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Zwischen Sport und gesellschaftlicher Mission

Makkabi Golf Deutschland

Sport hat im Leben von Leo Friedman schon immer eine große Rolle gespielt. Doch wie bei vielen Menschen rund um die Generation der Baby-Boomer stand zunächst nicht Golf auf der Agenda, sondern Tennis. Hier war der gebürtige Badener nicht nur als Spieler erfolgreich, sondern baute ab Ende der 1970er Jahre erfolgreich die Tennisabteilung für Makkabi Deutschland auf. Wer mit ,Makkabi‘ als Sportverband nicht ganz so vertraut ist: Bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten gab es in Deutschland rund 90 jüdische Sportvereine. Mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland 1965 wurde die jüdische Sportbewegung im gleichen Jahr neu gegründet. Heute hat Makkabi Deutschland mehr als 7.000 Mitglieder in gut 40 Ortsvereinen mit 25 Sportarten, darunter auch Golf. Wer Mitglied bei Makkabi werden möchte, muss nicht dem jüdischen Glauben angehören – und auch eine israelische Staatsbürgerschaft ist selbstverständlich nicht erforderlich. Im Gegenteil: Bei Makkabi steht das Thema Völkerverständigung ganz oben auf der Agenda – unabhängig von Religion, Herkunft oder Hautfarbe. Daher verbindet die Organisation auch jüdische und nicht-jüdische Sportler. Eine Besonderheit der Makkabi-Bewegung im Unterschied zu anderen Sportverbänden: Ergänzend zu den nationalen und internationalen Wettkämpfen der Landessportverbände oder Weltorganisationen, an denen selbstverständlich bei entsprechender Qualifikation auch Makkabi-Mitglieder teilnehmen, gibt es eigene Wettkämpfe der Makkabi-Bewegung. Diese finden auf deutscher und europäischer Ebene religionsneutral statt, hier können somit alle Makkabi-Mitglieder teilnehmen. Einzig die üblicherweise alle vier Jahre stattfindende ,Makkabiade‘, die stets in Israel ausgetragen wird, ist ausschließlich jüdischen Makkabi-Mitgliedern vorbehalten.

Was macht Makkabi Golf Deutschland aus?
 

Trotz seiner Erfolge im Tennis hatte das Leben andere Pläne mit Friedman: Nach einem Achillessehnenriss fand seine Tenniskarriere ein jähes Ende, einige Zeit später wendete er sich dem Golfsport zu. Aufgrund seiner äußerst erfolgreichen Arbeit als Obmann der Tennisabteilung bat ihn Makkabi Deutschland-Präsident Alon Meyer Anfang der 2000er Jahre, nun eine Golfabteilung für Makkabi Deutschland aufzubauen. Heute dürfte Friedman der dienstälteste Funktionär im Dienst von Makkabi Deutschland sein – denn natürlich folgte er dem Ruf seines Präsidenten. „Ich habe damals alle Ortsverbände von Makkabi Deutschland angeschrieben und gefragt, ob sie Golfer in ihren Reihen hätten“, schildert er den Beginn der Golfabteilung. Am Ende hatte er eine Datenbank mit rund 70 Personen, die Grundlage der Golfabteilung. Von Beginn an ging es dem ebenso welterfahrenen wie weltoffenen Sportmanager neben dem sportlichen auch um das gesellschaftliche Miteinander. Die Wettkämpfe, sowohl national als auch international, haben für ihn dabei besondere Bedeutung. Das dürfte auch an seiner persönlichen Lebensgeschichte hängen: 1989 war er aktiver Teilnehmer der Makkabiade in Israel und lernte dort eine kolumbianische Marathonläuferin kennen. Nur wenige Monate später folgte die Heirat, die gemeinsame Tochter nahm später ebenfalls, allerdings im Fußball, an den Wettspielen teil. Der gemeinsame Sohn des Paares wurde mit einer äußerst seltenen Krankheit geboren und starb noch vor Erreichen seines dreißigsten Lebensjahrs. Durch die Krankheit seines Sohnes hat Friedman viel über die therapeutischen Aspekte des Golfspiels kennengelernt, bis heute ist ihm neben Sport und Völkerverständigung auch Inklusion ein wichtiges Anliegen. Einer der zahlreichen Höhepunkte im Sportlerleben des umtriebigen Wahl-Frankfurters: 2015 wurden die European Games der Makkabi-Bewegung in Deutschland abgehalten, Friedman organisierte das zugehörige Golfturnier im Berliner Golfclub Stolper Heide. „Markus Neumann vom DGV sowie der damalige Präsident des Golfclubs Stolper Heide, Thomas Bonk, haben mich in allen Belangen unterstützt, um das Turnier mit Teilnehmern aus 13 Ländern professionell durchführen zu können“, so Friedman. Als Obmann der Golfabteilung von Makkabi obliegt dem sportbegeisterten Friedman auch die Betreuung des Nationalteams. „Wir haben keine eigenen Makkabi-Golfclubs in Deutschland, alle unsere Spieler sind Mitglieder von lokalen Golfclubs aus dem Bereich des DGV. Dort wird auch deren Handicap geführt“, erläutert er. Mitglied im Deutschen Golf Verband (DGV) ist Makkabi Golf übrigens nicht. „Wie bei allen Sportverbänden sind unsere finanziellen Mittel sehr begrenzt. Eine Mitgliedschaft im DGV wäre jedoch kostenpflichtig, daher hat sich unser Präsidium bisher dagegen entscheiden“, so der Golf-Obmann. Daher nimmt sein Team auch nicht an der Deutschen Golfliga teil, obwohl sich der Sportfunktionär dies grundsätzlich vorstellen kann. Zwei Mal im Jahr versammelt Friedman seine Golfer, vor allem die Kaderspieler, zu einem Lehrgang. Der ausgebildete C-Trainer übernimmt dabei die Rolle des Organisators, des Trainers, oft auch des Psychologen, aber vor allem des Integrators. „Diese Lehrgänge sind eine wunderbare Gelegenheit, nicht nur innerhalb von Makkabi, sondern auch mit den gastgebenden Clubs unserer Lehrgänge sowohl einen sportlichen wie auch kulturellen Austausch zu betreiben“, so seine Philosophie. Während der sportliche Teil um Themen wie Athletik, Mentaltraining, Regelkunde oder Ernährungswissenschaften ergänzt wird, findet häufig auch ein Wettspiel gegen Vertreter der gastgebenden Clubs statt. Ein wichtiger Aspekt der Lehrgänge ist zudem die Sichtung: Auf Basis der Lehrgänge stellt Friedman seinen Kader für die nationalen und internationalen Golfwettspiele auf. Dabei blickt er stolz auf das Erreichte der letzten Jahre zurück. „Unsere Kaderspieler haben durchweg ein einstelliges Handicap“, freut sich der Coach und unterstreicht damit, dass die Lehrgänge einen klaren Schwerpunkt auf den sportlichen Bereich und die Weiterentwicklung der Spielqualität legen. Freitag abends organisiert Friedman dann für sein Team und alle interessierten Vertreter der gastgebenden Clubs den ,Kabbalat Schabbat‘, mit dem in der jüdischen Religion am Freitagabend der bevorstehende ,Schabbat‘ (Samstag) begrüßt wird. Dabei geht es dem nach eigener Aussage „nicht sehr religiösen Juden“ nicht um Bekehrung oder Belehrung, sondern um ein Miteinander – so, wie dies gerade im Golf schon immer Teil des Sports war. Aufhorchen lässt dennoch, dass Friedman nach solchen gemeinsamen Veranstaltungen oft hört, dass nicht-jüdische Menschen nun weniger Angst hätten – an sich sollte man im 21. Jahrhundert erwarten dürfen, dass Menschen Unbekanntem nicht mit Angst, sondern eher Neugier und Hinterfragen begegnen. Dennoch, Friedman kennt diese Reaktion und nimmt sie pro-aktiv auf. „Als Makkabi-Obmann gehe ich bewusst offen mit meiner Religion und der Tatsache, dass Makkabi ein jüdischer Verband ist, um. Wir haben eine besondere Aufgabenstellung: Mauern einreißen, Vorurteile abbauen und ein Miteinander fördern“, beschreibt er seine Philosophie. Daher habe er viele seiner christlichen Freunde mit jüdischen Freunden zusammengebracht – durchweg mit positivem Ergebnis. „Für mich ist Makkabi Lebensinhalt, um die Werte unserer Gesellschaft zu fördern und zu leben: das freiheitliche, demokratische und tolerante Miteinander“, verknüpft er die Ziele des Verbands mit seiner Lebenseinstellung. Dennoch: Spätestens seit dem terroristischen Angriff der Hamas in Israel, aber auch angesichts einer Zunahme teils rechtsradikaler politischer Übergriffe hat auch das Leben in Deutschland für Menschen jüdischen Glaubens das Thema ,Angst‘ wieder mehr in den Blickpunkt gerückt. Wer glaubt, rund 80 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs sei in Deutschland der Antisemitismus besiegt, wird enttäuscht. Schon in seiner Zeit als Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Heidelberg hat sich Friedman Antisemitismus und dem latenten Hang, seine Glaubensgemeinschaft an den gesellschaftlichen Rand zu drängen, widersetzt. „Ich bin Deutscher jüdischen Glaubens und will meinen Platz weder für Rechtsradikale noch für islamistische Gewaltverbrecher freimachen“, verkündet ein kampfbereiter Vertreter der jüdischen Nachkriegsgeneration in Deutschland. Ausdrücklich lobt er in diesem Zusammenhang die ihm bekannten Vertreter des Golfsports in Deutschland, die sehr offen seien und sich an den Tatsachen in ihrem Meinungsbild orientierten.

Untrennbarkeit von sportlichen und gesellschaftlichen Belangen
 

Im Gespräch mit Friedman merkt man an dieser Stelle, dass für ihn der gesellschaftliche Auftrag von Makkabi untertrennbar mit dem sportlichen Vorankommen verbunden ist. Wie wichtig jedoch auch für die Golf-Abteilung von Makkabi das eigene Netzwerk und die bekannte jüdische Gastfreundschaft ‚Hachnasat Orchim‘ ist, merkt man bei der Organisation der Workshops. Bei der Organisation eines Workshops im Golfpark Rosenhof half Clubmanager Norman Lang – früher Basketballprofi, unter anderem bei TuS Makkabi Frankfurt. Und bei Reisen greift Friedman gerne auf die großzügigen Angebote der Leonardo-Hotels zurück, deren Gründer ebenfalls Jude ist. So gelingt es Makkabi Deutschland, die Lehrgangskosten für die Workshopteilnehmer niedrig zu halten. Die sportlichen Erfolge können sich dennoch sehen lassen: Inzwischen gehören zwei Spieler von DGL-Clubs zum Team, bei den European Games 2019 in Budapest hat das deutsche Golfteam alle Medaillen abgeräumt. Immer häufiger finden auch jugendliche Golfer den Weg ins Makkabi-Team. „Mir fehlen allerdings ein paar Frauen“, so der Golfverantwortliche unumwunden – daher versucht er gerade in den Bereichen Frauen und Jugendliche durch seine zahlreichen Kontakte weitere Mitglieder für die Golf-Abteilung zu gewinnen. Auf globaler Ebene ist der Erfolg bisher nicht ganz so groß: „Gerade aus den USA kann es schon einmal sein, dass plötzlich ein ehemaliger Tour-Profi am ersten Tee bei einer Makkabiade steht“, so Friedman. Das sei für seine Amateursportler natürlich eine Nummer zu groß.

Ein Blick auf den Golfsport in Israel
 

Friedman, der in Deutschland in seinem Heimatclub Hof Hausen auch ehrenamtlich als Marshal tätig ist, verfolgt auch die Entwicklung des Golfsports in Israel mit großem Interesse, zumal seine Tochter dort lebt und er dort ebenfalls eine Wohnung hat. So ist er Mitglied im einzigen Golfclub des Landes bei Caesarea. Der von Pete Dye designte Platz, der aufgrund seiner Alleinstellung im Land automatisch Austragungsort der Golfwettbewerbe bei einer Makkabiade ist, präsentiere sich auf höchstem Niveau und sei zudem sehr anspruchsvoll. Allen Golfern, die nach Israel reisen, empfiehlt der Golf-Cosmopolit Friedman daher unbedingt, diesen Platz zu besuchen. „Wo kann man schon mit einer einzigen Runde alle Plätze eines Landes spielen?“, fragt er mit einem Augenzwinkern und ergänzt: „Wir hatten schon einmal zwei Clubs, aber der zweite wurde zugunsten eines lukrativen Immobilienprojekts aufgegeben. Dennoch: Mindestens einen weiteren Club würde das Land von der Nachfrage her in jedem Fall vertragen“. Insgesamt sei Israel im Golf noch deutlich elitärer als in Deutschland. Daher sei eine Clubmitgliedschaft oft mit dem Zugang zu einem gerade beruflich hoch attraktiven Netzwerk verbunden, so der erfahrene Makkabi-Funktionär weiter. Zudem entwickle sich in Israel gerade ein sehr interessanter Golftourismus. Da israelische Autos nicht in Jordanien fahren dürfen, führen Golfer mit ihrem eigenen PKW bis zur Grenze nach Aqaba und würden dort von den Hotels mit Golfangebot am Roten Meer abgeholt. Zudem habe Ryanair mit seinen niedrigen Preisen für einen regen Golftourismus nach Zypern gesorgt. Auch wenn Friedman inzwischen die grauen Herbst- und Wintertage statt in Deutschland lieber in Israel verbringt: Seine deutsche Heimat und natürlich Makkabi sind ihm weiterhin Herzensangelegenheit. „Als wohl dienstältester Funktionär bei Makkabi Deutschland habe ich dadurch nicht nur meine Frau, sondern viele Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt. Diese Möglichkeiten möchte ich durch meine Arbeit vielen Menschen bieten. Denn auch wenn wir in unterschiedlichen Sportarten um den Sieg kämpfen: Sport bei Makkabi ist kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander.“ Ein ‚Gegen‘ kennt Friedman nur bei Angst und Antisemitismus – und beidem tritt er entschieden entgegen. „Wenn unsere religiösen Vertreter und unsere Einrichtungen keinen Polizeischutz mehr bräuchten, wäre dies ein großer Erfolg für unsere Gesellschaft. Dafür kämpfe ich weiterhin, nicht nur privat, sondern auch durch meine Tätigkeit für Makkabi und die Werte, für die unser Sportverband weltweit steht“, so sein Fazit.


Autor: Michael Althoff | golfmanager 2/25


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