Tee Times, Tore, Thüringen
Zur breiten öffentlichen Wirkweise einer Golfanlage
Ein Golfresort als Kicker-Campus: Wird das Spa & GolfResort Weimarer Land der neue ,Home Ground‘ für Deutschlands Fußballnationalmannschaften? Der Freistaat ist jedenfalls schon mal Partner-Region des DFB.
Das hat gefunkt: 2024 stimmte Bundestrainer Julian Nagelsmann die Fußball-Nationalmannschaft im Spa & GolfResort Weimarer Land auf die Heim-EM ein, und es war wohl Liebe auf den ersten Blick. Hinter den Kulissen riss der Kontakt jedenfalls nicht ab. Im Frühsommer dieses Jahres schoss sich das deutsche U21-Team für deren Europameisterschaft in der Slowakei im Weimarer Land ein, und jetzt hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine vorerst sechsjährige Regional-Partnerschaft mit dem Freistaat Thüringen abgeschlossen, die erste dieser Art mit einem Bundesland.
Kern der Vereinbarung ist, dass die diversen Auswahlteams der Männer wie der Frauen im A- und im Nachwuchsbereich bei der Vorbereitung auf Länderspiele und Turniere immer mal wieder in Thüringen Station machen. Oder wie es Ministerpräsident Mario Voigt bei der Vertragsunterzeichnung formulierte: „Die Herzstücke des deutschen Fußballs kommen ins grüne Herz von Deutschland.“ 250.000 Euro für die Reisekasse des DFB lässt sich das Land den Status der Partner-Region kosten, den werblichen Gegenwert schätzt Voigt auf 100 Millionen Euro. Da müsse man wohl noch mal nachverhandeln, scherzte DFB-Sportgeschäftsführer Andreas Rettig bei der offiziellen Vertragsunterzeichnung, die sinnigerweise und unter großer medialer Anteilnahme in der Multifunktionshalle auf dem Fußball-Areal stattfand, das inmitten des ,Goethe Course‘ liegt, einem der beiden 18-Löcher-Plätze des Spa & GolfResort. Das Fünf-Sterne-Plus-Ensemble auf 450 Hektar Gesamtfläche am Rand des Städtchens Blankenhain, 30 Kilometer südöstlich von Erfurt, wird laut Rettig auch erste Anlaufstelle als Quartier und Trainingsstätte.
Die am 5. August vollzogene Vereinbarung ist ein weiterer Meilenstein im Masterplan von Weimarer-Land-Inhaber Matthias Grafe für sein Resort und zur Stärkung der gesamten Region, mithin der nächste Schritt einer in dieser Form beispiellosen Symbiose: Der aus dem Sauerland stammende und seit Anfang der 1990er-Jahre in Thüringen tätige Unternehmer nutzt die öffentliche Aufmerksamkeit für der Deutschen liebstes Sport-Kind und die Strahlkraft des Resorts für die Fußballbranche, um Golf gleichsam in den Fokus zu rücken und darüber hinaus einen ganzen Landstrich sichtbar zu machen. „Mein Hauptziel ist, diese Gegend gemeinsam mit den Menschen hier voranzubringen“, sagt Grafe. „Wir investieren in die Zukunft und in den Sommer. Blankenhain soll zu einer touristischen Hochburg in Thüringen werden.“
Seit Jahren hat er im Stillen an dieser Entwicklung gearbeitet. Gut zwei Millionen Euro wurden in die fußballerische Infrastruktur investiert, zuvorderst in anderthalb Rasen-Trainingsplätze nach den Normen des Weltfußball-Verbands FIFA und das notwendige Drumherum an Gebäuden und Aufbauten. Nach anfänglichen ,Testläufen‘ mit den Queens Park Rangers und den Glasgow Rangers aus Großbritannien holte Grafe erst die ,Nagelsmänner‘ ins Weimarer Land, dann machte er das Resort am Rand des Städtchens Blankenhain zum Team Base Camp der englischen Three Lions während der Euro 2024. Seine Parole: „Im Sommer wird sechs Wochen lang jeden Tag irgendwo Weimarer Land erwähnt sein.“ Genau so kam es: „Das war ein Zeichen für alle, dass man etwas Tolles schaffen kann. Früher haben die Blankenhainer immer gesagt: Da draußen ist das Resort. Spätestens durch unser Fußball-Engagement und mit der EM hat sich das geändert. Man nimmt uns ganz anders wahr. Heute sagen die Blankenhainer: Das ist unser Resort!“
Und nun pfeifen die sprichwörtlichen Spatzen von den Dächern, dass die splendide Anlage mit sieben Restaurants – davon zwei Michelin-besternte –, 45 Golflöchern, State-of-the-Art-Wellnessbereich etc. pp. zum offiziellen ,Home Ground‘ für die Elite-Equipen des DFB wird. Denn ab 2027 braucht der Verband wegen des Wechsels zu Nike einen Nachfolger für das Stammquartier bei Ausrüster Adidas im fränkischen Herzogenaurach. Bestätigen wollte das aus Rücksicht auf den bestehenden Vertrag mit Adidas selbst beim zeremoniellen Partnerschaftsprozedere niemand. Rettig erinnerte an die Nutzung des eigenen DFB-Campus in Frankfurt, der allerdings zu wenige Zimmer für mehrtägige Aufenthalte hat, und betonte: „Wir wollen in verschiedenen Regionen Deutschlands präsent sein und uns den Fans vor Ort zeigen. Durch die Partnerschaft mit Thüringen bekommen wir nun eine weitere Möglichkeit im Osten Deutschlands hinzu.“ Aber: „Jeder, der mal hier war, weiß die Bedingungen zu schätzen und wird wiederkommen. Uns geht es ganz genauso.“
Wie das Branding eines ganzen Resorts mit dem Swoosh aus Beaverton im US-Bundesstaat Oregon aussieht, wo Nike den Firmensitz hat, wissen sie im Weimarer Land, seit die Team-Leitung der Three Lions das Resort zur Höhle der Löwen umgestalten ließ. Indes, Matthias Grafe will sein Hotel mit 94 Zimmern und Suiten gar nicht mehr komplett dafür hergeben, wie 2024, als das Resort sechs Wochen lang vom üblichen Gästegeschäft abgekoppelt war. „Unser Kerngeschäft ist und bleibt Golf“, bekräftigt er. „Das Resort ist für eine Zielgruppe konstruiert, die individuelle Rückzugsbereiche, entspannten Luxus und Genuss möchte. Fußballmannschaften sind eine völlig andere Zielgruppe mit völlig anderen Bedürfnissen, die überdies Gruppendynamik braucht.“
Daher plant Grafe mittelfristig den Bau eines Sporthotels mit 45 Zimmern in der ehemaligen Schule von Blankenhain, die mittlerweile am Rand des stetig expandierenden Resorts liegt: „Damit bin ich viel flexibler.“ Um das Sporthotel wiederum nicht nur der temporären Belegung durch kickende Klientel zu widmen, sondern ganzjährig auszulasten, soll ein dritter 18-Löcher-Golfplatz gebaut werden. „Dafür“, so Grafe, „brauche ich die Akzeptanz der Bürger von Blankenhain. Durch den Fußball können wir ganz viel zurückgeben und letztlich noch vieles für die Golfer schaffen.“
So zeigt das Beispiel Weimarer Land, welche Wirkweise eine visionär geführte Golfanlage haben kann, wenn man sich nicht in der Nische einnistet, die das Klischee dem Spiel gern zuschreibt.
Autor: Michael F. Basche | golfmanager 4/25



