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Vergessene Golf-Generationen – Klare Worte einer Corona-Neugolferin

Die junge Generation als Mitglieder gewinnen

Wir sind faul, ständig nur am Handy, verwöhnt, an ständiger Selbstoptimierung interessiert und haben ohnehin kaum Zeit – die Vorurteile gegenüber Millennials und der heutigen Generation Z fallen zahlreich aus. Ich als deren Stellvertreterin bin mittlerweile immun gegen diese Analysen, die es bis in renommierte Magazine und Zeitungen geschafft haben, getreu nach dem Motto der Verfasser „Früher war die Zukunft noch besser ...“.

 

Vielleicht erklären diese Vorurteile auch, warum die Golfbranche die „Hipster- und YouTube-Generation“ weitgehend komplett als Zielgruppe ausspart. Im Leitfaden des Deutschen Golf Verbandes (DGV) zur Interessentengewinnung heißt es dazu etwa, jüngere Menschen könnten aufgrund ihres geringen Freizeitbudgets nicht oft Golf spielen, benötigen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten geeignete Mitgliedschaftsformen. Studentenrabatte, Fernmitgliedschaften etc. seien da die richtigen Mittel, um uns auf die Golfanlagen zu holen. Der Zeit- und Kostenfaktor ist nur ein Bruchteil der Problematik und Sonder-Mitgliedschaftsformen und Rabatte sind nur ein kleiner Teil der Lösung.

Mehr von beidem wäre immer schön. Aber jetzt mal ehrlich, übersteigen doch die Kosten für den neuen E-Scooter oder das bald ersehnte Festival-Wochenende bei weitem die Kosten für die Jahresmitgliedschaft im Golfclub. Da mangelt es eher am Produkt als an den Möglichkeiten, Geld auszugeben. Stattdessen ist unsere Meinung wenig gefragt, wir erscheinen schlicht nicht: Was also erwarten wir nun im Golf und von den Verantwortlichen im Golfmarkt?

 

Golf im Wandel

Zugegeben, Vorurteile bestehen meist beidseitig und so halten sich auch jene gegenüber dem Golfsport: zu teuer, zu alt, zu elitär sei diese Sportart – für junge Leute kaum attraktiv. In den letzten Jahren – durch die Corona-Pandemie verstärkt – wuchs die Zahl an Golfern. Ich selbst gehöre auch zu den „Corona-Golfern“, bin vom Golffieber gepackt worden und direkt nach der PR einem Golfclub beigetreten. Ich genieße es, mich nach meinen Vorstellungen draußen aufzuhalten und zu spielen, ob alleine oder im Flight. In meiner Altersgruppe bin ich nicht nur in meinem Club auf mich alleine gestellt, bin mit dem Profil W24 in einer echten Randgruppe, sehr schade.

 

Kein Wunder also, dass die Zielgruppe der jungen Golfspieler weiter schrumpft und gerade die sinkende Zahl an Kindern und Jugendlichen die Talentsichtung und Mitgliederentwicklung erschwert. So wird es auch in Zukunft weiter heißen: volle Schnupper- und PR-Kurse mit „Best Agern“ in Daunenwesten und mit aufgestellten Polo-Kragen. Aber nur mit Rentnern kann die Golf-Szene auf Dauer wohl kaum überleben, ist die Wertschöpfungskette doch mit der Zielgruppe 50+ recht kurz, der statistische Drop Out einfach abzulesen.

 

Clubs zwischen Tradition, Toleranz und Digitalisierung

„Ein bisschen jugendlicher“ auf dem Etikett reicht nicht aus und entlarvt sich meist nur als gut gemeinter Versuch des Entgegenkommens. Gelten vielerorts noch die gängigen Standardverbote:

 

„Handys nur auf dem Parkplatz“ und „keine Blue Jeans und kraglosen T-Shirts“. Kaum nachvollziehbar, ist doch das Smartphone als ständiger Wegbegleiter längst bei allen Altersgruppen „angewachsen“, soll ich mir das Smartphone etwa abschneiden? Heimliches Getippe in der Umkleide kann es ja auch nicht sein, verbessern doch Golf-Apps wie Hole19, campo, PC CADDIE oder Shot Tracer das Golf-Erlebnis, bieten Unterhaltung, Organisation und auch Leistungskontrolle. In Zeiten der Selbstoptimierung ideal. Zahlen, Daten, Fakten, darauf kommt es an, wenn doch sogar Laufergebnisse inkl. Streckenbericht auf Social Media geteilt werden. So unterstreichen digitale Angebote das Standing moderner Golfanlagen. Startzeiten können von überall gebucht, geteilt und bezahlt, Ergebnisse schnell elektronisch übermittelt werden. Digitale Birdiebooks sind direkt einsehbar, die eigenen Ergebnisse schnell dokumentiert. Das erspart Ihnen und auch mir Zeit, Arbeit und Geduld. Die Einschränkung des Handygebrauchs ist keine gute Idee, wohl aber dessen Lautstärke, zumindest mag ich mir nicht das dauernde Gebimmel meiner älteren Kollegin auf der Range geben, die pausenlos witzige Memes ihrer Mädels-WhatsApp-Gruppe bekommt. Hinweise zu Modefragen befremden mich ebenfalls, aber gerne respektiere ich die Einschränkung von frei einsehbarer Haut als eine Frage der Pietät – das schützt auch mich vor Einblicken, die mir der Zahn der Zeit noch frühzeitig genug offenbart.

 

All over Golf – online und offline

Viel mehr noch als an Etikette, ist mir an der richtigen Ansprache gelegen: Obwohl ich in einer golfreichen Region im Norden aufgewachsen bin, fehlt jede Kontaktaufnahme oder Visualisierung aus der Golfwelt. Das Aushängeschild der eigenen Club-Website ist längst out, wenig „real“, zu fake, um junge Menschen anzusprechen. Und wer mag schon bitte nach Golfangeboten suchen, ist man es doch ohnehin gewohnt, gefunden zu werden. Das Interesse wird über individualisierte Social Media-Kampagnen schneller geweckt, hängen wir doch ohnehin ständig nur auf Instagram, YouTube und Co. herum. Warum also nicht diese Kanäle nutzen, sind über Storys, Reels und Posts Infos doch schneller und zielgruppengerechter verbreitet, Turniere angekündigt oder Aktionen ausgerufen. Zurzeit boomen Golf-Blogs und Podcasts von Anfängern, Pros und Stars. Vorbilder sind rasch gefunden, über Social Networking und Sharing werden eine Vielzahl von Interessierten erreicht. Wieso also keine Media-Kooperationen eingehen?

 

Die erweiterte Networking-Aufgabe müssten Golfclubs für sich weiter annehmen, sind doch Neumitglieder ohne persönliche Beziehungen im Club auf sich alleine gestellt. Ich hätte mich sehr über einen kleinen „Club-Leitfaden“, eine Führung oder Einladungen zu gemeinsamen Trainingssessions, Events etc. mit Gleichaltrigen oder Neugolfern gefreut. Entsteht doch erst über Engagement und Socialising der Kontakt, nach dem sich meine Generation doch so sehr sehnt. Der Golfmanager ist zunehmend als Freizeitmanager zu verstehen, der dem Mitglied zusätzliche Mehrwerte in seiner wertvollen Freizeitgestaltung bietet und „Freizeit“ heißt: Leute kennenlernen, Spaß haben und auch mal einen über den Durst trinken – das 19. Loch lässt grüßen! 

 

Young Urban Golf-Lifestyle

Wenn wir schon beim „Wunschkonzert“ sind, dann wünsche ich mir auch längere Öffnungszeiten – da benötigt es nicht einmal Personal, aber z.B. Flutlicht auf der Driving-Range, etwas Atmosphäre, Musik wäre schön. Und mehr Events, dann bitte auch am Wochenende. Der Donnerstag-Vormittag als stetiger Turniertag ist toll für die älteren Herrschaften, unsereins muss entweder arbeiten oder studieren. Ansprechende, junge Events lassen sich hervorragend organisieren, wieso nicht einmal nachts Golf spielen oder zusammen Grillen? Die Crew von limegolf macht es mit ihren „Grill the Range“-Sessions und Par 3-Events vor, bieten mit der Players Card ein ansprechendes, monatlich kündbares Migliedschaftsmodell. Optimal für Wenigspieler und Rookies. 

 

Schön zu sehen, dass auch Golf zunehmend in die Städte zieht und sich digitalisiert: Urbane Driving-Ranges wie die GolfLounge in Hamburg bieten Golf mit Fun, gerade unter der Woche.

 

Zunehmend entstehen TrackMan-Studios, ein Get Together von Bar, hochtechnischen Simulatoren und Feierabend-Flair. Bislang existieren jedoch kaum regionale Kooperationen, eine Mitgliedschaft mit vielen Optionen zwischen „Stadt-und Landanlagen“ noch viel weniger. Partnerschaften und das Angebot unterschiedlicher Mitgliedschaften mit monatlich kündbaren Paketoptionen wie am Beispiel des Urban Sports Club würden dem Young Urban Golf-Lifestlye eher entsprechen. Suchen wir doch die Herausforderung und Abwechslung mit benötigter Flexibilität, gerne auch zum regulären Preis. Ist doch mein Studenten-Jahresmitgliedschaftsbeitrag schon in einer knappen Urlaubswoche „abgegolft“.

 

Der Club der Zukunft

Habe ich zu viele Forderungen gestellt? Ich finde nicht. Es gibt ja Alternativen: Vielleicht wird die Generation nach mir, die Generation „Alpha“, wieder in Karohosen geboren und die Golfwelt kann erleichtert aufatmen. Oder meine Generation wird ab 50 wieder analog und sucht den Weg zurück zur Natur und Gesundheit. Oder aber die „Digitalisierung“, das Kommunikations- und Freizeitverhalten ist nur eine Phase und alles wird wieder „wie früher“. Glauben Sie nicht daran? Dann bleiben Sie dran und kümmern Sie sich um meine Generation, wie wir angesprochen werden wollen, welche Bedürfnisse und Erwartungen wir haben und übersetzen Sie das in die wundervolle Welt des Golfs! Zumal ich der festen Überzeugung bin, dass das Angebot und die Vielfalt an Events, verschiedenen Mitgliedschaftsmodellen und an digitalen Services Golfspieler aller Altersklassen anspricht. Auch wenn das der ein oder andere Golfclub noch nicht ganz versteht.

 

Autorin: Emilie Jahnke | golfmanager 2/2021


Anm. d. Red.: Wir haben uns bewusst dafür entschieden, den emotionalen Text einer jungen Neugolferin mit aufzunehmen, die wenig dem typischen Bild der Generation Z entspricht und klar formuliert, was sie und viele ihrer Altersgruppe vom Golfsport erwarten.