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Erfolgsfaktor Inlands-Tourismus am Beispiel Budersand

Konsequente Arbeit mit sympathisch-dezentem Marketing

Kaum eine Insel steht seit Jahrzehnten mehr als Inbegriff für Tourismus in Deutschland als Sylt. Dabei schuf erst der 1927 eröffnete Hindenburgdamm die Voraussetzungen für mehr Transportkapazitäten zwischen Festland und Insel. Doch kaum ein anderes Feriendomizil in Deutschland wird zugleich so stark mit Luxus und High Society in Verbindung gebracht wie Deutschlands nördlichste Insel. Während in den 1920er Jahren Persönlichkeiten wie Emil Nolde, Hermann Hesse, Marlene Dietrich oder Stefan Zweig bereits dem Charme der größten nordfriesischen Insel erlagen, setzte Ende der 1960er der Boom der High Society um Gunter Sachs seine Duftmarken – nicht zuletzt rund um Kampen. Doch auch wenn der Insel weiterhin das Image der Schönen, der Reichen und der ganz schön Reichen anhaftet: Sylt hat sich gewandelt und ist heute touristisch breit aufgestellt, Zielgruppen von Familien über Aktivurlauber bis erholungssuchende Paare finden hier ein passendes Angebot. Das gilt insbesondere für den südlichsten Ort der Insel, Hörnum. Während sich der Tourismus auf Sylt mehrheitlich Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte, wurde das erste Privathaus in Hörnum erst 1924 gebaut. „Hörnum hat sich im Vergleich zum Rest der Insel spät entwickelt – dadurch konnten wir Fehler anderer Entwicklungen zum Glück vermeiden“, erläutert Peter Ulf Geisler, der seit Februar 2021 als Tourismus-Direktor den Tourimus-Service Hörnum leitet. Als einziger Sylter Ort mit Ortsstrand präsentiert sich Sylts Süden bewusst anders: Hier steht die Natur im Fokus, die Besucher sollen Ruhe und Entschleunigung vom Alltag finden, aber auch ein umfangreiches Sportangebot. „Wir haben eines der besten Wassersportreviere Europas, viele Triathleten nutzen unser Gebiet zum Training. Dabei verstehen wir uns bewusst als ,Sylt für Alle‘ und sprechen eine breite Zielgruppe inklusive Familien an“, so der Tourismus-Manager. Eine wichtige Rolle in der touristischen Entwicklung Hörnums kommt Budersand zu.

Mit dem im Juli 2008 eröffneten Golfplatz und dem im Folgejahr eröffneten Fünf-Sterne-Superior-Hotel verfügt der Ort heute nicht nur über einen der seltenen echten Links-Golfplätze Deutschlands, sondern auch einen der besten Golfplätze Europas. Zahlreiche Auszeichnungen diverser Golfmagazine unterstreichen die herausragende Qualität der Anlage. „Mit Budersand hat sich unser Ort verändert“, resümiert Geisler. Denn vor Bau des Resorts, dessen Name sich von der gleichnamigen Düne ableitet, lag das ehemalige Bundeswehr-Gelände seit den 1990er Jahren brach.

 

„Hotel und Golfplatz waren von Beginn an als Gesamtkonzept ausgelegt“, erläutert Christian Matthiesen, der als Director of Sales & Marketing sowohl die Vermarktung des Hotels als auch der Golfanlage verantwortet. Golf diente dabei der Renaturalisierung des Geländes, das vorher in weiten Teilen versiegelte Oberflächen bot. „Unser Ziel war es von Beginn an, das perfekte Leistungspaket aus Golf, Unterkunft und Kulinarik zu bieten – eben ein perfektes Erlebnis, allerdings in Kombination mit typisch norddeutschem Understatement“, so der Manager. Daher ist die Golfanlage kein Privatclub, sondern richtet sich in erster Linie an Gastspieler.

Mitgliedschaften gibt es dennoch – sie werden unter dem Claim „Goldcard“ vermarktet und sind auf 50 begrenzt. „Wir wollten auch hier Exklusivität und touristische Vermarktung kombinieren“ erläutert Patrice Schumacher, Clubmanager des Golfclubs Budersand und GMVD-Mitglied, das Konzept. Zwar könnte man sicherlich deutlich mehr Golfer für eine Mitgliedschaft gewinnen, doch das schränke die touristischen Vermarktungsoptionen immer stärker ein, so seine Erfahrung. Schumacher hat die Position im Mai 2022 übernommen, nachdem sein Vorgänger Florian Gneist den Club aus familiären Gründen verlassen hatte. Auch wenn Hotel und Golfplatz unter gleichem Brand firmieren und als Gesamtkonzept angelegt sind: Der Platz steht allen Gastspielern offen, und auch das Hotel wird nicht nur von Golfern gebucht, gehört es doch nicht nur von der Architektur, sondern auch vom Service definitiv zu den Besten Europas. „Unser Hotel wirkt nicht wie ein typisches Golfhotel“, so Marketing-Chef Matthiesen. Dadurch spreche das Hotel nicht nur Golfer an – lediglich 15% der Hotelgäste kämen ausschließlich zum Golfen, so seine Einschätzung.

„Golf ist oft nur eine von vielen Aktivitäten unserer Gäste auf Sylt, oft entschließen sie sich erst spontan zu einer Runde und nutzen dann beispielsweise das hervorragende Leih-Equipment unseres Clubs – daher ist es in der Praxis eher schwierig, Golf-Gäste von Nicht-Golfern zu differenzieren“, so seine Erfahrung. Das Budersand-Team sieht den Platz dennoch als reinen Lei-sure-Golfplatz. Daher wird das im Clubhaus befindliche Restaurant Strönholt bewusst nicht als Clubrestaurant positioniert, sondern als eigenständiges Restaurant, das hinter dem Clubhaus sogar eine eigene Zufahrt samt Parkplatz hat. Obwohl Hotel und Golfplatz eigenständige Angebote sind, erfolgt das Marketing kombiniert. „Damit vermeiden wir die bei getrennter Vermarktung oft zu beobachtenden Konflikte zwischen Golfevents und Hotelevents, insbesondere in Bezug auf Hotelkapazitäten für die großen Turniere auf dem Golfplatz“, so Matthiesen. Neben der Vermarktung der eigenen Beherbergungskapazitäten kooperiert Budersand eng mit dem Tourismus-Service Hörnum. Dadurch haben Golfer die Option, statt im Budersand-Hotel auf eine der zahlreichen anderen Beherbergungsmöglichkeiten des Ortes wie Apartments und Campingplatz zurückzugreifen. Auch bei der Planung von Events, nicht nur im Golfbereich, erfolgt eine enge Abstimmung. „Wir arbeiten nicht nur mit unseren lokalen Partnern sehr eng zusammen, sondern stimmen uns unter den Kurdirektoren über die Sylt Marketing GmbH mindestens ein Mal pro Woche ab“, so Kurdirektor Geisler. Nicht zuletzt dadurch sei es möglich gewesen, dass Sylt nach dem drastischen Rückgang in 2020 durch Covid-19 im Folgejahr zur Modellregion für einen Covid-19-konformen Tourismus wurde und somit wieder auf die Erfolgsspur zurückkehrte. Dennoch: Auch auf Sylt haben Lockdown und Kurzarbeit zur Abwanderung zahlreicher Mitarbeiter aus Tourismus und Hotellerie geführt. Über Sylt Marketing wird daher die Insel verstärkt als Lebensmittelpunkt für Mitarbeiter promotet, nicht mehr nur als – oft saisonale – Arbeitsstätte. „Mitarbeiter lokaler Unternehmen können hier in Hörnum gemeinde-eigenen Wohnraum nutzen, über dessen Vermietung der Sozialausschuss des Gemeinderates entscheidet“, erläutert Geisler das Konzept. Die Erschließung zusätzlichen Wohnraums im Norden des Ortes werde derzeit geprüft, so der Tourismus-Manager. Auch vor Budersand hat diese Entwicklung nicht halt gemacht. „Als privat geführtes Haus mit eigenen Mitarbeiter-Wohnungen in Hörnum sind wir weiterhin ein überdurchschnittlich begehrter Arbeitgeber, gerade auch für junge Arbeitnehmer“, erläutert Vertriebschef Matthiesen.

Vermarktung und Preisgestaltung

Die besondere Positionierung von Hotel und Golfplatz zeigt sich auch bei der Vermarktung und Preisgestaltung. „Wir nutzen weder für das Hotel noch den Golfplatz eine dynamische Preisgestaltung, sondern habe feste, veröffentlichte Raten“, so Matthiesen. Hotelgäste erhalten 20% Nachlass auf das jeweils gültige Greenfee. Wer möchte, kann den Linksplatz von Budersand mit Cart spielen – ein weiteres Element, das die klare Ausrichtung auf Freizeitgolfer zeigt. Die Vermarktung von Golf und Hotel erfolgt in erster Linie direkt. Das Hotel kommt, so ist zu hören, auf einen Direktbucheranteil von über 90%, bei der Golfanlage kommen neben dem reinen Greenfee noch Paketangebote mit dem Hotel Budersand und das Sylter Golfhopping, ein Greenfee-Paket gemeinsam mit dem Golf-Club Sylt und dem Marine Golf Club Sylt, hinzu.

 

Bei der Vermarktung profitiert der Golfplatz sehr stark von den zahlreichen Auszeichnungen. „Sie sorgen nicht nur für zusätzliche Bekanntheit und Aufmerksamkeit, sondern unterstützen uns in Verbindung mit unserem Greenfee in unserer Botschaft, dass Sylt eine wunderbare Urlaubsdestination für jedermann ist“, so Vertriebschef Matthiesen. Schumacher und Matthiesen stimmen überein, dass das Erlebnis für die Golfer im Vordergrund stehe – jedoch nicht als pompöses Event, sondern mit typisch norddeutschem Understatement. Am Ende zählt eben die Leistung, die dem Gast zuteil wird. Die frühere starke Fokussierung auf die Sommersaison hat sich ebenfalls gewandelt, immer öfter nutzen Urlauber auch das Frühjahr und den Herbst, auch für Golfrunden auf der Insel. „Manchmal werden dann eben nur 9 Bahnen gespielt – oder die Gäste nutzen unseren TrackMan-Indoorraum“, so Matthiesen. Dennoch: Sylt ist die wohl ur-deutscheste Urlaubsdestination, mehr als 90% der Gäste von Budersand kommen aus Deutschland. Daher hat sich die Anlage auch bisher keinen internationalen Vermarktungskooperationen angeschlossen, denn diese seien auf den internationalen Markt ausgerichtet – und Vorteile für eigene Mitglieder sind ebenso wenig relevant, da der Club diese auf maximal 50 begrenzt hat. Auch Kurdirektor Geisler bestätigt diese Situation: „Viele Gäste halten Sylt im positiven Sinne für ihre eigene Insel – unabhängig von der Art und Kategorie der Unterkunft wird Sylt oft als zweite Heimat angesehen“. Zudem biete die Insel ein ausgezeichnetes Busnetz im 30-Minuten-Takt und ein perfekt ausgebautes Fahrrad-Wegenetz, so der Tourismusexperte weiter. Daher brauche man auf der Insel auch nicht unbedingt das eigene Auto. Einem weiteren Ausbau des Tourismus stehe, so seine Einschätzung, vor allem die Anbindung per Bahn über den Hindenburgdamm im Wege. Erst mit einem zweigleisigen Ausbau könnten die Kapazitäten weiter ausgebaut werden.

Positionierung über Top-Turniere

Eine wichtige Rolle bei der Positionierung und Vermarktung des Golfplatzes von Budersand spielen die eigenen Events. Auch für diese Turniere gilt: Weniger ist oftmals mehr, denn die Anzahl ist übersichtlich, die Qualität dafür herausragend. Mit dem für Ende Juli terminierten Klassiker „Budersand Open“ bietet die Anlage ein klassisches Turnier samt Abendveranstaltung, jedoch ohne Sponsoren. Der neue „Budersand Cup“ soll hingegen primär jüngere Golfer ansprechen und bietet dementsprechend eine deutlich legere Verpflegung mit einem BBQ in der Greenkeeper-Halle. Das vor allem bei den Pros äußerst beliebte ProAm wird gemeinsam mit anderen Golfanlagen der Insel ausgetragen und ist ebenfalls fest in der Vermarktungsstrategie verankert. Grundsätzlich ist Schumacher mit der bisherigen Buchungsentwicklung für die Anlage sehr zufrieden – bereits 2021 profitierte Budersand vom Trend zum Inlandstourismus, von Pfingsten bis Herbst 2022 seien die Vorausbuchungen sehr zufriedenstellend. Grundlage hierfür ist das kontinuierliche Bestreben, die erreichten Standards nicht nur zu halten, sondern weiter auszubauen. „Wer glaubt, dass ein Linksplatz in der Pflege besonders einfach sei, wird in der Praxis schnell vom Gegenteil überzeugt“, so der Manager weiter. Aufgrund des anderen Bewuchses seien spezielle Pflegemethoden erforderlich, der rasch austrocknende Dünen-Sandboden erfordere ein häufiges Bewässern. Auch die Mischung aus Walzen und Mähen in der täglichen Pflege sei in Budersand oft anders als auf dem Festland, stellt er fest. Die Links-typischen Topfbunker erfordern eine Pflege von Hand, Rechen per Maschine ist nicht möglich. „Nicht zuletzt deshalb haben wir für unsere 18-Löcher-Anlage ein ganzjähriges Team von 6 Vollzeit-Greenkeepern, welches das für Links-Courses notwendige Know-how mitbringt“, erklärt er nicht ohne Stolz. Zwar gibt es in Budersand keine Caddies, die Carts sind jedoch mit dem modernen Visage-System ausgestattet. „Ungefähr 10% unserer Golfer nutzen Carts“, so Schumachers Einschätzung.

Wichtiger Teil des Erlebnisses sind die umfassende Einweisung vor der Runde durch den Starter, vor allem für Erstspieler, der Kaffee-Express auf der Runde und für Hotelgäste die Schlägerreinigung nach der Runde – alles in typisch norddeutscher, unaufgeregter Atmosphäre. Dass die Kunden die konsequente Ausrichtung auf das Erlebnis honorieren, zeige die hohe Zahl an Wiederholern auf der Anlage, so der Manager. Aber auch immer mehr Neugolfer finden den Weg nach Budersand, um die mehrfach ausgezeichnete Anlage einmal selbst zu genießen. Die Mehrzahl der deutschen Golfer kommt aus den Mitglieder-stärksten Landesverbänden Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg – und natürlich aus dem Großraum Hamburg. International sind vor allem das Nachbarland Dänemark sowie die Schweiz aufgrund eines Direktflugs Zürich – Westerland die wichtigsten Märkte. Trotz des bereits überdurchschnittlichen Service-Niveaus und der nationalen wie internationalen Anerkennung strebt Schumacher in seiner neuen Position auf Sylt nicht nach Bewahren, sondern nach Ausbauen. „Wir wollen unsere Dienstleistung weiter entwickeln und unsere Position im Markt ausbauen. Dazu gehört in erster Linie, dass wir das Erlebnis auf und neben dem Platz mit allen Mitarbeitern maximieren“, so der Manager. Auch die Website des Golfclubs soll noch in diesem Jahr neu gestaltet und die Nutzung von Social Media im Vertrieb soll intensiviert werden. „Wir möchten die Zusammenarbeit mit dem Hotel weiter auf höchstem Niveau halten, um mögliche Synergien optimal nutzen zu können – denn in Verbindung mit dem Standort Hörnum möchten wir langfristig ein Erlebnis-orientiertes Produkt bieten, das auf dem deutschen und europäischen Golfmarkt eine herausragende Position einnimmt“, umreißt Schumacher die Ziele. Wer die bisherige Entwicklung von Budersand verfolgt hat, darf sicher sein, dass die Teams um Matthiesen und Schumacher dieses Ziel gewohnt konsequent realisieren werden – allerdings wie bisher eher im Stillen, durch konsequente Arbeit und mit sympathisch-dezentem Marketing.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 3/2022

 

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