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Weckruf zur richtigen Zeit?

Zur Entwicklung DGV-registrierter Mitgliedschaften

Nun ist es passiert: Der Deutsche Golf Verband (DGV) meldet nach stetigem – wenn auch zuletzt eher schwachem – Wachstum bei der Anzahl der DGV-registrierten Mitgliedschaften für 2018 einen Rückgang. Zwar fällt dieser mit saldiert -0,4% gegenüber dem Vorjahr oder absolut 2.703 Mitgliedschaften weniger auf niedrigem Niveau aus, dennoch zeigt Golf-Deutschland darauf die in den letzten Jahren immer wieder zu beobachtenden drei Standard-Reaktionen:

 

Reaktion 1, vor allem in sozialen Medien sehr beliebt und leider auch verbreitet: das Verbands-Bashing. Dabei übersieht man jedoch, dass Golfer in Deutschland ihre Mitgliedschaften gar nicht direkt beim Verband abschließen, sondern dass hier die lokalen Vereine zwischengeschaltet sind. 

Der DGV ist also nur der Bote einer Nachricht auf Mikroebene, welche die Entwicklungen der Makroebene „Golfclubs“ zusammenfasst. Und, wie einige Clubmanager in den sozialen Medien auch dankenswerter Weise betonten, Mitgliederbindung und -gewinnung ist Aufgabe des örtlichen Managements, nicht des Verbands.

 

Reaktion 2: Das Billiggolf ist schuld! Abgesehen davon, dass man gerade in der öffentlichen Kommunikation diesen Begriff möglichst vermeiden sollte (Golf ist auch bei Nutzung einer Fernmitgliedschaft und Spiel gegen Greenfee aus Sicht vieler Bundesbürger alles andere als billig, zudem schlägt der Begriff „billig“ auf die Produktqualität durch und diskreditiert die Nutzer derartiger Angebote): Auch die Fernmitgliedschaften sind in den Zahlen des DGV enthalten und die seit vielen Jahren immer wieder in der Kritik ausgewählter Clubbetreiber stehende VcG musste 2018 ebenfalls einen Mitgliederrückgang hinnehmen.

 

Reaktion 3: Die Preise müssen rauf – um dann am Ende des Jahres festzustellen, dass die nominalen Preiserhöhungen entweder doch nicht im Markt durchgesetzt werden konnten oder sich die Auslastung der Anlage verschlechtert hat.

 

Panikmache oder Grund zur Sorge

Nun kann man sicherlich darüber diskutieren, ob ein Rückgang um 0,4% Anlass zur Sorge bereiten sollte, wenn die Anzahl der DGV-registrierten Mitgliedschaften sich gegenüber 2009 dennoch um fast 50.000 erhöht hat. Die klare Antwort: unbedingt! Denn die Zahlen des DGV manifestieren eine Trendwende, die viele Clubmanager bereits seit Jahren wahrnehmen oder fürchten. Das Phänomen betrifft nicht nur Golf in Deutschland, sondern auch viele andere Märkte im europäischen und internationalen Golfsport. Es geht weniger um die absolute Zahl an Mitgliederverlusten (ausgehend von 730 Golfanlagen im DGV 2018 hat jede Anlage im vergangenen Jahr gerade einmal knapp vier Mitglieder verloren – das sollte wirtschaftlich verkraftbar sein), als vielmehr um die Anerkennung eines gesellschaftlichen Trends und die Frage, wie Golf-Deutschland darauf reagieren soll. Bereits auf dem Hearing zum DGV-Verbandstag 2017 zeigte eine Präsentation unter Einbeziehung der vom DGV beauftragten Repucom-Studie, dass die DGV-registrierten Mitgliedschaften von 2010 bis 2016 das geringste Wachstum aller Golf-Organisationsformen aufwies. Den größten Teil des Teichs, aus dem Golfmitgliedschaften gefischt werden können, stellten die nicht organisierten Golfspieler dar. Eine wesentliche Frage sollte daher lauten: Warum gelingt es den Clubs in Deutschland nicht, aus einer Zielgruppe von fast einer Million nicht organisierter Golfspieler ausreichend neue Clubmitglieder zu gewinnen? Denn wer vom Golfvirus bereits infiziert ist, sollte sich leichter für eine Mitgliedschaft gewinnen lassen als Menschen, die überhaupt erst für Golf gewonnen werden müssen.

 

Richtige Positionierung künftig wichtiger denn je

Die Antworten auf diese Frage sind ebenso komplex wie individuell, denn es gibt nun einmal nicht „den Golfmarkt“, sondern nur sehr viele kleine regionale Märkte mit teils sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Aber wenn der beliebte Spruch, dass in jedem Wandel auch eine Chance stecke, nicht zur Worthülse verkommen soll, ist es spätestens jetzt an der Zeit, sich über die künftige Positionierung von Golfclubs und Mitgliedschaften in der deutschen Golfszene Gedanken zu machen. Im Mittelpunkt sollten dabei zwei Fragen stehen: Welches Produkt bietet eine Golfanlage an und welche Mitgliedschaftsmodelle sind zeitgemäß? Schon Gutenberg hat einst festgestellt, dass das Produkt das Herz des Marketings sei. Wie definieren somit Golfanlagen ihr künftiges Produkt – ist es rein die Golfrunde oder wird ein Gesamtpaket inklusive Gastronomie, Training und Clubleben angestrebt? Beim Blick ins Ausland fällt beispielsweise auf, dass viele Clubhäuser regelmäßig für Hochzeitsfeiern genutzt werden, gerade auch von Nicht-Mitgliedern. Die PGA-Show 2019 hat gezeigt, dass in den USA Golfclubs im Norden des Landes aktuell die Installation von Simulatoren prüfen, um ihren Kunden auch im Winter ein Angebot präsentieren zu können. Die Möglichkeiten sind hier fast unbegrenzt, Allheilmittel gibt es nicht. Da Golf jedoch in einem starken Wettbewerb mit zahlreichen anderen, oft nicht vereinsgebundenen Freizeitbeschäftigungen wie Radsport, Joggen oder Wandern steht, sind neue Denkansätze gefragt. Längst wird im Neuromarketing nicht mehr „das Produkt“ gesucht, sondern anhand verschiedener Kundentypologien für bestimmte Zielgruppen definiert, welche Produktmerkmale diese potenziellen Kunden erwarten. Auch im Golf driften die Anforderungen zwischen Familien, sportlich ambitionierten Golfern oder reinen Freizeitsportlern oft weit auseinander. Jede Golfanlage ist daher gefragt, sich zu entscheiden, ob sie alle oder nur ausgewählte Kundentypen ansprechen möchte. Dass längst nicht alle Golfer nur Wert auf eine gepflegte Golfanlage legen, zeigt übrigens das stetige Wachstum der oft kritisch gesehenen Golfvereine wie dem Golfclub St. Pauli, den Golfheroes oder der 0711GolfCrew: Auch ohne eigene Spielfläche gelingt es ihnen, zahlreiche Gleichgesinnte unter einem Dach zu vereinen und dem Produkt „Golf“ ihre eigenen Varianten hinzuzufügen – und mit attraktiven Greenfee-Vereinbarungen bieten sie ihren Mitgliedern noch dazu handfeste monetäre Vorteile beim Spiel auf Drittanlagen.

 

Hat man das Produkt definiert, stellt sich die Frage, in welche Mitgliedschaftsmodelle man dieses am besten verpacken kann. Noch immer streben fast alle Clubverantwortlichen in Deutschland nach der traditionellen Vollmitgliedschaft. Doch gerade sie gerät immer mehr unter Druck. Ein Merkmal heutiger Golfer ist, dass sie die Vielfalt an Golfanlagen schätzen und daher – statt stets den gleichen Platz zu spielen – lieber mehrere Anlagen abwechselnd besuchen. Gerade in Ballungszentren ist das Angebot ausreichend groß und vielfältig. Clubs im Ausland sind längst dazu übergegangen, Mitgliedschaftsmodelle mit bestimmten Rundenanzahlen pro Jahr anzubieten. Der Golfer wählt, ob er das Paket mit 10, 20, 40 oder 60 Runden pro Jahr möchte – hat er sein Kontingent ausgereizt, kann er weitere Runden zu einem Sonderpreis nachkaufen. Dieses Konzept ermöglicht es Golfern, auf mehreren Anlagen ihrer Region heimisch zu sein (sofern gewünscht), denn die eigene Rundenanzahl pro Jahr kann so auf verschiedene Clubs aufgeteilt werden. Zudem kann der Club mit solchen Modellen seine Liquidität stärken, denn die Bezahlung dieser Rundenpakete erfolgt – wie bei der Vollmitgliedschaft – entweder zu Jahresbeginn oder in gleichen Monatsraten. Noch dazu lässt sich die Platzkapazität deutlich besser auf Mitglieder und Greenfee-Spieler aufteilen. Aber auch die beliebte Vollmitgliedschaft sollte vielerorts kritisch hinterfragt werden. Ist das Produkt der Golfanlage im Wesentlichen das pure Golfspiel, sind diese Modelle nichts anderes als eine Greenfee-Flatrate. Vor allem Golfer mit hohem Freizeitanteil schätzen diese Modelle – und wenn so bei durchschnittlich 1.000 Euro Jahresbeitrag 200 Runden im Jahr gespielt werden, macht das Mitglied mit kalkulatorischen fünf Euro Greenfee pro Runde ein ausgezeichnetes Geschäft. Fragt sich nur, ob sich dies dauerhaft positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage auswirkt. Noch dazu sinkt mit zunehmender Spielintensität dieser Mitglieder die Möglichkeit, Greenfees an Dritte zu verkaufen.

 

Andere Aufgabenverteilung in der Golfbranche?

Aber auch die Aufgabenteilung innerhalb der Golfbranche kann durchaus nochmals auf den Prüfstand gestellt werden. In Frankreich werden Golfer direkt beim Verband Mitglied – die Clubmitgliedschaft besteht, sofern gewünscht, parallel. Ein Modell, das man auch für Deutschland diskutieren kann, bietet es doch viele Vorteile: Die Golfer erhalten im Verband eine Stimme, der Verband kann direkt (und nicht nur über die Clubs als Relaisstation) mit den Golfern kommunizieren und wird durch diesen direkten Durchgriff auch für Sponsoren deutlich interessanter. Schließlich kann man dadurch das Problem des Kartenhandels zumindest stark reduzieren, wenn nicht gar eliminieren – denn die meisten Fernmitgliedschaften dienen letztlich dazu, Golfern einen DGV-Ausweis mit Handicap-Verwaltung anzubieten. Natürlich würde ein solches Kon­strukt eine Anpassung der DGV-Statuten bedingen, denn derzeit sieht die Satzung ein solches Konzept nicht vor – Mitglieder des DGVs sind die Golfanlagen und nicht die Golfer. Aber beispielsweise die DGV-nahe VcG verfügt bereits über einen organisatorischen Rahmen, der die Aufgabe der Mitgliederbetreuung und -verwaltung übernehmen könnte.

 

Fazit

Patentrezepte für eine erfolgreiche Zukunft gibt es nicht – und leider wird es auch in Deutschland unvermeidbar sein, dass Golfanlagen aufgrund falscher Standortentscheidungen, falscher wirtschaftlicher Entscheidungen oder aufgrund nicht marktkonformer Angebote aus dem Markt ausscheiden. Dennoch zeigen Beispiele aus dem In- und Ausland, dass Golfanlagen auch in schwierigen Marktszenarien nicht nur überleben, sondern sich positiv entwickeln können. Dazu ist jedoch ein Umdenken und mancherorts eine Neuausrichtung der bisherigen Angebote, vor allem bei den Mitgliedschaftsmodellen, erforderlich. Welche Lösungen die richtigen sind, hängt vom individuellen Marktumfeld, aber auch der unternehmerischen Zielsetzung jeder einzelnen Anlage ab. Der golfmanager wird daher auch in Zukunft immer wieder Best Practice-Anregungen geben und aufzeigen, mit welchen Konzepten Golfanlagen im In- und Ausland dem Trend erfolgreich widerstanden haben.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 01/2019

 

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