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Positive Mitgliederentwicklung im Golf setzt sich fort

Kein Boom, aber solides Wachstum

Mit Spannung wurden die Zahlen des Deutschen Golf Verbandes (DGV) zur Mitgliederentwicklung im abgelaufenen Kalenderjahr erwartet. Nun liegen sie vor – und melden erneut einen Zuwachs bei den DGV-registrierten Mitgliedschaften in Deutschland. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Anzahl der Mitgliedschaften um 1,3% auf insgesamt 682.942 Golfer. Das ist zwar kein Boom, aber solides Wachstum. In 2022 wurde immerhin die dritthöchste Steigerung der letzten 10 Jahre erreicht, in absoluten Zahlen ist die Zunahme um 8.959 Mitgliedschaften sogar der zweitgrößte Zuwachs der letzten zehn Jahre nach dem Rekordjahr 2021. Die Sorge, dass aufgrund der zunehmenden Aufhebung der Corona-Beschränkungen im vergangenen Jahr mehr Golfer dem Sport den Rücken gekehrt hätten, als Neugolfer gewonnen werden konnten, hat sich somit nicht bestätigt. Dennoch zeigt ein Blick in die Details manch interessante Entwicklung.

Interessant ist zunächst die Entwicklung nach Altersgruppen. Hier gilt insgesamt: Golf ist 2022 jünger geworden. In nahezu allen Altersgruppen bis 40 Jahre ist ein Mitgliederwachstum zu verzeichnen, lediglich bei den 7- bis 14-Jährigen gab es einen minimalen Rückgang um 0,19% gegenüber dem Vorjahr (minus 45 Mitglieder). Erfreulich ist das starke Wachstum bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen: Wie Tabelle 1 zeigt, wurde in der Gruppe der 27 bis 35-Jährigen mit einem Plus von 7,30% gegenüber 2021 der größte Zuwachs erzielt, auch die Altersgruppen der 19 und 20-Jährigen sowie 21- bis 26-Jährigen konnten um 6,06% beziehungsweise 5,95% zulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in den Jahren 2013 und 2014 die Anzahl der 7- bis 14-Jährigen Golfer besonders hoch war – und diese Golfer nun in die genannten Wachstumsgruppen beim Alter hineingewachsen sind.

Das deutet darauf hin, dass sich Investitionen in Kinder und Jugendliche tatsächlich später bei der Mitgliederentwicklung auszahlen. Etwas überraschend mag der Rückgang der Mitgliedschaften in der Altersgruppe der 41- bis 50- sowie 51- bis 55-Jährigen sein, die um 2,74% respektive 2,79% sanken. Das Wachstum bei den 56- bis 60-Jährigen von 5,15% lässt allerdings vermuten, dass es auch hier teilweise schlicht zu Verlagerungen zwischen den verschiedenen Altersgruppen gekommen ist. 

Auffällig ist das vergleichsweise geringe Wachstum bei den Best Agern: mit 1,13% lag die Zunahme bei den über 60-Jährigen unter dem Gesamtwachstum von 1,33%. Die unterschiedliche Entwicklung in den verschiedenen Altersgruppen hat auch zu einer Verschiebung beim Anteil der jeweiligen Altersgruppen am Gesamtmarkt geführt. Tabelle 2 zeigt, dass die jungen Golfer insgesamt an Bedeutung gewonnen haben, während der Anteil der älteren Golfer (mit Ausnahme der 56- bis 60-Jährigen) leicht rückläufig ist. Besonders erfreulich ist, dass bei den Golfern bis 18 Jahre der von 2013 bis 2019 zu beobachtende Negativtrend nachhaltig umgekehrt wurde und im dritten Jahr in Folge ein Wachstum erzielt wurde.

Interessant ist auch ein Blick auf die Verteilung nach männlichen und weiblichen Golfern sowie deren Alter. Tabelle 3 verdeutlicht, dass im Durchschnitt weibliche Golferinnen älter sind. Während bei den Männern insgesamt 64,15% aller Golfer älter als 50 Jahre sind, liegt der Anteil dieser Altersgruppen bei den Damen gar bei 72,41%. Während bei Kindern und Jugendlichen das Verhältnis annähernd ausgeglichen ist, sind bei den Männern die Altersgruppen der 21 bis 40-Jährigen deutlich stärker vertreten als bei den Damen. Insgesamt lag der Anteil weiblicher Golfer an den Mitgliedschaften in 2022 bei 35,80% gegenüber 35,93% im Vorjahr: einer Zunahme von 6.651 Golfern bei den Herren steht ein Wachstum von 2.308 Golferinnen bei den Damen gegenüber.

Auch regional zeigten sich in 2022 teils stark unterschiedliche Entwicklungen. Insgesamt vier Landesgolfverbände (LGVs) meldeten eine unterdurchschnittliche Mitgliederentwicklung, der Rest lag über dem Bundesdurchschnitt. Überraschend dürfte sicher sein, dass Bayern als einziger Landesverband Mitglieder eingebüßt hat, hier gingen die Mitgliedschaften um 0,53% zurück, wie Tabelle 4 zeigt. Dennoch bleibt Bayern mitgliederstärkster Landesverband, allerdings schmolz der Abstand zu Nordrhein-Westfalen auf gerade einmal 1.017 Mitglieder zusammen. Am stärksten war das Wachstum in den Landesverbänden von Mecklenburg-Vorpommern (+4,07%) sowie Sachsen/Thüringen (+9,14%), allerdings bei insgesamt eher geringer Anzahl der Mitgliedschaften absolut. Zudem wird für beide Regionen in der Branche oft angeführt, dass hier der Anteil der Fernmitglieder besonders stark sei – ob somit das Wachstum auch in gespielten Runden bei den Clubs vor Ort ankommt, kann anhand der Zahlen nicht beurteilt werden.

Auch unter den Mitglieder-stärkeren Landesverbänden gab es überproportionale Zuwächse, Hessen meldete beispielsweise ein Wachstum um 3,12%. Die VcG wuchs erneut überdurchschnittlich und konnte ihre Mitgliederzahl um 5,26% steigern – für die weitere Unterstützung der beiden von der VcG unterstützten Profiturniere eine beruhigende Entwicklung.

 

Spannend ist ein Blick auf die Größenverhältnisse der Landesverbände: Hier zeigt sich, dass die drei größten Landesverbände mehr als 50% aller Mitgliedschaften auf sich vereinen. Die drei kleinsten Landesverbände kommen zusammen hingegen noch nicht einmal auf 5% der Mitgliedschaften. Man sollte daher durchaus darüber nachdenken, ob Landesverbände primär nach geopolitischen Kriterien oder nach Mitgliederstärken ausgerichtet werden sollten. Setzt man die Anzahl der Mitgliedschaften zur Einwohnerzahl je Bundesland ins Verhältnis, erhält man eine „Durchdringungsquote“ (Destatis weist die Einwohnerzahl stets erst Mitte des Folgejahres aus, daher wurden hier die Zahlen für 2021 herangezogen).

Wie Tabelle 5 zeigt, liegt dieser Wert im Bundesdurchschnitt bei rund 0,79%. Am geringsten ist die Durchdringung in den eher kleinen Landesverbänden, Sachsen-Anhalt kommt hier auf einen Wert von 0,10%. Der zweitgrößte Landesverband, Nordrhein-Westfalen, belegt aufgrund der hohen Einwohnerzahl in diesem Ranking einen Platz im Mittelfeld, während Bayern mit 1,09% über Bundesdurchschnitt performt. Am höchsten ist die Quote in Schleswig-Holstein und liegt mit 1,84% um mehr als das 2,3-fache über Bundesdurchschnitt. Starke Unterschiede gibt es bei der Entwicklung der Mitgliederzahlen nach Altersgruppen je Landesverband. Hier ist die Feststellung zu treffen, dass unter den großen Landesverbänden Bayern am stärksten in der Gruppe der Golfer bis 20 Jahren zulegte, aber umgekehrt überproportional bei den 41- bis 60-Jährigen und den Golfern ab 61 Jahren verlor.

Baden-Württemberg büßte dagegen bei den jungen Golfern ein, wuchs dafür jedoch bei den 21- bis 40-Jährigen besonders stark. Nordrhein-Westfalen zeigt ein uneinheitliches Bild: Am stärksten wuchs die Anzahl der Golfer zwischen 21 und 40 Jahren, während bei den Golfern ab 61 Jahren ein Rückgang gemeldet wurde. Insgesamt kommt Bayern bei den Golfern bis 20 Jahren auf einen Anteil von 21,77% der bundesweiten Golfer dieser Altersgruppe. Nordrhein-Westfalen als zweitgrößter Landesverband hat hingegen den bundesweit größten Anteil an Golfern ab 61 Jahren mit 22,24% der Golfer dieser Altersgruppe.

 

Auch bei der Anzahl der Golfanlagen gibt es positive Nachrichten: Sie wuchs gegenüber dem Vorjahr um neun Anlagen auf nunmehr 729. Ausgehend von 682.942 Golfern in 2022 liegt der Durchschnitt an Mitgliedschaften pro Anlage somit bei 936,82 – gegenüber dem Vorjahr ein nahezu konstanter Wert (936,09), da die Anzahl der Anlagen ungefähr parallel zur Mitgliederentwicklung stieg. Bei der Zählung der Golfanlagen unterscheidet der DGV nach Anlagen mit 9 Löchern (6 bis 12 Bahnen mit Course Rating), 18 Löchern (13 bis 21 Bahnen mit Course Rating) sowie 27 Löchern (22 und mehr Bahnen mit Course Rating). Setzt man für die jeweiligen Anlagen den Mittelwert von 9, 18 und 27 Bahnen an, ergeben sich somit insgesamt 1.446 9-Bahnen-Loops in Deutschland, verteilt auf 729 Anlagen. Verteilt man die Anzahl Gesamtmitgliedschaften auf die Anzahl der 9-Bahnen-Loops, ergeben sich somit im statistischen Mittel 472,30 Golfer pro Loop. Vergleicht man diesen Wert mit dem Maximal-Kontingent an DGV-Ausweisen von 700 Ausweisen pro 9 Bahnen, ergibt sich aktuell eine Auslastung von 67,47%. Es dürfte somit noch einige Zeit vergehen, bis flächendeckend alle Anlagen die ihnen zur Verfügung stehenden Ausweiskontingente ausschöpfen – anders formuliert: Auch in Zukunft wird es sicherlich weiterhin Anlagen geben, welche ein so großes Restkontingent bei den Ausweisen haben, dass sie weiterhin Fernmitgliedschaften anbieten werden. Die Regionalkennzeichnung bleibt damit auf absehbare Zeit ein wichtiges Instrument im Rahmen der Preisdifferenzierung. Allerdings zeigen Beispiele aus europäischen Nachbarländern, dass die Unterscheidung zwischen Fernmitglied und lokalem Mitglied dort auf Landesebene kaum noch berücksichtigt wird: Gerade in den Niederlanden liegt der Anteil der Club-ungebundenen Golfmitgliedschaften bei rund 50 Prozent. Dennoch differenzieren dort selbst die meisten traditionellen Golfanlagen beim Preis nur zwischen Golfern, die Mitglied des nationalen Verbandes sind (gleich, ob über einen Club vor Ort oder ohne Clubbindung) und Gästen. Gäste in Mitgliederbegleitung erhalten dort meist eine Ermäßigung. Es ist daher davon auszugehen, dass das vielfach diskutierte Thema der Fernmitgliedschaft versus lokaler Mitgliedschaft in Deutschland noch zu mancher, teils emotionaler Diskussion führen wird.

 

Fazit

Die Mitgliederzahlen des DGV für 2022 zeigen, dass sich der positive Trend des Golfsports in Deutschland weiter fortsetzt – auch, wenn das hohe Wachstum des Vorjahres dieses Mal nicht mehr erreicht wurde. Besonders erfreulich ist dabei, dass die Entwicklung entgegen der demographischen Entwicklung verläuft und der Anteil der jüngeren Golfer – nicht nur bei Kindern und Jugendlichen, sondern auch bei jungen Erwachsenen – überproportional zunahm. Doch bei aller Freude über diese Entwicklung sollte man bei der Interpretation die Rahmenbedingungen nicht vergessen: Auch in 2022 gab es teilweise noch Pandemie-bedingte Restriktionen, vor allem zu Jahresbeginn. Bleibt die Frage, wie krisenfest der deutsche Golfsport sich erweist – denn die Auswirkungen der hohen Inflation und auch der für dieses Jahr von zahlreichen Wirtschaftsforschern erwarteten Rezession werden sich erst in den Jahren 2023 und 2024 widerspiegeln. Dennoch: Per Ende 2022 lag die Anzahl der Golf-Mitgliedschaften in Deutschland mit 682.942 insgesamt 40.265 über dem Wert des Vor-Pandemie-Jahres 2019, ein Plus von 5,9%. Damit das aktuelle Niveau langfristig gehalten werden kann, gilt es, nicht nur in 2023, sondern langfristig neben der Mitgliedergewinnung der Mitgliederbindung besonderes Augenmerk zu schenken. Dabei kommt dem Thema „Mitarbeiter und Kundenerlebnis“ eine entscheidende Bedeutung zu, denn nur mit quantitativ und qualitativ ausreichender Belegschaft wird es möglich sein, in Kombination mit Digitalisierung und teils neuen Prozessen und Angeboten sowohl langjährige Golfer, als auch Neugolfer zu binden. Zudem stellen die aktuellen Kostensteigerungen Golfanlagen vor zusätzliche Herausforderungen. Ob das Wachstum der letzten drei Jahre den Lackmustest aus Inflation und möglicher Rezession besteht, werden die Zahlen der kommenden Jahre zeigen.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 1/2023

 

Bei Interesse lesen Sie einen Kommentar unseres Autors Michael Althoff zu diesem Thema HIER.

 

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