Mission 2035
Green Eagle Golf Courses
„Deutschland ist fällig“: Mit dem neuen West Course und einem innovativen Glamping-Zuschauerkonzept will Michael Blesch den Ryder Cup auf seine Green Eagle Golf Courses holen.
Jedes Jahr dasselbe: Kaum ist beim Gastspiel der DP World Tour auf den Green Eagle Golf Courses der letzte Putt gefallen und die Trophäe für die European Open an den siegreichen Profi übergeben, spuckt Betreiber Michael Blesch in die Hände und legt auf seiner Anlage in Winsen (Luhe) bei Hamburg eine Schippe drauf. Im Wortsinn. Nach dem Turnier ist vor dem Turnier, und irgendwo auf dem weitläufigen Gelände findet der ehemalige PGA-Professional immer was, an dem zu basteln oder das zu optimieren sich lohnt.
Seit fünf Jahren freilich pampert der Baumeister, der den Bibern in den Kanälen und Teichen seiner Anlage kaum nachsteht, ein besonderes Baby. Mit dem neuen West Course will er sich als Austragungsort für den Ryder Cup 2035 bewerben. Aus dem ursprünglich als Heideland-Platz konzipierten Parcours, für den Blesch Teile des ehemaligen Süd Course komplett umgestaltet und weitere 64 Hektar hinzugepachtet hat, ist ein ziemlich wasserreiches Ensemble geworden. Mehr noch ein Hingucker sind freilich die gewaltigen Naturtribünen, die „Bleschi“ zwischen den Bahnen aufschütten lässt.
Der Ende März 2024 aus dem Amt geschiedene Tour-Boss Keith Pelley hatte sich ob der ambitionierten Pläne und der makellosen Qualität des Porsche Nord Course bereits als Green-Eagle-Fan geoutet; im Rahmen der jüngsten European Open besichtigte dessen Nachfolger Guy Kinnings das Megaprojekt. Der Engländer, pikanterweise zuvor Chef der auf europäischer Seite für den Kontinentalwettbewerb zuständigen Ryder Cup Ltd., dürfte dafür sogar in die Gondel eines Riesenrads steigen, das am Rand von Bleschs Baustelle errichtet worden war.
Wobei Baustelle es eigentlich nicht mehr trifft: Bis auf die Bahnen, die unmittelbar am unlängst auf gut 600 Quadratmeter erweiterten Clubhaus mit dem Restaurant Beavers – nomen est omen – liegen werden, ist der erste Teil des West Course bereits fertig und grün. Blesch hat zudem längst mit der Renovierung von etlichen Bahnen des „alten“ Süd Course begonnen und will kommendes Jahr eine Art Kombikurs für den Spielbetrieb freigeben. Er nennt es Südwestmix, „denn auf Dauer kann man sich es auf so einer Anlage nicht leisten, einen Platz einfach liegenzulassen. Wir brauchen die Einnahmen.“
Die nächsten Bauvorhaben
Gebaut wird trotzdem weiter. Woanders halt. Ein Hotel kommt noch, und die Bahnen 3 bis 11 des finalen West-Course-Routings auf dem zusätzlichen Gelände im hinteren Teil der Anlage. Zuerst aber steht die neue Driving-Range auf dem Programm. Die Arbeiten hinter dem ersten Abschlag des Porsche Nord Course haben bereits begonnen – Stichwort letzter Putt der Profis. Im Gegenzug soll die bisherige Range später die Fläche für Loch 17 und 18 des West Course beziehungsweise Schluss- und Auftaktbahn des Ryder-Cup-Geläufs liefern.
Die künftige Übungswiese bekommt ein „standesgemäßes“ Range-Gebäude: Auf 1.200 Quadratmetern Fläche sind nebst Abschlagsboxen und Räumlichkeiten für die Golflehrer ein Indoor-Puttinggrün mit Putt View geplant. Und die Übungswiese ist nicht bloß grünes Niemandsland mit ein paar Fahnen und Distanzschildern: Blesch legt einen Teil der Range wie eine Golfbahn an, samt Fairway und Grün, sodass sich aus der Tee Box tatsächlich das Spiel auf dem Platz simulieren lässt.
Weil es bei Großevents um mehr als Sport geht
Weil es beim Ryder Cup indes nie bloß um Sport, sondern mindestens gleichermaßen um Geld geht, hat sich Blesch einen schmackhaften Köder für die European Tour Group einfallen lassen, die einen Großteil ihres Etats durch die Vermarktung des Duells mit den USA erzielt. Oder anderes: Die DP World Tour hängt am Tropf der Cashcow Ryder Cup Ltd. Also will der Green-Eagle-Chef mit einem besonderen Besucherkonzept punkten.
„Einen Ryder Cup muss man sich verdienen“, betont er. Und: „Nicht sabbeln, machen.“ Der Macher steht dabei gerade auf einem gigantischen Hügel inmitten einer Mondlandschaft voller Erdhaufen. Das erinnert an Schillers Ballade vom Ring des Polykrates: Er stand auf seines Daches Zinnen, er schaute mit vergnügten Sinnen … „Quatsch“, unterbricht Blesch und lacht: „Hier auf der 16 holt Freddie Schott 2035 im Einzel gegen Charlie Woods mit 3&2 den entscheidenden Punkt für Europa.“
Damit möglichst viele Golffans ein solches oder jedes andere Szenario unmittelbar verfolgen können, garniert er sein Layout mit enormen, ja spektakulären Naturtribünen für Zehntausende von Zuschauern. Allein die im Matchplay-Modus so bedeutsame Schlussstrecke der Löcher 14 bis 17 lassen sich von einem einzigen Standpunkt aus einsehen, der geneigte Gast muss sich allenfalls mal umdrehen. Doch selbst, wenn sich die Entscheidung bis zur 18 hinziehen sollte, sind es für die perfekte Perspektive lediglich 50 bis 100 Meter Fußweg.
Im Ryder-Cup-Routing ist dieses Schlussloch übrigens ein Par-3, eigentlich die 17 des West Course. Dessen 18 wäre beim Ryder Cup die Auftaktbahn – eine clevere Idee von Blesch, der die unterschiedlichen Bedürfnisse an die wichtigste Bahn eines Turniers ideal kombiniert. Bei einem Turnier der DP World Tour beispielsweise kulminiert alles auf dem letzten Loch des Platzes, dort wird Tribünen-Kapazität benötigt. Beim Wettstreit zwischen alter und neuer (Golf-)Welt ist es genau umgekehrt, wenn in der Galerie rund um den ersten Abschlag die Post abgeht. Die Startbahn des West Course hinter dem dann ins künftige Hotel integrierten Clubhaus wird damit zur RC-Zwei. Und so weiter.
Blesch klotzt. Die fünf Finallöcher für den Ryder Cup verteilt der Mann mit dem selbst attestierten Bau-Tourette auf sage und schreibe 90 Hektar – wegen der ausgedehnten Naturtribünen. Nebenan lässt er ein Plateau aufschütten, das künftig ein Spectator-Village tragen soll: auf vier Hektar Fläche und in acht Metern Höhe.
Wie geht es ihm mit all diesen Superlativen? Die Antwort ist typisch: „Ich brauch’ mehr Boden.“
Die Materialfrage hat er übrigens durch Arrangements mit Bauunternehmen aus nah und fern gelöst. Blesch bekommt deren Erdaushub, den baut er dann als Füllung in seine monumentalen Modulationen ein – 250.000 Tonnen pro Jahr, angeliefert per Fünf-Achs-Sattelkipper.
Während vorn Bleschs Bauwerke wachsen und sich mit den entsprechenden bildlichen Belegen mühelos ganze Galerien füllen ließen – jedes Foto ist ein Puzzlestück des Traums vom Ryder Cup – feilen er und seine Mitstreiter an einem neuartigen Besucher- und Beherbergungskonzept samt zugehöriger Infrastruktur und Bewegungsprofile. „Wir rechnen in einer Größenordnung von 100.000 bis 120.000 Zuschauern – pro Tag“, sagt Blesch über die Planspiele, an denen arrivierte Experten des Veranstaltungsmanagements mitwirken.
Fläche – ein wichtiger Aspekt bei Großveranstaltungen
„Platz“ ist nämlich durchaus ein Pfund, mit dem die Green Eagle Golf Courses nicht nur in puncto West-Course wuchern können. Sondern auch bei den Flächen, die für Zuschauer und Infrastruktur zur Verfügung stehen und mithin richtig Geld bringen. Das Zauberwort heißt Glamping, zusammen gesetzt aus „glamourös“ und „Camping“; das Vorbild liefern Flemming Astrup mit seinem Tour-Turnier Made in Denmark im HimmerLand Golf & Spa Resort oder beispielsweise Tomorrowland, eine Open-Air-Musiksause, wo die Zuschauer seit Jahr und Tag auf dem Festivalgelände übernachten – unter der simplen Plane ebenso wie Beduinenzelt, im Tiny House oder im luxuriösen Wohncontainer.
„Die Formel 1 macht so was ebenfalls seit langem“, verdeutlicht Blesch, der im Süden seiner Anlage dafür 180 Hektar Fläche vorhält und 60.000 Camper unterbringen kann. Mindestens: „Im Bedarfsfall hätten wir bis zu 480 Hektar zur Verfügung.“
Ein derartiger Village-Charakter wird „der Maßstab für künftige Ryder-Cup-Strukturen, die bislang immer auf rund 40.000 beziehungsweise in Paris auf 55.000 Zuschauer pro Tag und die reine Infrastruktur des Golfplatzes sowie seines Umlands ausgerichtet war“, ist Blesch überzeugt: „Man muss das Besucherthema einfach neu denken, durch ein entsprechendes Rahmenprogramm überdies neue Einnahmequellen erschließen.“
Ein derartig komplexes Konzept braucht allerdings seine Zeit, ist ohnehin ein ständig fließender, sich entwickelnder Prozess. Deswegen wurde aus der ursprünglichen „Mission 2031“ nun die „Mission 2035“. Blesch: „Wir wollen das alles in Ruhe ausarbeiten und präsentieren, bevor die endgültige Entscheidung über eine Bewerbung für den Ryder Cup fällt.“ Eines allerdings steht für ihn fest: „Deutschland ist fällig.“
Autor: Michael F. Basche | golfmanager 3/2024