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Team USA dominiert den Ryder Cup 2021

Wenige Golfer auf Top-Niveau und ein überaltertes Team?

Team Europa schlägt den Rest der Welt 14:1 – so eine der Sportschlagzeilen am 26. September 2021. Doch bereits bei „Rest der Welt“ werden Golfer zu Recht stutzig: Denn es geht (leider) nicht um den Ryder Cup, sondern der genannte sportliche Triumph gelang den europäischen Tennisherren im Laver Cup, einer Art Pendant zum Ryder Cup im Golf. Auch im Ryder Cup wurde am 26. September im US-Amerikanischen Kohler, Wisconsin, ein neuer Rekord aufgestellt – leider nicht zur Freude des europäischen Teams. Denn die zuletzt vielgescholtenen US-Boys holten sich den Cup mit dem Rekordergebnis von 19 zu 9 – dem höchsten Sieg einer Mannschaft, seit der Ryder Cup als Wettbewerb der USA gegen Europa ausgetragen wird (bis 1971 war es ein Mannschaftsvergleich zwischen Großbritannien und den USA, von 1973 bis 1977 trat ein gemeinsames Team Großbritannien und Irland gegen die USA an).

Damit holte Captain Steve Stricker den Pokal nach der deutlichen Niederlage 2018 im Le Golf National nun wieder in die USA zurück – und gehört nun zum illustren Kreis von US-Captains, die sowohl den Ryder Cup als auch den Presidents Cup (2017 im Liberty National Golf Club) mit ihren Teams holten. Auch wenn der Sieg mehr als deutlich ausfiel: Wirklich überraschend kam er nicht. Das zeigt schon ein Blick auf die Paarungen im Einzel: In 11 der 12 Matches waren die US-Golfer in der Rangliste vor ihren europäischen Match-Partnern positioniert.

Und auch die im Vorfeld teils kritisch bewerteten Captain‘s Picks von Stricker trugen wesentlich zum Erfolg bei: Immerhin 15,5 Punkte des dreitägigen Events wurden von ebendiesen Rookies eingefahren. Umgekehrt bei Team Europa: Ehemalige Trümpfe wie Ian Poulter oder Rory McIlroy konnten dieses Mal kein Ryder Cup-Feuer entfachen, Tommy Fleetwood konnte – ohne seinen kongenialen Partner Francesco Molinari – ebenfalls seine triumphale Bilanz von 2018 nicht wiederholen. Die gerade in den USA im Vorfeld geäußerte Meinung, dass der Platz von Whistling Straits sehr links-ähnlich sei und deshalb den Europäern eher zu Gute kommen würde, erwies sich als unbegründet. Denn dass auch US-Golfer Links-Golf beherrschen, zeigte sich nicht zuletzt bei der The Open 2021, bei der mit Collin Morikawa und Jordan Spieth zwei gleich US-Golfer von der Spitze des Leaderboards grüßten.

Dass auch ein Event wie der Ryder Cup nicht ohne Regeln auskommt, zeigt das sogenannte „Captains‘ Agreement“, welches auf insgesamt 16 Seiten die Regeln inklusive Benennung von Ersatzspielern, Vorgehensweise bei Regenunterbrechungen und auch die Soll-Spielzeit pro Bahn definiert und von beiden Captains unterschrieben wird. Und auch Covid-19 warf seinen Schatten auf die Veranstaltung: Ein wesentlicher Teil des Captains‘ Protocols betraf Covid-19 und Fragen, wie beispielsweise vorzugehen sei, falls ein Spieler positiv getestet würde – was glücklicherweise nicht der Fall war.

Herausragende Spieler und geehrte Heroen

Überragender Spieler der USA war Dustin Johnson, der mit fünf Punkten aus fünf Matches die maximale Ausbeute erzielte, so wie Francesco Molinari 2018 in Paris. Im Team USA war dies zuletzt 1979 Larry Nelson gelungen. Johnson, zugleich ältester Spieler der US-Amerikaner, wurde nach dem Turnier zudem mit dem erstmals verliehenen Nicklaus-Jacklin Award, presented by Aon, ausgezeichnet. Auf europäischer Seite wurde Sergio Garcia mit dem Preis ausgezeichnet, der nun mit 24 Siegen und insgesamt 27,5 Punkten in Ryder Cup-Matches diese Statistik teamübergreifend anführt. Außer den beiden Namensgebern des Preises, Jack Nicklaus und Tony Jacklin, gehörten zur Jury die früheren Ryder Cup-Kapitäne Paul Azinger und Paul McGinley sowie Jim Richerson (President PGA of America), Alan White (Chairman PGA of Great Britain and Ireland) und Carlo Clavarino (Executive Chairman, International von Aon).

Unter Corona-Bedingungen US-Heimspiel

Aufgrund der weiterhin bestehenden Einreisebestimmungen war der diesjährige Ryder Cup im wahrsten Sinne des Worts ein Heimspiel. Zwar kamen mit ca. 45.000 Zuschauern pro Tag etwas weniger Zuschauer als 2018, aber diese waren fast ausschließlich Fans von Team USA, denn Zuschauer aus Europa konnten kaum über den großen Teich reisen. Und so war – wie fast bei jeder Austragung auf US-Amerikanischem Boden – das Zuschauerverhalten und mangelnde Fairness erneut Anlass vieler Diskussionen, da die europäischen Golfer bei so ziemlich jeder Gelegenheit mit Buh-Rufen bedacht wurden. Und natürlich gab es auch einen Regel-Aufreger, als Brooks Koepka gleich zwei Offizielle (vergebens) bemühte, vor seinem nächsten Schlag ein Besserlegen zugestanden zu bekommen – und die Ablehnung kommentierte, dass die Referees schuld seien, falls er sich bei dem Schlag verletzen würde. Und natürlich drückte auch Bryson Dechambeau dem Event seinen ganz persönlichen Stempel auf, indem er gleich am ersten Wettkampf-Tag an der fünften Bahn – einem mächtigen und bis zu 605 Yards langen Par 5 – mal eben seinen ganz eigenen Golfplatz spielte und die Bahn mit einem 417 Yards Drive zu einem mittleren Par 4 degradierte. Seine Privatfede mit Teamkollege Brooks Koepka spielte hingegen während des Turniers keine Rolle.

 

Die Aufreger abseits des Platzes

Wie so oft spielt sich manch spannende Diskussion nicht auf, sondern neben dem Platz ab. Anlass dieses Mal: Wie Golfweek/USA Today am 24. September berichtete, hätten sich Schwung- und Putt-Coaches der US-Golfer darüber beschwert, dass sie – im Unterschied zu ihren europäischen Kollegen – nicht nur keine Vergütung oder eine Kompensation des Verdienstausfalls erhielten (auch die Spieler treten ohne Preisgeld an), sondern auch ihre eigenen Reisekosten in Höhe von durchschnittlich 5.000 USD selbst zahlen müssten. Damit stießen sie bei den Spielern durchaus auf Sympathien, die eine Kompensation angesichts der rund 100 Millionen Ertrag aus einem Ryder Cup zumindest finanziell für möglich hielten. Dennoch: Ein wenig bleibt der Eindruck von Jammern auf hohem Niveau – und die Frage, ob eine solche Kompensation eigentlich Aufgabe der Organisatoren oder der Spieler sei, die letztlich ihre Coaches auswählen und auch vor Ort mit dabei haben möchten.

 

Fazit

Der Ryder Cup 2020/21 ist Geschichte – und so wie 2018 nach der krachenden Niederlage von Team USA wird nun in Europa die Frage einsetzen, wie man bis Rom 2023 wieder eine schlagkräftige Mannschaft zusammenstellen kann. Denn viele Experten sind der Meinung, dass Europa aktuell nur wenige Golfer auf dem notwendigen Niveau eines Ryder Cups habe und zudem die diesjährige Mannschaft schlicht zu alt und über ihren Zenit hinaus gewesen sei. Die Hoffnung liegt dabei auf den jungen Talenten. Zunächst gilt es jedoch die Frage zu klären, wer das europäische Team 2023 als Kapitän anführen soll. Aktuell gilt Lee Westwood – dieses Mal noch selbst als Spieler dabei – als Favorit. Dass das Interesse am Ryder Cup auch auf europäischem Boden ungebremst ist, zeigen die Vorverkäufe für Rom 2023. Obwohl mit knapp 1.000 Euro alles andere als günstig, waren die Wochentickets in weniger als 24 Stunden ausverkauft. Wer noch Tagestickets möchte, kann sich 2022 im Rahmen einer Verlosung bewerben. Man darf gespannt sein, zu welchen Preisen man dann Einlass erhält – denn neben den Wochentickets sind auch die Hospitality-Angebote alles andere als ein Sonderangebot: An den Wettkampftagen beginnen die Angebote aktuell bei knapp 1.500 Euro – pro Person und Tag. Aber vielleicht ist dies auch Teil einer angepassten Strategie, den Ryder Cup noch stärker als Wirtschaftsmotor zu betrachten. Denn auch bei der Bekleidung entschied sich Team Europa dieses Mal für einen absoluten Premium-Anbieter: Die italienische Modemarke Loro Piana war erstmals Ausstatter, im Verkauf wird die Kollektion auf der Website des Unternehmens mit Preisen von knapp 900 USD (Polo-Shirt) über gut 1.000 USD (Hose) bis knapp 2.000 USD (Sweater) angeboten. Dass es am Ende aber doch immer noch auf das Golfspielen ankommt, musste das Team im diesjährigen Kontinentalvergleich schmerzlich erfahren.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 5/2021

 

Bei Interesse lesen Sie in diesem Zusammenhang das Interview mit Philippe Pilato, Direktor Le Golf National:

 

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