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Kundenerlebnisse als Führungsaufgabe

Kernaufgabe Erwartung der Kunden erfüllen

Bereits die letztjährigen Zahlen des Deutschen Golf Verbandes (DGV) zu den registrierten Golfspielern zeigten, dass das coronabedingte Wachstum vorbei ist. Leider gibt es keine Branchendaten für Deutschland zur Anzahl der landesweit gespielten Greenfee-Runden und zur Entwicklung der gespielten Runden pro Clubmitglied. Denn die pure Anzahl an Mitgliedschaften allein ist kein ausreichender Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung auf den Golfanlagen. Zudem fehlen Informationen, in welchem Umfang Golfer zwar weiterhin Mitglieder eines Golfclubs im DGV sind, aber auf ein anderes – in der Regel günstigeres – Mitgliedschaftsmodell gewechselt sind. Das kann im gleichen Club der Wechsel von der Vollmitgliedschaft für alle Wochentage hin zu einem reinen „Montags bis Freitags“-Modell sein, aber auch ein Wechsel zu einer kleineren (und daher vielleicht günstigeren) Anlage bis hin zur Fernmitgliedschaft. Zahlreiche Preisaktionen in der deutschen Golfszene legen jedoch den Verdacht nahe, dass die Auslastung der Golfanlagen insgesamt inzwischen wieder rückläufig ist. Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg einer Golfanlage ist jedoch nicht der Makro-Trend, sondern die mikro-ökonomische Betrachtung pro Anlage. Bereits in der Vergangenheit haben die Zahlen des DGV zur Mitgliederentwicklung aufgezeigt, dass es trotz Stagnation oder Rückgang bei den Mitgliedschaften insgesamt auch Golfanlagen gibt, die weiter wachsen. Nun wäre es ungerecht, den deutschen Golfanlagen und ihren haupt- und ehrenamtlichen Führungskräften Untätigkeit vor allem bei der Mitgliederakquise vorzuwerfen. Mit zahlreichen Aktionen, angefangen von Tagen der offenen Tür über „Mitglieder werben Mitglieder“-Aktionen bis hin zu digitalisierten Akquisitionskonzepten mit GMVD-Partner Faceforce reicht das Spektrum.


Hardware und Preis reichen zur Differenzierung nicht aus
 

Blickt man auf die verschiedenen Marketingaktionen in Deutschland, bekommt man oft den Eindruck, dass hier sehr stark über den Preis argumentiert wird. Das gilt vor allem bei Greenfee-Spielern: Kaum ein Land bietet eine derart große Vielfalt von gegenseitigen Vergünstigungen („Clubvereinbarungen“) bis hin zur Anzahl der Gutschein- und Rabattsysteme. Auch bei den Mitgliedschaften wird der Preis häufig in den Vordergrund gestellt, allerdings geschickter verdeckt in Form spezieller Mitgliedschaftsmodelle für ausgewählte Zielgruppen oder durch Abwandlungen der klassischen Vollmitgliedschaft. Wie überall in der Wirtschaft wirken solche Preisanreize jedoch meist nur kurzfristig: Sind die Greenfee-Gutscheine für eine Anlage abgespielt, wechseln die Golfer meist auf eine andere Anlage, für die noch Gutscheine verfügbar sind. Kaufentscheidungen – und dazu gehören sowohl Golfclub-Mitgliedschaften als auch Greenfee-Runden – sind letztlich klassische ökonomische Entscheidungen, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis in Kombination mit dem verfügbaren Budget des Kunden über Erfolg und Misserfolg entscheidet.

Oft hat man das Gefühl, dass das Produkt „Golf“ auf den Golfanlagen mit dem Platz gleichgesetzt wird. Zwar ist dieser sicherlich ein wichtiger Faktor (gerade in Kombination mit dem Pflegezustand des Platzes), aber letztlich gibt es weltweit wohl nur sehr wenige Plätze, die für sich alleine den Kunden zur Investition in Mitgliedschaft oder Greenfee reizen – das notwendige Budget einmal vorausgesetzt. Solche Plätze bestechen meist durch ihre Historie wie der Old Course in St. Andrews, eine außergewöhnliche Spielbahn wie die berühmte Bahn 17 des TPC Sawgrass oder die Kombination aus atemberaubender Landschaft und außergewöhnlichem Design wie beispielsweise beim Old Head Links of Kinsale in Irland. Damit sich Golfer – sowohl zuhause als auch auf Reisen, sowohl bei Mitgliedschaften als auch bei Gastrunden – zwischen Anlagen entscheiden, benötigen diese ein klares Profil. Das Jahresmotto des GMVD „Mehrwert Clubleben“ fasst dies wunderbar zusammen. Zwar kann die „Hardware“ in Form von Golfplatz oder Clubhaus sowie zusätzlichen Einrichtungen wie Fitnessraum oder Wellness-Center hier eine wichtige Rolle spielen, entscheidend ist jedoch die Software: die Frage, welches Produkt der Kunde auf Basis der Hardware tatsächlich wahrnimmt. Dies wird im modernen Marketing als Customer Experience, also Kundenerlebnis, beschrieben. Darunter fasst man alle Erfahrungen zusammen, die ein Kunde mit einem Unternehmen und seinen Produkten erlebt.


Einflussfaktoren auf das Kundenerlebnis
 

Kundenerlebnisse auf Golfanlagen werden im Wesentlichen durch drei Faktoren bestimmt: Externe Faktoren, Kundenerwartung, Angebot, s. Grafik 1.

Erst in der Kombination aller drei Faktoren ergibt sich das Erlebnis. Dabei ist besonders zu beachten, dass die externen Faktoren durch die Golfanlage nur in begrenztem Maß aktiv beeinflussbar sind. Dennoch wirken sich vom Golfer als unangenehm empfundene Mitspieler, Schlechtwetter oder Stress am Arbeitsplatz häufig negativ auf das Golferlebnis aus. Ebenso wird deutlich, dass Angebot und Kundenerwartung aufeinandertreffen. Anders ausgedrückt: Passen Golfanlage samt Angebot und Erwartungshaltung des Kunden zueinander? Das kennen Golfanlagen beispielsweise, wenn insbesondere Gastspieler erst vor Ort feststellen, dass zwei Tage vorher die Grüns aerifiziert wurden. Obwohl letztlich die Anforderungen und Erwartungen jedes Golfers von Runde zu Runde unterschiedlich sein können – eine Golfrunde mit der Familie ist meist anders einzuordnen als eine vorgabenwirksame Turnierrunde – lassen sich Kunden und Golfanlagen in Kategorien unterteilen. Mit Blick auf die Erhöhung der Kundenzufriedenheit im Golfsport hat die USGA daher Mitte 2021 ein neues Modell eingeführt, das sich sehr gut zur Marktsegmentierung eignet (USGA (Hrsg.): A New Way to Classify Golf Courses to Improve Golfer Satisfaction, veröffentlicht in: Green Section Record, Volume 59, Issue 14 vom 06. August 2021). 
 

Der Vorschlag der USGA identifiziert im Wesentlichen die folgenden sechs Typen von Golfplätzen:
 

  • Typ 1 – Focused: Reduziertes Angebot ohne Driving Range oder Übungseinrichtungen, statt Pro-Shop nur Verbrauchsartikel an der Rezeption.
  • Typ 2 – Enhanced: Erweitertes Angebot inklusive Übungseinrichtungen und Akademie, Gastronomie sowie Starter und Marshals.
  • Typ 3 – Comprehensive: Wie Enhanced, jedoch mit vollwertigem Pro-Shops und breitem Gastronomieangebot.
  • Typ 4 – Lifestyle: Ergänzung des „Comprehensive“-Golfangebot um Zusatzangebote wie ein Pool, ein Fitness-Center, Tennisplätze oder ein Kinderspielplatz. Letztlich sollen auch Nicht-Golfer angesprochen werden, häufig bezeichnet man solche Anlagen als Country Club.
  • Typ 5 – Resort: Ergänzung des Golfangebots um Übernachtungsmöglichkeiten, aber auch Zusatzangebote für Nicht-Golfer wie z.B. Spa.
  • Typ 6 – Destination: Liefern ein anspruchsvolles und von Golfern begehrtes Angebot. Für diesen Typ nehmen Golfer (und Begleitpersonen) gerne eine teils auch längere Anreise in Kauf, weil sie sich ein besonderes Erlebnis erhoffen. Meist handelt es sich um international renommierte Anlagen, viele von ihnen sind für Golfer „Sehnsuchts“-Destinationen.
     

Eine siebte Kategorie beschreibt reine Entertainment-Golfangebote wie Topgolf, die zwar inzwischen wichtiger Bestandteil des Marktes geworden sind, aber keinen traditionellen Golfplatz bieten.
 

Weitere Differenzierungskriterien sind beispielsweise der Zugang (Privat oder öffentlich), die Anzahl der Spielbahnen, der Standort, Management (Haupt- oder Ehrenamt), Besitz (Verein oder Betreiber) und die Schwierigkeit eines Platzes.
 

Zielgruppen-Definition als Basis
 

Auch bei den Golfern, also den Kunden, ist die Kenntnis der wesentlichen Wünsche wichtig. Hier unterscheidet die USGA (USGA (Hrsg.): Understanding the Golfers at Your Course, veröffentlicht in: Green Section Record, Volume 60, Issue 12 vom 01. Juli 2022) folgende grundlegenden Typen:
 

  • Occasional: Gelegenheitsgolfer mit maximal 12 Golfrunden pro Jahr. 
  • Determined: Spielt zwar mehr als 12 Runden pro Jahr, allerdings auf eher schwachem Leistungsniveau. Oft Einsteiger. 
  • Fun-Only: Stellt den Spaß und damit die soziale Komponente des Golfsports in den Mittelpunkt; wenig bis kein Interesse an Handicap, kaum Turnierteilnahmen. 
  • Sporty (bis 50 Jahre) & Grinder (ab 50 Jahre): Mittleres Leistungsniveau, 12 bis 52 Runden jährlich, haben oft über andere Sportarten und Freizeitaktivitäten den Weg zum Golfsport gefunden.
  • Avid: Verbringt viel Zeit auf den Golfplätzen dieser Welt und spielt mehr als 52 Runden pro Jahr – häufig am Wochenende, weshalb man sie auch als „Weekend-Warrior“ bezeichnet. Es dominiert die Leidenschaft für das Spiel, das Leistungsniveau ist eher durchschnittlich.
  • Player (bis 50 Jahre) & Veteran (ab 50 Jahre): Leistungssportler unter den Golfern, hohes bis besonders hohes Spielniveau (Mannschaftsspieler). Bevorzugt meist traditionelle Golfplätze mit langer Historie zu Fuß.


Eigenpositionierung und Kundenanalyse als Basis
 

Grundsätzlich können Golfanlagen zwei Herangehensweisen wählen: Entweder sie positionieren zunächst die eigene Anlage oder sie legen ihre Kernzielgruppe fest und richten dann ihr Leistungsangebot daran aus. Da gerade in Deutschland kaum neue Golfanlagen gebaut werden, ist in der Praxis von einer Mischform auszugehen, bei der zunächst die Golfanlage ihre bestehenden Kunden analysieren sollte. Das gilt sowohl für Mitglieder als auch Gastspieler – idealerweise sogar auch für Golfer, die weder Mitglied noch Gastspieler sind, aber im regionalen Quellmarkt beheimatet sind und somit potenzielle Kunden darstellen. Hierfür geeignete Tools sind längst vorhanden, beispielsweise beim DGV-Partner Players1st oder bei 59Club. Wichtig ist, dass diese Analysen umfassend und regelmäßig durchgeführt werden – und die Ergebnisse in die Unternehmensplanung der Golfanlage einfließen. Auf Basis der Kundenanalyse sollten Golfanlagen sich zwei Fragen stellen:
 

  1. Entsprechen die aktuellen Golfer den Kunden, welche die Golfanlage nach eigenem Verständnis ansprechen möchte?
  2. Werden die vom Club erbrachten Leistungen von den Kunden so wahrgenommen, wie der Club dies anstrebt?
     

Zur Beantwortung der zweiten Frage sollten nicht nur regelmäßige Befragungen erfolgen, sondern auch Mystery Tests nach standardisierten Verfahren erfolgen, wie dies beispielsweise bei den Leading Golf Clubs of Germany Standard ist. Internationaler Marktführer in diesem Segment ist 59Club, die nun auch in Deutschland aktiv sind und den Anlagen auch weltweite Vergleiche ihrer Leistungen untereinander ermöglichen. 


Kundenerlebnisse sind kein Zufallsprodukt
 

Gleich, ob eine Golfanlage eher für ihr bestehendes Produkt die passenden Kunden sucht oder ob die Golfanlage (noch) stärker an die Erwartungen der Golfer angepasst werden soll: Kundenerlebnisse sind – trotz externer Einflüsse – kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis eines permanenten und konsequenten Management- und Führungsprozesses. Gerade in der Dienstleistung – und damit auch auf Golfanlagen – kommt den Mitarbeitern besondere Bedeutung bei der Gestaltung der Kundenerlebnisse zu. Dazu gehören klare Hilfestellungen zum Verhalten in bestimmten Situationen durch das Management: Wie sind Anfragen von Mitgliedschaftsinteressenten zu behandeln, wer ist für Reklamationen zuständig, welche Regeln greifen bei Schlechtwetter und vieles mehr ist zu definieren, zu dokumentieren und zu trainieren. Wichtig ist, dass die Kunden stets ein gleichwertiges Erlebnis genießen, unabhängig von der Frage, welche Mitarbeiter wann im Einsatz sind. Das gilt übrigens nicht nur für die Mitglieder im Clubhaus, sondern auch das Greenkeeping, denn auch diese beeinflussen das Kundenerlebnis – nicht nur durch die tägliche Platzpflege, sondern auch das Verhalten gegenüber Golfern auf der Runde. Die aktive Gestaltung von Kundenerlebnissen ist im zunehmenden Wettbewerb eine der entscheidenden Managementaufgaben. Nur wer ein konstantes, wiederholbares und klar kommuniziertes Kundenerlebnis bietet (das auch aus Blickwinkel der Kunden bestätigt wird – dazu gibt es Tests, Umfragen und Feedbacks über soziale Medien und mehr), kann sich im Wettbewerb positionieren und differenzieren. Die Mitarbeiter einer Golfanlage benötigen dazu klare Vorgaben – diese zu formulieren, ist Aufgabe des Managements. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Mitgliederverein oder eine Betreiberanlage handelt, ob die Anlage eher auf Golfer des regionalen Umfelds abzielt oder in einer touristischen Hochburg liegt. Entscheidend ist, dass es klare Vorgaben und Ziele gibt, die regelmäßig auf ihre Umsetzung hin kontrolliert werden. Auch sind positive Kundenerlebnisse nicht zwangsläufig eine Frage hoher Budgets in den Clubs – oft ist es vor allem der Umgang der Mitarbeiter mit den Kunden, die kleine Geste am Empfang oder auf der Runde, welche positive Erlebnisse kreiert. Golfanlagen, die dies umsetzen, profitieren von mehreren Effekten:
 

  • Höhere Kundenzufriedenheit
  • Stärkere Kundenbindung
  • Höhere Wiederkäufer-Wahrscheinlichkeit (Stammkunden-Entwicklung)
  • Kunden werden selbst zu Empfehlern (beispielsweise über Online-Bewertungsportale) und unterstützen so das Marketing des Anbieters.
  • Höhere Bekanntheit des Unternehmens und seiner Produkte, Auf- und Ausbau einer Marke
     

Wichtig ist zudem die Erkenntnis, dass Kundenerlebnisse nicht erst auf dem Golfplatz, sondern viel früher beginnen: Bei der Auswahl der Golfanlage für die nächste Runde. Fehlende oder fehlerhafte Informationen, beispielsweise auf der Website, können dafür sorgen, dass der Kunde den Golfplatz gar nicht erst weiter in Betracht zieht.
 

Klare Positionierung vermeidet Enttäuschungen
 

Je klarer eine Golfanlage sich positioniert und das zu erwartende Kundenerlebnis beschreibt, umso geringer ist die Gefahr, Kunden zu enttäuschen. Die vielfach verbreitete Ansicht, man müsse nur möglichst viele Golfer auf eine Anlage bekommen, um das wirtschaftliche Überleben zu sichern, ist kurzsichtig: Wichtig ist, dass die Erwartungen der Kunden erfüllt werden und aus Einmalkunden dauerhafte Kundenbeziehungen entstehen. Das gilt für Mitglieder wie für Gastspieler gleichermaßen. Positive Kundenerlebnisse sorgen letztlich dafür, dass der Preiswettbewerb zumindest gemildert wird: Denn wenn ein Kunde weiß, welches (positive) Erlebnis ihn auf einer Golfanlage erwartet, ist er eher bereit, einen höheren Preis zu zahlen als bei einer Anlage, die nicht klar positioniert ist und somit den Golfern kein eindeutiges Kundenerlebnis in Aussicht stellt – „18 Löcher spielen“ ist eben eine rein quantitative Leistungsbeschreibung, sagt aber über das damit verbundene Erlebnis nichts aus. Positive Kundenerlebnisse steigern nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit, weil im Marketing eine klare Kommunikation an die passende Zielgruppe (eben nicht an alle, sondern nur an die „richtigen“ Kunden) möglich wird und Kunden anhand ihrer individuellen Erwartungen bereits im Entscheidungsprozess prüfen können, ob das zu erwartende Erlebnis ihren individuellen Anforderungen entspricht. Auch werden Fehlinvestitionen auf der Golfanlage vermieden, da sich alle Maßnahmen und Investitionen stets am definierten Erlebnis ausrichten sollen. Die Vorteile sind vielfältig – wichtig ist, dass das Management sich der Herausforderung „Kundenerlebnis“ sowohl strategisch als auch operativ stellt.
 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 5 / 2024

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