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Unternehmertum trifft Verbandsmentalität

Im Gespräch mit Dr. Michael Velte, einem Mann der klaren Worte

Weltweit treffen im Golfbusiness Vereinsstrukturen auf Betreibersysteme. Im Anlagenmanagement steht damit ein auf dem Ehrenamt basierendes System im Wettbewerb mit klassischem Unternehmertum. „Für mich ist ein Vollprofi im Golfbusiness jemand, der nicht nur eine Golfanlage besitzt, sondern diese auch selbst betreibt und sowohl bei seinem laufenden Einkommen als auch in der Altersvorsorge maßgeblich von dieser Anlage abhängt“, erklärt Dr. Michael Velte, Chef der Dr. Velte Golf KG mit der Golfanlage Sankt Urbanus am südlichen Rand von Köln, im Gespräch mit dem golfmanager. Die gewählte Rechtsform der Kommanditgesellschaft – die auch einige Vorteile in der Besteuerung bietet – zeigt: Dieser Mann ist bereit, „all in“ zu gehen und Unternehmer mit Leib und Seele, er haftet mit seinem Privatvermögen für seine unternehmerischen Entscheidungen. In der Golfbranche ist Dr. Velte nicht nur als erfolgreicher Unternehmer bekannt, sondern auch als Mann klarer Worte. Das wird immer wieder bei Verbandstagen des Deutschen Golf Verbandes (DGV) deutlich, an denen er erstmals 1992 teilgenommen hat und bei denen er aus Unternehmersicht mit Verweis auf betriebswirtschaftliche Standards Entscheidungen kritisch hinterfragt, zuletzt geschehen beim Verbandstag 2024, im Rahmen der letztlich genehmigten Beitragserhöhung.

Meinungsstark, konsequent, erfolgreich 
 

Wer sich mit seiner Stammanlage Sankt Urbanus intensiver beschäftigt, stellt schnell fest: Dieser Mann hat eine klare Zielvorstellung – und setzt diese konsequent um. Sein Fokus liegt nicht darauf, für jeden Kunden etwas zu bieten, sondern ein klares Produkt zu definieren und die dafür passende Golfklientel für sich zu gewinnen. Ein wesentlicher Baustein: konsequente Digitalisierung der Prozesse, von der Startzeitenbuchung für Gastspieler mit sofortiger Bezahlung über den Zutritt zum Caddyraum, der Übernahme von Golfcarts, der Toilettennutzung auf der Runde bis zum Verlassen des Parkplatzes, alles wird per App von PC CADDIE gesteuert. Persönliche Betreuung gibt es auf seiner Anlage erst ab 12 Uhr. Zur Abdeckung unterschiedlicher Kundentypen stehen insgesamt 11 Mitgliedschaftsmodelle zur Wahl, eines davon nur für den Kurzplatz, andere als klassisches Flat-Fee-Modell mit langfristiger Vorausbuchungs-Möglichkeit bei Startzeiten. Schaut man auf die Zahlen, hat der in der Branche durchaus von manchen Akteuren als unbequem, weil meinungsstark angesehene Unternehmer sehr viel richtig gemacht. Rund 1.700 Mitgliedschaften, jedes Jahr mehr als 50.000 gespielte Runden auf der 18-Löcher-Anlage. Seit Eröffnung 1999 des von Architekt Holger Rengstorf designten Platzes gab es noch kein einziges Verlustjahr, der operative Gewinn ist seit Jahren stets siebenstellig, die Umsatzrendite größer 30 %. „Ein Vorteil war sicherlich, dass ich Sankt Urbanus auf der Basis von 10 Jahren Branchenerfahrung von Grund auf planen und nach meinen Vorstellungen gestalten konnte“, so der Vollblutunternehmer. Doch auch, wenn Velte sich immer mehr aus dem Tagesgeschäft zurückzieht und gar das Wort „Nachfolgeregelung“ in den Mund nimmt: Sein Wort findet noch immer Gehör, denn bei aller Kritik an Branchenzuständen geht es ihm  darum, dass das Produkt „Golf“ insgesamt nach vorne gebracht wird. Dennoch: Vor allem der DGV ist gerne Gegenstand kritischer Betrachtungen, insbesondere in Hinblick auf  Mittelverwendung, Effizienz und Information der Mitglieder.

Kritischer Realist
 

„Aus meiner Sicht sollte sich der DGV auf die Themen Sport und Regularien fokussieren“, so Veltes Empfehlung – und diese sollten so einfach wie möglich gestaltet werden. Schon das Course Rating hinterlasse bei vielen Golfern Fragezeichen, ebenso das neue World Handicap System. Im Mittelpunkt seiner Kritik steht jedoch das, wie er es nennt, „System Wiesbaden“: die Einbindung der VcG und der DGS in eine konsolidierte Berichterstattung des DGV. „Letztlich ist die VcG in ihrer Willensbildung vom DGV abhängig. Aber es fehlt ein komplettes Berichtswesen, bei dem man nachvollziehen kann, welche Maßnahmen und Projekte unter Federführung des Verbands initiiert wurden, welche Kosten dies verursacht hat und welche Erfolge daraus resultierten“, so der promovierte Kaufmann. Er legt daher großen Wert darauf, dass er nicht generell gegen Beitragserhöhungen sei – nur müssten diese transparent begründet  und auch die Frage nach möglichen Kosteneinsparungs-Potenzialen beantwortet werden. Das bedeute letztlich, dass sich der Verband in seiner heutigen Form auch selbst hinterfragen müsse. Doch genau hier setzt die Skepsis des Vollblutunternehmers ein: „Wiesbaden ist für mich eine Behörde. Und Behörden haben nun einmal die Eigenart, zu wuchern.“ Es liege daher in der Natur des Konstrukts, dass man im Verband permanent nach neuen Projekten und Aufgaben suche, da diese die eigene Existenz sicherten und im Idealfall sogar ein Wachstum der Geschäftsstelle beinhalteten. In der Außenwirkung könne die Verbandsspitze aber stets darauf verweisen, dass sie nur der Willensbildung ihrer Mitglieder folge. „Hier treffen jedoch Profis, vor allem aus der Geschäftsstelle, auf Amateure! Insbesondere bei den eingetragenen Vereinen stehen auf Zeit gewählte Präsidenten an der Spitze, die oft keine Ahnung vom Golf als Business haben und aus ganz anderen Motivationen heraus an die Spitze ihres Clubs wollen“, bewertet Velte die Strukturen. Letztlich sei die aktuelle Situation ein Spiegelbild der Branche, und in Sachen „professionellem Golfanlagen-Management“ sieht er in Deutschland noch viel Luft nach oben.

Ursache hierfür sei fehlender Wettbewerb. „Golf hat im Vergleich zu anderen Branchen eine sehr geringe Wettbewerbsdynamik, weil die Markteintrittsbarrieren aufgrund fehlender Grundstücke, aufwendiger behördlicher Genehmigungen und der Kapitalintensität von Golfbetrieben sehr hoch sind“, analysiert der Manager die Situation. Zudem habe Corona dafür gesorgt, dass selbst schwach aufgestellte Anlagen nochmals einen Schub erhielten. „Aus meiner Sicht hat dies das Sterben aber nur verlängert“, schätzt er diesen Sondereffekt ein. Vor den Konsequenzen, nämlich einer Bereinigung unter den Anlagen, hat er keine Angst, im Gegenteil: „Manche Anlagen haben keine Marktchance und müssten weg. Diese Marktbereinigung wäre für mich der bessere Weg, statt sie durch wirkungslose Maßnahmen des Verbandes zu päppeln“. Velte sieht bei der wirtschaftlichen Optimierung der Golfanlagen auch nicht den Verband in der Pflicht. „Gerade Vereine rechnen meist nur von Jahr zu Jahr ohne Investitionsplanung und vielem mehr. Das macht bereits mehr als die Hälfte des Anlagenmarktes aus. Auch unter den Betreibern gibt es viele, die nach vorherigen wirtschaftlichen Erfolgen in anderen Bereichen ,ihr Haus, ihr Boot und ihr Auto‘ hatten und dann in eine Golfanlage investiert und an den wirtschaftlichen Erfolg geglaubt haben, ohne über das Know-how zur Führung eines Golfbetriebs zu verfügen“, so
Veltes Einschätzung. So seien vor allem Exklusivstrukturen geschaffen worden, und trotz teils schlechter Bilanzen und ungenügendem Kostenmanagement seien diese Anlagen weiterhin am Markt. Auch die Eigentumsverhältnisse beim Grund und Boden sieht Velte als große Herausforderung. Kurzfristige Pachtverträge seien ein Strukturproblem und hinderten Rendite-orientierte Investoren am Einstieg in bestehende Anlagen. Auch auf die Eigentümer der Pachtflächen sieht er große Risiken zukommen. Zwar seien die Golfanlagen bei Rückgabe der Grundstücke oft zum Rückbau verpflichtet. „Aber der kostet in etwa so viel wie ein Neubau – und welcher Eigentümer hat sich von seinem Pächter für diese Summen eine Bankbürgschaft ausstellen lassen?“, verdeutlicht er seine Sicht. 


Vollblutkaufmann mit Faible für Zahlen
 

Mit Blick auf den Verband und die in diesem Jahr beschlossene Beitragserhöhung fehlt Velte vor allem belastbares Zahlenmaterial als Entscheidungsgrundlage. Grundsätzlich seien Beitragserhöhungen normal und manchmal unvermeidbar. Wichtig ist ihm jedoch, dass auch der Output der Verbandsarbeit kritischer geprüft werde. „Wenn ich mich mit Erfolgen im Spitzensport rühme, sollte ich auch die dafür aufgewendeten Summen nennen. Zudem sollte man finanziellen Einsatz und Ergebnis mit anderen Ländern wie Spanien, Dänemark oder Schweden vergleichen. Wenn wir bei dieser Transparenz dennoch top abschneiden, ziehe ich meinen Hut“ – Benchmarking heißt dies in den Wirtschaftswissenschaften. Wer nun erwartet, dass Velte eine Revolution in Sachen Verband fordern oder sich gar selbst an die Spitze einer solchen Bewegung setzen würde, täuscht sich. „Der DGV ist ein Spiegelbild der Golfszene. Das muss man so akzeptieren“, lautet sein Fazit. Auch eine aktive Einbindung in die Verbandsarbeit, beispielsweise über Arbeitskreise, lehnt er ab. „Ich will nicht mit dem Mainstream mitschwimmen, sondern Dinge anders machen. Denn dies ist eine Voraussetzung für Besser-machen, nur so kann ich erfolgreicher als andere sein“, begründet er seine Entscheidung. Dennoch hofft er weiterhin, dass der Verband künftig mehr Transparenz zu seinen Aktivitäten bietet. Auch den DGV-Ausweis sieht der Golfanlagen-Betreiber kritisch. Er werde heute kaum noch gebraucht, da Golfanlagen sich bei Gastspielern die Informationen zu Handicap und mehr über das DGV-Intranet jederzeit holen könnten. „Der DGV-Ausweis ist aus meiner Sicht der Nasenring, mit dem die Golfgemeinde vom Verband wie ein Tanzbär durch die Manege gezogen wird“, urteilt Velte. Eine Handicap-Verwaltung sei auch ohne Plastikkarte möglich. Wer jedoch als Golfer auf die DGV-Services zugreifen möchte, benötigt die Plastikkarte, da nur dort der Zugangscode abgedruckt sei. Ob die dort angebotenen Services einen echten Mehrwert darstellen? Velte hat da zumindest Zweifel: „Eine Gefängnisbibliothek ist auch ein Service für die Gefangenen. Lieb und nett – aber ist das ein Service, den man freiwillig wirklich haben will?“, resümiert er bewusst zugespitzt. Seine Mitglieder erhalten den DGV-Ausweis, ebenso wie die Handicap-Führung, nur  als kostenpflichtige Zusatzleistung. Etwa die Hälfte seiner rund 1.700 Mitglieder verzichtet darauf. Und selbst von denjenigen Mitgliedern, welche explizit den DGV-Ausweis bestellten, holten ihn viele Golfer am Ende doch nicht im Sekretariat ab. Zudem verlange kaum ein Club beim Check-in den Personalausweis eines Golfers, um wirklich sicherzustellen, dass es sich um die auf dem DGV-Ausweis genannte Person handele. Sicherheitsmerkmale wie ein Foto des Golfers: Fehlanzeige. Auch die Abrechnung der DGV-Beiträge hält Velte für optimierbar. Längst hätten viele Golfanlagen auf Monats- statt auf Jahresbeiträge umgestellt, was bei den Stichtagen für die Verbandsabgabe immer zu Stress führe. Zeitgemäß wäre es aus seiner Sicht, die Verbandsabgaben ebenfalls monatlich und dann exakt pro Mitglied zu erheben.

Wer meint, dass Velte ausschließlich auf seine eigene Expertise setzt, unterschätzt den Manager. Er informiert sich regelmäßig auf anderen Märkten, insbesondere den USA. Die NGCOA wird von ihm besonders geschätzt, auch wegen ihrer zahlreichen praxisorientierten Publikationen. Man müsse jedoch beachten, dass man Lösungen aus dem Ausland nicht eins zu eins nach Deutschland übertragen könne, so seine Erfahrung. Oftmals seien Anpassungen an das hiesige Kundenverhalten unabdingbar. Auch der Regionalkennung und sonstigen Differenzierungen bei Mitgliederstati und Greenfees steht der Unternehmer ablehnend gegenüber. „Ein gerechtes Greenfee auf Vollkostenbasis ist allenfalls ein theoretischer Wert. Statt Golfer anhand von ihnen oft nur begrenzt beeinflussbarer Faktoren als Gastspieler mit Aufpreisen zu bestrafen, sollten wir uns daran erinnern, dass die Grenzkosten pro zusätzlichem Golfer gegen Null tendieren und uns über jeden Kunden freuen, der den Weg zu uns findet und ihm ein optimales Erlebnis bieten“, so sein Credo. Zudem würden viele neue Kooperationen ohnehin dafür sorgen, dass Golfer auf anderen Anlagen vergünstigt spielen können.
 

In Sachen Verband bleibt Velte Realist. „Jeder, der einen Verein führt, weiß, wie man eine Mitgliederversammlung gestalten muss, um die gewünschten Entscheidungen zu erhalten“. Deswegen seien Vereins- und eben auch Verbandsstrukturen nicht reformierbar. Diese entzögen sich bewusst einer Effizienzkontrolle. Stattdessen verkünde man gebetsmühlenartig, dass man bestmöglich gearbeitet hätte – und bittet darum, dies ohne Nachweis zu glauben. Daher würden die Entscheidungsstrukturen auf Verbandstagen, beispielsweise die Rolle und das Stimmengewicht der Landesgolfverbände, kaum einmal kritisch hinterfragt. Es fehle allerdings auch an Gegengewichten, denn die Arbeit des BVGA als Vertreter der Betreiberanlagen überzeugt den Unternehmer ebenfalls nicht recht. Zudem versuche der DGV, andere Organisationen – auch die Berufsverbände – stärker an sich zu binden. Velte hält es jedoch für wichtig, dass sich diese ihre Eigenständigkeit bewahrten. Sonst würden sich die bisherigen Konstrukte weiter manifestieren, eine organisatorische und personelle Entflechtung sei hier zielführender. Zudem sei es ein Fehler, von einem Verband Lösungen für eigene wirtschaftliche Herausforderungen zu erwarten. Diese könnten nur Unternehmer vor Ort finden, ein Hoffen auf Lösungen durch den Verband sei ein Zeichen eigener Unfähigkeit. Das zeige sich auch beim in Deutschland weit verbreiteten Konzept des Outsourcings. „Am liebsten alles outsourcen, kein Risiko tragen und die Schuld im Zweifelsfall auf andere schieben“, so Velte. Dabei müssten alle Outsourcing-Partner zusätzlich ihren eigenen Overhead finanzieren – und Synergieeffekte zwischen 18-Löcher-Golfanlagen durch Outsourcing sieht der Unternehmer kaum. „Ich kann für Sonderaktionen wie Aerifizierung mit speziellen Maschinen partiell Leistungen zukaufen, aber der Regelbetrieb abseits dieser Sonderaufgaben muss in Eigenregie erfolgen. Nur so hat man die volle Kontrolle über die Leistung und das Kundenerlebnis“, argumentiert der Manager. Das gelte gleichermaßen auch für die Gastronomie und die Golflehrer. Zudem verfüge eine 18-Löcher-Anlage über die notwendige Wirtschaftskraft, um ein hauptamtliches, professionelles Management zu beschäftigen. Wichtig sei jedoch, dass sich das Management in allen relevanten Bereichen auskenne. Das gelte nicht nur für den reinen Golfbetrieb, sondern auch für Segmente wie Gastronomie und Greenkeeping. Berufsverbände in den USA bieten für ihre Mitglieder dazu beispielsweise umfangreiche Schulungen an. 


Fazit
 

„Jede Golfanlage ist ein mittelständischer Betrieb mit siebenstelligem Investitionsvolumen und ebenfalls siebenstelligem Jahresbudget. Würde ich dies einem Amateur anvertrauen? Niemals!“, resümiert Velte. Bei Vereinen würden jedoch per Definition Menschen an der Spitze stehen, die nur einen Bruchteil des Risikos (bei beispielsweise 700 Mitgliedern genau ein Siebenhundertstel) trügen. Dabei wollten viele Präsidenten in ihrer Freizeit gar keinen Golfclub managen, sondern einfach nur Golf spielen und die Golfanlage genießen. „Jeder Verband ist ein Spiegel der Branche, die er vertritt. Wenn wir einen professionelleren Verband haben wollen, müssen wir an der Basis anfangen. Und hier sind meine Hoffnungen sehr begrenzt, daher konzentriere ich mich auch lieber auf die Führung meiner eigenen Anlage anstatt auf die Verbandsarbeit“, so Veltes Fazit. Wer nun hofft, dass der Golfanlagen-Betreiber altersmüde sei oder resigniert habe, sollte sich nicht zu früh freuen. Aktuell plant er die Überdachung des ca. 3.500 m² großen Parkplatzes der Golfanlage, um eine PV-Anlage darauf und Ladesäulen darunterzusetzen. Außerdem wird der Erfolgs- und Zahlenmensch Velte auch in Zukunft zu den gegebenen Themen die Finger in die Wunde legen und Branchenentwicklungen aus der Sicht eines ebenso erfahrenen wie erfolgreichen Kaufmanns begleiten.
 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 3/2024

 

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