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Flexibilität als systembedingtes Problem

Nachgefragt bei Ingo Bollow, GC Schloss Westerholt

Facts zur Anlage

Name: Golfclub Schloss Westerholt e.V.

Adresse: Schlossstr. 1, 45701 Herten-Westerholt

Größe der Anlage: 90 ha, 10 Teiche

Baujahr: 1993, Umbau nach 10 Jahres-Renovationsplan des Architekten Christoph Staedler

Löcher: 18

Betreiber/Club: Klassischer e.V.

Schwierigkeitsgrad: Sportlich-anspruchsvoll

Das 90 ha umfassende Areal erstreckt sich in einem großen Halbkreis um das Schloss Westerholt und bietet dem sportlich reizvollen Platz mit abwechslungsreichen Teilflächen und einem angenehm bewegten Oberflächenrelief eine tolle Kulisse aus altem Laubwaldbestand und prächtigen Alleen. Zahlreiche Biotope und vor allem zehn Teiche, die an neun der 18 Fairways auf verschlagene Bälle lauern, stellen dem Golfer anspruchsvolle Aufgaben. Die Platzpflege der Anlage ist an einen überregionalen Dienstleister vergeben. Wir sprachen mit Spielführer Ingo Bollow über seine Erfahrungen.

? Herr Bollow, als Spielführer sind Sie auf Schloss Westerholt neben dem regulären Spielbetrieb insbesondere mit dem Platz bzw. der Platzentwicklung betraut. Ihre Platzpflege ist seit vielen Jahren an einen externen Dienstleister vergeben. Aus Gesprächen weiß ich, dass Sie dies persönlich – neben all den Vorteilen – in einigen Punkten kritisch betrachten? Richtig?


! Durchaus, neben dem Kostenaspekt – auch in der Grundpflege – ist die mangelnde Flexibilität bei der Ausführung von Zusatz- und Sonderarbeiten ein systembedingtes Problem.

 

? Könnten Sie uns Beispiele anführen, wo Ihres Erachtens eine Platzpflege in Eigenregie Vorteile bringt?

 

! Aus unserer Sicht besteht ein bedeutender Kostenvorteil für die Platzpflege in Eigenregie.

Vor Abschluss unseres letzten Pflegevertrages haben wir in einem eingehenden, sehr konkreten Vergleich für die fünfjährige Vertragslaufzeit einen Gesamtkostenvorteil von 250.000 Euro ermittelt.


Da bei zusätzlichen Pflegearbeiten, soweit sie nicht durch Verfügungsstunden oder eine flexible Auslegung des Leistungsverzeichnisses abgedeckt sind, teils erhebliche Zusatzkosten (Baustelleneinrichtung, Maschinentransport, Auslösung der zusätzlichen Mitarbeiter) entstehen, sehen wir hier weitere Mehraufwendungen. Insbesondere, da wir durch unseren Renovationsplan bei den Zusatzarbeiten einen erheblichen Bedarf haben.


Des Weiteren stellt die Auswahl und Präsenz der Pflegemaschinen und ihre Wartung einen Nachteil der Fremdvergabe der Pflege dar. Die Maschinen im örtlichen Bestand sind durchaus älter und defektanfälliger. Die aus einer Zentrale veranlasste Instandsetzung beansprucht mehr Zeit als eine ortsnahe Serviceleistung. Es stehen zwar im Maschinenpool des Dienstleisters viele, auch sehr spezielle, Maschinen zur Verfügung, aber der Zugriff darauf erfolgt nicht immer zum gewünschten Zeitpunkt. Große Besander und Aerifizierungsgeräte sind beispielsweise nicht im örtlichen Bestand, würden von uns aber häufiger spontan benötigt.


Die Planung und Durchführung der größeren Renovationsarbeiten wie Fairwaybesandung und Aerifizierungen können in Eigenregie besser an die örtlichen Verhältnisse und Bedingungen angepasst werden. Der Dienstleister hat eine vergleichsweise feste Jahresplanung für den Einsatz seiner Geräte und Arbeitskräfte.

 

? Ein großes Thema in unseren FachMagazinen ist immer wieder, dass in Deutschland die Anlagen einem Alleinstellungsmerkmal zu wenig Bedeutung beimessen. Ist dies denn mit einem externen Dienstleister aus Ihrer Sicht überhaupt möglich – zumindest, was den Platz selbst angeht?

 

! Die Entwicklung eines Leitbildes und die Entscheidung über Alleinstellungsmerkmale trifft jeder Club selber, eine entsprechende Pflege kann sicher vereinbart werden.

 

? Die Anlage Schloss Westerholt ist nicht zuletzt dank Ihrer engagierten Bemühungen Bronze-zertifiziert beim DGV-Managementprogramm Golf&Natur – 2018 streben Sie Silber an. Auch hier die Frage: Klappt die Umsetzung der teilweise doch aufwändigen Auflagen oder profitieren Sie sogar von den Erfahrungen eines überregional tätigen, externen Dienstleisters?

 

! Dies möchte ich bejahen. Der für mich größte Vorteil eines überregional tätigen Dienstleisters besteht in seiner vielfältigen Erfahrung und der Kompetenz seiner spezialisierten Mitarbeiter.

 

? Was würden Sie abschließend einer Anlage empfehlen, die sich mit dem Gedanken trägt, ihre Platzpflege fremd zu vergeben?

 

! Natürlich sind die Voraussetzungen jeder Anlage unterschiedlich. Sollten ausreichend Mittel für einen eigenen Maschinenpark zur Verfügung stehen oder dieser noch vorhanden sein, sind die Kosten der Fremdvergabe sehr kritisch zu überprüfen.


Bestimmte Arbeiten können durch eigene Mitarbeiter ausgeführt werden. Uns stehen hier für Platzarbeiten 3.000 Mannstunden zur Verfügung.


Sollte Kompetenz oder Motivation eines bestehenden Teams ein Problem darstellen, kann die Kompetenz in Form eines Supervisors eingekauft werden.

 

Herr Bollow, schönen Dank für Ihre offenen Worte, die letztlich nicht komplett gegen eine Fremdvergabe sprechen; wenn ich Sie richtig verstanden habe, gilt es vielmehr, alle Parameter genau zu prüfen und sich dann für eine Komplett- oder auch nur eine Teilvergabe zu entscheiden.

 

Die Gespräche führte Stefan Vogel (s.vogel (at) koellen.de) ❘ golfmanager 03/2017.

 

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