Topgolf Oberhausen trotzt globalem Trend
Nachgefragt bei Greenreb
Bislang galt Topgolf weltweit als Wachstums- und Erfolgsmodell. Doch die Veröffentlichung der Quartalszahlen von Topgolf Callaway Brands für das zweite Quartal 2024 und begleitende Aussagen von Chip Brewer, President und CEO des Unternehmens, ließen Golfbranche und Börsen aufhorchen. Das zeigte sich auch beim Aktienkurs: Nach der Umbenennung in Topgolf Callaway Brands im September 2022 stieg der Kurs zwar zunächst auf bis zu 23,74 Euro Anfang Februar 2023, doch seitdem ist der Trend negativ. Zwar konnte sich der Kurs nach einem Allzeittief Mitte November 2023 wieder etwas erholen, aber die jüngsten Zahlen und Ankündigungen schickten die Aktie im August 2024 erneut auf Talfahrt, Mitte August lag der Kurs bei 10,35 Euro. In den Erläuterungen zu den Quartalszahlen per Ende Juni betonte der CEO, dass man zwar weiterhin vom Produkt Topgolf überzeugt sei, die Aktienentwicklung aber auch Grund zur Enttäuschung böten. Der Grund: Zwar stieg der Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5 %, doch waren hierfür vor allem neue Standorte erforderlich. An bestehenden Standorten sank der Umsatz – vom Unternehmen als „same venue sales“ bezeichnet – hingegen um deutliche 8%. Die hohen Anfangsinvestitionen in einen Topgolf-Standort erfordern jedoch langfristiges Wachstum und entsprechenden Erfolg. Brewer kündigte daher eine umfassende strategische Analyse mit externen Beratern an, um den Shareholder Value langfristig zu maximieren. Selbst ein Verkauf von Topgolf und damit eine Wieder-Ausgliederung aus dem Unternehmen (was wohl auch eine erneute Umbenennung zur Folge haben würde) schloss der Unternehmenslenker nicht aus.
Grund genug für den golfmanager, bei David P. Speiser, CEO und Co-Founder von Greenreb – dem Topgolf-Partner für Deutschland, Österreich, Italien und die Schweiz – nachzufragen. Ergebnis: Entgegen dem globalen Trend wächst der deutsche Standort auch im dritten Betriebsjahr planmäßig. Wie die aktuelle Entwicklung einzuschätzen ist und mit welchen Maßnahmen das Team in Nordrhein-Westfalen für Wachstum sorgt, erläutert Speiser im exklusiven Interview.
? Topgolf Callaway Brands hat in seiner letzten Quartalskonferenz darauf hingewiesen, dass die Erlöse an den existierenden Topgolf-Standorten, was als Same-Venue-Sales bezeichnet wird, rückläufig seien. Wie sieht das bei Topgolf Oberhausen aus?
! Bei uns ist das nicht der Fall. Wir sind im zweiten Betriebsjahr gegenüber dem ersten Betriebsjahr stark gewachsen. Jetzt sind wir im dritten und wachsen nicht mehr so stark wie im zweiten, aber wir wachsen immer noch – obwohl das Umfeld natürlich nicht so gut ist. Die Konsumentenstimmung ist aktuell schwach. Viele andere Restaurants und andere Konzepte leiden darunter. Aber bis jetzt sind wir sehr zufrieden mit der Ertragsentwicklung.
? Wächst Topgolf Oberhausen bei Golf und Gastronomie gleich oder gibt es Unterschiede?
! Den größten Unterschied haben wir zwischen dem Eventgeschäft und dem Walk-in-Geschäft. Wir wachsen bei den Events deutlich stärker als im Walk-in-Geschäft. Der Split auf Gameplay und Food & Beverage ist ungefähr gleich.
? Worauf ist dies zurückzuführen?
! Wir sind viel besser darin geworden, die Events zu platzieren und zu verkaufen. Da spielt natürlich der Reputationsaufbau mit, und auch die Lead Times. Wir hatten dieses Jahr zum ersten Mal einen sogenannten Venue Buyout, wo wir die ganze Anlage einen Tag an einen Eventkunden vermietet haben. Solche Events brauchen ein halbes Jahr, bis man bekannt ist, und dann muss das Event mit einem Jahr Vorlauf aufgesetzt werden. Das Wachstum können wir mittlerweile schön mitnehmen.
? Gab es spezielle Maßnahmen und Aktionen, um diese Entwicklung zu stützen, unabhängig vom täglichen Marketing- und Salesgeschäft?
! Das wichtigste war sicher der Brandaufbau bei uns. Das ist der große Unterschied zu den USA. In den USA ist der Brand Awareness sehr hoch. Wenn eine neue Anlage aufgeht, wollen alle im ersten Jahr dorthin. Deshalb starten die bei 100 Prozent Potenzial. Dann gehen sie typischerweise in moderates, aber konstantes Wachstum über. Bei uns ist es eigentlich umgekehrt. Als wir angefangen haben, kannte uns niemand. Daher war es die große Aufgabe, die Brand Awareness von null auf zu kreieren. Dadurch kommt auch das Wachstum, weil wir von nichts gestartet sind. Mittlerweile läuft die Anlage sehr gut, sogar über den
Erwartungen.
? Bezieht sich die positive Entwicklung auch auf die eher schwieriger zur vermarktenden Wochentage?
! Natürlich sind wir auch besser darin geworden, die Anlage über die Woche zu bespielen. Wer auf unsere Website geht, sieht für jeden Tag unter der Woche ein Angebot und Studentenangebote. Das sind die zweiten großen Maßnahmen: Brand Awareness und ein besserer Product-Market-Fit. Der Rest ist Hygiene: Social Media-Marketing, die Kampagnen, die Assets updaten, und alles gut an die Konsumenten auszuspielen.
? Welche Rolle spielt aus Ihrer Einschätzung, gerade in den USA, ein verstärkter Wettbewerb zwischen den einzelnen Topgolf-Standorten?
! Ich glaube, in ganz wenigen einzelnen Märkten kann das sein. Es gibt ja Metropolregionen in den USA, die vier oder fünf Top-Golf-Anlagen haben. Dort kann es zu leichten Kannibalisierungs-Effekten kommen. Das ist aber meiner Meinung nach nicht das große Thema. Das viel größere ist die makro-
ökonomische Situation in den USA. Da müssen die Ausgaben der Haushalte priorisiert werden. Durch Preissteigerungen beim Wohnen und Essen bleibt schlicht weniger Geld übrig. Es gibt Unternehmen, die dem trotzen, die typischerweise die Value Proposition auf preissensitivere Kunden angepasst haben. Die Resultate von Walmart sind beispielsweise super. Der Shift geht aktuell zu günstigeren Angeboten. Topgolf ist in den USA eher im mittleren bis oberen
Segment platziert.
? Wie groß ist derzeit der Einzugsradius von Topgolf Oberhausen?
! Wir unterscheiden zwei Einzugsgebiete. Erstens das Einzugsgebiet der einfachen Besuche, beispielsweise an einem Abend wochentags. Da beträgt der Radius ungefähr 40 Minuten. Das zweite Einzugsgebiet sind die Menschen, die länger voraus geplant und mit mehr Zeitaufwand zu uns kommen. Dazu zählen das Wochenende oder das Urlaubsgeschäft. Da ist das Einzugsgebiet teilweise riesig, bis nach Holland, eine 2-Stunden-Anfahrt. Das verhindert auch eine mögliche Kannibalisierung: Am Samstag könnten wir die Anlage 2 – 3 Mal verkaufen. Wenn wir eine Anlage in Köln hätten, würden die aus Köln am Samstag dorthin statt nach Oberhausen gehen. Aber der Kölner kommt am Dienstagabend nicht nach Oberhausen, weil es zu weit ist – aber zu Topgolf Köln würde er gehen.
? Inwiefern sind Range-Konzepte wie Top Tracer Range und Trackman Range eine Konkurrenz zu Topgolf?
! Sehr limitiert. Die Range-Konzepte sind auf Golfer ausgerichtet. Topgolf, insbesondere für uns in Deutschland, ist weniger auf die Golfer ausgerichtet. Topgolf soll keine Range ersetzen, sondern ist auf Spaß – für oder mit Nicht-Golfern – ausgerichtet. Daher trage ich persönlich auch keine Golfbekleidung, wenn ich mit Freunden oder der Familie zu Topgolf gehe und nehme auch keinen Handschuh. Wenn ich Golf trainieren will, gehe ich dagegen auf eine gute Range.
? CEO Brewer schließt auch einen Spin-off von Topgolf nicht aus. Inwiefern hätte ein Spin-Off für Greenreb, hier in Europa, Konsequenzen?
! Für das Tagesgeschäft überhaupt nicht. Wir sind der Partner von Topgolf. Als wir angefangen haben, waren sie eigenständig. Dann wurden sie von Callaway gekauft. Wir sind da sehr neutral und sehen Vorteile in beiden Konstellationen. Als Teil von Callaway gibt es gewisse Synergien, Topgolfs neuer Schläger „The Sure Thing“ ist beispielsweise sensationell – das wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn Topgolf nicht Teil von Callaway wäre. Allerdings ist Topgolf unternehmerisch immer noch in einer starken Wachstumsphase. Hier kann Eigenständigkeit Vorteile bringen. Wir sind dem gegenüber sehr neutral eingestellt. Wir fokussieren uns auf darauf, dass wir gut wachsen und operativ das Geschäft gut führen. Mit dem Rest gehen wir dann so um, wie es kommt.
? Um das nochmal aufzugreifen: Ist Topgolf noch zu jung, um den Fokus ganz entschieden auf Shareholder-Value zu legen?
! Ich finde das schwierig, zu bewerten. Ich selbst bin nicht Unternehmer, weil ich glaube, dass quartalsweise Resultate an die Wall Street rapportieren relevant ist, sondern weil ich daran glaube, dass man nachhaltigen, langfristigen Wert schaffen sollte, und dass das teilweise auch auf Kosten von kurzfristigen Resultaten geht. Topgolf per se ist ein extrem kapitalintensives Geschäft mit relativ langen Entwicklungszeiten und mit sehr wichtigen Innovationszyklen. Damit Kunden über 25 Jahre 40 Mal auf die Anlagen kommen, muss man immer neue Spiele und mehr bieten. Ich glaube, der Erfolg von Topgolf in der Vergangenheit war sehr oft, dass es sehr visionäre Unternehmer hatte. Unsere Investoren bei Greenreb wollen wissen, wie es in fünf oder zehn Jahren aussehen könnte. Und nicht, wie der Juli war – und das finde ich genau richtig und sehr angenehm.
? Interessanterweise ist der Aktienkurs von Topgolf Callaway nach der Ankündigung nochmal deutlich nach unten gegangen. Sieht der Markt gar nicht Topgolf als Problem an?
! Das ist ganz schwierig zu sagen. Meine persönliche Interpretation ist, dass der Markt einfach überrascht war von schlechteren Same-Venue-Sales, als sie erwartet hatten. Und das wird dann über den Aktienkurs abgebildet. Falls es aufgesplittet wird, sieht man dann, wie der Markt die zwei Businesses bewerten.
? Greenreb plant, Ende 2024/Anfang 2025 in Wien den nächsten Standort zu eröffnen. Liegt alles im Zeitplan?
! Ja, für Wien ist alles im Zeitplan. Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung. Das Gebäude steht, alle Netzpfosten stehen, das Außenfeld ist mitten im Bau. Die Ziele sind ebenfalls im Boden integriert. Jetzt werden die Netze gehängt, der Rasen ausgerollt und der Innenausbau in der Anlage erledigt. Im Gegensatz zu Oberhausen haben wir kein Covid. Wir hoffen dadurch, dass das Recruiting ein bisschen einfacher geht.
? Wird es noch weitere Standorte geben?
! Für Mailand haben wir die Baugenehmigung erhalten. Das ist definitiv eine Priorität. Und dann haben wir vor allem in Deutschland weitere Anlagen, wo wir sehr weit sind, wo wir aber noch nichts darüber kommunizieren können. Bei rund sieben Anlagen laufen Gespräche mit Investoren, Bauvoranfragen oder bereits Bewilligungsverfahren. Insgesamt haben wir in unserem Lizenzgebiet bis jetzt über 500 verschiedene Standorte identifiziert und evaluiert.
Herzlichen Dank für diese sehr interessanten Einordnungen und Ausblicke.
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Update
In einer Pressemitteilung vom 04. September kündigte die Topgolf Callaway Brands Corp. die Aufteilung in zwei Unternehmen an. Mindestens 80,1% der Anteile an Topgolf sollen veräußert werden, damit der Verkauf der Anteile gemäß US-Steuergesetzen steuerfrei gestaltet werden kann. Callaway wird neben seinen traditionellen Golfmarken weiterhin das Bekleidungsgeschäft mit Travis Matthews und Jack Wolfskin führen, auch das Rangesystem Toptracer soll bei Callaway verbleiben. Hintergrund sei, so ist zu hören, dass man Toptracer als ergänzendes Produkt für den klassischen Golfmarkt sehe, während Topgolf mit seinem Golfentertainment eine andere Zielgruppe anspreche. In den kommenden Monaten wird die Unternehmensführung die Abspaltungspläne konkretisieren und mit dem Board of Directors abstimmen. Die Umsetzung der Aufteilung erwartet das Unternehmen für die zweite Jahreshälfte 2025.
Autor: Michael Althoff | golfmanager 04/2024