Die neue Grundsteuer – ein Update
Informationen für Eigentümer und Pächter

Dieser Text richtet sich vorrangig an bereits mit der Materie vertraute (rechtskundige) Personen und knüpft inhaltlich an vorherige Publikationen des Deutschen Golf Verbandes (DGV) an, insbesondere die zusammenfassende Darstellung der in den einzelnen Bundesländern geltenden Grundsteuergesetze im Dokument „Informationen zu Grundsteuer“ (abrufbar im DGV-Serviceportal). Auf die Wiedergabe von Gesetzestexten wird ebenso weitestgehend verzichtet, wie auf die Angabe von Fundstellen, ggfs. wurden Nachkommastellen bei Berechnungen gerundet.
Die hier gegebenen Hinweise enthalten eine allgemeine Beurteilung der Rechtslage. Sie enthalten keine Empfehlungen und können eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen. Eine Gewähr kann nicht übernommen werden.
Derzeit sollten Grundstückseigentümer bei Erhalt von Bescheiden im Zusammenhang mit der Grundsteuer besonders aufmerksam sein: Ab diesem Jahr ist die ,neue‘ Grundsteuer zu zahlen. Grundstückseigentümer (als Steuerpflichtige der Grundsteuer) werden daher – sofern noch nicht geschehen – einen Bescheid von der Kommune erhalten, dem nun zum ersten Mal der konkret zu zahlende Grundsteuerbetrag entnommen werden kann. Dabei kann es zu erheblichen Abweichungen gegenüber der bislang aufgrund der alten Rechtslage zu zahlende Grundsteuer kommen. Dem DGV sind Sachverhalte bekannt, in denen sich der Betrag der Zahlungsaufforderung um ein Vielfaches erhöht hat.
Diesem Bescheid ist allerdings ein Bescheid des Finanzamtes vorausgegangen, der bereits wesentliche Feststellungen getroffen hat. Damit Sie hier den Überblick behalten, sind im Folgenden die wesentlichsten Punkte zusammengefasst, die Sie zur ,neuen‘ Grundsteuer wissen müssen. Das dürfte insbesondere interessant sein, falls Sie oder Ihr Verpächter eine aus Ihrer Sicht (zu) hohe Zahlungsforderung erhalten haben sollten.
Es gibt mehrere Bescheide zur Grundsteuer
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass es im Hinblick auf die Grundsteuer unterschiedliche Bescheide gibt, die es auseinanderzuhalten gilt:
- den Feststellungsbescheid des Finanzamts, der Festlegungen zur späteren Berechnung der Grundsteuer enthält (= Grundsteuermessbescheid)
- den Grundsteuerbescheid der Kommune, der den letztlich zu zahlenden Grundsteuerbetrag ausweist.
Der Unterschied ist wichtig, weil sich daraus unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten ergeben. Verschaffen Sie sich daher zunächst einen Überblick, welche Bescheide Sie zu welchen Zeitpunkten erhalten haben.
Grundsteuerbescheid der Kommune (inkl. Zahlungsaufforderung)
Mit dem Grundsteuerbescheid der Kommune werden Grundstückseigentümer zur Zahlung des Grundsteuerbetrags aufgefordert. Dieser ergibt sich aus der Formel: Steuermessbetrag x Hebesatz = Grundsteuer.
Die Kommune multipliziert den von ihr selbst festgelegten Hebesatz mit dem Steuermessbetrag, daraus ergibt sich der Grundsteuerbetrag in Euro. Wichtig zu wissen ist: Den Steuermessbetrag legt nicht die Kommune fest. Dieser wurde vielmehr bereits in einem vorangegangenen Grundsteuermessbescheid vom Finanzamt festgestellt. An diese Feststellung ist die Kommune gebunden.
Der naheliegende Gedanke, sich nach Erhalt der Zahlungsaufforderung gegen den Grundsteuerbescheid der Gemeinde zu wenden, könnte also zu kurz greifen: Denn ein solches Vorgehen dürfte – nachdem der Steuermessbetrag nicht mehr angreifbar ist – nur Erfolg versprechen, wenn der Rechenvorgang der Kommune fehlerhaft wäre, z.B. also ein falscher Hebesatz angewendet worden wäre oder bei der Multiplikation ein Rechenfehler unterlaufen wäre.
Der Grundsteuermessbescheid des Finanzamts
Dem Grundsteuerbescheid der Kommune vorhergeht der vom Finanzamt erlassene Grundsteuermessbescheid, in dem der Steuermessbetrag festgestellt wird. Wie sich der Steuermessbetrag errechnet, ergibt sich aus dem Bundes- bzw. aus dem Landesrecht, je nachdem, in welchem Bundesland das Grundstück gelegen ist.
Folgende Bundesländer wenden das sog. Bundesmodell an: Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Das Saarland und der Freistaat Sachsen orientieren sich am Bundesmodell, haben es aber insoweit modifiziert, als dass sie andere, in die Berechnung des Steuermessbetrages eingehende Steuermesszahlen anwenden. Baden-Württemberg, der Freistaat Bayern, Niedersachsen, Hessen und die Freie und Hansestadt Hamburg haben sich für eigene Modelle entschieden. Ausführlichere Hinweise können Sie dem Informationsschreiben ,Informationen zur Grundsteuer‘ entnehmen, das der DGV in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Löhr, Steuerberater und Inhaber der Professur Steuerlehre und Ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier, erstellt hat, und das im DGV-Serviceportal abrufbar ist.
Die wesentlichen Feststellungen sind also bereits vor Erlass des kommunalen Grundsteuerbescheides durch das Finanzamt erfolgt. Will sich der Steuerpflichtige gegen diese Feststellungen oder die dortige Berechnung wenden, muss er gegen den Bescheid des Finanzamtes vorgehen und daher prüfen, wann er diesen erhalten hat und ob Rechtsmittel noch fristgerecht möglich sind. Regelmäßig beträgt die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Grundsteuermessbescheid einen Monat ab Bekanntgabe (Erhalt) des Bescheids.
Hinweis: Als Pächter eines zur Golfanlage gehörenden Grundstücks bekommen Sie übrigens keinen dieser Bescheide zugesandt. Diese gehen an den Grundstückseigentümer. Sollten Sie als Pächter eines oder mehrerer Grundstücke allerdings per Pachtvertrag zur Übernahme der Grundsteuer verpflichtet sein, würde eine Erhöhung auch Sie treffen. Es empfiehlt sich in derartigen Fällen daher dringend mit dem bzw. den Verpächtern im Hinblick auf die Grundsteuer in engem Austausch zu bleiben.
Bundesmodell
Belastungsgrund der Grundsteuer nach dem Bundesmodell ist die unterstellte Möglichkeit, den Grundbesitz ertragbringend nutzen zu können. Dabei wird davon ausgegangen, dass höherwertige Grundstücke auch einen höheren Ertrag, etwa in Form einer Pacht, abwerfen. Dem ,Wert‘ des Grundstücks kommt im Bundesmodell daher erhebliche Bedeutung zu.
Innerhalb der Berechnungsformel zur Ermittlung des Grundsteuermessbetrages auf erster Stufe spiegelt der sog. Bodenrichtwert den Wert des Grundstücks (pro qm) in pauschalierter Form wider. Bodenrichtwerte werden von den hierfür zuständigen Gutachterausschüssen für die innerhalb einer Bodenrichtwertzone liegenden Grundstücke aus tatsächlich in der Vergangenheit erzielten Kaufpreisen abgeleitet. Nachdem Verkäufe von Golfplätzen allerdings eher selten sind, finden sich in den Kaufpreissammlungen häufig keine entsprechenden Werte, so dass sich Gutachterausschüsse mit Vergleichen zu anderen Grundstücks- bzw. Nutzungsarten behelfen, die allerdings jedenfalls zum Teil zu überzogenen Bodenrichtwerten und damit zu überhöhten Grundstückswerten führen.
Sollte nun der neue Steuermessbescheid nach Ansicht des Eigentümers von einem ,überhöhten‘ Wert des Grundstücks ausgehen, so stellt sich die Frage, ob und wie diese Annahme widerlegt werden kann, um zu einem ,angemessenen‘ Wert und damit in der Folge einer geringeren Steuerlast zu gelangen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich in zwei Beschlüssen vom 27. Mai 2024 (AZ: II B 78/23 und II B 79/23) mit den Regelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts beim sog. Bundesmodell befasst und entschieden: „dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen“. Der BFH weist in den o.g. Beschlüssen darauf hin, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt und ein Grundsteuermessbescheid deshalb rechtswidrig sein kann, wenn der vom Finanzamt festgestellte Grundsteuerwert den nachgewiesenen niedrigeren sog ,gemeinen Wert‘ (regelmäßig der Verkehrswert) um 40 % oder mehr übersteigt. Die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert trifft dabei den Steuerpflichtigen.
Der DGV hatte über die Entscheidungen des BFH, die jeweils in Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz ergangen waren, im DGV-Serviceportal berichtet. Im Nachgang zu den Beschlüssen des BFH hatten die Finanzverwaltungen der elf Bundesländer, die das sog. Bundesmodell anwenden, am 25. Juni 2024 einen koordinierten Ländererlass herausgegeben, in dem sie die Rechtsprechung des BFH aufgreifen und die Anwendung der daraus abgeleiteten Grundsätze auf die ihnen vorliegenden Sachverhalte regeln. Hiernach kann der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes im Einspruchsverfahren gegen den Grundsteuermessbescheid u.a. durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses iSd. §§ 192 ff. BauGB oder von Personen, die von einer staatlichen oder staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständiger oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, erbracht werden.
Nachdem allein ein Einspruch einer hieran anknüpfenden Festsetzung der Grundsteuer durch die Kommune auf Grundlage des gegebenenfalls überhöhten Grundstückswertes im Grundsteuermessbescheides nicht entgegensteht, sollte in derartigen Fällen mit dem Einspruch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden, der – bei einer Stattgabe – eine solche Festsetzung hindert. Mit diesem Antrag muss dabei nicht zugewartet werden, bis ein solches Gutachten vorliegt. Vielmehr genügt für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung, dass schlüssig dargelegt wird, dass der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt. Der Steuerpflichtige muss daher zunächst (nur) substantiierte Angaben zum Verkehrswert machen.
Abweichende Ländermodelle
Flächenbezogene Modelle bzw. Flächen-Lage-Modelle
Flächenbezogene Grundsteuermodelle stellen im Ausgangspunkt auf die durch den Grundbesitz vermittelte Nutzungsmöglichkeit der kommunalen Infrastruktur als Belastungsgrund ab (sog. Äquivalenzgedanke). Da es nach diesen Modellen für die grundsteuerrechtliche Betrachtung nicht auf den Wert des Grundstücks ankommt, ist auch der Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes des Grundstücks (etwa mittels eines Gutachtens) nicht zielführend, um als überhöht empfundene Bescheide anzugreifen. Allerdings dürfte auch bei diesen Modellen der hinter der BFH-Entscheidung liegende Gedanke übertragbar sein: Sollte das konkrete Grundstück im Grundsteuermessbescheid im Hinblick auf den Belastungsgrund (bei den Wertmodellen wie dem Bundesmodell der Wert des Grundstücks; bei Flächenmodellen die Nutzungsmöglichkeit der kommunalen Infrastruktur) deutlich überbewertet sein, so muss es möglich sein, diese Abweichung geltend machen zu können.
Für die Umsetzung dieser Überlegung sollte jedoch die jeweils in dem Grundsteuermodell angelegte Möglichkeit genutzt werden. Dies sind:
a) Freistaat Bayern
Das bayerische Grundsteuergesetz sieht in Art. 8 die Möglichkeit eines erweiterten Erlasses vor: „Ansprüche aus dem Grundsteuerverhältnis, können erlassen werden, soweit nach dem durch dieses Gesetz vorgeschriebenen Systemwechsel nach Lage des einzelnen Falles eine unangemessen hohe Steuerbelastung eintritt.“, vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayGrStG. Die in Art. 8 Abs. 2 genannten Gründe sind nicht abschließend, sodass auch andere Gründe vorgetragen werden könnten. Für das Verfahren verweist Art. 8 Abs. 3 BayGrStG auf § 35 GrStG (des Bundes). Ein Erlass wird danach nur auf Antrag gewährt und ist jeweils bis zum auf den Erlasszeitraum folgenden 31. März zu stellen. Ob und in welcher Höhe ein Erlass erfolgt, liegt im Ermessen der Gemeinde, diese ist allein für die Bearbeitung der Anträge zuständig, vgl. Ziffer 3.8 des Anwendungserlasses zum BayGrStG. Fraglich ist, welche Anforderungen an die Darlegung einer unangemessen hohen Steuerbelastung bzw. an deren Begründung gestellt werden. Da allerdings nach dem bayerischen Modell der Wert des Grundstücks nicht relevant ist, dürfte ein Gutachten zum Wert des Grundstücks insoweit nicht weiterhelfen. Auch ein Vergleich mit der alten Rechtslage dürfte kaum erfolgversprechend sein, da es durch die Neuregelung der Grundsteuer auch im Falle der Aufkommensneutralität zu Belastungsverschiebungen kommen kann. Da für übergroße Flächen (über 10.000 qm) eine Berücksichtigung in der Form der Anwendung einer reduzierten Äquivalenzzahl stattfindet, dürfte insoweit das Argument der Verzerrung durch eine lineare Fortschreibung (siehe Hessen) nicht so stark sein, wie an anderer Stelle (Hessen). Für den Fall der Anpachtung mehrerer Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer allerdings, ergeben sich Unterschiede in der Höhe der Belastung, da für die ersten 10.000 qm jeder wirtschaftlichen Einheit die nicht reduzierten Äquivalenzzahlen anzuwenden sind. In solchen Konstellationen könnte im Rahmen des o.g. Verfahrens durchaus eingewandt werden, dass die Nutzung der Fläche als Golfplatz einheitlich erfolgt und es für die in der Höhe der Belastung – solange die verschiedenen Grundstücke einer einheitlichen Nutzung unterliegt – keinen Unterschied macht, ob die genutzte Fläche von einem oder mehreren Pächtern angepachtet worden ist, weshalb ein Erlass zu prüfen wäre.
b) Hessen
Das hessische Flächen-Faktor-Modell berücksichtigt neben den Flächen von Gebäuden und Boden auch die Lage innerhalb der Gemeinde durch Anwendung eines Faktors. Im Rahmen des Faktors werden die Bodenrichtwerte des konkreten Grundstücks mit dem des durchschnittlichen Bodenrichtwerts in der Gemeinde in ein Verhältnis gesetzt. Für den Fall, dass ein Golfplatz im Außenbereich nach § 35 BauGB liegt – was regelmäßig der Fall sein dürfte – beträgt der Faktor 0,5 (§ 7 Abs. 2 Satz 5 HGrStG). Wichtig dürfte nach diesem Modell v.a. sein, dass im Rahmen der Feststellung des Grundsteuerwertes die Bodenrichtwerte korrekt festgestellt und angewendet wurden. So dürfte zunächst zu prüfen sein, ob der jeweilige Gutachterausschuss Bodenrichtwerte ausgewiesen hat und diese angewendet wurden. Sollte ein solcher Wert festgelegt und dieser geringer sein als 1/10 des durchschnittlichen Bodenrichtwertes in der Gemeinde, so ist die Heranziehung dieses Bodenrichtwertes im Rahmen des Faktors für den Eigentümer einer Golfanlage im Außenbereich nach § 35 BauGB günstiger als die Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 5 HGrStG.
Zweifelhaft erscheint aber losgelöst davon, ob die lineare Fortschreibung des Äquivalenzgedankens auch im Falle von übergroßen Grundstücken zutrifft. In den Gesetzesmaterialien findet sich die Formulierung (Drs. 20/6379, S. 12): „Die gleichheitsorientierte Ausgangsprämisse lautet daher, dass die Grundstücksfläche und die flächenmäßige Bebauung typischerweise in einem Grundverhältnis zur Nutzungsmöglichkeit kommunaler Güter stehen. Je größer das Grundstück und je mehr bebaute Fläche, desto mehr Bewohner, Beschäftigte, Kunden, die das infrastrukturelle Angebot nutzen können.“ Im Grundsatz mag diese Annahme, insbesondere für bebaute Grundstücke einleuchten, im Falle (in weit überwiegenden Teilen) unbebauter übergroßer Grundstücke aber, dürfte die Annahme nur korrekt sein, wenn die jeweilige Nutzeranzahl auf die übergroße Fläche skaliert werden kann, wenn sich also auf einer 60 mal so großen Fläche auch 60 mal so viele Nutzer der Infrastruktur bewegen würden. Dies ist aber gerade im Falle von Golfanlagen nicht der Fall, insbesondere auch saisonbedingt. Andere Länder, die ein Flächenmodell anwenden (Bayern, Niedersachen und Hamburg) berücksichtigen Fälle übergroßer Flächen (über 10.000 qm). Sie wenden reduzierte Äquivalenzzahlen an, „…, da eine bloße Linearisierung des Flächenansatzes den Besteuerungsmaßstab des Äquivalenzmodells verzerren würde.“
Im Sinne der oben angesprochenen BFH-Rechtsprechung drängt sich die Überlegung auf, dass es dem Steuerpflichtigen möglich sein muss, von der Grundannahme ,größeres Grundstück = größere Nutzbarkeit der kommunalen Infrastruktur‘ deutlich abweichende Konstellationen geltend zu machen und dabei auf eine von der Grundannahme der linearen Fortschreibung des Nutzerverhältnisses abweichende Nutzung hinzuweisen. Sofern diese Abweichung ein beachtliches Maß (hier könnte eine Anlehnung an die 40 % der BFH-Rechtsprechung in Betracht kommen) überschreitet, könnte auch hier angenommen werden, dass Übermaßverbot sei im Rahmen der Pauschalierung zu beachten.
c) Niedersachen
Das niedersächsische Landesgrundsteuergesetz (NGrStG) stellt ebenfalls auf die vom Grundbesitz vermittelte Nutzungsmöglichkeit der kommunalen Infrastruktur ab, weshalb ein Gutachten zum Wert des Grundstücks hier ebenfalls nicht weiterhelfen dürfte. Niedersachsen berücksichtigt (wie Hamburg und Bayern) übergroße Grundstücke in Form einer reduzierten Äquivalenzzahl. Allerdings wird durch die Formulierung ,Äquivalenzbetrag‘ in § 4 Abs. 2 Ziffer 2 erster Halbsatz NGrStG auf die überschießende Fläche nach dem Wortlaut der Vorschrift der Lage-Faktor nach § 5 NGrStG nicht angewendet. Dies führt dazu, dass die Lage im Verhältnis zu anderen Grundstücken der Gemeinde insoweit unberücksichtigt bleibt. Auch die Länder Bayern und Hamburg verwenden zwar diese Formulierung, bei ihnen hat sie aber keine Auswirkung, da – mangels Lage-Faktor – lediglich die Äquivalenzzahl angepasst wird. Eine andere Berechnung scheint demgegenüber aufgrund des Anwendungserlasses zum NGrStG denkbar, vgl. Anwendungserlass zu § 4 A 4 Äquivalenzzahlen (9), 3. Absatz, was das im separaten Kasten aufgeführte Beispiel aufzeigen soll.
Daher könnte geprüft werden, ob sich im Falle der Anwendung des Faktors aufgrund der jeweiligen Bodenrichtwerte eine Änderung der Belastung in beachtlichem Maß (als Anhaltspunkt könnten die 40 % der BFH-Rechtsprechung dienen) ergeben würde und ob diese entsprechend geltend gemacht werden kann. Für den Fall der Anpachtung mehrerer Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer dürften die unter ,a) Freistaat Bayern‘ zu diesem Stichwort beschriebenen Überlegungen gelten.
d) Freie und Hansestadt Hamburg
Auch das hamburgische Grundsteuergesetz (HmbGrStG) stellt auf die Nutzungsmöglichkeit der kommunalen Infrastruktur ab, nicht auf die Wertverhältnisse. Dabei werden übergroße Grundstücke in Form einer reduzierten Äquivalenzzahl berücksichtigt. Einen Erlass im Härtefall sieht das HmbGrStG in § 8 für den Anteil an der Grundsteuer vor, der auf den Grundsteuermessbetrag eines Gebäudes entfällt. Der dahinterstehende Gedanke (grobes Missverhältnis zwischen Inanspruchnahme der kommunalen Infrastruktur und der Kostenanlastung gegenüber dem Grundstückseigentümer) könnte wiederum für den nicht begünstigten Fall der Anpachtung mehrererm Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer (siehe hierzu auch die Überlegungen zu diesem Stichwort unter ,a) Freistaat Bayern‘) angeführt werden.
Modifiziertes Bodenwertmodell Baden-Württemberg
Die Belastungsentscheidung für die Grundsteuer in Baden-Württemberg beruht zuvorderst auf dem Äquivalenzgedanken, aber daneben auch auf dem Gedanken der (abstrakten) Möglichkeit zur Erzielung von Einnahmen. Auch hier wird ein Zusammenhang mit der kommunalen Infrastruktur hergestellt: In Anlehnung an den Äquivalenzgedanken spiegelt sich die Teilnahmemöglichkeit an der kommunalen Infrastruktur und den Ressourcen (insbesondere der Lageverfügbarkeit) in den Bodenrichtwerten nieder.
Nach diesem Modell ergibt sich der Grundsteuermessbetrag aus der Gleichung: Fläche in qm x Bodenrichtwert x Steuermesszahl (§§ 38, 40 LGrStG BW). Wurde von dem Gutachterausschuss kein Bodenrichtwert ermittelt, ist der Wert des Grundstücks aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten (§ 38 Abs. 3 LGrStG BW). Den durch die Gutachterausschüsse festgestellten Bodenrichtwerten kommt nach diesem Modell wiederum eine Bedeutung zu. Allerdings sieht das Landesrecht Baden-Württembergs bereits eine Möglichkeit zur ,Korrektur‘ überhöhter Grundstückswerte vor: Nach § 38 Abs. 4 LGrStG BW kann auf Antrag ein anderer Wert des Grundstücks angesetzt werden kann, wenn der durch ein qualifiziertes Gutachten nachgewiesene tatsächliche Wert des Grund und Bodens zum Zeitpunkt der Hauptfeststellung mehr als 30 % von dem im Grundsteuermessbescheid festgesetzten Wert abweicht. Qualifiziert ist ein Gutachten, wenn es durch den zuständigen Gutachterausschuss im Sinne der §§ 192 ff. BauGB oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grund und Boden bestellt oder zertifiziert worden sind, erstellt worden ist. Auch ohne einen Rückgriff auf die BFH-Rechtsprechung bzw. die nachfolgend koordinierten Ländererlasse ist damit der Nachweis eines geringeren Wertes möglich. Fraglich ist allerdings, ob es auch in Baden-Württemberg – wie in den übrigen Ländern, bei deren Bemessung der Grundsteuer der Wert des Bodens eine Rolle spielt – für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ausreicht, dass die Abweichung schlüssig dargelegt werden kann und daher zu diesem Zeitpunkt noch kein Gutachten vorgelegt werden muss.
Wie beim hessischen Grundsteuermodell dürfte auch hier zweifelhaft sein, ob bei übergroßen Grundstücken, wie einem Golfplatz, der Äquivalenzgedanke linear fortgeschrieben werden kann, siehe oben unter ,b) Hessen‘. Nach dem Modell sollte sich dieser Umstand in dem jeweiligen Bodenrichtwert widerspiegeln. Ob dies der Fall ist, kann jeweils nur anhand der Einzelfallwerte beurteilt werden.
Autor: Dr. Marc Seymer | golfmamanger 2/25
Weiterführende Links
- Nachgefragt, bei Dr. Marc Seymer, DGV-Bereichsleitung Services, Umwelt, IT