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Fachkräftemangel erfordert strukturelle Anpassungen

We want you – Jammern hilft nicht

Branchenübergreifend zählt der Fachkräftemangel in Deutschland aktuell zu den Megatrends. Zwar überstieg im August 2022 die Anzahl der Arbeitssuchenden mit 2,557 Mio. Menschen die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen von 0,89 Mio. um rund das Dreifache, dennoch klagen die Unternehmen nicht erst seit Corona über zunehmende Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden. Längst hat das Thema die höchsten politischen Kreise erreicht – alleine, Besserung ist weiterhin nicht in Sicht. Schließlich dauern Ausbildung oder Studium im Durchschnitt zwei bis vier Jahre – der heutige Fachkräftemangel bei Berufseinsteigern ist somit das Resultat von Versäumnissen der letzten rund fünf Jahre und kein neues Phänomen. Fast hat man den Eindruck, dass viele Arbeitgeber bei der Bewältigung dieser Herausforderung auf Artikel 3 des berühmten Kölschen Grundgesetzes gebaut haben: „Et hätt noch immer jot jejange ...“. Doch zur großen Überraschung vieler Arbeitgeber hat auch die Corona-Krise auf dem Arbeitsmarkt trotz Stellenabbau in 2020 und 2021 keine Veränderung gebracht.

Denn anders als erwartet, strömen die während der Corona-Krise entlassenen Arbeitnehmer nun nicht in Scharen wieder zurück in ihre alten Berufe, sondern haben längst neue Branchen gefunden – und fühlen sich in diesen offensichtlich wohl (oder zumindest nicht unwohler als in ihren früheren Beschäftigungsverhältnissen). Wer während der Sommerferien mit dem Flugzeug verreiste, musste die Auswirkungen in Form langer Wartezeiten, Flugabsagen und -verspätungen oft am eigenen Leib erfahren. So sind einer Studie zufolge alleine 35.000 Beschäftigte aus der Hotellerie und Gastronomie in den Handel gewechselt, beispielsweise zu Lebensmittel-Discountern, rund 27.000 Jobs wechselten zu Paketdiensten.

 

Zwar musste die Golfbranche in den vergangenen Jahren kaum Personal aus wirtschaftlichen Gründen freisetzen, der Mangel an Fachkräften hat sich dennoch verschärft. Ende August wurde daher in einer Gemeinschaftsaktion von DGV, GMVD, GVD und PGA of Germany das neue Portal „Traumjob Golfplatz“ (www.traumjob-golfplatz.de) freigeschaltet. Hört man sich in der Branche um, ist das Thema Fachkräftemangel vor allem beim Greenkeeping evident. Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht Kennzahlen zum Fachkräftebedarf in vielen Branchen – und für den Bereich „Garten-, Landschafts-, Sportplatzbau“ zeigt das Barometer deutlich in Richtung Mangel. Nicht so groß ist nach den Veröffentlichungen der Bundesagentur der Mangel in der Berufsgruppe für den Bereich „Tourismus und Sport, Fachkräfte“ – hier zeigt sich nach Einschätzung der Bundesbehörde eine deutlich entspanntere Situation, wenngleich auch bei den Kräften in Management und Verwaltung kein Überangebot herrscht. Auch im Bereich des Ehrenamts berichten immer mehr Golfanlagen, die als Verein geführt werden, von zunehmenden Schwierigkeiten, quantitativ und qualitativ geeignete Kandidaten zu finden.

 

Vielfältige Ursachen

Die Gründe für den aktuellen Fachkräftemangel sind vielfältig – manche resultieren aus gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen, andere hingegen haben mit der „Arbeitswelt Golfplatz“ zu tun. Ein wichtiger Grund für den anhaltenden Mitarbeitermangel in der gesamten deutschen Wirtschaft: Trotz Pandemie und Ukraine-Krieg führt eine wachsende Nachfrage bei den Unternehmen zu höherer Beschäftigung und entsprechender Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Das KfW-ifo-Fachkräftebarometer vom Mai 2022 sieht die Uhr bei der Eindämmung dieses Mangels bereits bei „fünf nach zwölf“. In der gleichen Veröffentlichung benennen die Wirtschaftsexperten einen der Hauptgründe für diese Entwicklung: den demografischen Wandel. Seit 1991 hat sich die Anzahl der Menschen im Rentenalter um 50% erhöht, während der Anteil der Bevölkerung im Haupterwerbsalter (19 bis 65 Jahre) rückläufig ist. Auch der Anteil der Kinder und Jugendlichen – eben der künftigen Erwerbstätigen – ist rückläufig. Diese Entwicklung geht einher mit einer veränderten Nachfrage nach Bildungsangeboten, wie der BIBB-Datenreport bereits 2015 aufzeigte, s. Abbildung 1.

Danach ist die Anzahl der Schulabsolventen insgesamt rückläufig, dieser Trend wird nicht zuletzt durch die geburtenschwachen Jahrgänge in den kommenden Jahren weiter anhalten. Doch auch die Art der Schulabschlüsse hat sich verändert: Immer mehr Schulabgänger verfügen über einen Abschluss, der zum Studium berechtigt – und nehmen diese Möglichkeit oft lieber in Anspruch als eine klassische betriebliche Ausbildung, zumal ein Bachelorstudium mit drei Jahren gerade einmal genau so lange dauert wie die meisten Berufsausbildungen. Vor allem die über viele Jahrzehnte in Deutschland gepriesene duale Ausbildung leidet daher unter diesem doppelten Rückgang.

 

Schwierige Rahmenbedingungen

Während Golfer das Spiel mit dem kleinen weißen Ball gerne als „greatest game of all“ sehen, empfiehlt sich in Hinblick auf den Fachkräftemangel durchaus ein kritischer Blick auf die Rahmenbedingungen aus Arbeitnehmersicht. Denn auch in der Personalwirtschaft gilt: „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler!“ Betrachtet man daher mögliche Tätigkeiten auf dem Golfplatz unter dem Blickwinkel der Attraktivität für Arbeitnehmer, zeigen sich erste Schwachstellen:

 

Flache Hierarchien

Immer wieder wird herausgestellt, dass auf Golfanlagen flache Hierarchien herrschen. Umgekehrt bedeutet dies jedoch auch, dass sich den Stelleninhabern kaum Aufstiegschancen bieten – meist ist das Karrierepotenzial mit einer Leitungsebene (beispielsweise Clubmanager) erschöpft. Karriereoptionen bieten sich dann nur durch einen Wechsel zu größeren Anlagen mit mehr Verantwortung oder durch einen Wechsel in andere Bereiche der Golfbranche. Zwar bietet die Golfbranche ein durchaus ansehnliches Portfolio an Weiterbildungsmöglichkeiten, gerade im Bereich Management, allerdings stehen diesen in der Praxis meist fehlende Aufstiegsmöglichkeiten, aber oft auch fehlende monetäre Anreize gegenüber.

 

Starke Spezialisierung

Wer in Großbritannien, Irland oder den USA golft, checkt üblicherweise im lokalen Pro-Shop ein. Anders als in Deutschland sind dort alle mit dem Golfspiel verbundenen Aktivitäten samt Ausrüstungsverkauf beim zuständigen Pro gebündelt – eben im Pro-Shop. In Deutschland ist die Funktion des Teaching Pros heute fast vollständig auf die des angestellten oder selbständigen Golflehrers beschränkt. Allerdings zeigt sich in den letzten Jahren, dass einige Golfanlagen zumindest bei Empfang, Sekretariat und Pro-Shop den Weg der bisherigen Aufgabentrennung verlassen und diese Bereiche wieder zusammenführen.

 

Arbeiten, wenn andere Freizeit haben

Hier liegt eine der Hauptschwierigkeiten, vor allem bei der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter. Längst hat sich ein Wertewandel vollzogen, Arbeiten ist vor allem für junge Menschen nicht mehr Lebensmittelpunkt. Gerade auf Golfanlagen ist der Arbeitsanfall gerade dann besonders hoch, wenn Freunde und Familie ihre Freizeit genießen. Arbeit am Wochenende und an Feiertagen ist in der Golfbranche die Regel, nicht die Ausnahme.

 

Saisonbetrieb

Auch wenn immer mehr Anlagen ganzjährig geöffnet bleiben, gibt es weiterhin Golfplätze, welche witterungsbedingt über den Winter geschlossen bleiben. Wird dann, wie beispielsweise in der Gastronomie oder Hotellerie noch immer weit verbreitet, nur mit Saisonverträgen gearbeitet, macht dies den Job wenig attraktiv. Setzt die Anlage hingegen anstelle von Saisonverträgen auf Jahresarbeitszeitkonten, führt dies in der Praxis oft zu Teilzeitstellen, da in der Saison die Arbeitsstunden für die Schließungsperiode zu leisten sind und hier naturgemäß Grenzen bestehen.

 

Das liebe Geld

Vergleicht man die Vergütungen auf Golfanlagen mit anderen Branchen, sind diese bestenfalls durchschnittlich. Auffällig: Kaum eine Anlage bietet für ihre Mitarbeiter eine variable, erfolgsorientierte Vergütung. Auch wenn hier viele Golfanlagen die teils sehr niedrigen Greenfees und im internationalen Vergleich moderaten Mitgliedsbeiträge und den daraus resultierenden geringen finanziellen Spielraum als Ursache anführen werden: Aus Sicht der Mitarbeiter zählt letztlich die eigene Nettovergütung. Die aktuelle Inflation rückt das Thema „Vergütungshöhe“ noch stärker in den Blickpunkt.

 

Unklare Ausbildung

Während gerade im Greenkeeping oder bei den Golflehrern die Ausbildung klar geregelt ist, präsentiert sich gerade der im Kundenkontakt so wichtige Frontoffice-Bereich eher mit einem unklaren Berufsbild. Die gerne gewählte Bezeichnung „Golfsekretär:in“ ist eher eine brancheninterne Berufsbezeichnung, jedoch kein klassischer Ausbildungsberuf im dualen System. Die Qualifikationen können beispielsweise über ein sechsmonatiges Fernstudium des IST oder binnen rund eines Monats in 60 Unterrichtseinheiten per Kompaktseminar des DGV in einer Präsenzveranstaltung plus anschließender Prüfung erworben werden. Damit wendet sich die Branche primär an Quereinsteiger – und ist damit von der Ausbildungsqualität und -quantität anderer Dienstleistungsbranchen abhängig. Zudem fehlt – abgesehen vom CCM-System des GMVD – ein klarer Karrierepfad für Mitarbeiter des Frontoffice. Zwar gibt es Aus- und Weiterbildungen zu Golfbetriebswirten und Golfbetriebs-assistenten sowie einzelne Angebote im dualen Studium, ein vollwertiges Ausbildungsangebot gerade für Schulabgänger findet man meist nur dort, wo eine Ausbildung außerhalb der Golfbranche angeboten wird, beispielsweise im Bereich Events oder Fitness und Gesundheit. In Konsequenz wird auf vergleichsweise wenigen Golfanlagen überhaupt selbst ausgebildet.

 

Komplexe Entscheidungswege

Mitarbeiter und Führungskräfte auf Golfanlagen möchten Entscheidungen treffen – das gilt sowohl für die Bürojobs, als auch die „grünen“ Berufe. Da in Deutschland jedoch viele Golfanlagen als Verein organisiert sind, hängt dies stark vom individuellen Zusammenspiel zwischen angestellten Mitarbeitern und dem Ehrenamt ab. Oft hört man von den Mitarbeitern vor Ort, dass der ehrenamtliche Vorstand stark in operative Entscheidungen eingebunden sein möchte. Natürlich gibt es auch andere Beispiele, in denen der ehrenamtliche Vorstand seine festangestellten Mitarbeiter mit den notwendigen Befugnissen ausstattet und sich mehr auf die Rolle eines Beirats oder Aufsichtsgremiums konzentriert. Dennoch: Entscheidungen treffen zu können ist heute wichtiger Bestandteil der Berufswelt, auch auf Golfanlagen.

 

Generation Z als künftige Mitarbeiter

Aktuell lässt sich der Personalbedarf der Golfanlagen noch durch Mitarbeiter verschiedener Generationen decken. Im Sinne einer nachhaltigen Personalwirtschaft ist es jedoch erforderlich, sich insbesondere mit den Erwartungen künftiger Berufseinsteiger auseinanderzusetzen. Denn dauerhaft wird es sich die Golfbranche kaum leisten können, sich auf Zusatz-ausbildungen und Quereinsteiger zu verlassen – erforderlich ist, vom Greenkeeping bis zum Anlagenmanagement, ein eigenes Profil mit eigener Ausbildung. Daher ist es wichtig, sich mit den Anforderungen der Generation Z näher zu befassen. Eine Studie der Berliner Firma Zenjob zeigt Ansprüche an den Arbeitsplatz, Abbildung 2.

Neben Nachhaltigkeit und sozialem Engagement – was die Golfbranche grundsätzlich hervorragend einbinden kann – stehen Ehrlichkeit sowie Offenheit in der Kommunikation und gegenüber neuen Ideen weit vorne bei den Erwartungen. Weiterhin deutlich hinten landen hingegen Themen wie flache Hierarchien oder Firmenfeiern – hier wird der Unterschied zu manch früherer Generation deutlich. Ein wesentlicher Aspekt der Generation Z ist das Mitgestalten anstelle des reinen Mitarbeitens. Es geht damit weniger um Karriere im klassischen Sinne, sondern um das aktive Einbringen neuer Ideen und deren Umsetzung. All dies wird heute gerne unter dem Begriff „New Work“ zusammengefasst. In diesem Zusammenhang fällt oft der Begriff „Homeoffice“ – und leider gehört die Golfbranche zu den Segmenten, in denen dies nur sehr begrenzt möglich ist. Denn sowohl die Arbeit auf und neben dem Platz, als auch der Service am Gast erfordern die Präsenz vor Ort.

 

Doch New Work umfasst weit mehr, wie der New Work-Trendreport von Randstadt Deutschland aufzeigt. Demnach legen 74% der Beschäftigten Wert darauf, dass sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. 70% erwarten interessante und abwechslungsreiche Tätigkeiten und immerhin 56% sehen den Beruf als Teil ihrer Persönlichkeit. Während sich 52% der Erwerbstätigen als Experten qualifizieren möchten, streben nur 36% eine Karriere als Führungskraft an. Vor allem im Bürobereich – also bei den eher administrativen Arbeiten auf einer Golfanlage – tritt das Thema Homeoffice und Flexibilisierung zutage. Im Vordergrund steht dabei eine flexible Anpassung der Arbeitszeiten an Familie und Arbeit – meist mit stärkerem Fokus auf die Bedürfnisse der Familie als die der Arbeit. Dies ist für die Dienstleistung vor allem deshalb schwierig, weil sich der Arbeitsanfall in Bereichen mit Kundenkontakt zeitlich kaum beeinflussen lässt. Bei rein administrativen Tätigkeiten hingegen ist sicherlich auch auf Golfanlagen mehr Flexibilität – räumlich und zeitlich – möglich. Ebenso wichtig ist Randstadt zufolge den Mitarbeitern die Weiterentwicklung, vor allem im Bereich der Soft Skills. Als wesentliche Faktoren bei der Arbeitgeberwahl nennt die Studie Arbeitsplatzsicherheit, attraktives Gehalt und Sozialleistungen, angenehme Arbeitsatmosphäre, finanziel-le Stabilität des Unternehmens und die Work-Life-Balance. Übrigens: Mit 57% legt die Generation Z deutlich mehr Wert auf „viel freie Zeit haben“ als die Babyboomer (27%); auch beim „Mich selbst zu verwirklichen“ liegt die Generation Z mit 56% deutlich vor den Boomern mit 43%. Dass 83% der 16- bis 29-jährigen die örtliche Ungebundenheit als wichtigen Einflussfaktor auf die Arbeitswelt sehen, zeigt: Der Arbeitsmarkt hat sich nicht nur vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmer-Markt gewandelt, sondern wird zunehmend vom lokalen Markt zum nationalen oder gar internationalen Markt. Übrigens: Immerhin 40% der 16- bis 29-jährigen erwarten, dass verringerte Arbeitszeiten eine Rolle spielen werden. Während gerade in Nordeuropa längst Konzepte wie die 4-Tage-Woche oder eine 32-Stunden-Woche erfolgreich erprobt wurden, denkt man in Deutschland bei manchen Industrieverbänden und in der Politik eher über eine Anpassung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters nach. Offensichtlich liegen zwischen Wunsch und Wirklichkeit noch große Lücken.

 

Fachkräftemangel wird anhalten

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, benötigt die Golfbranche schnell entsprechende Konzepte. Im Vordergrund sollte die Frage stehen, ob man weiterhin vor allem auf Quereinsteiger und entsprechend kurze Zusatzqualifikationen setzen möchte oder – eventuell gemeinsam mit anderen Branchen aus den Bereichen Sport und Tourismus – gemeinsam Aus- und Weiterbildungskonzepte anstrebt. Gerade das Fehlen einer eigenständigen Ausbildung macht mittelfristig das Anwerben von Quereinsteigern unverzichtbar. Anders im Bereich des Greenkeepings: Hier gibt es bereits qualifizierte Ausbildungen, die aber noch stärker an potenzielle Bewerber kommuniziert werden sollten. Dennoch: Auch wenn aktuell eine Rezession der deutschen Wirtschaft immer wahrscheinlicher wird und dadurch wieder mehr Arbeitnehmer nach neuen Tätigkeiten Ausschau halten werden, diese Entwicklung wird das Problem für die Golfanlagen nicht lösen. Daher sollte sich die Branche Gedanken machen, welche alternativen Konzepte dem wahrscheinlich dauerhaften Fachkräftemangel entgegengesetzt werden können. Das dabei schnell und vielbeschworene Outsourcing ist kein Lösungsansatz – es überträgt den Fachkräftemangel lediglich auf den Outsourcing-Partner. Natürlich sind nur schwer Branchen-übergreifende Lösungen zu finden, oft liegt die Lösung im Kleinen auf dem lokalen Markt. Dennoch, einige – im Ausland oft bereits erfolgreich praktizierte – Lösungsansätze sollten auch für die deutsche Golfbranche intensiv geprüft werden:

 

Neue Aufgabenverteilung zwischen Haupt- und Ehrenamt

Da auch beim Ehrenamt zunehmend Probleme auftreten, die notwendigen Posten zu besetzen, sollte man verstärkt eine Verlagerung auf hauptamtliche Mitarbeiter prüfen. Das hilft nicht nur, klare Organisations- und Weisungsstrukturen aufzubauen, sondern sollte letztlich auch die Professionalität steigern. Zudem bieten sich durch diese zusätzlichen Aufgaben mehr Chancen für spannende Aufgabengebiete – eine wichtige Erwartung gerade der Generation Z. Dass damit Mehrkosten verbunden sind, ist nahezu unvermeidbar. Allerdings sollte vielerorts gerade durch das Mitgliederwachstum der beiden letzten Jahre der finanzielle Spielraum der Anlagen wieder etwas größer geworden sein – und gerade im Veranstaltungsbereich lassen sich durch hauptamtliche Mitarbeiter oft zusätzliche Einnahmen generieren.

 

Zusammenschluss

Die Mehrzahl der deutschen Golfanlagen ist als Einzelkämpfer unterwegs, große Betreiber fehlen ebenso wie die vor allem in den USA längst etablierten Management-Unternehmen wie Troon, Bobby Jones Links, ClubCorp oder Kemper Sports. Ein Zusammenschluss mehrerer Golfanlagen – sei es im Rahmen einer Fusion oder einer Kooperation – steigert jedoch erfahrungsgemäß die Attraktivität für potenzielle Arbeitnehmer, zudem wird größeren Unternehmen meist mehr finanzielle Stabilität zugetraut. Für die Arbeitnehmer bieten sich dadurch gleich mehrere Chancen: Spezial-Aufgabengebiete (beispielsweise im Bereich Marketing oder Soziale Medien) werden zu eigenen Stellen zusammengefasst, zudem gibt es fachlich und hierarchisch mehr Aufstiegsmöglichkeiten.

 

Verstärkte Digitalisierung der Prozesse

Die Banken haben es vorgemacht – Prozesse werden digitalisiert und an den Kunden ausgelagert, dieser nimmt die Auslagerung jedoch als Mehrwert wahr. Auch Fluggesellschaften haben einen ähnlichen Weg beschritten, indem Flugbuchungen und Check-in auf die Kunden übertragen wurden. Auch im Golfanlagenbetrieb sind solche Konzepte möglich – der Golfkongress des GMVD hat sich dieses Themas ebenfalls angenommen. Wichtig ist, dass man vorher klärt, ob die Kunden – Mitglieder wie Gäste – eine solche technische Lösung möchten. Denn längst nicht alles, was technologisch möglich ist, entspricht auch dem Kundenwunsch. Dennoch: Gerade bei anhaltendem Fehlen geeigneter Mitarbeiter und zunehmendem Kostendruck ist die Digitalisierung eine Möglichkeit, ausführende Tätigkeiten in Bits und Bytes zu überführen. Das geht nicht nur im klassischen Spielbetrieb bei Startzeitenbuchung, Check-in, Buggy-Anmietung und Bezahlung, sondern auch in der Gastronomie, wo man für Getränke und Snacks ebenfalls Automaten einsetzen kann. Auch der Verkauf von Golf-Accessoires wie Tees, Bälle und Handschuhe kann per Automat erfolgen. Im Greenkeeping sind Mähroboter längst Alltag, auch auf Ranges werden immer häufiger automatisierte Ballsammler genutzt. Wichtig ist jedoch die Erkenntnis, dass Führungsaufgaben kaum digitalisiert werden können. Digitalisierung kann daher primär ausführende Tätigkeiten nach Vorgabe qualifizierter Führungskräfte ablösen.

 

Neue Konzepte bei der Personalsuche

Einer der wichtigsten Paradigmenwechsel im HR-Bereich (Anm. d. Red.: Human Resources) lautet: Heute bewerben sich die Arbeitgeber bei den Arbeitnehmern, nicht umgekehrt! Um insbesondere junge Mitarbeiter anzusprechen, reichen die traditionellen Herangehensweisen längst nicht mehr aus. Eine vom digitalen Stellenportal Monster 2020 in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass junge Bewerber eine neue Form der Ansprache und Suche bevorzugen. Neben Suchmaschinen, Internet-Stellenbörsen und Empfehlungen von Freunden und Bekannten spielen soziale Netzwerke und Unternehmenswebsites zunehmend eine wichtige Rolle. Gerade Golfanlagen sollten sich daher fragen, welches Bild ihre dortigen Inhalte in Hinblick auf potenzielle Arbeitnehmer vermitteln. Bei einer direkten Kontaktaufnahme durch ein Unternehmen hat E-Mail mit 60% und mehr längst das Telefon als präferierten Kommunikationskanal abgelöst. Mitarbeiterempfehlungen – ein gerne und teils mit Prämien kombiniertes Modell – leiden oft darunter, dass die bereits für das Unternehmen tätigen Mitarbeiter Angst haben, dass eine mögliche schlechte Leistung der Empfohlenen auf sie zurückfalle – oder dass die von ihnen vorgeschlagenen Personen gar nicht eingestellt werden. Auch das Employ-e--r Branding hat weiter an Bedeutung gewonnen. Wie schon andere Studien zeigt auch diese Erhebung, dass 7 von 10 Mitarbeitern der Generation Z ihrer Work-Life-Balance einen hohen Stellenwert beimessen, gleich hoch ist der Wunsch nach Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung. 4 von 10 Kandidaten nehmen Arbeitsangebote ohne Homeoffice-Option gar nicht mehr an. Auch negative Erfahrungen von Freunden mit einem möglichen Arbeitgeber hindern potenzielle Bewerber oft an einer eigenen Bewerbung. Wenig überraschend daher, dass bei der Generation Z sowohl bei der Jobsuche, als auch der Bewerbung das Smartphone eine dominierende Rolle innehat – somit sollten auch Golf-anlagen digitale Bewerbungen unterstützen. Die vor allem bei größeren Industrieunternehmen längst üblichen HR-ChatBots dürften für die meisten Golfanlagen hingegen zu komplex und zu kostenintensiv sein.

 

Wandel bestimmt den Arbeitsmarkt

Der Fachkräftemangel wird den globalen Arbeitsmarkt noch längere Zeit beschäftigen. Gerade im Dienstleistungsbereich können digitale Prozesse nur einen Teil der Lösung darstellen. Entscheidend sind die Arbeitsinhalte und die Vereinbarkeit mit den Anforderungen des New Works, aber auch die Ansprache der künftigen Arbeitgeber über die von diesen präferierten Kanäle. Immer mehr Unternehmen finden ihre Mitarbeiter längst über Plattformen wie Monster, Indeed, Stepstone oder LinkedIn. Und zunehmend informieren sich potenzielle neue Mitarbeiter zunächst über die sozialen Medien und Online-Informationsangebote über ihre potenziellen Arbeitgeber. Für Golfanlagen bedeutet dies, dass ein Auftritt bei LinkedIn und Co. Teil des heutigen Employed Brandings ist. Der Aufbau branchenspezifischer Stellenmärkte wendet sich primär an Personen, die bereits in Kontakt zur Golfbranche stehen. Diese werden jedoch langfristig den Personalbedarf nicht lösen können. Kurz- und mittelfristig wird der Golfsport ohne Quereinsteiger nicht auskommen. Das muss jedoch kein Nachteil sein, denn dies bietet auch die Chance, die Mitarbeiter direkt an die besonderen Serviceprozesse der eigenen Golfanlage zu gewöhnen – so diese denn definiert wurden. Dies verdeutlicht, dass der Fachkräftemangel bei den Mitarbeitern zwei weitere Auswirkungen hat: Golfanlagen sollten klare Servicestandards entwickeln und dokumentieren, um insbesondere Quereinsteigern und Teilzeitkräften die notwendigen Informationen an die Hand geben zu können. Gleichzeitig kommt noch mehr Verantwortung auf die örtlichen Führungskräfte zu, denn sie sind es, welche die einmal definierten Standards im täglichen Training-on-the-job vermitteln und überwachen sollten. Dies über das Ehrenamt sicherzustellen, ist in der Praxis kaum realisierbar. Das bedeutet aber auch, dass die aktuell noch sehr hohe Fluktuation unter den Anlagenmanagern reduziert werden sollte, um mittelfristig Struktur und Prozesse zu festigen. Gleich, welche Strategie eine Golfanlage wählt: Ausbildung, Gewinnung und nicht zuletzt Bindung guter Mitarbeiter wird auf Golfanlagen, wie in allen anderen Dienstleistungsbereichen, immer mehr zum Wettbewerbs-entscheidenden Faktor und sollte daher höchste Management-Aufmerksamkeit erfahren.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 5/2022

 

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