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Ausbaufähige Datenbasis

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Die gute Nachricht lautet: die Anzahl der Mitgliedschaften in Deutschland wächst weiter, der Markt hat auch in 2022 zugelegt. Das Wachstum kommt dabei vor allem aus der jüngeren Bevölkerung, während bei den Best Agern nur noch ein unterproportionaler Zuwachs erreicht wurde. Doch bei aller Freude über diese schöne Entwicklung: Über den Zustand der deutschen Golfbranche, insbesondere der Golfanlagen vor Ort, sagen diese Zahlen wenig aus. Klar ist, dass mehr Mitglieder den Anlagen höhere Erträge ins Haus bringen können. Doch längst gibt es in Deutschland nicht mehr nur die Vollmitgliedschaft von Montag bis Sonntag, sondern zahlreiche weitere Mitgliedschaftsmodelle. Dazu zählen nicht nur die gerne und intensiv diskutierten Fernmitgliedschaften, sondern auch besondere Mitgliedschaften für spezielle Altersgruppen wie Jugendliche, junge Erwachsene oder eben auch Senioren. Auch die Spielfrequenz wird mancherorts berücksichtigt und es gibt Mitgliedschaftsmodelle, die nur ein freies Spiel unter der Woche beinhalten. Daher wäre es sicherlich äußerst interessant, auch die wirtschaftlichen Dimensionen der Mitgliederzahlen näher zu beleuchten. Doch weder zu dieser Segmentierung, noch zur Preisentwicklung bei den Mitgliedschaften insgesamt sagen die Daten des Deutschen Golf Verbandes (DGV) etwas aus.

 

Aus zahlreichen anderen europäischen Ländern und insbesondere den USA weiß man zudem, dass sich dort während Corona nicht nur die Anzahl der organisierten Golfer positiv entwickelt hat, sondern auch die Spielfrequenz der Golfer teils deutlich höher ist als vor der Pandemie. Doch genau dazu gibt es ebenfalls keine belastbaren Zahlen im Rahmen der jährlichen Statistiken. Unsere europäischen Nachbarn, beispielsweise Schweden und die Niederlande, verfügen hier auf Verbandsebene über detaillierte Informationen. Für Deutschland kommt erschwerend hinzu, dass im Zuge der Lockerung der Corona-Maßnahmen viele Anlagen vor allem bei ihren Mitgliedern wieder zum Startzeiten-freien Spiel zurückgekehrt sind – und auch eine Registrierung der Mitglieder vor Rundenbeginn inklusive Erfassung im System ist längst nicht flächendeckend sichergestellt. Noch deutlicher wird dies in einem anderen Segment: den Gastspielern. Gerade in touristisch geprägten Regionen sind diese – sei es als Tagesgast oder in Verbindung mit einem Hotel auf oder neben der Golfanlage – ein wichtiger Bestandteil des Golfmarktes. Gerade in Zeiten von Corona wäre daher höchst interessant zu wissen, ob zusätzliche Mitglieder mit einem Rückgang von Gastspielern einhergingen. Auch die Frage, in welchem Umfang Gastspieler zum vollen oder zum reduzierten Greenfee abschlagen (sei es aufgrund der Nutzung eines Discount-Systems oder aufgrund von bilateralen Clubvereinbarungen), ist aus wirtschaftlicher Sicht wichtig. Interessant wäre sicherlich auch, in welchem Umfang neue Golfer aus dem Kreis der nicht organisierten Golfer stammen oder ganz neu für den Sport gewonnen werden konnten. Und die am Ende des Tages entscheidende Frage, nämlich die nach dem wirtschaftlichen Erfolg einer Golfanlage, bleibt ebenfalls unbeantwortet.

 

Nun betont der DGV gerne, dass er in erster Linie Sportverband und eben nicht Wirtschaftsverband sei. Das ist legitim, löst aber die Herausforderungen der Branche nicht. Gerade in Hinblick auf die eher ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit Mitte des letzten Jahres wären nicht zuletzt wirtschaftliche Daten für die einzelnen Golfanlagen nicht nur hilfreich, sondern teilweise sogar überlebensnotwendig. Dabei ist auch die heterogene Struktur des deutschen Golfmarktes mit seiner Mischung aus Betreiber-geführten Anlagen und Mitgliederclubs zu beachten. Bei Betreiber-Anlagen gibt es seit längerem regelmäßig Informationen über die wirtschaftliche Seite des Anlagenbetriebs – aber eben nicht für die gesamte Golfbranche. Auch einzelne Betriebsvergleiche leiden darunter, dass nicht die gesamte Branche teilnimmt.

 

Die reine Fokussierung auf Mitgliederzahlen ähnelt dem alten BWLer Witz, wonach der Kaufmann am Tagesende in die Kasse schaut und den erzielten Umsatz als Gewinn ansieht. Vor allem die galoppierende Inflation und die Kostensteigerungen auf den Anlagen werden die betriebswirtschaftliche, erfolgsorientierte Führung von Golf­anlagen wieder stärker in den Blickpunkt rücken. Dazu bedarf es nicht nur entsprechend qualifizierter Führungskräfte und Mitarbeiter, sondern zusätzlich einer soliden, belastbaren Datenbasis. Damit aber eine solche, landesweite Erhebung überhaupt möglich ist, benötigt die Branche klare Regeln, welche Daten nach welchem Konzept erfasst werden. Im europäischen Ausland wurde dies vielfach erkannt und gehandelt – hier gibt es, oft über den Verband für die gesamte Branche organisiert, landesweite Datenerhebungen, auf deren Grundlage die einzelnen Anlagen sich selbst mit anonymisierten Branchendaten vergleichen können – nicht nur insgesamt, sondern zum Teil auch differenziert nach Betriebstyp einer Anlage oder nach der Art des Platzes, also beispielsweise Links Course oder Parkland Course oder differenziert nach Resort und Einzelplatz.

 

Neben den Wirtschaftsdaten sind Informationen zur Kundenzufriedenheit auf den Anlagen wichtige Indikatoren. Die Grundlage für eine solche Datenerhebung und -auswertung hat der DGV mit seiner Partnerschaft mit Players1st seit längerem geschaffen – aber wie zu vernehmen ist, besteht durchaus noch Potenzial bei der Anzahl der teilnehmenden Anlagen. Dabei wäre es sowohl für Neumitglieder, als auch für bestehende Mitglieder sowie auch für ausgeschiedene Mitglieder wichtig, diese regelmäßig zu ihrer Zufriedenheit mit dem gebotenen Produkt und Service zu befragen – und auch hier den Anlagen bundesweit Vergleichsdaten zur Verfügung zu stellen.

 

Ob eine solche Erhebung unter dem Dach des DGV erfolgt oder über eine andere Stelle, ist abzustimmen. Entscheidend ist, dass solche Daten den Führungskräften auf den Anlagen vor Ort künftig zur Verfügung stehen, damit diese sich mit dem Wettbewerb vergleichen können. In zahlreichen anderen Ländern hat es sich bewährt, dass der nationale Verband – obwohl auch dort primär auf Sport fokussiert – eine Koordinationsfunktion übernimmt. Einen Versuch wäre es daher sicherlich auch in Deutschland wert.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 1/2023

 

 

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