Die Open Championship und der Brexit
Nordirland wird europäisches Golf-Mekka 2019
Kein Zweifel, der 29. März 2017 wird als historischer Tag in die europäische Geschichte eingehen. Ob es aber ein guter Tag für alle Beteiligten und Betroffenen war, ist nach derzeitigem Kenntnisstand zumindest offen. Bereits im Juni 2016 hatte sich die britische Bevölkerung mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die Europäische Union zu verlassen. In den darauf folgenden Monaten schienen Politiker wie Bürger vielfach darauf zu hoffen, dass es zu guter Letzt doch nicht so weit kommen würde. Doch die nach dem Referendum neu formierte britische Regierung setzte den Willen der Wählermehrheit konsequent um – was die einen als Musterbeispiel für politisches Demokratieverständnis sehen, die anderen jedoch als fehlendes Korrektiv der Politik gegenüber Volksentscheiden.
Und so war es letztlich nicht mehr als konsequent, dass Großbritannien an eben jenem 29. März 2017 als erstes Land gemäß Artikel 50 des Lissabon-Vertrags einen Antrag auf Verlassen der EU gestellt hat. Wer nun jedoch glaubte, dass die Zeit zwischen Referendum und Austrittsantrag bereits zur Klärung der Vorgehensweise genutzt wurde, sah sich enttäuscht. Erst mit dem 29. März wurde der Startschuss für die Austrittsverhandlungen gegeben – der konkrete Beginn der Verhandlungen wird von Experten eher ab Mai erwartet. Und dann steht allen mit der Sache vertrauten Volksvertretern ein wahrer Verhandlungsmarathon ins Haus: Da die Regelungen noch den Parlamenten vorzulegen sind, geht man von rund 18 Monaten Verhandlungsdauer aus. Bedeutet, im Durchschnitt wären pro Tag 50 Gesetze zu bearbeiten! Wie harmonisch oder konfrontativ diese Verhandlungen verlaufen werden, ist derzeit schwer absehbar. Wie bei jeder Scheidung scheint auch der Brexit immer wieder zwischen „Wir können ja Freunde bleiben“ und „Rosenkrieg“ hin und her zu schwanken.
Auswirkungen des Brexits auf die Golfszene
Nun könnte man diese Entwicklung als eine politische Entwicklung abtun, die sich auf die Golfszene nur begrenzt auswirken wird. Und mancher Golf-Tourist hat in den vergangenen Monaten gar von den ersten Folgen des Brexits profitiert, da der Wechselkurs des britischen Pfunds deutlich nachgab und Reisen auf die Insel somit günstiger wurden – auch die Greenfees wurden de facto um rund 15 Prozent günstiger. Manche Spezial-Reiseveranstalter für Großbritannien sprechen beim Brexit bereits von einer Werbekampagne wider Willen. Ob dies jedoch so bleibt, ist derzeit ungewiss, denn mit dem Austritt der Briten aus der EU droht die Gefahr protektionistischer Maßnahmen, beispielsweise durch Steuern und Zölle. Und auch die Einreisebestimmungen für EU-Bürger nach Großbritannien sind längst noch nicht definiert. Wobei, wer zählt nach dem Brexit überhaupt noch zu Großbritannien? Die schottische Premierministerin Nicola Sturgeon hat am 31. März bei der britischen Premierministerin Theresa May offiziell einen Antrag auf ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum gestellt. Geplanter Termin: zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019. Und auch in Nordirland wächst der Unmut über den Brexit, zahlreiche Nordiren haben bereits einen irischen Pass beantragt.
Für die Golfbranche wie für alle anderen Branchen gilt daher aktuell: Wir wissen, dass wir nichts wissen! Dabei drohen gerade der Golfindustrie umfangreiche Folgen: Viele Ausrüster haben ihre Europazentrale in Großbritannien, nach dem Brexit könnten Einfuhrzölle in die EU die Kosten erhöhen – was dann entweder zu sinkenden Margen im Vertrieb oder zu steigenden Preisen für den Verbraucher führt. Aber auch in den Golfclubs werden die Auswirkungen zu spüren sein, gibt es doch gerade in den Bereichen Greenkeeping, Clubmanagement und Teaching Pros viele Mitarbeiter, die im Rahmen der Freizügigkeit der Arbeitsplatzwahl innerhalb der EU ihre Zelte dies- oder jenseits des Ärmelkanals aufgeschlagen haben.
Wenn man sich jedoch in den Unternehmen, Golfclubs und bei den Mitarbeitern umhört, herrscht vor allem auf der Insel großes Rätselraten bei der Frage, wie es denn nun konkret weitergehen solle. Die beiden nächsten Jahre werden also auch für die Golfindustrie spannend werden – der Brexit betrifft weit mehr als den Bankensektor!
Die Rückkehr der Open nach Nordirland
Die Nachricht vom Brexit fällt damit just in eine Zeit, in der eine britische Institution der globalen Golfwelt mit positiven Schlagzeilen aufwarten kann. Nein, die Rede ist hier nicht davon, dass die Mitglieder des Muirfield Golf Clubs im 21. Jahrhundert angekommen sind und nach langem Hin und Her nun tatsächlich auch Frauen als Mitglieder zulassen und so gerade noch einen Wechsel in die Reihe der passiven Rota-Clubs verhindern konnten. Die positiven Nachrichten kommen aus Nordirland. Erstmals seit 1951 wird die Open Championship 2019 wieder im traditionsreichen Royal Portrush Golf Club ausgetragen. Über 50 Jahre lang wechselten die Austragungsorte dieses ältesten Major-Turniers ausschließlich zwischen schottischen und englischen Golfanlagen. Interessante Fußnote: Bis heute hat es keine Golfanlage aus Wales, das natürlich ebenfalls zu Großbritannien zählt, in die Rota der Open-Austragungsorte geschafft – anders als beim Ryder Cup, der 2010 im Celtic Manor Resort ausgetragen wurde. Die Rückkehr der Open nach Nordirland ist nicht zuletzt für die Nordiren ein großartiges Event und wird dort mit großer Begeisterung aufgenommen. Auch die Stadt Portrush mit ihren gut 6.000 Einwohnern sowie das gesamte County Antrim bereiten sich intensiv auf dieses Großereignis vor, wovon zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen im Nordosten der Insel zeugen. Auch wenn die letzte Open mehr als 50 Jahre zurück liegt: Portrush selbst bezeichnet sich als „Major Golf Capital of the World“, kommen mit Fred Daly (Open Championship 1947), Graeme McDowell (US Open 2010) und Darren Clarke (Open Championship 2011) gleich drei Major-Sieger von hier.
Doch nach aktuellem Stand wird die Open Championship 2019 nicht nur die erste dieses Jahrhunderts sein, die in Nordirland ausgetragen wird, sondern es wird wohl auch die erste Open Championship nach dem Brexit werden. Die Anlage blickt auf eine lange Tradition zurück: Die Gründung erfolgte bereits 1888. Heute umfasst die Anlage zwei 18-Löcher-Plätze, den gerne als „Hidden Gem“ bezeichneten Valley Course und der Champion-Course namens Dunluce Course. Letzterer wurde 1929 von keinem Geringeren als Harry Colt designt, bereits ein Jahr später wurde hier die Irish Open Championship ausgetragen. Die Open Championship 1951 bildete einen vorläufigen Höhepunkt. Es dauerte einige Jahrzehnte – die politischen Verhältnisse in Nordirland mögen ihren Anteil an dieser Entwicklung gehabt haben – bis 1995 mit der Senior British Open das große Profigolf nach Portrush zurückkehrte. 2012 schließlich war Royal Portrush Austragungsort der Irish Open. Anlässlich der Open 2019 wird der Platz nochmals umgebaut: Man war zu der Erkenntnis gelangt, dass die beiden Schlussbahnen nicht dem Anspruch der übrigen 16 Bahnen genügten. Zuständig für das Redesign sind die international hoch geschätzten Tom Mackenzie & Martin Ebert, die bereits andere Open-Austragungsorte wie Royal Troon und Royal St. George’s modernisiert haben. Die neuen Bahnen werden sich als Bahn 7 und 8 in das Layout des Dunluce Courses einfügen.
Autor: Michael Althoff | golfmanager 02/2017
Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch das Interview mit Wilma Erskine, Secretary/Manager des Royal Portrush GC ...
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