Login

Der Weg zu loyaleren Mitgliedern und Gästen

Schaffung positiver Kundenerlebnisse

Nicht erst seit Barack Obamas Wahlsieg 2008 ist „Change“, also Wandel, eines der meist genutzten Wörter. Wandel in der Gesellschaft, Wandel in der Bildung, Wandel beim Urlaubsverhalten, Wandel in der Sprache, Wandel in der Altersstruktur – überall stehen die Zeichen auf Veränderung. Die wesentliche Frage, vor allem für die Wirtschaft und deren künftige Erfolge, lautet jedoch: Reagiert das Angebot auf die sich ändernden Strukturen oder gilt hier eher ein beständiges „Weiter so“? Nehmen wir das Kommunikationsverhalten: Junge Menschen bevorzugen es heute, sich Textnachrichten zu schreiben oder aufgezeichnete Sprachnachrichten zu senden – die früher übliche zeitgleiche, synchrone Kommunikation (man telefoniert miteinander) wird zunehmend durch eine asynchrone Kommunikation ersetzt, bei der jeder Kommunikationsteilnehmer selbst entscheidet, wann er oder sie seinen Beitrag einbringt. 

Und das heute kaum noch wegzudenkende Smartphone ist ein untrügliches Zeichen für Wandel, nämlich den vom reinen Telefon zum Multifunktionsgerät, mit dem man im Internet surfen kann, E-Mails abruft, Fotos und Videos erstellt und bearbeitet und eben auch über soziale Medien mit echten und virtuellen Freunden kommuniziert – dies alles auf Basis einer Technologie, die uns gerade einmal seit rund elf Jahren zur Verfügung steht. Eine Folge dieses Wandels: Die früher so beliebten Kompaktkameras (ältere Leser mögen sich gar noch an die Zeiten der Pocketkamera mit ihren Filmkassetten erinnern) sind nahezu verschwunden, ihre Funktion übernimmt das Smartphone heute mit. Auch der Golfsport bleibt von diesem und vielen anderen Wandeln nicht verschont. Um das Beispiel Smartphone nochmals aufzugreifen: Noch immer sind in den meisten Golfclubs in Deutschland Smartphones offiziell auf der Runde verboten – woran sich in der Praxis aber kaum jemand hält, da die Geräte nicht zuletzt zunehmend als GPS-Gerät auf dem Platz und zur Dokumentation der Spielergebnisse (nicht nur des Scores, sondern auch der gewählten Schläger, Schlagweiten und vielem mehr) genutzt werden.

 

Trend: vom Vereinsmitglied zum zahlenden Konsumenten

Seit vielen Jahren gelingt es den im DGV organisierten Golfanlagen Jahr um Jahr, ein Mini-Wachstum von netto weniger als 2.000 Golfern pro Jahr zu erzielen. Ein wichtiger Grund: Der Freizeitmarkt hat sich von einem Verkäufer- zum Käufermarkt gewandelt. Wer immer noch hofft, durch mehr Airtime im Free-TV neue Golfer gewinnen zu können: Seit Tiger Woods wieder regelmäßig auf der US PGA Tour spielt, sind die Zuschauerzahlen vor den Bildschirmen um bis zu 30% gestiegen – aber noch immer werden in den USA mehr Golfanlagen geschlossen als neu eröffnet und die Anzahl der Golfer ist dort ebenfalls rückläufig. Insgesamt ist der Freizeitmarkt jedoch ein Wachstumsmarkt. Am stärksten wachsen allerdings Sportarten, für die man keine klassische Vereinsmitgliedschaft benötigt: Wandern, Radfahren oder Fitness beispielsweise. Hier zeigt sich ein Wandel in den Einstellungen der Kunden: Der Trend geht weg vom engagierten Vereinsmitglied hin zum zahlenden Konsumenten, der für die Nutzung bestimmter Einrichtungen ein Entgelt entrichtet – aber eben nur, wenn er sie tatsächlich nutzt. Dabei sind die Voraussetzungen für Golf gar nicht so schlecht: Das Image bewegt sich langsam, aber spürbar in die richtige Richtung, es gibt flächendeckend ausreichend Golfanlagen, viele Menschen verfügen über ein für Golf als Hobby ausreichendes Einkommen und der Altersdurchschnitt bewegt sich mehr und mehr in Richtung der für Golf besonders interessanten Best Ager. Trotz all dieser positiven Rahmenbedingungen gelingt es jedoch nicht, die Anzahl der (insbesondere Club-gebundenen) Golfer signifikant zu steigern. Und noch viel mehr: Golfer, die besonders viel Wert auf große Flexibilität legen und lieber auf wechselnden Golfanlagen statt permanent im gleichen Club spielen, werden gerne als „Golfer zweiter Klasse“ (da Fernmitglied) angesehen und man­cherorts auch behandelt – es sei nur an den von etlichen Clubs praktizierten Aufschlag für Golfer ohne goldenes Hologramm oder entsprechende Regionalkennzeichnung erinnert. Dabei ist Golf eine der ganz wenigen Sportarten, wo alleine schon die Sportanlage einen großen Reiz auf die Sportler ausüben kann – wer hat als Golfer noch nicht davon geträumt, auf den großen Plätzen dieser Welt wie beispielsweise dem Old Course in St. Andrews abzuschlagen? Viele Golfanlagen spüren daher einen Wandel von der traditionellen Clubmitgliedschaft hin zur Auslands- oder Fernmitgliedschaft. Rechnet man die vom DGV 2017 präsentierten Zahlen für die nicht cluborganisierten Golfer hinzu, kann von einem Greenfee-Spieler Potenzial von weit mehr als 1 Mio. Golfer alleine aus Deutschland ausgegangen werden – Gastspieler aus dem Ausland, beispielsweise in grenznahen Regionen, noch gar nicht mitgerechnet. Doch gerade Greenfee-Spieler wählen den Club für die nächste Runde nach dem zu erwartenden Erlebnis aus, der Automatismus durch eine Vollmitgliedschaft und die daraus resultierende Bindung an genau eine Spielstätte greift hier nicht.

 

Customer Experience-­Management vs. traditionelles Marketing

Der Wandel des Golfangebots hat offensichtlich bisher nicht ausgereicht, um die Veränderungen auf der Kundenseite in mehr Nachfrage umzuwandeln. Noch wichtiger: Die Notwendigkeit, das Angebot kritisch auf den Prüfstand zu stellen, scheint noch nicht überall angekommen zu sein. Zwei Beobachtungen sind dafür symptomatisch: Pünktlich zum Ende des dritten Quartals tauchten vielerorts wieder Werbungen auf, um Golfer zu einem Clubwechsel zu motivieren. Hauptargument der meisten Anlagen: Wer jetzt für 2019 Mitglied wird, kann in 2018 in seinem neuen Club Greenfee-frei spielen. Und auch die diversen Bücher mit Gutscheinen für ein ermäßigtes Spiel werden jährlich eher dicker als schlanker. Beides ist Marketing in seiner einfachsten Form: Alles geht über den Preis. Die Folgen dieser Strategie sind ebenso klar wie vorhersehbar: Ruinöser Preiswettbewerb, Investitionsstaus, Kostendruck und ein gegenseitiger Verdrängungswettbewerb, aber kein Marktwachstum insgesamt. Die gute Nachricht: Auch in der Golfbranche gibt es in Deutschland und weltweit viele positive Beispiele, die sich in einem zunehmend schwieriger werdenden Marktumfeld nicht nur behaupten, sondern Marktanteile gewinnen. Fragt man diese nach ihrem Erfolgsrezept, fällt häufig der Begriff „Customer Experience Management“. Unter diesem, im Deutschen meist mit Kundenerfahrungs-Management übersetzten Begriff versteht man die Schaffung positiver Kundenerlebnisse, durch die eine emotionale Beziehung zwischen Kunden und Produkt/Anbieter geschaffen und verstärkt werden soll. Es geht hier also nicht, wie beim traditionellen Marketing, um sachliche Produkteigenschaften, sondern um die Transformation von funktionalen Komponenten in Kundenerlebnisse. Prägend sind dabei die sogenannten Touchpoints, also Berührungspunkte zwischen dem Kunden – hier dem Golfer – und den Eigenschaften des von ihm gewählten Produkts – hier der Golfanlage und den Mitarbeitern auf der Golfanlage. Dies zeigt bereits, dass den Mitarbeitern und damit dem Service auf der Golfanlage entscheidende Bedeutung zukommt. Und vielleicht erinnert sich der ein oder andere Leser an eine Golfrunde, bei der die Hardware (der Platz) eher durchschnittlich war, man aber die Gastfreundschaft an der Rezeption und in der Gastronomie sowie die Mitspieler auf der Runde als sehr angenehm empfunden hat und daher am Ende dennoch von einer „sehr schönen Golfrunde“ gesprochen hat. Die Herausforderung bei Kundenerlebnissen ist jedoch: Es reicht heutzutage nicht mehr, die Erwartungen der Kunden zu erfüllen – Ziel ist es, diese zu übertreffen. Und natürlich kann Customer Experience auf einer Golfanlage auch negative Einflüsse haben, die auf den ersten Blick gar nicht im direkten Einflussbereich des Golfclubs liegen: Es hat stark geregnet, es war zu heiß, die Mitspieler in der Gruppe fanden sich gegenseitig nicht sympathisch, beim Buggy versagte nach sechs Bahnen die Batterie oder der Golfer hat an jeder Bahn einen Ball verloren, die Hälfte davon in Wasserhindernissen.

 

Nun kommen oben genannte Beispiele durchaus in jedem Golfclub einmal vor – aber trotzdem fällt das Feedback der Golfer je nach gefühltem Erlebnis teils sehr unterschiedlich aus. Und das führt zur ersten, weil entscheidenden Differenzierung zwischen klassischer Produktpolitik und Customer Experience-Management. Beim klassischen Produkt geht es primär um Hardware, um messbare Fakten. Golfanlagen werben sehr gerne damit: 18 Bahnen, Par 72, Gesamtlänge 6.500 Meter, fünf Teeboxen pro Bahn, Pro-Shop, Clubrestaurant. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, nur: Daraus entsteht noch kein (positives) Erlebnis. Denn ein Erlebnis entsteht erst, wenn Produkt und Kunde aufeinandertreffen. Dann kommt noch eine weitere Dimension hinzu: die Kundenerwartung. Die Schwierigkeit hier: Welche Erwartung ein Kunde hat, hängt von seiner individuellen Lebenssituation und nicht zuletzt auch von den aktuellen Begleit­umständen seiner Runde ab. Möchte der Golfer einfach eine entspannte Runde drehen, steht er/sie unter Zeitdruck, möchte er/sie frisch erlerntes Wissen aus der Pro-Stunde auf dem Platz anwenden, geht es um eine EDS-Runde zur Handicap-Verbesserung? Dies sind nur einige Beispiele für mögliche, sehr unterschiedliche Erwartungshaltungen der Kunden, unserer Golfer. Das Bindeglied zwischen diesen Erwartungen und dem Produkt ist, wie überall in der Dienstleistung, der Mensch und damit die Mitarbeiter der Golfanlage. Ein Beispiel: Ein Golfer möchte sehr früh morgens eine schnelle 9-Löcher-Runde drehen, danach duschen und ab ins Büro. An Bahn 2 muss er zehn Minuten für seinen Annäherungsschlag warten, da das Greenkeeping gerade das Grün mäht und die Fahnenposition neu sticht. An Bahn 5 wurden die Abschlagmarkierungen noch nicht wieder gesteckt und an Bahn 7 wird der Golfer von der automatischen Beregnungsanlage überrascht und duscht früher als geplant. Vielleicht denken Sie jetzt „irgendwann muss doch das Greenkeeping arbeiten und der Platz gewässert werden“, aber – selbst wenn Sie formal Recht haben – ihr Kunde, der Golfer, sieht das wahrscheinlich anders. Betrachten wir daher ein paar Bereiche des Golfbetriebs und die Frage, wie Sie positive Kundenerlebnisse erzeugen können. Diese werden – wann immer möglich – mit praktischen Beispielen aus dem In- und Ausland verknüpft.

Caddies – „Taschenträger“, Spielstratege und Entertainer

Der Autor dieses Beitrags ist bekennender Caddie-Fan – leider eine in Deutschland vom Aussterben bedrohte Dienstleistung. Dabei ist gerade für Gäste ein Caddie nicht nur „Taschenträger“, sondern – je nach Spielsituation – auch Ratgeber bei der Spielstrategie, Informationsquelle (wenn vom Golfer gewünscht, beispielsweise zur Geschichte der Anlage) und nicht zuletzt auch Pausenunterhalter, wenn es einmal an einem Abschlag zu Wartezeiten kommt. Gerade gute Caddies können viel zum guten Erlebnis beitragen (und schlechte Caddies das Gegenteil bewirken).

Carts gewinnbringend und positiv einsetzen

Aber auch die in Deutschland eingesetzten Buggys sind häufig eher der Kategorie „moderne Schlichtheit“ zuzuordnen: keine integrierten GPS-Systeme mit Anzeige der Spielbahnen, keine Handtücher, keine mit Eis gefüllten Getränkekühlboxen, kein Sand zum Auffüllen der Divots und auch keine USB-Anschlüsse für Mobiltelefone. Doch genau so etwas wird in den USA oder in Südafrika zunehmend eingesetzt, wenn ein Club sich grundsätzlich für Buggys öffnet. Der Tiburón Golf Club hat beispielweise seine Buggyflotte in den letzten Monaten runderneuert – und die nur rund 3 km/h höhere Geschwindigkeit ermöglicht dem Club täglich zusätzliche Startzeiten, da die Spieldauer verkürzt werden konnte. Vor allem für Gäste wichtig: Eine klare Beschilderung der Bahnen und Wege – denn wer suchend auf dem Platz umherirrt, hat keinen Spaß und wird auch noch Wartezeiten der Spieler hinter sich verursachen.

 

Beverage Carts, gerade in ­Sommermonaten überlegenswert

Ein weiterer Faktor, um sich beim Kunden positiv in Szene zu setzen, hätte vor allem dieses Jahr bestens genutzt werden können: Getränkefahrzeuge. Nun muss das Beverage Cart nicht gleich zur vollwertigen rollenden Gastronomie werden, aber gerade bei den hohen Temperaturen 2018 hätte schon eine große Kühlbox auf einem Buggy samt Mitarbeiter genügt, um auf der Runde Getränke anbieten zu können – entweder kostenlos (als Service angesichts des heißen Wetters) oder als eigenes Profit-Center gegen Entgelt. Übrigens verdient mancher Getränkewagen-Fahrer sehr gut an Golfbällen, die er als Nachschub auf der Runde anbietet.

 

Spieldauer als Wohlfühlargument

Ein wesentliches Element des Erlebnisses auf der Runde ist – neben dem Pflegezustand der Anlage – die Dauer einer Runde. Rob Barrett, CEO von Honours Golf (einer US-amerikanischen Golfanlagen-Managementfirma), bestätigte bereits 2014 in einem Interview mit Forbes.com, dass Zeit die größte Bedrohung für Golf sei. Und die USGA ermittelte in einer Studie zu den finanziellen Auswirkungen der Spielgeschwindigkeit, dass die Mehrzahl der Golfer zwischen 25 und 44 Jahren die Rundenzeiten gerne von durchschnittlich viereinhalb Stunden um 60 bis 90 Minuten verkürzt sehen würde. Aber auch für Clubs, deren Golfer Rundenzeiten um vier Stunden akzeptieren, ist die Spielzeit wichtig: Der Marktführer für Analyse- und Optimierungssysteme bei Rundenzeiten, Tagmarshal, geht von einem Zeitbudget pro Anlagenbesuch von rund sechseinhalb Stunden aus. Dauert nun die Runde deutlich länger als geplant, geht dies meist zu Lasten der ursprünglich am Ende des Aufenthalts geplanten Aktivitäten: dem Besuch in der Gastronomie. Die Schwierigkeit besteht für viele Golfanlagen jedoch darin, dass sie kaum Daten zu den Rundenzeiten haben – viele Clubs wissen sogar nicht einmal, wie viele Runden jedes einzelne Clubmitglied pro Jahr absolviert, weil dies nicht aufgezeichnet wird. Verknüpft man nun das permanent sinkende Zeitbudget der Golfer mit dem Thema Rundenzeiten, wird schnell deutlich, dass Spieldauer ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist – nicht zuletzt deshalb berichten viele Clubs, dass sowohl bei den regulären Runden als auch bei Turnieren 9 Löcher besonders stark im Trend liegen. Mancherorts wird nun der Ruf nach kürzeren Plätzen laut – doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die breite Masse der Golfer keineswegs nur noch Pitch & Putt-Plätze spielen möchte. Gefragt ist vielmehr ein klassischer Golfplatz mit Par 3s, Par 4s und Par 5s, der in kürzerer Zeit absolviert werden kann. Für jeden Platz kann heutzutage mit verhältnismäßig einfachen Mitteln ein „Time Par“, also eine Sollspielzeit, ermittelt werden. Möchte ein Club auf Basis der Spielzeit das Golferlebnis optimieren, benötigt das Clubmanagement dazu geeignete Daten. Tagmarshal hat jüngst in einem Webinar aufgezeigt, dass ein typischer Platz in den USA festgestellt hat, dass gerade einmal 27% seiner Runden innerhalb der Sollzeit erfolgen. Noch wichtiger: Bei fast einem Drittel der Runden wich die tatsächliche Spielzeit um mehr als 20 Minuten von der Sollzeit ab. Ob diese Golfer die Runde als positives Erlebnis empfanden, darf sicherlich hinterfragt werden. Wichtig ist jedoch nicht nur die Kenntnis der tatsächlichen Rundenzeiten, sondern auch die Einleitung entsprechender Maßnahmen zur Optimierung der Rundenzeiten. Dazu gehört die Wahl der Abschläge, das Setup des Platzes, aber auch die konsequente Kommunikation des Serviceteams mit dem Golfer, um diesen auf mögliche Abweichungen hinzuweisen. Wahrscheinlich ist es in jedem Club schon einmal vorgekommen, dass Golfer im Sekretariat anriefen und sich über eine langsame Gruppe vor ihnen beschwerten – dann ist es im Sinne einer Customer Experience bereits zu spät, dieser Kunde ist schlicht sauer. Carnoustie Links, Austragungsort der diesjährigen The Open, hat es durch konsequente Analyse und entsprechende Maßnahmen geschafft, binnen weniger Wochen die Anzahl der Runden innerhalb der Sollzeit von 29% auf 53% zu steigern, der Anteil der Zeitabweichungen von mehr als 20 Minuten wurde gar auf 2% gedrückt (Quelle: Tagmarshal). Dies verdeutlicht, dass neben einem Starter auch der Marshal eine wichtige Komponente in der Customer Experience ist – und leider verzichten immer mehr Clubs in Deutschland auf diese Position. Es ist jedoch entscheidend, dass ein Marshal nicht als eine Art „Hauspolizei“ auftritt, sondern bei möglichen Spielverzögerungen entweder pro-aktiv auf die nachfolgend betroffenen Golfer zugeht und ihnen die Gründe dafür erläutert (und eventuell auch durch einen Gutschein für ein Freigetränk nach der Runde mögliche Reklamationen von Beginn an vermeidet) oder die Verursacher der Verzögerung mit netten Worten zu größerem Spieltempo motiviert. Dass kürzere Rundenzeiten letztlich den Clubs auch mehr Ertragschancen durch zusätzliche Abschlagzeiten ermöglichen, versteht sich von selbst.

 

Die Halfway für weitere ­Serviceleistungen nutzen

Ein weiteres, viel diskutiertes Thema: Halfway-Verpflegung. Einerseits verlängern sich die Rundenzeiten, andererseits bietet sich hier ein guter Puffer, um Spielverzögerungen aufzuholen und Zusatzerträge in der Gastronomie zu erwirtschaften. Um das Erlebnis auch hier zu steigern, sollte die Abwicklung beschleunigt werden. Auf dem Castle Course in St. Andrews gibt es beispielsweise rund eine viertel Stunde vor Erreichen des Clubhauses ein spezielles Telefon, über das man sein Halfway vorbestellen kann. Und auf dem Fancourt Links Course wählt man gar direkt vor dem ersten Abschlag aus einer Speisekarte seine Verpflegung – die teilweise direkt im Greenfee inkludiert ist. Man kann das Halfway für weitere Serviceleistungen nutzen: Im St. Francis Links Course werden die Golfschläger der Spieler nicht nur nach der Runde gereinigt, sondern auch während des Halfways. Auch nach der Runde kann eine Golfanlage noch punkten, beispielsweise mit dem in den VAE oder USA fast obligatorischen Reinigen der Schläger – während in Deutschland die meisten Clubs keinen Caddy-Master mehr anbieten und sich der Golfer selbst um die Wartung seines E-Trolleys und anderer Ausrüstungsgegenstände kümmern muss.

 

Datenerhebungen für modernes Customer Experience unerlässlich

Das Beispiel der Rundenzeiten macht deutlich: Modernes Customer Experience-Management braucht vor allem eines: Daten. Benötigt werden Daten zu den Kunden und ihrem Freizeit- und Golfverhalten, Daten über den Spielbetrieb und Daten zur Bewertung des Golferlebnisses. Letztere erhält man am einfachsten, in dem man Gastspieler nach der Runde und Mitglieder mindestens ein Mal pro Jahr konkret befragt. Denn Customer Experience bezieht sich nicht nur auf die Runde selbst. Ein Beispiel: die Driving Range. Der Celebrity Golf Club in Florida sorgt auf der Range und den weiteren Übungsanlagen für dezente Hintergrundmusik von Frank Sinatra. Und dass eine moderne Gestaltung der Übungsanlagen mit Target Greens und spielnahen Übungssituationen den Spaß am Training fördert, zeigt nicht zuletzt das Beispiel des Golf Clubs St. Leon Rot. Daten bleiben jedoch der Dreh- und Angelpunkt modernen Managements. Denn nur so kann der Club letztlich messen, um zwischen dem versprochenen Erlebnis und dem vom Golfer wahrgenommenen Erlebnis eine Lücke klafft oder ob die Erwartungen – und dies sollte das Ziel sein – übertroffen wurden. Die Schnittstelle zwischen Daten, Golfanlage und Golfer bleibt der Mensch. Und hier sind wir wieder beim Wandel: Das moderne Clubmanagement findet nicht hinter verschlossenen Türen im Büro statt, sondern aktiv am Gast. Im berühmten Small Talk können Clubmanager von den Golfern sehr einfach sehr viel erfahren. Und auch für die Mitarbeiter des Clubs gilt: Sie alle sind Bestandteil des Golferlebnisses – das Greenkeeping, Starter und Marshals, der Pro-Shop, die Pros, die Verwaltung – alle nehmen mit ihren Aktivitäten direkten oder indirekten Einfluss auf das Erlebnis. Und alle können durch zielgerichtetes Verhalten und kundenorientierte Kommunikation dazu beitragen, dieses Erlebnis zu optimieren und bei Abweichungen sofort korrigierend eingreifen zu können.

Golf als Erlebnis unter Freunden

Wer einmal selbst erleben möchte, wie man das von Nicht-Golfern oft als langweilig empfundene Golfspiel in ein echtes Erlebnis unter Freunden verwandeln kann, sollte eine TopGolf-Anlage besuchen (siehe golfmanager 1/18). Und wer sich verstärkt für Familien öffnen möchte, braucht auf seiner Anlage entsprechende Angebote für Nicht-Golfer, beispielsweise im Sommer einen Pool oder ein Fitness-Studio. Damit ist auch der Weg zur in Großbritannien, Irland und den USA weit verbreiteten Social Membership bereitet – Mitgliedschaften also, die gar nicht in erster Linie auf das Golfspiel abzielen, aber in Verbindung mit golfenden Familienmitgliedern eine wertvolle Ergänzung sein können.

Das faszinierende am Customer Experience-Management ist seine Multiplikatoren-Wirkung, denn ist der Golfer (gleich ob Mitglied oder Gastspieler) von seinem Erlebnis begeistert und positiv überrascht, wird er dies weiterverbreiten – nicht zuletzt über soziale Medien. Damit wird er vom Kunden zum (unbezahlten) Promoter des Clubs oder der Anlage. Der Neuseeländische Golfverband hat dies längst erkannt und für seine Mitgliedsclubs eine eigene Broschüre zum Thema „The Customer Experience“ herausgegeben. Auch der schottische Golfverband führt regelmäßig Seminare zum Thema „Customer Experience in your Club“ durch.

 

Fazit

Der Wandel hat die Golfbranche auf vielfältige Weise erreicht. Und natürlich gibt es – wie überall im Leben – auch im Golfsport Anlagen, die sich erfolgreich positionieren und den Wandel als Chance ergreifen und Anlagen, die im Status Quo verharren und dann mittelfristig meist mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Customer Experi­ence-Management rückt die Mitarbeiter auf der Anlage in den Fokus – der Trend heißt „Weg von der Hardware-Orientierung (Golfplatz-Layout) hin zur Kunden-Orientierung (Service-Erlebnis)“. Dies bietet auch Golfanlagen gute Chancen, die keine außergewöhnliche Hardware bieten können. Aber auch sie können ihren Spielern ein positives Erlebnis bieten. Grundlage hierfür sind Daten über die Kunden und deren Verhalten sowie genaue Informationen über die Komponenten des Golfspiels, die Einfluss auf die Kundenzufriedenheit nehmen, insbesondere die Rundenzeiten. Alles Weitere ist eine Frage des individuellen Ideenreichtums und der Fähigkeit, diese Ideen in der Praxis umzusetzen. Denn eines gibt es beim Customer Experience-Management nicht: Patentrezepte, die sich von einer Anlage als Blaupause auf alle anderen Anlagen übertragen lassen. Dennoch, ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch über Erfolg oder Misserfolg einzelner Maßnahmen zwischen den Clubs kann wichtige Impulse bringen. Dabei ist es jedoch hilfreich, solche Zusammentreffen nicht (nur) nach regionalen Kriterien zu organisieren, sondern sich stärker an den Zielgruppen der jeweiligen Golfanlagen zu orientieren.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 05/2018

 

<< zurück