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Aufbruchstimmung im Golfmarkt?!

Neue Golfangebote – ein Kommentar

Während viele Wirtschaftszweige noch immer unter den Folgen von Corona leiden, ist in der Golfbranche weiterhin positive Stimmung, ja eine gewisse Art Aufbruchstimmung, zu spüren. Die Mitgliederzahlen wachsen weiter, die Rundenanzahl bleibt hoch und mit Aufhebung einiger Re-striktionen im Sommer kehrte sogar so etwas wie die viel beschriebene „neue Normalität“ auf vielen Anlagen ein. Da stimmt es hoffnungsvoll, dass viele Anlagen sich jedoch nicht auf diesem – zugegeben primär vom Markt und nicht durch die Branche selbst bewirkten – Wachstumsschub ausruhen und passiv die weitere Entwicklung abwarten. Im Gegenteil: Gerade die schon vor Corona erfolgreichen Anlagen setzen ihre Expansion und Weiterentwicklung fort. Getreu dem schönen Motto „Never waiste a good crisis“ wird jedoch weniger an der Kostenschraube gedreht, sondern die verfügbaren Mittel werden zum Ausbau des Angebots und – besonders erfreulich – auch zur Ansprache neuer Zielgruppen genutzt. Auf einigen Anlagen sind es Adventure Golf-Anlagen, die gerade Kinder und Familien ansprechen, an anderer Stelle setzt man auf moderne Rangesysteme und verleiht der früher oft vernachlässigten Range neuen Glanz. Und der insgesamt eher feuchte Sommer hat dafür gesorgt, dass die Mehrzahl der Golfplätze sich in perfektem Zustand mit saftigen Fairways und ausgezeichneten Grüns präsentiert. Kurzum, die Attraktivität des deutschen Golfangebots hat in den letzten Monaten deutlich an Dynamik gewonnen.

 

Schon zeichnet sich ab, dass die oftmals bemängelte, fehlende Differenzierung des deutschen Golfangebots nun mit Macht einsetzt. Da konkurrieren traditionelle Mitgliederclubs im Stile eines Country Clubs mit Pay&Play-Angeboten, reine Golfplatz-Anlagen stehen im Wettbewerb zu Anlagen mit ausgiebigen Übungsmöglichkeiten und eher Range-getriebenen Angeboten. Nicht überall wird das gleiche Konzept Erfolg haben, aber Golfer können von der neuen Vielfalt durchaus profitieren und stets das zu ihrer individuellen Golfleidenschaft passende Angebot wählen – das gilt ausdrücklich auch für die nicht-organisierten Golfer (NOGs), denen zahlreiche Pay&Play-Plätze sowie Übungseinrichtungen auch auf den DGV-Golfanlagen offenstehen. 

 

Die Angebotserweiterungen abseits der reinen Golfplätze bleiben jedoch nicht ohne Auswirkungen auf die Betriebsabläufe und Organisation einer Golfanlage. Denn auf einmal geht es eben nicht mehr nur um den Platz, die früher wenig geliebten Übungsbereiche sind nicht nur für Mitgliederbindung und -gewinnung wichtig, sondern können den Ertrag der Anlagen nachhaltig steigern. Gerade für das Clubmanagement ergeben sich daraus neue operative Herausforderungen. Die Erfahrungen, sowohl mit Konzepten wie Adventure Golf, als auch mit Rangesystemen, belegen: Die neuen Konzepte sind stets nur dann erfolgreich, wenn man sie umfassend betreut und vermarktet – Selbstläufer sind im Golfbusiness weiterhin sehr selten. Doch nicht wenige Manager können sich bereits heute nicht über einen Mangel an Aufgaben beklagen: Neben der operativen Führung der Geschäfte, der Mitarbeiter-Führung, der Mitglieder- und Gästebetreuung, der Webseiten-Betreuung und der Kommunikation über Newsletter oder soziale Medien sind gerade in der Hochsaison die Tage viel zu kurz, um alles wie gewünscht abdecken zu können. Wenn nun neue Angebote hinzukommen, sollten die Anlagen daher über eine Anpassung ihrer Organisationsstrukturen nachdenken. Denn die neuen Angebote erfordern nicht nur eine permanente Betreuung, sondern auch eine aktive Vermarktung – gegenüber den eigenen Mitgliedern, aber auch an externe Golfer – und oft eine enge Zusammenarbeit insbesondere mit der Gastronomie. Auch Events bekommen so noch mehr Bedeutung. Anlagen sollten sich daher rechtzeitig überlegen, wie sie dies in ihre Strukturen und Abläufe integrieren wollen. So kann sich beispielsweise ein eigenständiges Eventmanagement um die Vermarktung der Anlage insgesamt für Veranstaltungen kümmern und so Platz, Übungsbereiche und Gastronomie koordinieren. Aber auch die Schaffung einer eigenen Leitungsfunktion für die Übungsbereiche ist denkbar: Diese ist für die gesamte Vermarktung, aber auch die Abläufe zuständig, selbstverständlich als eigenständiges Profit-Center.

 

Doch die neuen Serviceangebote der Clubs zeigen zudem auf, wie weit fortgeschritten die Digitalisierung im Golfsport ist. Themen wie der digitale Mitgliedsausweis sind hier fast schon Nebensache, im Mittelpunkt stehen Fragen wie die Netz- oder WLAN-Abdeckung auf der gesamten Anlage, die Umsetzung elektronischer Buchungsprozesse bis hin zum Check-in vor der Runde und die Nutzung digitaler Angebote auf den Übungsanlagen, denn jedes Rangesystem bietet den Golfern eine Verknüpfung per App – auch club-übergreifende Turniere und Wettbewerbe sind ohne Web-Anbindung kaum denkbar. Digitale Kommunikation – von der Website bis zu den sozialen Medien inklusive der Produktion eigener, kleiner Videos –  ist längst zum Erfolgsfaktor mutiert. Bei Betreiberanlagen werden sie bereits häufig erfolgreich in die Führungsorganisation eingebunden. Blickt man jedoch auf die langen Listen der ehren-amtlichen Vorstände, taucht die Digitalisierung deutlich seltener auf. Wo sind die Golfanlagen, die neben Platzwart, Jugendwart oder Spielführer auch einen Vorstand für Digitalisierung und Kommunikation haben? Der Titel des rund 50 Jahre alten Buchs von Georg-Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim, „Tue Gutes und rede darüber“, gilt auch für Golfanlagen. Doch längst ist dafür eine digitale Infrastruktur unverzichtbar. Wer beispielsweise virtuelle Golfplätze auf seiner Range anbietet, kommt um eine leistungsfähige Internetanbindung nicht herum. Auch die Nutzung digitaler Dienste vor, während und nach der Runde nimmt zu – dazu braucht es nicht nur geeignete Infrastruktur, sondern auch die richtigen Anwendungen und deren Betreuung. Die nächsten Vorstandswahlen bieten eine gute Gelegenheit, über die Struktur der Ehren-ämter nachzudenken – und vielleicht gelingt es über das Thema Digitalisierung auch einmal, jüngere Golfer für die Arbeit im Clubvorstand zu begeistern und auch hier den Generationswechsel vorzubereiten.

 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 4/2021

 

 

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