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Die Verramschung des Golfsports

Korreliert Bekanntheit mit Attraktivität?

In Deutschland gibt es 732 Golfanlagen. Wie viele davon kennen Sie? Wenn Sie aktiver Golfer sind, kennen Sie sicher eine ganze Menge. Denken Sie mal kurz nach – an wie viele erinnern Sie sich spontan? Bekommen Sie ohne viel nachzudenken zehn Golfanlagen zusammen? Bestimmt!

 

Jetzt denken Sie mal über bekannte Golfanlagen nach. Egal, ob Sie dort bereits einmal aufgeteet haben oder nicht. Auch Golfanlagen in Übersee dürfen dabei sein. Wie viele fallen Ihnen spontan ein? Ebenfalls mindestens zehn, oder? Würden Sie gerne auf diesen Golfanlagen einmal spielen wollen? Würden Sie sich freuen, wenn man Sie dort auf eine greenfeefreie Runde einlädt? Sicher doch, oder?

Was macht eine Golfanlage begehrenswert? So begehrenswert, dass für eine Runde auf einem öffentlichen „public course“ wie Pebble Beach z.B. $ 500 für eine Runde nur für das Greenfee bezahlt werden? Ist es die spektakuläre Szenerie? Der Blick auf das Meer oder die einzigartig angelegten Grüns? Das Wissen, dass prominente Golflegenden und zahlreiche Prominente aus Film und Fernsehen dort gespielt haben?

 

Peter H. Kronberg aus Hessen bewertete am 31. März 2016 auf tripadivisor wie folgt: „Einmalig! Jeden Dollar wert! Ich war skeptisch, wie ein Greenfee von $ 500 Sinn machen kann. Der Platz ist jeden Penny wert, würde ich wieder spielen, auch für den doppelten Preis. Ein einmaliges Erlebnis.

 

Woran liegt die Anziehungskraft, die solche Golfanlagen auf Golfer ausüben? Am hohen Preis oder eher an der gefühlten bis tatsächlichen Unerreichbarkeit, wie eine Mitgliedschaft in Augusta? Condoleezza „Condi“ Rice hat es geschafft, als erste Frau ist sie 2012 Mitglied im Augusta National Golf Club geworden. Auf einer Golfanlage, die zum Mekka der Golfer geworden ist, auf der „Golf-Haddsch“ im April eines jeden Jahres Millionen Augen auf sich zieht und viele Glückliche, die es als Besucher (viele in einem „once in a lifetime“-Event) möglich gemacht haben, an dieser begehrten Veranstaltung teilhaben zu dürfen.

 

Der ProShop in Augusta wird von den Fans, dieser als Heiligtum verehrten Stätte, in einem Ausmaß gestürmt, dass es jedem Einzelhändler Freudentränen auf die Wangen treiben würde. Werden die Logo-Devotionalien in dem ProShop auf Ihrer Golfanlage in einem nur annähernd ähnlichen Ausmaß nachgefragt? Vermutlich eher nein. Wenn etwas sich recht gut verkauft, sind es Logobälle. Aber hier genügen Marge und Menge nicht, um ein dauerhaftes Lächeln zu erzeugen.

 

Wo ist das deutsche Augusta?

Warum sind von den 732 Golfanlagen in Deutschland so wenige so beliebt, wie sie gerne sein würden? Wo sind die Fans? Warum bleiben sie aus – oder schlimmer – sterben sie aus?

 

Mit Ende des Golfbooms in den 1990iger Jahren hat die Golfbranche einen gefährlichen Virus abbekommen. Der Virus ist so gefährlich, dass er bis heute von vielen unbemerkt sein Unwesen treibt und die Geschäfte, die Kultur und die Zukunft der gesamten Golfbranche vergiftet. Sein Name scheint vielen zu schmeicheln und runterzugehen wie Öl. Der Virus heißt: Billig.

 

Laien, Branchenfremde, aber leider auch Brancheninterne, haben dieses Gift versprüht und die Todesspirale (siehe Artikel im golfmanager 01/08 „Todesspirale – Diskontieren bis zum Abwinken“) in Gang gesetzt. Die Folge war, dass der sich zunehmend dem Wettbewerb ausgesetzte Golfmarkt nur einen Weg kannte, um sich bei potenziellen neuen Kunden beliebt zu machen, indem über den Preis verkauft wurde.

 

Was für eine Schande! Golfanlagen, die zwischen 22 ha und überwiegend über 80 ha Fläche zu pachten, zu pflegen und zu unterhalten haben, sind im Vertrieb und in allen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen dramatisch schlechter aufgestellt wie ein durchschnittliches Fitnessstudio, mit 0,2 ha (2.000 qm) Fläche und einem im Vergleich verschwindend geringem Investitionsvolumen!

 

Soweit konnte es nur kommen, weil eine Beliebigkeit vorgegaukelt wurde. Unsere Golfboomer, noch immer die stärkste wirtschaftliche Säule unseres Marktes, haben Respekt vor dem Produkt Golfanlage mit ihrer Ausbildung zum Golfer bekommen.

 

Zwei, drei Jahre auf der Driving Range, und erst als Schwung und Etikette auf einem Niveau waren, welches einen respektvollen und ästhetischen Umgang mit dem besten Spiel der Welt erlaubt haben, durfte der „heilige“ Rasen betreten werden, um eine gepflegte Runde zu spielen. Dass die Folge neben der Begehrlichkeit auch mehr Respekt vor den Spiel­elementen mit sich gebracht hat, ließ sich an zurückgelegten Divots und umgehend reparierten Pitchmarken ablesen.

 

Die gute alte Zeit – früher war alles besser?! Alles sicher nicht. Was jedoch gründlich missraten ist, dass ein Produkt, welches sich eine außerordentliche Begehrlichkeit bewahrt hatte, verramscht wurde. Die Assoziation mit Breitensport zieht nun mal ein „Billig“ hinter sich her. Was für eine Selbstgefälligkeit, einen Sport, der viel Zeit beansprucht, als Breitensport aufstellen zu wollen. Es funktioniert nicht – und es hat Schaden verursacht.

 

Der Golfsport, der ohnehin mit starken Vorurteilen zu kämpfen hat, wollte mit günstigen Angeboten eine Attraktivität erzeugen. Die Attraktivität sollte aus dem Billig entstehen. Für ein Produkt, das für alles andere als billig im Klischee-Duden der TV-Vorabendserien-Drehbuchautoren in Stein gemeißelt ist. Es ist wirklich schwer zu fassen, dass Menschen, die in der Verantwortung stehen, eine Golfanlage auch wirtschaftlich zu führen haben, auf einen derartigen Trugschluss hereinfallen.

 

Zalando ist nicht Golf

Korreliert Bekanntheit mit Attraktivität? Nein, leider nicht. Bekanntheit kann durch einen intravenös gelegten Katheder vom Bankkonto zu den Medien erzeugt werden. So wie es Zalando getan hat. Okay, das geht. Aber nicht für Golf. Eine Golfanlage hat keine Millionen Euro p.a., um eine nationale Bekanntheit zu erzeugen. Und attraktiv ist das Angebot dann immer noch nicht. Zalandos Geschäftsmodell ist so sexy wie das von Otto-Versand und Quelle. Ach ja, die gibt es ja leider nicht mehr. Bei Zalando ist es über die Werbung gelungen, eine Zielgruppe zu erschließen, die dem gleichen Modell eines anderen Anbieters nicht gefolgt wäre.

 

Das ist so nicht auf den Golfmarkt zu adaptierten. Der Golfmarkt ist lokal. Für wenige Anbieter, die eine überwiegend touristische Ausprägung haben, kann eine nationale Kampag­­ne Sinn machen. Für die anderen rund 720 ist der Radius, neue Kunden zu generieren der lokale Weg.

 

Was finden Noch-nicht-Golfer am Golfsport attraktiv? Dass es billig ist und alle jederzeit, alles nutzen können? Attraktivität geht anders. Auch über Verknappung kann eine Begehrlichkeit entstehen. Vergeben Sie Startzeiten auf Ihrer Golfanlage? Na, dann sind schon einmal auf dem richtigen Weg.

 

Autor: Adriaan A. Straten | golfmanager 03/2017

 

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