

  • Kinder sind oft noch nicht rechtsfähig – wenn sie sich beispielsweise bei einem Verein oder einem Trainingsprogramm anmelden wollen, ist in der Regel die Zustimmung der Erziehungsberechtigen erforderlich.
  • Kinder beziehen üblicherweise kein eigenes Einkommen – alle mit Ausgaben verbundenen Entscheidungen erfordern daher entsprechende finanzielle Unterstützung, meist durch Eltern oder Großeltern.
  • Kinder sind hinsichtlich Golf eher immobil – da Golfanlagen selten an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden sind, sind das berühmt-berüchtigte „Taxi Mama und Taxi Papa“ oft unverzichtbar.
  • Kinder stehen erst am Anfang ihrer Entwicklung – das bedeutet im weiteren Leben nicht nur sich ändernde Interessen, sondern immer häufiger auch Ortswechsel.

 

Auf der anderen Seite wachsen gerade Jugendliche in eine künftige Arbeitswelt hinein, die sich signifikant von ihren Vorgängern unterscheidet. „New Work“ heißt das Stichwort, traditionelle Vorgaben der Berufswelt wie ein fester Arbeitsplatz in einem Büro und feste Arbeitszeiten werden zunehmend gelockert, wenn nicht gar aufgehoben. Das bedeutet für die nun heranwachsenden Generationen letztlich bessere Möglichkeiten, Berufliches und Privates miteinander zu vereinen und insbesondere den Lebensmittelpunkt nicht mehr zwangsläufig nach dem (Dienst-)Sitz des Arbeitgebers wählen zu müssen.Aktuell ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der deutschen Golfer-Gesamtheit eher übersichtlich. Hintergrund ist zunächst, dass in Europa der Anteil der Kinder an der Gesamtbevölkerung seit Jahrzehnten deutlich geringer ist als auf anderen Kontinenten. So lag Deutschland 2019 innerhalb der EU an drittletzter Stelle beim Anteil der minderjährigen Bevölkerung, nur Lettland und Italien haben einen noch niedrigeren Anteil der bis zu 17-Jährigen. Frankreich (21,7%), Irland (24,5%) oder Schweden (21,1%) – allesamt ebenfalls durchaus golfaffine Nationen – haben hier deutlich mehr Potenzial. Dennoch liegt Europa insgesamt beim Anteil der Kinder an der Gesamtbevölkerung unter allen Kontinenten deutlich an letzter Stelle (Grafik 1).

Eine Detailbetrachtung für Deutschland verstärkt dieses Bild. Dabei ist zunächst zu klären, bis zu welchem Alter in Hinblick auf den Golfsport Menschen als Kinder oder Jugendliche eingestuft werden. Interessant dürften folgende Altersgrenzen sein (Hinweis: die genannten Altersgrenzen basieren auf den jährlichen DGV-Statistiken):

 

  • Bis 14 Jahre: Mit Einsetzen der Pubertät ändern sich oft Interessen.
  • Bis 18 Jahre: Erreichen der Volljährigkeit und häufiges Schulabschluss-Alter bei G8
  • Bis 26 Jahre: Bis hier sollte selbst ein Studium abgeschlossen sein und der Eintritt in das eigene Erwerbsleben vollzogen sein.

 

Grafik 2 zeigt die für diese Altersgruppen folgende Entwicklung hinsichtlich ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung.

Insgesamt ist damit der Anteil der bis zu 26-jährigen von rund einem Drittel der Bevölkerung Deutschlands auf nur noch 26,2% in 2020 gesunken. Auch bei den absoluten Zahlen zeigt sich der Rückgang bei Kindern und Jugendlichen (Grafik 3).

Während die bundesdeutsche Bevölkerung seit 1990 um rund 3,4 Mio. Menschen angewachsen ist, ging die Zahl der Kinder und Jugendlichen bis 26 Jahre insgesamt im gleichen Zeitraum um fast 4,7 Mio. Personen zurück, alleine bei den bis 14-jährigen betrug der Rückgang knapp 1,5 Mio. Bundesbürger.

Während insgesamt rund 0,81% aller Bundesbürger dem organisierten Golfsport angehören, zeigt sich bei den Kindern und Jugendlichen ein anderes Bild, s. Tabelle 1.

Wirtschaftlich risikoreiche Investition in die Zukunft

Nun kann man der ersten Altersgruppe bis 14 Jahren zugute halten, dass zahlreiche Experten erst ein Alter von rund 6 Jahren als übliches, gut geeignetes Eintrittsalter in den Golfsport ansehen und Golf somit gerade bei den ganz Jungen wenig Erfolgsaussichten hat. Dennoch: Gerade der Blick auf die Altersgruppe der Minderjährigen zeigt: Golf kann dort nicht den gleichen Erfolg erzielen wie beispielsweise bei den Best Agern. Umgekehrt bedeutet dies auch, dass offensichtlich gerade bei Jugendlichen noch erhebliches Potenzial besteht.

 

Betrachtet man Kinder und Jugendliche jedoch aus dem Blickwinkel des Customer Lifetime Values, wird schnell der Unterschied zwischen einer Mikro- und Makro-Perspektive deutlich: Grundsätzlich bieten Kinder und Jugendliche die besten Chancen, Menschen über viele Jahrzehnte für den Golfsport zu begeistern – doch andererseits ist ihre Standort-Gebundenheit mit den größten Unsicherheitsfaktoren verbunden. Es kann daher sein, dass ein Junggolfer dem Sport an sich zwar erhalten bleibt, jedoch im Erwachsenenalter längst anderswo seine Zelte aufgeschlagen hat. Das führt unter wirtschaftlichen Betrachtungen zur nächsten Herausforderung: Der Finanzierung des Kinder- und Jugendtrainings. Oft zahlt diese Zielgruppe nur einen sehr geringen Beitrag für die Clubmitgliedschaft, gerade in der Zeit der Heranführung an den Golfsport. Zudem wird jedoch Training durch Einsatz qualifizierter Haupt- und Ehrenämter geboten. Anders formuliert: Oftmals dürfte das Kinder- und Jugendtraining kaum kostendeckend sein, sondern man sieht es entweder eher als Service für erwachsene Mitglieder (sofern das Training auf die Kinder von Mitgliedern begrenzt wird) oder es ist eher eine Investition in die Zukunft, in dem man darauf hofft, aus Kindern künftige Mitglieder zu generieren.

 

Um bereits die Betreuung von Kindern und Jugendlichen auch wirtschaftlich interessant zu machen, kommt am ehesten die Einbeziehung Erwachsener in Betracht: Denn oft sind, wie bereits dargestellt, Trainingstermine oder das freie Spiel nur möglich, wenn Eltern oder Großeltern (oder Fahrgemeinschaften) den Transport zwischen Wohnung und Golfplatz beisteuern – eigene Shuttle-Services für Kinder bieten in Deutschland nur sehr wenige Clubs. Sofern die Begleitpersonen nicht bereits selbst dem Golfvirus verfallen sind (dann ist das Kindertraining eher eine Kundenbindungsmaßnahme für die erwachsenen Golfer), kann die Wartezeit während des Trainings entweder auf oder abseits des Platzes genutzt werden. Im Idealfall nutzen die Erwachsenen die Trainingszeit, um den Golfsport selbst kennenzulernen und im nächsten Schritt zu erlernen. Damit dies funktioniert, sind zeitgleiche anstelle sequenzieller Trainingsangebote essenziell. Die andere Möglichkeit betrifft insbesondere die Gastronomie: Hier können während der Wartezeit entsprechende Umsätze mit den wartenden Erwachsenen generiert werden. Noch moderner ist die Kombination mit New Work-Angeboten wie Co-Working-Spaces (siehe dazu den Beitrag über Golfblocks im golfmanager 2/22), die eine moderne Kombination von Arbeit und Kinderfreizeit ermöglichen. Sofern allerdings eine Golfanlage die Gastronomie ausgelagert hat, kommen die so möglichen Zusatzerträge nicht dem Club selbst zu Gute.

 

Um Kinder und Jugendliche als Zielgruppe für den Golfsport zu begeistern, ist eine entsprechend ausgerichtete Anlage ebenfalls unverzichtbar – und auch bei den Entgeltmodellen sollte ein wenig Kreativität ins Spiel kommen. So gibt es immer mehr Golfanlagen, die neben Partnerangeboten auch Familien-Mitgliedschaften inklusive Kinder-Mitgliedschaft anbieten. Auch wäre denkbar, dass es zwischen den Golfanlagen Spielrechtsvereinbarungen insbesondere für die Zeit des Studiums gäbe – denn viele Studenten sind zumindest unter der Woche oft am Studienort, selbst die vielerorts angebotenen Greenfee-Ermäßigungen belasten die meisten Studentenhaushalte noch recht stark. Neue Preismodelle bieten sich insbesondere für Kinder bei der Range an: Denn wer schon einmal mit einem Kind auf der Range war, weiß aus eigener Erfahrung, dass schon bei einem Kind ein Trainingstag auf der Range Kosten im hohen zweistelligen Eurobereich mit sich bringt. Viele Eltern würden sich daher eher ermäßigte Ballkosten anstelle sehr günstiger Mitgliedschaften wünschen. Ein Ansatz: Flatrates für die Range in Ferienzeiten. Auch die Anlage selbst erfordert eine entsprechende Ausrichtung: Welche speziellen Anforderungen Kinder an den Sport – von der Ausrüstung über das Training bis zum Spiel – haben, hat die langjährige ehrenamtliche Jugend-trainerin im Golfclub Waldegg-Wiggensbach und regionale Jugendwartin im Bayerischen Golfverband, Sabine Koch-Sutter, in ihrem kostenfrei verfügbaren „Golf Guide für Kinder“ (verfügbar über docplayer.org/45794362-Golf-guide-fuer-kinder.html) zusammengetragen. Wichtig ist: Auch Kinder möchten nicht nur auf der Range trainieren, sondern auf den Platz. Damit insbesondere die Jüngsten nicht gleich von den Längen der gelben und roten Abschläge abgeschreckt werden, ist die Installation spezieller Juniortees unbedingt empfehlenswert – in den USA bereits weit verbreitet. Auch der Deutsche Golf Verband (DGV) weist darauf im Serviceportal hin (

https://serviceportal.dgv-intranet.de/regularien/platzbewertung/i516_1.cfm).

 

Fazit

Kinder und Jugendliche sind, auch im Golfsport, in erster Linie eine Investition in die Zukunft. Und wie im normalen Leben gibt es bei Investitionen nur selten Erfolgsgarantien. Betrachtet man Kinder und Jugendliche als separate Zielgruppe, ist in den ersten Jahren die Refinanzierung eher unwahrscheinlich – betriebswirtschaftlich ist das Kindertraining oft sogar ein Zuschussgeschäft. Gelingt es jedoch, Kinder und Jugendliche langfristig für den Sport zu begeistern – selbst, wenn beispielsweise in den ersten Berufsjahren eine Pause eingelegt wird – können sich diese Anfangsinvestitionen aufgrund der hohen Rest-Lebenserwartung und entsprechend möglichen langjährigen Clubzugehörigkeit deutlich lohnen. Dabei kann der ausbildende Golfclub nur sehr begrenzt steuern, ob eine Mitgliedschaft im Erwachsenenalter beim Ausbildungsclub oder an einem ganz anderen Standort inklusive Ausland eingegangen wird, hier spielen weitere Faktoren eine dominierende Rolle. Interessant ist die mögliche Hebelwirkung von Kindern und Jugendlichen zur Umsatzgenerierung: Über gemeinsame Golftage mit den Eltern oder (immer häufiger) auch Großeltern sowie über die Generierung von Erträgen abseits des Golfplatzes, vor allem in der Wartezeit. Gelingt es, Kinder und Jugendliche früh für den Sport zu begeistern, steigt damit die Wahrscheinlichkeit, dass sie dem Sport auch später erhalten bleiben – und als eine der ganz wenigen Sportarten kann Golf auch Generations-übergreifend gemeinsam ausgeübt werden: Kinder, Eltern und Großeltern können bis ins hohe Alter gemeinsam auf die Runde gehen, ein gerade in Skandinavien an den Wochenenden zu beobachtender Trend, der sicherlich auch in Deutschland nutzbar ist. Damit kann Golf wie kaum ein anderer Sport auch für Kinder einen kaum zu übertreffenden Mehrwert bieten: die gemeinsame, aktive Freizeitgestaltung mehrerer Generationen.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 3/2022

 

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