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Mögliche Auswirkungen der Greenfee-Differenzierung

Modellhaft durchgerechnet

Ein wichtiges Thema beim Verbandstag des Deutschen Golf Verbandes (DGV) am 16. April 2016 in Frankfurt am Main war die Reform der Kartenkennzeichnung und – damit zusammenhängend – eine mögliche Greenfee-Differenzierung zwischen clubgebundenen und club-ungebundenen Golfspielern. Deshalb war das Thema „Greenfee-Differenzierung“ auch Bestandteil des Antrags 1 beim DGV-Verbandstag: „Für ein funktionierendes Nebeneinander unterschiedlicher Varianten der Golfausübung und verschiedener Mitgliedschaftsformen kommt der Differenzierung der Greenfees eine besondere Bedeutung zu“ – satte 85% Zustimmung gab es für diese Aussage.

 

Der DGV spricht in seiner Antragsbegründung für eine Greenfee-Differenzierung u.a. davon, dass diese „… für eine gerechte Finanzierung des Golfanlagenbetriebs in Deutschland“ Grundvoraussetzung sei. Inwieweit ethisch-moralische Kategorien wie beispielsweise „Gerechtigkeit“ in diesem Zusammenhang als Begründung herangezogen werden können, soll an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Ferner wird in der Begründung des DGV darauf verwiesen, dass der Ansatz der Greenfee-Differenzierung nur funktionieren wird, wenn sich „… eine relevante Zahl von Golfanbietern“ solidarisch verhält und sich an der Greenfee-Differenzierung beteiligt.

 

In dem Beitrag „Kostendeckendes Golf: Greenfee-Differenzierung“ von Prof. Rüdiger Falk im golfmanager 1/16 (S. 10-13) wird die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit der Greenfee-Differenzierung ausführlich begründet, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass aktuell lediglich rund 20% aller deutschen Golfanlagen die derzeitige Hologramm-Kennzeichnung auf dem DGV-Ausweis als Grundlage für eine Greenfee-Differenzierung nutzen. Diese niedrige Quote darf getrost als Indiz dafür gewertet werden, dass der weitaus überwiegende Teil der Golfanlagen auch mit der neuen Karten-Kennzeichnung nach dem Regionalitäts-Prinzip dem Thema „Greenfee-Differenzierung“ vermutlich eher skeptisch gegenüber stehen wird.

 

Die theoretische Erkenntnis ist das eine, die praktische Umsetzung das andere. Generell ist zudem anzumerken, dass sich marktwirtschaftliche Mechanismen und das Solidaritätsprinzip nur schwer miteinander vereinbaren lassen – und genau dieser Versuch soll hier gelingen.

 

Darüber hinaus sollte eines nicht vergessen werden: Den Kunden interessiert es nicht, ob ein Produktpreis betriebswirtschaftlich korrekt berechnet wurde. Den Kunden interessiert lediglich, ob der Preis niedriger ist als bei vergleichbaren Produkten bzw. ob das Preis-Leistungs-Verhältnis nach seiner Wahrnehmung stimmt.

 

Grau, teurer Freund,  ist alle Theorie“ – zu dieser Erkenntnis kam schon Mephisto in Goethes „Faust“. Wie würde sich die Greenfee-Differenzierung denn nun vermutlich konkret in der betriebswirtschaftlichen Praxis einer Golfanlage auswirken – ausgedrückt in Euro? Ist wirklich mit einer substantiellen Stärkung der Finanzlage der Golfclubs durch daraus resultierende Mehrerlöse zu rechnen? Oder handelt es sich mehr um einen symbolischen Akt der Solidarität, der allenfalls eine psychologische, aber keine oder nur eine geringe monetäre Wirkung entfaltet?

 

Anhand der Greenfee-Daten der Golf- und Country Club Seddiner See AG aus dem Jahr 2015 soll diese Fragestellung einmal beispielhaft „durchgerechnet“ werden.

 

 

Der Golf- und Country Club Seddiner See

Die G&CC Seddiner See AG ist die Eigentümer- und Betreibergesellschaft einer 36-Löcher-Golfanlage im unmittelbaren Einzugsbereich von Berlin und Potsdam. Seit 2010 gehört die Gesellschaft zu den „Leading Golf Courses of Germany“. Der die Golfanlage nutzende Club, der G&CC Seddiner See e.V., hat aktuell 1.365 Mitglieder, davon 185 Kinder und Jugendliche (unter 21 Jahre).

 

Die ordentlichen (d.h. unbefristeten) Mitglieder sind gleichzeitig Inhaber einer Vorzugsaktie der G&CC Seddiner See AG, die derzeitig einen Marktwert von ca. EUR 17.000-18.000 hat. Daneben gibt es verschiedene Formen einer Jahresmitgliedschaft ohne Aktie, die allerdings mit einem höheren Jahresbeitrag verbunden sind. An Wochenend- und Feiertagen genießen die ordentlichen Clubmitglieder (Aktionäre) Priorität bei der Buchung von Startzeiten in der ­„Primetime“ von 10 bis 13 Uhr.

 

Wie die umfangreichen anonymen Qualitätstests (insgesamt 18 Tests pro Jahr) im Rahmen der Mitgliedschaft bei den „Leading Golf Courses“ seit vielen Jahren dokumentieren, wird die Golfanlage der G&CC Seddiner See AG zu Recht zu den Premium-Golfanlagen in Deutschland gezählt. Angesichts dieser Tatsache darf der Mitgliedsbeitrag als moderat angesehen werden. Er beträgt in 2016 für erwachsene aktive Clubmitglieder – je nach Mitgliedschaftsmodell – zwischen EUR 1.830 und 2.550 pro Jahr.

 

Gastspieler sind herzlich willkommen. Es wird jedoch die Vorlage eines Clubausweises verlangt. VcG-Spieler zahlen den gleichen Greenfee-Preis wie andere Gastspieler auch, Gäste von Clubmitgliedern zahlen einen rabattierten Greenfee-Preis.

 

Greenfee-Einzelbuchungen in 2015:
Zuordnung zu club-gebundenem und club-ungebundenem Golf

Die G&CC Seddiner See AG arbeitet mit der Clubverwaltungssoftware PCCaddie. Dieses Clubverwaltungssystem registrierte im Geschäftsjahr 2015 insgesamt 3.781 Greenfee-Einzelbuchungen (vgl. Tabelle 1, Pos.1). Eine Auswertung dieser Einzelbuchungen ergab, dass in 230 Fällen der Buchung kein Golfclub zugeordnet war, sondern beispielsweise lediglich der Hinweis „Gast“ vermerkt war (vgl. Tabelle 1, Pos. 2). Bereinigt um diese nicht verwertbaren Fälle (= 6,1%) verbleiben 3.551 Einzelbuchungen (vgl. Tabelle 1, Pos. 3), denen jeweils ein Golfclub zugeordnet war. Eine Durchsicht der Daten ergab, dass hierin 510 Buchungen von ausländischen Clubs sowie von  VcG-Golfern  enthalten waren (vgl. Tabelle 1, Pos.4).

Auf dem DGV-Verbandstag wurde bei der Vorstellung des neuen Karten-Kennzeichnungssystems erläutert, dass nach heutigem Kenntnisstand 85% der DGV-Karten zukünftig mit dem Regionalitäts-Kennzeichen „R“ gekennzeichnet sein werden, d.h. 15% der DGV-Ausweise hingegen nicht. Diese 15% entsprechen – bei 3.551 Buchungen insgesamt – 456 Buchungen (Pos. 6). Insgesamt gäbe es also  456 + 510 = 966 Buchungen, die nicht dem clubgebundenen Golf (DGV-Ausweise mit „R“-Kennzeichnung) zuzuordnen wären. Gut ein Viertel (27,2%) der Buchungen wären also dem club-ungebundenen Golfspiel zuzurechnen (ausländische Clubkarten, VcG, DGV-Ausweise ohne „R“).

 

Struktur der Greenfee-Erlöse und Greenfee-Buchungen

In 2015 wurden Greenfee-Erlöse von insgesamt 393 Tausend EUR brutto erwirtschaftet (vgl. Tabelle 2). 2015 war damit  ein überdurchschnittlich gutes Jahr für die witterungsabhängigen Erlöse wie z.B. Greenfee, Bälle Driving-Range, Startgeld oder Miete Elektro-Carts. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre wurden Greenfee-Erlöse von 367 Tausend EUR brutto pro Jahr vereinnahmt.

 

Von dem Greenfee-Gesamterlös des Jahres 2015 entfielen 56,3% auf nicht-rabattierte Einzel-Greenfees. 17,1% entfielen auf Einzel-Greenfees zu Sondertarifen (z.B. bei Gruppen ab zehn Personen, Gutschein-Paketen (z.B. zehn Greenfee-Gutscheine mit 10% Rabatt), Rabatt wg. frisch airifizierter und/oder besandeter Grüns o.ä.). Weitere 26,6% der Greenfee-Erlöse resultierten u.a. aus dem Jahres-Greenfee für Angehörige des Diplomatischen Corps, dem Jahres-Greenfee für Mitglieder des GLC Berlin-Wannsee sowie dem EUR 50-Sonder-Greenfee für Clubmitglieder der anderen Leading Golf Courses of Germany.

 

Für die Berechnung der Auswirkungen der Greenfee-Differenzierung sind hier nur die nicht rabattierten Einzelbuchungen von Interesse. In diesem Segment wurde mit 3.781 Einzelbuchungen in 2015 ein Erlös von insgesamt EUR 221.501 erwirtschaftet. Dies entspricht einem durchschnittlichen Greenfee-Preis von fast EUR 59 (als Misch-Preis aus 9-Löcher-Runden und 18-Löcher-Runden, Erwachsene und Jugendliche, mit und ohne Clubmitglied). Da die Anzahl der Einzelbuchungen aus dem genannten Grund um 6,1% bereinigt wurde, muss eine Bereinigung in dieser Höhe auch bei dem in diesem Segment erzielten Erlös erfolgen. Demzufolge  ergibt sich ein bereinigter Greenfee-Erlös aus nicht rabattierten Einzelbuchungen von EUR 207.989 (Tabelle 1, Pos. 10). Ausgehend von der Feststellung, dass 27,2% der getätigte Buchungen dem club-ungebundenen Golfspielen zuzurechnen wären, würde dieser Anteil einem Erlös von EUR 56.593,93 entsprechen (vgl. Pos. 11). Am Greenfee-Gesamterlös von rund 393 Tausend EUR wäre dies ein Anteil von 14,4% (Pos.13).

 

Greenfee-Preise und Preis-Differenzierung

Die aktuellen Greenfeepreise für 18 Löcher liegen – differenziert nach Wochenende und Wochentag, Nord- und Südplatz, mit oder ohne Clubmitglied – zwischen 60 EUR (Nordplatz, Wochentag, mit Clubmitglied) und 95 EUR (Südplatz, Wochenende, ohne Clubmitglied). Jugendliche zahlen jeweils ungefähr die Hälfte (vgl. Tabelle 3).

 

Im Unterschied zu dem von Prof. Falk in seinem Beitrag vorgestellten dreistufigen Modell gehen wir bei unserer Betrachtung nur von zwei Stufen bzw. Kategorien aus: clubgebundene Golfer mit einem DGV-Ausweis mit „R“-Kennzeichnung sowie Gastspieler mit DGV-Ausweisen ohne „R“-Kennzeichnung oder sonstigen Clubausweisen einschließlich VcG-Ausweis.

 

Bei unserer Modellrechnung sind wir ferner davon ausgegangen, dass die Preise für clubgebundene Golfer unverändert bleiben, die club-ungebundenen Golfer hingegen einen Aufschlag von 25% auf das jetzige Greenfee zahlen müssten. Oder anders herum betrachtet: Die Greenfee-Preise würden generell um 25% angehoben und die clubgebundenen Golfer erhalten darauf einen Rabatt von 20%.

 

Beispiel: Ein Greenfee-Preis von jetzt 80 EUR würde bei +25% auf  100 EUR ansteigen. Wenn auf diese 100 EUR dann ein Rabatt von 20% gewährt wird, kostet das Greenfee – wie jetzt auch – wieder 80,00 EUR. Für die  Greenfees der Golfer mit „R“-Kennzeichnung würde sich also nichts ändern, d.h. es würden weiterhin die heutigen Greenfee-Preise gelten. Für alle anderen Gastspieler würden sich hingegen die Greenfee-Preise um 25% erhöhen. In der Praxis würde dies bei den verschiedenen Greenfee-Tarifen einen Aufschlag in einer Bandbreite von 15,00 EUR (Nordplatz Wochentag) bis 23,75 EUR (Südplatz Wochenende) für 18 Löcher bedeuten.

 

Auswirkungen der neuen Preis-Struktur

Die spannende Frage lautet nun: Wie würde sich die so veränderte Preisstruktur voraussichtlich auf die Greenfee-Gesamterlöse auswirken? Hierzu sollen die beiden Extremwerte dieser Modellrechnung (best case und worst case) betrachtet werden (vgl. Tabelle 4).

 

Im sicherlich nur theoretisch denkbaren best case-Szenario – dass nämlich trotz der 25%-Preiserhöhung die Anzahl der Greenfee-Buchungen der club-ungebundenen Gastspieler kon­stant bleiben wird – würde der Erlös von jetzt 56.594,00 EUR auf dann 70.742,00 EUR steigen, d.h. es gäbe einen Mehrerlös von 14.148,00 EUR. Bei operativen Gesamterlösen (ohne Erlöse aus Einmalentgelten/Aktienverkäufen) von rund 3,2 Mio. EUR pro Jahr wäre selbst dieses best case-­Szenario betriebswirtschaftlich ohne Bedeutung. Und dieses best case-­Szenario hätte auch nur dann eine Chance auf Realisierung, wenn der überwiegende Teil der anderen Golf­anlagen in der Region Berlin/Brandenburg sich solidarisch verhalten und ebenfalls die Greenfee-Preise für clubungebundene Golfspieler entsprechend anheben würde – eine sicherlich nicht realistische Markteinschätzung.

 

Im worst case-Szenario hingegen (die Buchungen der club-ungebundenen Golfspieler reduzieren sich auf null, weil den Gastspielern die neuen Greenfee-Preise zu hoch sind bzw. diese nicht mehr wettbewerbsfähig gegenüber regionalen Konkurrenten sind) würde sich der Erlös in diesem Segment von 56.594,00 EUR auf null reduzieren.

 

Irgendwo zwischen diesen beiden theoretischen Extremwerten von +14.148,00 EUR und -56.594,00 EUR würde also die Realität liegen. Die Modellrechnung mit einem Buchungsrückgang um lediglich 50% (von 70.742,00 EUR auf dann 35.731,00 EUR) würde immerhin noch einen Erlösrückgang von 21.223,00 EUR bedeuten. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Greenfee-Erlöse aufgrund der Preiserhöhung für die club-ungebundenen Golfspieler rückläufig sein werden, so dass insgesamt ein Erlösrückgang bei den Greenfee-Erlösen zu verzeichnen ist, ist unter den hier beschriebenen Voraussetzungen somit als hoch einzuschätzen.

 

Natürlich könnte auch mit einem höheren Aufschlag von beispielsweise 50% bzw. einem Rabatt von 33% kalkuliert werden. Dies würde jedoch zwangsläufig die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass club-ungebundene Golfspieler durch die dann noch höheren Preise in noch stärkerem Maße abgeschreckt würden. Das worst case-Szenario würde damit (noch) „näher rücken“.

 

Unabhängig von dieser eher ungünstigen Einschätzung der zu erwartenden Erlös-Entwicklung wäre  auch die praktische Umsetzung für die Mitarbeiterinnen im Clubsekretariat nicht ganz unproblematisch. Bedingt durch unterschiedliche Greenfee-Tarife für Nord- und Südplatz, für 9- und 18-Löcher-Runden, für Erwachsene und Jugendliche, für Gäste von Clubmitgliedern und Nicht-Gäste sowie Wochentag- und Wochenend-Tarife gibt es bereits jetzt 32 verschiedene Greenfee-Tarife. Diese Anzahl würde sich bei einer Differenzierung nach DGV-Ausweis mit „R“  bzw. allen anderen Clubausweisen noch einmal verdoppeln.

 

Fazit

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Einführung der hier vorgestellten Greenfee-Differenzierung in der G&CC Seddiner See AG insgesamt zu einem Greenfee-Mehrerlös führen wird, wird aufgrund der Modellrechnung als eher gering eingeschätzt. Vielmehr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Erlös-Rückgang zu erwarten.

 

Es wäre interessant zu untersuchen, ob die hier präsentierte Modellrechnung in anderen Clubs zu ähnlichen Ergebnissen führt oder ob es sich hier um ganz spezifische „Seddiner Verhältnisse“ handelt, die nicht verallgemeinert werden können.

 

In der Praxis der vergangenen drei Jahre hat sich jedoch gezeigt, dass für die G&CC Seddiner See AG eine ganz andere Frage wirtschaftlich viel wichtiger ist, als möglicherweise Mehrerlöse von club-ungebundenen Golfspielern durch höhere Greenfee-Preise zu generieren: Nämlich die Frage,  wie es gelingen kann, aus dem Potenzial der nicht-clubgebundenen Golfspieler Clubmitglieder (Vollmitglieder) zu akquirieren.

 

In seinem Artikel „Blick über die Grenzen“ in der Ausgabe 2/16 des golfmanager über Mitgliedschaftsmodelle in England und Schottland hat Michael Althoff hierzu einige interessante Aspekte beleuchtet, u.a. nämlich die „Fernmitgliedschaft als Chance“, Vollmitglieder zu gewinnen. Unsere Erfahrungen der vergangenen drei Jahre sind diesbezüglich jedenfalls äußerst positiv.

 

Autor: Horst Schubert ❘ golfmanager 03/2016

 

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