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Vereinheitlichung des Profigolfsports – zum Wohle von Spielern und Golffans

Interview mit Javier Reviriego Bóveda, General Manager Real Club Valderrama

Valderrama nimmt seit Jahrzehnten eine Ausnahmestellung unter den europäischen Golfanlagen ein und war einer der Pioniere im Bereich Nachhaltigkeit (siehe dazu den Beitrag im golfmanager 3/22 HIER). Mit dem Wechsel von der DP World Tour zu LIV GOLF sorgte die exklusive Mitgliederanlage in Sotogrande für einen Paukenschlag unter den Turnier-Austragungsorten. Im Nachgang zu LIV GOLF Andalucía sprach General Manager Javier Reviriego Bóveda mit dem golfmanager über die Unterschiede zu früheren Turnieren und die Gründe für die enorme Zuschauerresonanz des Events.

 

? Wie kam es zu der Idee, ein LIV-Golfturnier für Valderrama auszurichten?

 

! Gemeinsam mit unserem Vorsitzenden traf ich mich letzten Sommer mit den Managern von LIV, als sie hier in Sotogrande in La Reserva die Aramco Series veranstalteten. Ursprünglich dachte keine der beiden Seiten an die Möglichkeit, ein Turnier auszutragen, aber das Gespräch führte zu der Überzeugung, dass eine solche Veranstaltung funktionieren könnte. Am Ende haben wir uns geeinigt und den Vertrag unterzeichnet.

? Bezieht sich die Vereinbarung nur auf das Jahr 2023 oder ist es ein Mehrjahresvertrag?

 

!Wir haben uns auf einen Fünfjahresvertrag für das Turnier verständigt. So wurden beispielsweise alle Tribünen und Hospitality-Bereiche exklusiv für LIV GOLF Andalucía gebaut und werden daher wiederverwendet. Während des Turniers arbeiteten 1.600 Personen auf unserer Anlage, es ist ein wirklich großes Event – die größte Veranstaltung, die wir seit dem Ryder Cup hatten.

 

? War es von Anfang an klar, dass die Ausrichtung eines LIV GOLF-Events den Verzicht auf die Zusammenarbeit mit der DP World Tour bedeuten würde?

 

! Für uns war klar, dass wir nicht zwei Events pro Jahr veranstalten können. Es war uns auch klar, dass die European Tour kein Turnier mit uns veranstalten wollte, wenn wir mit LIV GOLF zusammenarbeiten. Also haben wir das akzeptiert. Allerdings würden unsere Mitglieder zwei Turniere pro Jahr nicht akzeptieren, denn das würde zu viele Umstände bedeuten und zu viele Tage, an denen der Platz nicht zur Verfügung stünde.

 

? Wie haben Ihre Mitglieder auf diesen Wechsel reagiert?

 

! Wir hatten nur sehr wenig Kritik von unseren Mitgliedern, etwa vier oder fünf von insgesamt etwa 450 Mitgliedern. Als wir das Event auf unserer Generalversammlung erläuterten, war die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Meinung, dass dies eine großartige Sache für den Club sei. Das Feedback unserer Mitglieder nach der Veranstaltung war hervorragend. Sie waren zum Beispiel sehr zufrieden mit der „Members only“-Tribüne neben dem 18. Grün und der Tatsache, dass unser Restaurant und der Terrassenbereich während der Veranstaltung exklusiv für sie reserviert waren. 

 

? Wie unterscheidet sich die Organisation eines LIV-Turniers im Vorfeld und während der Veranstaltung von der des früheren Andalucía Masters?

 

! In der Vorbereitung gibt es mehrere Unterschiede. Was auffällt, ist, dass wir schon Monate im Voraus wussten, welche Spieler wir begrüßen würden. Aufgrund der Struktur der LIV bekommt man alle Spieler, die an der Liga teilnehmen. Wir wussten also, dass wir Spieler wie Phil Mickelson, Brooks Koepka und Bryson DeChambeau haben würden, was viele Fans hier in Spanien nicht glauben konnten! Das hilft enorm bei der Vermarktung der Veranstaltung. Da wir in der Lage waren, die Spieler im Voraus zu bestätigen, konnten wir auch schon Monate im Voraus mit der Vermarktung der Veranstaltung beginnen. Das hat enorme Auswirkungen auf den Kartenverkauf, die Sichtbarkeit der Veranstaltung und die Art und Weise, wie das Turnier in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Aus logistischer Sicht ist das Ausmaß einer LIV-Veranstaltung außergewöhnlich: mehr Hospitality-Bereiche, viel mehr Bereiche für die Zuschauer mit dem Fan-Village und dem Konzertbereich. Das Erlebnis für die Zuschauer ist für LIV sehr wichtig. Während der Veranstaltung ist der Hauptunterschied die Musik. Letztes Jahr hatten wir mit der DP World Tour bereits Musik auf dem 17. Grün, aber es ist eine logistische Herausforderung, Musik in jede Ecke des Platzes zu bringen. Ich war angenehm überrascht, dass die Zuschauer die Musik liebten und auch die Spieler damit zurechtkamen. Sie verleiht der Veranstaltung eine besondere Stimmung und Atmosphäre. Der Kanonenstart ist natürlich etwas anderes. Für mich ist das Beste daran die Atmosphäre, die entsteht, bevor die Spieler auf die Runde gehen. Die Driving-Range war voll, was für die Fans einen exklusiven Moment darstellte, da sich alle Spieler gleichzeitig auf ihre Runden vorbereiteten. Da es keinen Cut gibt, ist es ein bisschen entspannter. Aber wenn das Turnier erst einmal begonnen hat, sind diese Jungs sehr wettbewerbsorientiert. Ich glaube nicht, dass es sich hier um ein Show-Event handelt – sie wollen auf jeden Fall gewinnen. Brooks Koepka wollte am letzten Tag unbedingt Bryson DeChambeau und Talor Gooch schlagen.

 

? Apropos Zuschauer und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass LIV keine offiziellen Zuschauerzahlen zu den Turnieren veröffentlicht: Sind Sie mit den Besucherzahlen zufrieden?

 

! Auf jeden Fall! Obwohl das Turnier über 54 Löcher (statt 72) ging, war die Zuschauerzahl viel höher als bei unseren früheren Veranstaltungen. Vor allem am Sonntag hatten wir so viele Besucher wie seit 20 oder mehr Jahren nicht mehr! Wir sollten auch bedenken, dass die Preise höher waren als bei früheren Turnieren, so dass wir mit der Zuschauerresonanz sehr zufrieden sind. Es war ein großer Erfolg, und wir werden das Event weiter ausbauen.

 

? Unterscheidet sich das Set-up des Platzes von früheren Turnieren?

 

! Es ist ziemlich ähnlich. Wir haben das Set-up mit LIV abgestimmt. Wir wollten, dass der Sieger-Score innerhalb einer Spanne von -8 bis -12 liegt. Wir wollten weder -20 noch +1 oder +2, wie wir es in der Vergangenheit manchmal hatten.

 

? Valderrama legt großen Wert auf Nachhaltigkeit: Wie wird dies während des Turniers umgesetzt?

 

! Ich denke, LIV hat sich in dieser Hinsicht wirklich engagiert. Es gibt viele Regeln, die berücksichtigt werden mussten, z.B. keine Plastikflaschen bei der Veranstaltung. Es ist eine ziemliche Herausforderung und nicht einfach, ein solches Mega-Event auszurichten und dabei komplett nachhaltig zu sein, da man Lastwagen und Maschinen einsetzen muss, die sowohl Gas, als auch Strom für den Betrieb benötigen. Das Engagement von LIV ist solide und wir denken bereits über zusätzliche Maßnahmen für 2024 nach, um in diesem Bereich noch besser zu werden.

 

? Wird es für 2024 zusätzliche Änderungen in Bezug auf die aktuelle Entwicklung mit der PGA Tour und der DP World Tour geben?

 

! Das ist eine wirklich gute Frage. Es gibt noch keine endgültige Vereinbarung zwischen diesen drei Touren. Meine Vermutung ist, dass es 2024 ähnlich sein wird wie dieses Jahr, vielleicht werden noch einige Spieler zu LIV stoßen. Ich rechne mit weiteren Änderungen im Jahr 2025. LIV ist eine fantastische Gelegenheit, eine echte Welttournee zu veranstalten, bei der die besten Spieler gegeneinander antreten – es wäre eine Schande, diese Gelegenheit verstreichen zu lassen!

 

? Wie beurteilen Sie die Diskussionen und vor allem die Kritik an LIV GOLF in Bezug auf Saudi-Arabien und Sports-Washing?

 

! Der saudische PIF-Fonds ist in so vielen Ländern auf der ganzen Welt engagiert. Alle diese Länder unterhalten diplomatische und kommerzielle Beziehungen zu Saudi-Arabien. Ich glaube nicht, dass es fair ist, dem Golfsport einen moralischen Standard aufzuerlegen, den andere nicht haben! Wir respektieren jeden, unabhängig davon, wo er geboren oder aufgewachsen ist. Das Golf-Establishment, insbesondere in den USA, wird von einem sehr konservativen Teil der amerikanischen Gesellschaft kontrolliert. Außerdem hat die PGA-Tour den Weltgolfsport viele Jahre lang dominiert. Manche mögen ihr Verhalten als etwas arrogant bezeichnen. Ich kann den Widerstand des Establishments, insbesondere der US-Medien, verstehen. Die Medien waren nicht nur gegenüber LIV sehr hart, sondern auch gegenüber den Spielern – was für mich nicht akzeptabel ist. Diese Spieler sind Profis, sie spielen für ihren Lebensunterhalt und es wurden ihnen bessere Bedingungen angeboten. Es ist unfair, ihnen die Schuld für ihre Entscheidung zu geben. Was die European Tour betrifft, so haben wir gesehen, wie viele gute europäische Stars in die USA gezogen sind und dort auf der Tour gespielt haben. Wir mussten das akzeptieren, weil sie bessere Preisgelder und mehr Weltranglistenpunkte hatten. So ist das im Profisport. Mit dem neuen Abkommen zwischen den drei Touren sind viele dieser Argumente hinfällig. Für mich persönlich war es immer sehr wahrscheinlich, dass es einen Deal geben wird – das könnte jetzt früher geschehen, als wir alle dachten. Wenn ein großer Investor wie PIF beschließt, in eine Sportart einzusteigen, ist es meiner Meinung nach besser, mit ihm zusammenzuarbeiten und ein freundschaftliches Verhältnis zu pflegen, als sich gegen ihn zu stellen. Die neue Entwicklung bietet eine gute Gelegenheit, den Profigolfsport zu vereinheitlichen, nicht nur zum Wohle der Spieler, sondern auch der Golffans.

 

Vielen Dank für diese äußerst interessanten Einblicke.

 

Das Gespräch führte unser Autor Michael Althoff (golfmanager 4/2023).

 

 

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