Login

Chance für eine neue Golf-Generation?

Das World-Handicap-System ab 2021

Seit 2021 gilt in Deutschland das World-Handicap-System (WHS) und löst damit das bisherige Handicap-System nach EGA (European Golf Association) ab. Dadurch ändert sich einiges. Die alte Zähl-Denkweise wird auf den Kopf gestellt und erfordert ein Umdenken bei allen Golferinnen und Golfern. Aber es lohnt sich. Mit dem WHS wird Golf attraktiver: einfacher, fairer, nachvollziehbarer. Das Wesen des Handicap-Systems ist nun auch für Nicht-Golfer in kurzer Zeit verständlich. Damit birgt das WHS die Chance, das Golfspiel für eine neue Golf-Generation zu begeistern.

 

Auf den ersten Blick wirkt das WHS kompliziert. Formeln mit neuen Begriffen schrecken eher ab und der Gesamtzusammenhang scheint sich nicht einfach zu erschließen. Ist man gedanklich noch dem alten EGA-System verhaftet, läuft man schnell Gefahr, falsche Schlussfolgerungen zu ziehen. Am besten ist es daher, sämtliches altes Wissen über Bord zu werfen und sich von Grund auf neu auf das WHS einzulassen. 

 

Der Kern des WHS

Vereinfacht formuliert entspricht das Handicap im WHS der im Durchschnitt erspielten Differenz der Spielergebnisse zum Platzstandard. 

 

Beispiel: Nehmen wir an, es handelt sich um einen Muster-Golfplatz mit Par 72 mit Standard-Course- und Slope-Rating. Wenn ein Spieler das Turnier mit 90 (zu wertenden) Schlägen beendet, hat er 18 Schläge über Par benötigt (90 Schläge abzüglich Platzstandard von 72). Damit wäre +18 sein Handicap. Im Prinzip ist diese Berechnung einfach. Wir kennen diese Zählweise bereits von den Profi-Turnieren auf der europäischen oder amerikanischen LPGA oder PGA-Tour. 

 

Anders als bei den Profis spielen bei Amateur-Turnieren jedoch weitere Faktoren eine Rolle, die Einfluss auf das Handicap haben. Da der Amateur viel seltener spielt, kann der Leistungsunterschied zwischen Turnieren 10 oder mehr Schläge betragen – wie ist dann ein realistisches Handicap abbildbar? Zudem sind die Platzverhältnisse oft unterschiedlich und mit denen auf den Pro-Touren nicht vergleichbar. Darüber hinaus ist der Unterschied der Scoring-Fähigkeit eines Spielers je nach Leistungsniveau verschieden: Der gleiche Platz kann für einen Bogey-Spieler mit einem Handicap von 18, mehr als 18 Schläge schwerer sein als für einen Scratch-Spieler mit Handicap 0. Deshalb bleiben das Course- und Slope-Rating auch im WHS zentrale Elemente zur Bestimmung des Handicaps. 

 

Soll das Handicap folglich das tatsächliche Spielvermögen eines Spielers wiedergeben, sind diese Faktoren zu berücksichtigen, wodurch die Berechnung ein wenig an Komplexität zunimmt. Insgesamt bleibt das WHS jedoch ein einfaches und praktikables System zur Vergleichbarkeit von Spielerleistungen, um das uns viele Sportler anderer Disziplinen beneiden. 

 

Bei der Einführung des WHS ist das alte Handicap jedes Spielers vom DGV in den sogenannten World-Handicap-Index (WHI) umgerechnet worden (anstelle WHI wird auch nur vom Handicap-Index (HCPI) gesprochen). Diese Umrechnung ist auf der Grundlage historischer Spielergebnisse individuell für jeden Spieler durchgeführt worden. Die Umrechnung erfolgte nach der gleichen Logik, wie sich auch zukünftig der persönliche HCPI berechnet. 

 

Unterschiede zwischen den -Handicapsystemen WHS und EGA

Das WHS entspricht dem Wunsch der Golfspieler nach einem weltweit einheitlichen Handicap-System. Zum ersten Mal sind dadurch Spielergebnisse weltweit tatsächlich vergleichbar, egal in welchem Land und auf welchem Golfplatz sie erzielt worden sind. Gratulation an den DGV.

 

Vorteile des WHS

Das WHS ist im Vergleich zum bisherigen System der European Golf Association (EGA) einfacher, fairer und nachvollziehbarer. Das Handicap nach WHS ist ein gleitender Durchschnittswert, schwankt daher wenig und ist nicht so stark vom letzten Spielergebnis bzw. der Tagesform abhängig wie es im alten EGA-System der Fall war. Es berechnet sich zu gleichen Teilen aus den besten 8 der letzten 20 Spielergebnisse. Schlechte Runden haben daher nur wenig oder keinen Einfluss auf das Handicap, gute Runden jedoch sehr wohl. Das heißt, selbst wenn einmal ein oder auch mehrere Spielergebnisse schlecht ausfallen – der HCPI muss sich deshalb nicht verschlechtern. Dieser Umstand soll helfen – so die Hoffnung – den Respekt oder gar die Angst vor vorgabewirksamen Turnieren zu nehmen und damit die Beteiligung an Turnieren zu erhöhen.

 

Eine weitere Verbesserung im Vergleich zum EGA-System betrifft den Einfluss des Spielergebnisses auf das Handicap. Im WHS ist der Einfluss stets identisch und wird nach der gleichen Formel berechnet, unabhängig von einer Handicap-Klasse bzw. vom bisherigen Handicap wie im EGA-System. Im WHS wird lediglich unterschieden, ob ein Einfluss existiert (wenn das Spielergebnis zu einem der besten 8 der letzten 20 Spielergebnisse zählt) oder nicht.

 

Entsprechend sind auch die Auswirkungen eines Spielergebnisses auf den HCPI aufgrund der fehlenden Handicap-Klassen vom Niveau des Handicaps losgelöst. Ebenso ist es im WHS egal, in welchem Umfang das Spielergebnis vom HCPI abweicht, eine Pufferzone gibt es nicht mehr.

 

Einzel-Zählspiele sind stets vorgabewirksam 

Die große Angst vieler Golfspielerinnen und Golfspieler im EGA-System war stets, dass sich das mühsam erkämpfte Handicap bei einer schlechten Golfrunde verschlechtert. Deshalb wurden häufig nur ausgewählte vorgabewirksame Turniere gespielt. Genau das soll durch das WHS vermieden werden: Alle Turniere, die zwischen Mai und September als Einzel-Zählspiele durchgeführt werden, müssen stets vorgabewirksam ausgetragen werden (man bezeichnet diese Turniere auch als „Handicap-relevant“). Ein „normales“ Nicht-Handicap-relevantes Turnier kann daher in diesem Zeitraum nicht mehr ausgerichtet werden. Als Nicht-Handicap-relevante Turniere sind ausschließlich andere Spielformen zugelassen (Sonder- und Teamspiele wie Vierer, Scramble etc.). 

 

Damen-, Herren- und Seniorengolf-Captains, die hin und wieder Nicht-Handicap-relevante Turniere im Turnierplan vorgesehen haben, müssen nun umdenken und werden wahrscheinlich mit einiger Kritik ihrer Mitglieder konfrontiert. Mit der Zeit sollte das Vertrauen in das WHS jedoch so weit erfüllt sein, dass es für jeden Golfer ganz normal ist, während der Saison stets Handicap-relevant zu spielen. Schließlich führen schlechte Spielergebnisse im WHS nur zu einem sehr geringen Teil – wenn überhaupt – zu einer Verschlechterung des HCPI. Noch selbstverständlicher wäre eine Handicap-relevante Golfrunde nur dann, wenn tatsächlich jede private Runde auch ohne vorherige Anmeldung handicap-relevant gezählt werden würde. Möglicherweise ist man diesen Schritt bislang nicht gegangen, da man befürchtet, dass eine Kontrolle dieser eingereichten Spielergebnisse nur schwer möglich ist und man keinerlei Spielraum für Manipulation geben möchte.


Was es im WHS nicht mehr gibt: Unterschiede zum EGA-System

Keine Stableford-Zählung: Die Zählung nach Stableford sowie die Bezeichnung „erspielte-/ Stableford-Nettopunkte“ gibt es in der Handicap-Administration im WHS nicht mehr. Für die Handicap-Index-Berechnung werden alle Ergebnisse, egal ob nach Stableford gespielt, oder als Zählspiel, in ein „gewertetes Bruttoergebnis“ umgewandelt. Hierfür wird für jedes Lochergebnis ein maximaler Schlagwert ermittelt, der immer dann genutzt wird, wenn das tatsächlich erspielte Ergebnis entweder höher lag als dieser Wert, oder im Falle von Stableford, kein Lochergebnis vorliegt (Strich). Dieser Maximalwert pro Loch ergibt sich durch das Course-Handicap, dem Par des Lochs plus 2 weiteren Schlägen (Doppelbogey) und wird auch Netto-Doppelbogey genannt.

 

Keine Handicap-Klassen: „Handicap-Klassen“, die u.a. den möglichen Umfang der Verbesserung oder Verschlechterung durch ein Spielergebnis definieren, gibt es im WHS nicht mehr. 

 

Keine Pufferzonen: Im WHS ist der Einfluss des Spielergebnisses auf das Handicap von dessen Niveau unabhängig. „Pufferzonen“, die im EGA-System je nach Handicap-Klasse darüber entscheiden, ob ein schlechtes Spielergebnis das Handicap verändert, gibt es nicht mehr. Ein Spielergebnis im WHS verändert den HCPI immer dann, wenn es zu den besten 8 der letzten 20 erzielten Ergebnisse zählt.


Der Weg zum persönlichen WHI

Das Course- und Playing-Handicap

Wie auch bisher ist es für jeden Amateur sinnvoll, vor einem Turnier in Erfahrung zu bringen, mit welchem Handicap man auf einem bestimmten Platz spielt: das persönliche Course-Handicap auf einem bestimmten Platz. Je schwerer der Platz, desto höher ist das Course-Handicap und desto mehr Schläge darf man sich bei gleichem HCPI erlauben. Folglich ist der Blick auf die Tabelle mit dem Course-Handicap wichtig – sie ist praktisch identisch zur ehemaligen Vorgabentabelle und hängt in jedem Golfclub aus.

 

Das Course-Handicap entspricht einer „SOLL-Vorgabe“ eines Spielers mit einem definierten HCPI für einen bestimmten Platz, die besagt, wie viele Schläge ein Spieler mit einem bestimmten HCPI im Durchschnitt benötigt, den jeweiligen Platz zu spielen. Wird ein Turnier mit weniger (gewerteten) Schlägen beendet, als es das Course Handicap angibt, kommt es in der Regel zu einer HCPI-Verbesserung. 

 

Bei der Berechnung des Course-Handicaps wird der Schwierigkeitsgrad eines Platzes durch das Course- und Slope-Rating berücksichtigt (Tabelle 1). Es unterscheidet sich nach Abschlag/TEE (weiß, gelb, rot, blau) und nach der Anzahl der zu spielenden Löcher (9; 18).

 

Beispiel: Ist die Anzahl der Schläge eines Spielers geringer als das Course-Handicap, verbessert er sich in der Regel. Umgekehrt ist das eher selten der Fall, weil schlechtere Ergebnisse oftmals nicht zu den besten 8 gehören werden. Handelt es sich um einen durchschnittlich schweren Platz (SR=113; CR=PAR) und hat ein Spieler ein HCPI von 20, dann ist das Course-Handicap ebenfalls 20. Ist der Platz schwerer, ist das Course-Handicap höher und umgekehrt.


Definition Course Rating (CR): Anzahl der Schläge, die ein Scratch-Golfer (Hcp 0) bei normalem Platzzustand und Wetterbedingungen auf dem Platz benötigt (Angabe mit einer Stelle nach dem Komma).

Beispiel: Ist das CR identisch zum PAR des Platzes (z.B. 72 oder 71), ist der Platz für den HCPI-0-Golfer durchschnittlich schwer.

 

Definition Slope Rating (SR): Wert, der angibt, wie schwer ein Platz für einen Bogey-Golfer im Vergleich zu einem Scratch-Golfer ist. Je höher das SR, desto zunehmend schwerer ist ein Platz für Spieler mit zunehmend höherem Hcp. Der Slope-Wert ist ein Wert zwischen 55 und 155. Ein Slope-Wert von 113 definiert den Basiswert.

Beispiel: Ist der Platz für einen Bogey-Spieler (d.h. HCPI 20,0 für Herren und HCPI 24,0 für Damen) im Vergleich zu einem Scratch-Spieler (HCPI=0,0) schwerer, erhöht sich der Slope-Wert; in diesem Fall benötigt ein Bogey-Spieler mehr Schläge als 20 bzw. 24.


Auf der Runde – Wie wird im WHS gezählt?

Notiert wird die jeweilige Anzahl an Schlägen auf einer Spielbahn, incl. aller Strafschläge. Gewertet wird jedoch maximal der sogenannte Maximum-Score (wird auch Netto-Doppelbogey genannt). Das bedeutet, dass im Spiel nach Stableford und im Zählspiel mit Höchstvorgabe der Ball aufgehoben werden soll, wenn der Maximum-Score erreicht ist und im Zählspiel, an den Bahnen, wo der Maximum-Score überschritten wird, nur dieser gewertet wird.

 

Der Maximum-Score errechnet sich immer durch das Par einer Spielbahn (3, 4 oder 5), zuzüglich 2 Schläge (=Doppelbogey), zuzüglich der Handicap-Vorgabe an diesem Loch gemäß des Course-Handicaps eines Spielers (=Netto-Doppelbogey), s. Tabelle 3. Wie hoch der Maximum-Score ist, kann auf der Scorecard vermerkt sein. Ansonsten hilft es zu wissen, wie hoch das Course-Handicap ist. Beträgt das Course-Handicap bspw. 18, dann ist die Vorgabe an jedem Loch 1 Schlag. Beträgt es 16, dann existiert die Vorgabe von 1 nur bei den schwersten 16 Löchern. Auf Spielbahnen mit einem Loch-Handicap von 17 und 18 (den zwei leichtesten Spielbahnen) gibt es in diesem Fall keine Vorgabe.

Folgende Gedankenbrücke im Vergleich zum EGA-System mag helfen: Der gewertete Maximum-Score pro Loch entspricht der Anzahl der Schläge, bei dem es bei der Wertung nach Stableford keine Nettopunkte mehr gibt.

 

Beispiel: Spielt ein Spieler mit Course-Handicap 36 auf einem Par 4 insgesamt 10 Schläge, wird aufgrund der Anwendung des Maximum Score eine maximale Anzahl an Schlägen von 8 notiert: Par des Lochs = 4, plus 2 Schläge, plus Hcp-Vorgabe an diesem Loch anhand des Course Hcp = 2 Schläge (bei einem durchschnittlich schweren Platz).

 

Für manche Golfer mag sich die Frage stellen, was man sich anstelle von Stableford-Punkten notieren könnte, um einen Überblick zu erhalten, ob man besser oder schlechter als sein HCPI spielt. Der Vorteil beim WHS ist, dass eine solche Gedanken-Krücke nicht mehr benötigt wird. Im WHS erhält man jederzeit einen Überblick über seine aktuelle Spielstärke, indem man alle (zu wertenden) Schläge addiert, die man sich ohnehin bereits auf der Scorecard notiert hat. Solange die Summe dieser Schläge unter dem Course-Handicap bleibt, wird sich der HCPI im Regelfall verbessern.

 

Beispiel (auf einem durchschnittlich schweren Platz mit einem SD identisch zum gewerteten Bruttoergebnis (CR=PAR, SR=113 und ohne Course-Rating-Korrektur): Stehe ich mit einem Course-Handicap von 20 nach 17 Spielbahnen 15 Schläge über Par, dann score ich auf dem Niveau eines 15er HCPI. Würde ich auch die 18. Spielbahn mit Par beenden, dann habe ich die gesamte Runde auf dem Niveau eines 15 Handicappers absolviert.

 

Nach einem Turnier – sofort wissen, ob sich das Handicap verändert

Im EGA-System sind die erspielten Stablefordpunkte maßgebend für die Handicap-Veränderung gewesen. Im WHS zählt (vereinfacht) die Abweichung des gewerteten Spielergebnisses zum Course-Handicap.

 

Stablefordpunkte, Handicap-Klassen und deren Multiplikatoren zur Ermittlung der Handicap-Veränderung werden im WHS nicht benötigt. Der Einfluss des Spielergebnisses im WHS auf das Handicap wird ermittelt, indem zunächst alle Score-relevanten Schläge zum sogenannten Gewerteten Bruttoergebnis aufaddiert werden. Anhand der Platz-Schwierigkeit (Course- und Slope- Rating) und der Spielbedingungen (Course-Rating-Korrektur) ergibt sich das gewertete Spielergebnis, das sogenannte Score Differential.

 

Gewertetes Bruttoergebnis (GBE): Anzahl der in einer Runde gewerteten Schläge, d.h.: Summe der Schläge über alle Löcher, maximal der Maximum Score je Loch

 

Beispiel: Wurden 17 Löcher in Par und ein Par 4 mit 10 Schlägen beendet, dann gilt auf einem durchschnittlich schweren Platz (SR=113; CR=Par) für einen Scratch-Spieler (HCPI=0,0): Gewertetes Bruttoergebnis = 17xPar (3, 4 oder 5 Schläge) plus 1x6 Schläge (4 Schläge für das Par 4 und 2 Schläge mehr als Par; da sein Course Hcp=0 ist, erhält er keine Vorgabe). Bei einem Platz mit Par 72 ergibt dies ein gewertetes Bruttoergebnis von 74 Schlägen. Sein tatsächliches Brutto-Spielergebnis beträgt 78 Schläge.

 

Dabei darf das Gewertete Bruttoergebnis nicht mit dem Brutto-Spielergebnis verwechselt werden! Das Brutto-Spielergebnis ist wie bisher die Summe aller Schläge ohne Anwendung des Netto-Doppelbogey-Verfahrens.

 

Im WHS wird das persönliche Spielergebnis in einem Turnier als „Score-Differential“ (SD) angegeben. Das SD entspricht dem Gewerteten Bruttoergebnis, bereinigt um das Course- und Slope-Rating sowie der Course-Rating-Korrektur (Tabelle 4). Es ist das an diesem Tag erspielte Handicap und wird kaufmännisch auf das nächste Zehntel gerundet.

 

Beispiel: Ist der Platz ein Par 72 und hat der Spieler 100 Schläge benötigt, beträgt das SD bei einem durchschnittlich schweren Platz (CR=Par) 28. Ist der Platz schwerer oder leichter, wird das SD um das CR und SR angepasst.

Course-Rating-Korrektur / Abnormal Playing Conditions Factor (PCC): Das SD kann nach dem Turnier (bis 1 Tag danach) mit einem Algorithmus (CR-Korrektur bzw. PCC) an außergewöhnliche Verhältnisse angepasst werden, falls an dem Tag außergewöhnlich viele Spieler im Durchschnitt besser oder alle schlechter gespielt haben. Der Korrekturfaktor eines Turniers oder einer registrierten Privatrunde kann -1 bis +3 Schlägen betragen. Er ist abhängig von

 

  • Platz- und Bodenverhältnissen (Rough-Höhe, Lochposition)
  • Wetterkonditionen
  • Set-up des Platzes (z.B. Handhabung von „Aus“)

 

Die Voraussetzung für die Anwendung eines Korrekturfaktors ist eine Minimum-Anzahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Turnier von 8 Personen. Für Spieler mit einem HCPI von 26,5 oder höher erfolgt keine CR-Korrektur. Bei 9-Löcher-Turnieren würde eine CR-Korrektur halbiert.

 

Der World-Handicap-Index (HCPI)

Angesichts mancher neuer Begriffe im WHS und der Berechnungsformeln mag der Eindruck entstehen, dass der HCPI kompliziert zu ermitteln ist. Dieser Eindruck wird dem WHS nicht gerecht. Auch wenn es im Detail komplex wirkt, sind die Grundlagen des WHS, wie man sie im Turnier und zum Verständnis des HCPI benötigt, im Vergleich zum EGA-System einfach.

 

Am Ende eines Turniers gibt es, wie im EGA-System auch, eine Auswertung: Eine Übersicht mit den Bruttoergebnissen oder Stablefordpunkten, je nach Spielform. Die erzielten Score-Differentials und den neuen HCPI können die Spieler am Folgetag und ihren elektronischen Scoring-Record unter www.golf-dgv.de einsehen. Das Score-Differential ist so gesehen das neue Netto. Die Formeln zur Ermittlung des SD müssen Sie also nicht parat haben und können getrost vergessen werden.

 

Der World-Handicap-Index wird ausschließlich mit Hilfe der Score-Differentials gebildet. Er setzt sich aus dem Durchschnitt der besten 8 Score-Differentials der letzten 20 zusammen (Tabelle 5). 

Fall 1: Ist das aktuellste SD schlechter als die bisherigen besten 8 und befindet sich unter den besten 8 nicht das älteste zu berücksichtigende SD (also das 20.), dann verändert sich der HCPI nicht.

 

Fall 2: Ist das aktuellste SD schlechter als die bisherigen besten 8, aber ist das älteste (das 20.) SD eines dieser 8 und fällt aus der Berücksichtigung der letzten 20 SDs weg, dann verschlechtert sich der HCPI um den 8. Teil der Differenz zwischen dem neuen 8-besten SD und dem aus der Berechnung herausgefallenen SD, egal ob es das neue aktuelle Ergebnis ist, oder ein anderes, bisher 9.-bestes Ergebnis, das auf Grund des Herausfallens eines der bisher 8 besten SDs nun zu besten 8 gehört. 

 

Fall 3: Ist das aktuellste SD besser als eines der besten 8 SDs, verbessert sich der HCPI um den 8. Teil der Differenz zwischen dem aktuellsten SD und dem aus der Berechnung herausgefallenen SD.

 

Bremse bei Verschlechterung des World-Handicap-Index (WHI)

Spieler, die sehr viele Turniere spielen, werden im WHS bei schlechten Spielergebnissen besonders geschützt: Durch das Soft-CAP und das Hard-CAP.

 

Für jeden Spieler mit mindestens 20 erspielten SDs in den letzten 365 Tagen wird automatisch ein Low-Handicap-Index festgelegt: Das ist das niedrigste HCPI in diesem Zeitraum (Tabelle 6). Bei jedem neu erspielten, Handicap-relevanten Ergebnis (SD), wird der Low-Handicap-Index bei Bedarf angepasst. Der Low-Handicap-Index gilt als Referenzpunkt: Ist der neue HCPI mehr als 3 Schläge über dem Low-Handicap-Index, wird der Einfluss auf den HCPI durch ein sogenanntes Soft-CAP oder Hard-CAP begrenzt.

Für Spieler, die innerhalb von 365 Tagen weniger als 20 SDs erspielt haben, existiert kein Low-Hcp-Index. Damit können sie von einem solchen Schutz nicht profitieren.

 

Turbo bei Verbesserung des World-Handicap-Index (HCPI)

Der HCPI unterstützt eine schnelle Handicap-Verbesserung. Ist das gewertete Bruttoergebnis eines Spielers mehr als 6 bzw. 9 Schläge besser als sein Course-Handicap, verbessert sich das HCPI zusätzlich um 1 bzw. 2 Schläge (Tabelle 7). Ein Low-Hcp-Index ist hier nicht Voraussetzung.

Wesentliche Merkmale des WHI

Das neue WHS umfasst über die dargestellten Zusammenhänge hinaus eine Reihe von Regelungen, die Golfspielende in der Regel nicht betreffen, sondern nur in besonderen Situationen Anwendung finden. Die Spielführung, Spielleitung und die betreuenden Sekretariate werden sich daher mit der Zeit tiefer in die Thematik einarbeiten müssen. Für das normale Spiel ist es jedoch ausreichend, wenn die nachfolgende Übersicht präsent ist:

 

  • Der HCPI bewegt sich zw. +54,0 und -10,0 (bestes Handicap, ggf. besser, falls noch mehr Schläge unter Par gespielt werden); Achtung: Vorzeichen drehen sich im Vergleich zu früher um (Verfahrensweise ist nun identisch zu den Profis).
  • Von Mai bis September sind alle Einzel-Zählspiele grundsätzlich nur als Handicap-relevante Runden möglich (Ausnahmen auf Antrag).
  • „Besserlegen“ ist bei einem Handicap-relevanten Turnier möglich, erfordert während der Hauptsaison jedoch die Zustimmung durch den LGV oder den DGV; ansonsten gewährleistet die CR-Korrektur eine objektive Wertung.
  • Wird ein Handicap-relevantes Turnier auf provisorischen Grüns oder Abschlägen gespielt, kann das Course- oder Slope-Rating angepasst werden.
  • Ergebnisse aus Turnieren, die auf anderen Plätzen gespielt werden, auch im Ausland, müssen im Heimatclub durch den Spieler selbst eingereicht werden, sofern sie einer Handicap-relevanten Spielform entstammen. Der Heimatclub muss diese Ergebnisse dann in seine Clubverwaltungssoftware als Ergebniseinträge (inkl. GBE, CR, Slope und Par) eingeben.
  • Auch wenn 18-Löcher-Runden nicht beendet (z.B. durch schlechtes Wetter, Dämmerung, Verletzung, Krankheit) oder nicht alle Löcher gespielt werden konnten (z.B. durch Pflegearbeiten), sind die Spielergebnisse Handicap-relevant (gilt nicht, wenn im Rahmen eines 18-Löcher-Turniers weniger als 10 Löcher gespielt worden sind oder es sich um eine 9-Löcher-Runde gehandelt hat).
  • Eine Verschlechterung des HCPI ist in Deutschland nur bis 26,5 möglich (darüber nur auf Antrag).
  • Ein HCPI erlischt nicht, solange der Spieler Mitglied in einem vom DGV anerkannten Club spielt.
  • Sowohl die Scoring-Records, als auch die Handicap-History-Sheets sind für jeden Spieler beim DGV tagesaktuell abrufbar (www.golf-dgv.de).
  • Eine Überprüfung des HCPI erfolgt jährlich für einen HCPI bis 35,9 (ansonsten nur auf Antrag). Eine Überprüfung des HCPI zwischen 2 und 35,9 erfolgt durch den Handicap-Ausschuss des Heimatclubs, bei einem HCPI <2 durch den DGV.
  • Jeder Spieler (unabhängig vom HCPI) kann eine „Registrierte Privatrunde“ (RPR) für 9 oder 18 Löcher beantragen (ehem. EDS-Runde). 
  • Die im EGA-System gebräuchlichen Begriffe wie „Vorgabeklassen“, „Pufferzonen“, „Nettopunkte“ entfallen, da im WHS in SDs gerechnet wird und alle SDs gleich gewichtet werden.

 

Fazit

Die Einführung des WHS verspricht mehr Spaß am Turnier. Auch wenn sich sicherlich viele Alt-Golfer mit dem WHS erst anfreunden müssen und nur nach und nach in die Denkweise eintauchen werden, bietet das WHS für alle zukünftigen Generatio-nen viele Vorteile. Das WHS ist im Vergleich zum EGA-System transparenter, nachvollziehbarer, fairer und einfacher. Der größte Vorteil jedoch ist die Möglichkeit, überall auf der Welt Turniere nach den gleichen Bewertungsmaßstäben zu spielen und damit Turnierergebnisse vergleichbarer zu machen. 

 

Das WHS mag noch manche Schwächen aufweisen, wie bspw. die erforderlichen 20 Score-Differentials pro 365 Tagen, um vom Soft- und Hard-Cap profitieren zu können (was den meisten Spielern bei einer nur 5-monatigen Saison in Deutschland nur schwer gelingen wird). Auch ist die weltweite Vergleichbarkeit von Spielergebnissen mit einem Course- und Slope-Rating, welches primär auf Golfplatz-Länge ausgelegt ist, nur eingeschränkt gegeben, da deutsche Golfplätze u.a. aufgrund häufig geringerer Fläche eher kürzer, dafür aber schwerer zu spielen sind. Ebenfalls ist es nicht ideal und mag im Einzelfall verwirren, dass für den gleichen Sachverhalt unterschiedliche Begriffe existieren, oder dass manche Begriffe in Deutsch, andere jedoch in Englisch definiert werden.

 

Insgesamt kann man dem DGV gratulieren, dass mit dieser Reform des Handicapsystems eine Grundlage geschaffen worden ist, die allen Golfspielenden nützt und der Golf-Entwicklung mit Sicherheit nachhaltig zugutekommen wird.

 

Autor: Andreas W. Gross | golfmanager 2/2021

 

 

<< zurück