Olympia-Vorbereitung auf der Zielgeraden
Gespannte Erwartung im Le Golf National
Seit den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 zählt Golf wieder zum olympischen Programm. Obwohl Ryder Cup und Solheim Cup für die Profis wahrscheinlich weiterhin einen noch höheren Stellenwert genießen dürften, etabliert sich Olympia-Golf zunehmend im internationalen Wettkampfkalender. Wesentlich dazu beitragen dürfte, dass olympische Spiele nur alle vier Jahre ausgetragen werden – und, anders als Ryder Cup und Solheim Cup, den teilnehmenden Athleten Kontakt zu zahlreichen anderen Spitzensportlern verschiedener Sportarten bietet. Paul Armitage, 2018 General Manager des Ryder Cup-Austragungsorts Le Golf National, kümmert sich nun in neuer Funktion als Golf Sport Manager um das Event. „Paris 2024 hat insgesamt 32 Sportarten und 32 Sportmanager. Ich bin der Einzige, der nicht direkt bei Paris 2024 angestellt ist, sondern von einem Konsortium unter Einbeziehung des Internationalen Golfverbands IGF, dem französischen Golfverband ffgolf sowie der DP World Tour und der PGA Tour berufen wurde“, so der Golfexperte im Interview mit dem golfmanager. Dieser neue Ansatz soll für Los Angeles 2028 und Brisbane 2032 als Blaupause dienen, um über Verbände und andere Organisationen der Sportarten noch mehr Know-how in die Arbeit der Olympia-Organisation einzubinden. Aufgabe des Sportmanagers sei es, so Armitage, den Sport zu organisieren – und damit als Bindeglied zwischen den internationalen Verbänden und dem Organisations-Komitee zu dienen. Das Veranstaltungsmanagement inklusive Kartenverkauf, Sicherheitskonzept, Tribünen oder Bewirtung, obliege dem Organisations-Komitee. Die Nominierung der Golferinnen und Golfer erfolge durch die jeweiligen nationalen Olympischen Komitees. Zwar wurden über den IGF die grundsätzlichen Qualifizierungskritierien definiert, die endgültige Entscheidung bleibt aber den jeweiligen nationalen Entscheidungsgremien vorbehalten. Für Deutschland haben sich bei den Damen Esther Henseleit und Alexandra Försterling qualifiziert, bei den Herren konnten sich Stephan Jäger und Matti Schmid durchsetzen. Anders die Situation in den Niederlanden. Zwar haben auch hier je zwei Golferinnen und Golfer die Qualifikationskriterien der IGF geschafft, jedoch entschied das nationale OIympische Komitee, lediglich Proette Anne van Dam zu nominieren. Offizielle Begründung: Man sah bei den drei übrigen Golfern – darunter der mehrfache Toursieger Joost Luiten – keine Chance, dass diese eine Top 8-Platzierung bei Olympia belegen würden. Das führte gerade in den sozialen Medien verständlicherweise zu zahlreichen Unmutsäußerungen von Athleten und Golffans. Luiten nahm die Entscheidung jedoch nicht hin und klagte seine OIympia-Meldung Anfang Juli erfolgreich ein. Dennoch ist seine Teilnahme weiterhin ungewiss, da das IOC seinen Startplatz bereits weitervergeben hat. Von daher ist davon auszugehen, dass zumindest 2024 erneut keine Amateur-Golfer für die Spiele nominiert werden. Dennoch: „Golf ist nun wieder fester Bestandteil der olympischen Bewegung und zählt bis auf Weiteres fest zum Wettbewerbsprogramm. Ab Los Angeles 2028 wird es zusätzlich zu den Damen- und Herren-Wettspielen auch einen Mixed-Golfwettbewerb geben“, so der Golf Sport Manager.
Ryder Cup-Austragungsort für olympisches Golfturnier
Erstmals findet 2024 ein olympisches Golfturnier am gleichen Ort statt wie ein Ryder Cup. Dennoch sieht Armitage große Unterschiede zwischen Ryder Cup und Olympia. Während beim Ryder Cup ausschließlich Golf für die Wettbewerbsdauer im Fokus stehe, dauern Olympische Spiele zwei Wochen und umfassen 31 weitere Sportarten mit zahlreichen Wettbewerben. Daher müsse das Organisations-Komitee diese Wettbewerbe koordinieren. Zudem sieht der Manager beim Ryder Cup schlankere Organisationsstrukturen, denn „Olympische Spiele sind ein riesiges Gebilde namens Paris 2024, das mit möglichst wenig Ausnahmen von allgemeinen Regeln funktionieren soll“, beschreibt er den Unterschied. So nutzten beispielsweise alle Sportarten das gleiche Ticketingsystem. Und aufgrund des Vertriebskonzepts ergebe sich ein weiterer Unterschied zum Ryder Cup. Das Preisniveau ist deutlich niedriger, die günstigsten Tickets zu den Golfwettbewerben wurden bereits ab 24 Euro pro Wettbewerbstag angeboten. Die Strategie von Paris 2024 bestehe darin, ein Maximum an Sportarten für ein Maximum an Zuschauern zu bieten. Daher wolle man die Preise bewusst niedrig halten für Golf, um auch Nicht-Golfer als Zuschauer anzuziehen. Das gelte vor allem für Zuschauer, die ein Ticketpaket gekauft haben. Anders als beim Ryder Cup, der fast ausschließlich Golffans und -experten als Zuschauer anspricht, wird Olympia explizit als Chance gesehen, Noch-Nicht-Golfer anzusprechen. „Die Olympischen Spiele sind eine große Chance, um Menschen auch zu Hause den Sport weltweit nahezubringen“, so Armitage. Dazu trage auch bei, dass Le Golf National als Austragungsort im gleichen Grunddesign gestaltet wird wie alle anderen Wettkampfstätten. Zudem berichtet Armitage, dass Olympische Spiele bei den Profis immer mehr Anerkennung fänden. Zwar gäbe es kein Preisgeld, aber nur alle vier Jahre treffe man mit den besten Sportlern aus aller Welt zusammen und könne sich austauschen. Für erfahrene Golfturnierbesucher wird sich die Optik bei den olympischen Golfwettbewerben unterscheiden: Es gibt keinen Titelsponsor, auch sonstige Aussteller sucht man vergebens. Lediglich einige Top-Partner des Internationalen Olympischen Komitees werden sich präsentieren. Für die Zuschauerinformation gibt es eine sogenannte Audiodeskription, also ein Turnierradio, auf das man per Smartphone zugreifen kann. Zudem werden rund 12 riesige Anzeigetafeln angebracht. Insgesamt setzt man vor allem auf die digitale Zuschauerinformation. Anders als bei reinen Golfturnieren gibt es kein Golf-spezifisches Merchandising. „Bei den Waren handelt es sich um allgemeine olympische Fanartikel, spezielle Sportarten-spezifische Merchandise-Artikel sind nicht vorgesehen“, erklärt der erfahrene Golfmanager.
Neu in Le Golf National
Gegenüber dem Ryder Cup wurden am Platz einige Änderungen vorgenommen, vor allem in Hinblick auf den Damenwettbewerb. „Le Golf National hat zwar bereits den Ryder Cup und viele andere, renommierte Turniere der Herren ausgetragen, aber noch nie ein großes Profi-Turnier der Damen“, so Armitage. Gemeinsam mit dem Wettkampfkomitee der IGF, dem erfahrene Turnierorganisatoren der PGA of America, LPGA und LET angehören, wurde daher der Golfplatz speziell in Hinblick auf das Damenturnier analysiert. Im Ergebnis wurden an Bahn 9 und an Bahn 17 zusätzliche Teeboxen errichtet, um dem Damenturnier ein ähnliches Flair wie bei den Herren zu verleihen. Selbstverständlich spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle bei Paris 2024 und damit auch bei den Golfwettbewerben. „Es wird das erste große Turnier auf der Welt sein, bei dem zu 100 % elektrisch gemäht wird. Maschinen mit CO2-Ausstoß wird man vergeblich suchen“, so der Golf Sport Manager. Das stelle besondere Anforderungen an die Logistik auf und abseits des Platzes, denn schließlich müssten auch die Stromversorgung auf der Anlage und die Ladestationen der Mäher geplant und realisiert werden, so der Manager weiter. Zudem werden die Spiele so weit wie möglich plastikfrei sein. Hiervon ausgenommen: die Wasserflaschen der Spieler, dies liege an den Anti-Doping-Bestimmungen, so Armitage. Zudem profitiere Le Golf National von seinen bereits 2016 begonnenen Maßnahmen zur Senkung des Wasserverbrauchs. So seien neue Seen zur Bevorratung gebaut worden. Auch die Effizienz der Bewässerung wurde optimiert. Im Winter 2023 seien zudem neue Pumpen angeschafft worden, um Regenwasser in die Speicherseen zu befördern. Dadurch konnte die verfügbare Wassermenge um rund 20 % erhöht werden, berichtet der Manager. Das Kostenmanagement liegt zentral beim Organisationskomitee. Vor 10 Jahren hat der Präsident des Komitees ein Budget von 4,4 Milliarden Euro genannt – und trotz Covid-19, Inflation und Ukrainekrieg liegen die Organisatoren nach offiziellen Einschätzungen im Plan. „Dabei spielt sicherlich auch eine Rolle, dass hier in Paris viele existierende Sportanlagen wie Le Golf National genutzt werden, anstatt diese – wie beispielsweise in Rio – erst für das Event bauen zu müssen“, betont Armitage.
Fazit
Man darf gespannt sein, welche Resonanz die seit vielen Jahrzehnten erstmals wieder auf europäischem Boden ausgetragenen olympischen Golfwettbewerbe bei Zuschauern und in den Medien finden werden. Aus deutscher Sicht sicherlich schade, dass parallel zum Golfturnier der Herren in Deutschland das Final Four ausgetragen wird und somit Spielerinnen und Spieler, Betreuer und DGL-Fans das olympische Event nur über die Medien verfolgen können.
Autor: Michael Althoff | golfmanager 3/24