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Kunden zeigen, wie schlecht sie spielen, als Geschäftsmodell

Zielgruppe verfehlt, in dem die Einstelligen bedient werden?

 

Golf ist ein Sport. Eine Aussage, die Golfer gerne gegenüber Nicht-Golfern betonen, um zu unterstreichen, dass sie entgegen der seit Generationen gepflegten Klischees, eben doch einen schweren und anstrengenden Job in ihrer Freizeit hinter sich bringen.

 

Oh ja, schwer muss es sein. Lange Löcher mit Ondulierungen auf den Fairways, die das anstrengende Hanglagentraining mit all seinen physikalischen Besonderheiten nicht umsonst erscheinen lassen. Große Bunker, die tief und mit einer Sandsorte gefüllt sind, die eine optimale Technik in Stand, Auf- und Abschwung verlangen, um dieses so beliebte Hindernis mit nur einem Schlag bewältigen zu können. Ja, das will er, der Kunde. Und, wenn die Grüns dann noch pfeilschnell, also bitte nicht unter elf Stimpmeter, konstant vom Greenkeeping gepflegt werden und der Platzarchitekt vor dem Bau darüber nachgedacht hat, wo die sechs schweren Fahnenpositionen möglich sind, ja, dann ist der Kunde kurz vor dem, was Menschen unter glücklich sein verstehen.

 

Ganz glücklich können Sie ihre Kunden machen, wenn Sie die Fairways recht eng und geschwungen mähen und die Maht des Semiroughs und Hardroughs auf wenige Mähgänge im Jahr reduzieren. Ja, dann ist der Kunde da, wo Sie ihn haben wollen – im Glück. Er muss nun sein gesamtes Können aufbieten, um diesen Hindernisparcours mit einem einigermaßen respektablen Ergebnis hinter sich zu bringen. Das in einem Zählspiel über 18 Löcher, freilich ohne diese herabwürdigende, von Dr. Frank Barney Gorton Stableford entwickelte, Spielform mit „nicht mehr weiterspielen ...“, also echtes Golf eben. So macht man seine Kunden glücklich und bindet sie auf Dauer. Oder?

 

Oder ist es eher mal so, dass das Bunkerspiel bei der Klientel, die eine Golf­anlage im Durchschnitt wirtschaftlich am Leben erhält, eher unbeliebt, bis verhasst ist. Welche Klientel ist es, die eine Golfanlage wirtschaftlich am Leben hält? Sind es diejenigen, die fünf bis siebenmal pro Woche die Anlage frequentieren? Oder sind es diejenigen, die ca. 80% der angebotenen Turniere mitspielen? Oder sind es diejenigen, die regelmäßig die Gastronomie besuchen? Oder die, die am meisten die Mitarbeiter im Sekretariat in Beschlag nehmen? Sind es die Mannschaftsspielerinnen und Mannschaftsspieler? Oder sind es doch die, mit der einstelligen Stammvorgabe? Nein, sicher nicht!

 

Die wirtschaftlichen Säulen des Golfbetriebs

Wirtschaftlich am meisten eine Anlage tragen die, die so gut wie nie auf einer Turnierergebnisliste zu finden sind. Es sind die, die schmale Fairways und hohes Semirough entsetzlich finden. Diejenigen, die ihre Bälle laufend im Hardrough und in den Wasserhindernissen versenken, die Grüns, die Geschwindigkeiten über sieben Stimpmeter haben, als sehr schnell empfinden. Es sind die Golfer, die nach der Runde sofort zum Parkplatz gehen und wieder nach Hause fahren. Meist sind es auch die, die von den Mitarbeitern im Sekretariat als besonders freundlich und umgänglich empfunden werden.

 

Wenn das so ist, warum werden dann PAR 5-Löcher mit über 550 Metern Länge gebaut? Warum sind dann viele Golfplätze von Gelb über 6.000 Meter lang? Warum stresst das Greenkeeping die Grüns mit niedrigen Schnitthöhen und Bügelaktionen? Warum gibt es bis zu 70 und mehr Bunker auf einem Golfplatz mit Bunkerkanten, die in die Kilometerlänge gehen?

 

Wie kann es sein, dass nur die paar Punkte von Länge bis Pflege, so hohe Kosten in Landverbrauch für die langen Plätze, über die entsprechend erhöhte Menge an Dünger, Saatgut und Wasserverbrauch, sehenden Auges und billigend in Kauf genommen werden?

 

Alleine die Bunkerpflege verschlingt Unsummen. Nach jedem Starkregen geht das Auffüllen und Egalisieren wieder los. Sand muss gekauft werden. Die Bunkerkanten … usw. Der schöne und top gepflegte Golfplatz Monte Rei in Portugal beschäftigt alleine vier Platzarbeiter, die sich ausschließlich mit der Bunkerpflege beschäftigen. Das ist toll, aber in Deutschland mit einem durchschnittlichen Pflegebudget einfach nicht darstellbar.

 

Was soll das?

Geht es darum, den 70% der Kunden zu zeigen, wie schlecht sie das anspruchsvolle Golfspiel beherrschen? Oder ist das Ganze ein Komplott der PGA, die ihre Mitglieder, die Golflehrer, so dauerhaft in Arbeit bringen und halten möchten? Oder liegt es daran, das sich auf vielen Golfanlagen einfach keiner wirklich dafür interessiert, was die einzelnen Spielelemente tatsächlich in der Pflege p.a. kosten? Interessiert sich kaum einer so wirklich dafür, weil nicht sein eigenes Geld verbraucht wird? Oder liegt es daran, dass der, zu ca. 60% vereinsdominierte, deutsche Golfmarkt sich in der Gewissheit wiegen kann, bei wirtschaftlicher Schieflage eine Umlage auf einer, oder schlimmer, jeder Mitgliederversammlung beschließen zu können?

 

Daran, dass es so viele registrierte Golfer mit einstelliger Stammvorgabe gibt, kann es nicht liegen. Viele Golf­anlagen haben von dieser Klientel gerade mal ein bis zwei Hände voll in der Kundenkartei. Da kann es Ausnahmen geben mit rund 100 einstelligen Golfern pro Anlage – aber auch nur mit denen kann der Betrieb wirtschaftlich nicht am Leben gehalten werden, wenn wir von üblichen Jahresbeträgen ausgehen.

 

Wie sieht es denn eigentlich mit der Partizipationsrate einer durchschnittlichen Amateurgolfkarriere aus?

 

1. Jahr:

Schnupperkurs und PE-Kurs, dann ist die erste Saison schon fast vorbei.

 

2. Jahr:

Wieder reinkommen ins Spiel,

a) Sozialisation über Rabbitturniere,

b) Spielen ohne Turniere.

 

3. Jahr:

a) Für diejenigen, die am Turnierbetrieb Gefallen gefunden haben, tritt eine Regelmäßigkeit ein. Das Freizeitverhalten ist komplett geändert, Golf steht im Mittelpunkt der Freizeitgestaltung.

b) Für die anderen ohne Turnierbetrieb und besonders auf Golfanlagen, die keine Startzeiten vergeben, entsteht das Gefühl, „nicht abgeholt“ zu werden. Es findet keine Sozialisation statt. Ohne Startzeiten ergeben sich keine Bekanntschaften. Die Spielgruppen kommen zu zweit, dritt und zu viert an Tee 1 und starten. Die einzelne Person wird nicht mitgenommen und fühlt sich einsam. Das Golfspiel kommt nicht in Gang. Es fehlt das Feed­back. Gut, die Rückmeldung könnte vom Golflehrer kommen. Aber, wenn nach der dritten 10er Karte noch keine spürbare Verbesserung eingetreten ist, dann ist auch diese Tür – mental gesehen – zu.

 

4. Jahr:

Ohne Anschluss an andere Golfer lässt der Spaß nach. Die Drohkulisse einer Turnierteilnahme hat sich weiter verstärkt. Das Gefühl, „nicht dazuzugehören“, auch.

 

5. Jahr:

Findet wieder ohne Golf statt, Nutzungsvertrag wurde am Ende des 4. Jahres gekündigt. Freunde und Bekannte werden wieder kontaktiert. Das Vorurteil, „Golfer sind doof“, wird von jemandem bestätigt, der dabei war. Also „embedded journalism“, wie es auf Neudeutsch heißt. Also hochgradig authentisch und glaubhaft, so wie es Günter Wallraff macht.

 

Da rund 70% der registrierten Golfer nicht am Turniergeschehen teilnehmen, ist es von großer wirtschaftlicher Bedeutung, diesen 70% der Kunden auch außerhalb des Wettspielbetriebs ein Angebot zu machen, welches deren Bedürfnisse und Erwartungen an eine Golfanlage erfüllt. Die überwiegende Anzahl der registrierten Golfer bewegt sich bei den Stammvorgaben bei ca. 26 bis weit höher. Folglich ist das die Zielgruppe, auf die man als Golfanlagenverantwortlicher, z.B. als Präsident in einer vereinsgeführten oder als Geschäftsführer einer betreibergeführten Golfanlage, ein Augenmerk haben sollte. Diese Gruppe ist nicht so präsent und nicht so laut, wie manch eine andere Gruppierung, die eine Golfanlage frequentiert. Aber (auch) sehr wichtig.

 

Welches Augenmerk kann man also auf diese Kundengruppe richten? Hierzu kann z.B. gehören, den Golfplatz so zu pflegen, dass es für höhere Vorgaben leichter wird, gute Ergebnisse zu erzielen. Aus wirtschaftlicher Betrachtung kommt Schwung in die Sache, wenn z.B. einige Bunker zu Grünbunkern werden. Die Meteranzahl der zu pflegenden Bunkerkanten reduziert sich ebenso wie die übliche Bunkerpflege mit der Bunkermaschine und/oder mit dem Rechen per Hand. Und auch das Unwetter mit Starkregen belastet das Pflegebudget weniger. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Unausgewogenheit der Niederschlagsmengenverteilung in Deutschland, wäre das eine Entscheidung, die in zehn Jahren bei der retrospektiven Betrachtung auf das Pflegebudget für die Bunkerpflege eine signifikante Summe bedeutet.

 

Sofern, wie leider verbreitet üblich, keine Rücklagen für Renovierungen an den Spielelementen Grüns, Fairways und Abschlägen vorgenommen werden, ist das vielleicht ein Anlass, auf diesem Weg eine fünf- bis sechsstellige Summe über die Jahre zu thesaurieren.

 

Die Mehrheit der Kunden ist das Maß

Also, warum den Kunden zeigen, dass sie schlecht spielen? Je nach Selbstverständnis und Positionierung lohnt es, darüber nachzudenken, ob eine geänderte Platzpflege, eine Platz-Layout-Änderung in Betracht kommt, um der Mehrheit der Kunden und ihren Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Vor dem Hintergrund des dauerhaft mangelnden Nachwuchses an 35 bis 50-jährigen, die noch die spieltechnischen Anlagen für lange Schläge entwickeln können, ist es an der Zeit, nicht nur das Management fit für die Zukunft zu machen, sondern auch die Infrastruktur.

 

Da rund 70% der Nutzer einer Golfanlage nicht am Turniergeschehen teilnehmen, ist es ein leichtes, diesem Umstand Rechnung zu tragen, indem der Turnierkalender ausgewogen gestaltet wird. Also nicht jedes Wochenende ein- oder (noch schlimmer) zwei Turniere. Kanonenstart und Tee 1- und Tee 10-Starts reduzieren bzw. nur bei Sponsorenturnieren gestatten, die tatsächlich etwas zur Wirtschaftlichkeit des Golfanlagenbetriebs beitragen. Turniere, die zur Wirtschaftlichkeit des Golfanlagenbetriebs beitragen, sind leider i.d.R. eine Ausnahme. Daher wären dann Kanonenstarts auch leicht zu rechtfertigen, da alle Nutzer am Ende davon profitieren würden, wenn sich der Betrieb der Golfanlage auch wirtschaftlich lohnt.

 

Da sind aber noch die rund 30% Golfer, die laufend auf der Anlage sind und so gut wie jedes Turnier mitspielen. Wenn es nicht nach deren Gusto läuft, werden die laut. Was tun?

 

Fehler der Vergangenheit, wie unangemessene Komfortzonen von Golfergruppierungen zu reduzieren, ist Managementaufgabe. Ebenso wie es eine Managementaufgabe war, diese Komfortzonen für die verschiedenen Gruppierungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Zeit für neue Freundschaften, denn die Loyalität von Golfkunden ist auf dünnem Eis gebaut. Es sei denn, es gibt keine Alternative.

 

Dieser Standortnachteil einer Golfanlage wird so zu einem Vorteil, der viele Managementfehler ohne Konsequenz bleiben lässt. Jedoch nur dann, wenn es sich um eine Golfanlage handelt, die keinen Wettbewerb mit umliegenden Anlagen zu fürchten hat, da diese außerhalb eines Umkreises von 45 Autominuten liegen. Auch, wenn dieses schlechte Management in Ermangelung von alternativen Spielmöglichkeiten für die Golfanlage erst mal ohne Konsequenz, im Sinne von Kundenabwanderung bleibt, so ist es kein geeignetes Mittel, um Kunden langfristig zu binden.

 

Autor: Adriaan A. Straten

 

Quelle

Golfmanagementerfahrung Adriaan A. Straten, Interpretation DGV Statistik vorgabenwirksame Turnierrunden

 

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