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1,8 Mio. Deutsche golfen: Deutschlands Golfmarkt wächst weiter

Golf in Deutschland ist vielschichtig

Ein wesentliches Ergebnis des DGV-Verbandstages 2016 war, dass der Deutsche Golf Verband (DGV) sich als Dachverband für den gesamten Golfsport zuständig sieht – auch wenn im Vordergrund weiterhin die Förderung des anlagengebundenen Golfsports steht. Und so war es konsequent, dass DGV-Vorstand Alexander Klose und Marketing-Experte Markus Lawatsch auf dem diesjährigen Verbandstag in Frankfurt nicht nur über die Entwicklung der DGV-registrierten Mitgliedschaften berichteten, sondern über die Entwicklung des Golfmarktes insgesamt. Grundlage hierfür war eine vom DGV bei der Firma Repucom beauftragte Marktforschung.

 

Zuvor wurde eine solche Erhebung 2010 durchgeführt, ab sofort plant der DGV, die Umfrage jährlich durchzuführen. Nach Angaben des DGV wurden rund 10.000 Personen hierzu befragt, eine umfangreiche Datenbasis – zum Vergleich: Die seit 1970 durchgeführte jährliche Hauptstudie zum Reiseverhalten der Deutschen, die Reiseanalyse, befragt rund 12.000 Personen. Folgerichtig passt der DGV nun auch seine Bezeichnungen für Golfer an: Wurden die in DGV-Clubs registrierten Golfer früher schlicht als „Golfer“ bezeichnet, erfolgt nun eine stärkere Differenzierung. Ab sofort wird diese Gruppe als „DGV-registrierte Mitgliedschaften“ geführt. Sie verzeichnete in den vergangenen Jahren ein stetiges, wenn auch geringes Wachstum auf nunmehr rund 643.000 per 2016.

 

Daneben gibt es drei weitere Gruppierungen, deren Daten sich aus den Ergebnissen der Repucom-Studie ergeben. Per 2016 gab es rund 134.000 weitere „Mitglieder“ auf DGV-Golfanlagen sowie rund 100.000 Auslandsmitgliedschaften. Zusammen mit den DGV-registrierten Mitgliedschaften kommt man damit auf 877.000 Golfer, die sich mehr oder weniger eng an eine Golfanlage gebunden fühlen.

 

Die weitaus größte Gruppe der Golfer sind jedoch die „nicht organisierten Golfspieler“. Auf sie entfielen 2016 rund 954.000 Golfer. Doch auch diese Gruppe ist für die DGV-Mitglieder mit Spielbetrieb äußerst interessant: Sie ist zum einen potenzielle Zielgruppe für neue Mitglieder, aber auch eine wichtige Zielgruppe für Pay & Play-Plätze auf den Anlagen in Deutschland. Ein Beispiel: Würde jeder nicht-organisierte Golfer pro Jahr nur drei Runden in Deutschland spielen und bezahlen, bedeutet dies ein Potenzial von gut 2,8 Millionen Runden. Da nicht alle Pay & Play-Plätze in Deutschland 9 oder 18 Löcher umfassen, bedeutet dies selbst bei nur 20 Euro durchschnittlichem Greenfee ein Umsatzpotenzial von 56 Millionen Euro pro Jahr – heruntergebrochen auf die 732 Golfanlagen in Deutschland 2016 bedeutet dies pro Anlage ein Potenzial von fast 80.000 Euro oder gut 3.800 Runden pro Jahr zusätzlich!

 

Auch 2010, bei der letzten Repucom-Erhebung, wurde die hier präsentierte Differenzierung bereits vorgenommen. Der Vergleich der Daten von 2010 zu 2016 zeigt, dass die Anzahl der DGV-registrierten Mitgliedschaften in diesem Zeitraum um 5,4% gewachsen ist, die Anzahl der nicht-organisierten Golfer jedoch um 26,2%. Damit zeigt sich auch im Golfsport ein Trend, den viele andere Sportarten ebenfalls beobachten: der alte Spruch „Sport ist im Verein am schönsten“ greift nur noch zum Teil, am stärksten wachsen derzeit die nicht vereinsgebundenen Segmente im Sport. Insgesamt umfasst der deutsche Golfmarkt nach den Berechnungen des DGV nunmehr rund 1,831 Millionen Golfer.

 

Der DGV hat die Entwicklung bei den DGV-registrierten Mitgliedschaften noch tiefer analysiert. Ergebnis: Die 643.158 Mitgliedschaften basieren auf 624.013 Golfspielern, folglich sind rund 19.000 Mitgliedschaften im DGV Zusatzmitgliedschaften. Interessant fällt auch eine Betrachtung der Ein- und Austritte in den vergangenen Jahren aus. So resultieren die hohen Zuwachsraten der Vergangenheit aus weniger Austritten und nicht aus mehr gewonnenen Mitgliedschaften (Eintritten). Mit über 56.000 neuen Mitgliedschaften war der Zuwachs 2013 am höchsten – allerdings wurde im gleichen Jahr mit über 53.000 Austritten auch der höchste Abgang der letzten Jahre verzeichnet. In den vergangenen drei Jahren ist es den Clubs insgesamt gelungen, die Zahl der Abgänge kontinuierlich zu reduzieren, während die Anzahl der Eintritte relativ konstant blieb. Dies begründet auch das in 2016 berichtete höchste Wachstum der vergangenen Jahre, wenn auch auf insgesamt niedrigem Niveau. Diese Gesamtmarkt-Entwicklung spiegelt sich jedoch nicht gleichmäßig im Gesamtmarkt wider. Nach den Zahlen des DGV hält sich der Anteil der Golfanlagen mit Mitgliederwachstum und mit Mitgliederschwund annähernd die Waage. Gut 300 Mitglieder meldeten einen Zuwachs bis 49 Golfer in 2016, rund 330 mussten jedoch Rückgänge bis 49 Golfer (netto) in Kauf nehmen. 20 Anlagen berichteten gar von 100 Abgängen (netto) und mehr im vergangenen Jahr, während 32 Anlagen Zuwächse von 100 Golfern und mehr erreichten. Dies dürfte sich auch in den wirtschaftlichen Ergebnissen der Clubs niederschlagen.

 

Interessant ist auch ein Blick auf die Verteilung der im DGV registrierten Golfer nach Altersklassen. Sage und schreibe 62% aller Golfer zählen zur Altersgruppe 51+, während die Altersgruppe bis 18 Jahre auf gerade einmal 7% kommt. Mit über 12.000 Golfern wuchs die Altersgruppe 51+ im vergangenen Jahr auch am stärksten, den größten Anteil daran hatte die Gruppe der über 60-Jährigen. Den stärksten Rückgang verzeichnete hingegen die Gruppe der 41- bis 50-Jährigen (-6.437), auch die Gruppe der bis 18-Jährigen verlor über 1.400 Mitglieder. Bleibt zu hoffen, dass die Erfolge des Projekts „Abschlag Schule“ weiter anhalten und sich dieser Trend schnellstmöglich umkehren lässt – denn letztlich ist diese Altersgruppe auch der Quellmarkt für künftige Leistungsgolfer im Amateur- und Profigeschäft.

 

Im Rahmen seiner Studie hat sich der DGV auch mit den Gründen für einen Austritt aus einem DGV-Golfclub befasst. Meistgenannter Grund mit 43%: Die Golfer empfanden ihre Mitgliedschaft als zu teuer. An Position zwei folgt mit 17% das Argument „keine Zeit“. Lawatsch wies in seinem Vortrag auf dem Verbandstag hier zurecht darauf hin, dass diese beiden Argumente oft eng miteinander verknüpft seien – denn wer seltener zum Golfspielen komme (aus welchen Gründen auch immer), werde die Kosten einer Vollmitgliedschaft schnell auf den Prüfstand stellen. Zudem sollten DGV-Mitglieder beachten, so der DGV-Marketing-Experte, dass es keine allgemeine Zahlungsbereitschaft für eine Mitgliedschaft gibt, sondern immer nur eine individuelle Zahlungsbereitschaft für den Nutzen, den eine Mitgliedschaft situativ stiftet. Und der Nutzen aus einer Mitgliedschaft ist oft mehr als nur das Golfspielen, was allein dadurch schon belegt wird, dass viele Mitglieder nicht kündigen, obwohl sie ihre Mitgliedschaft nicht abspielen. Folglich sollten sich die Clubs und Betreiberanlagen nicht nur intensiv mit der Spielhäufigkeit ihrer Mitglieder beschäftigen, sondern erfassen, warum jemand Mitglied wurde und regelmäßig kontrollieren, ob dieser Nutzen auch weiterhin erfahren wird. Denn nur so können rechtzeitig Bindungsmaßnahmen ergriffen werden. Entweder indem wieder der Nutzen gestiftet wird, weshalb ein Mitglied einst eingetreten ist – beispielsweise durch attraktivere Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung des Golfspielens. Oder aber durch die Stiftung von Zusatznutzen wie beispielsweise Angebote, die die Gesundheit verbessern. Gleichzeitig sollten jedoch auch die Mitgliedschaftsmodelle auf den Prüfstand gestellt und über flexible Angebote und Produktdifferenzierungen nachgedacht werden. Denn wenn es nicht gelingt, die eigenen Mitglieder durch eine Nutzenerhöhung zu binden, bleibt nur dieser Weg, der jedoch einige große Gefahren wie beispielsweise Kanibalisierungseffekte birgt. Unabhängig davon wird einer Golfanlage nichts anderes übrig bleiben, als über ein differenziertes Mitgliedschaftsmodell nach Altersgruppen nachzudenken, wenn sie das Ziel hat, auch jüngere Golfspieler zu gewinnen und zu binden. Denn so haben beispielsweise berufstätige Eltern durch ihre aktuelle und kaum beeinflussbare Lebenssituation weniger verfügbare Freizeit als Pensionäre und somit kaum Möglichkeit, den Nutzen aus einer Vollmitgliedschaft vollständig zu genießen, was deren Zahlungsbereitschaft zwangsläufig reduziert.

 

Die Präsentation auf dem DGV-Verbandstag hat gezeigt: Golf in Deutschland ist vielschichtig, einfache Erklärungsmodelle gibt es kaum. Sehr erfreulich ist die Tatsache, dass Golf sich insgesamt in den vergangenen Jahren positiv entwickelt hat – sowohl bei den DGV-registrierten Mitgliedern als auch insgesamt. Für die kundenorientierte Weiterentwicklung des Golfsports wird es jedoch zunehmend unerlässlich, sich detaillierter mit Situation und Entwicklung des deutschen Golfmarkts zu befassen. Dies gilt sowohl für den Gesamtmarkt über den DGV, als auch für die Entwicklungen pro Golfclub als lokalem Marktteilnehmer. Der golfmanager wird daher auch in den folgenden Ausgaben weitere Daten des DGV zur Entwicklung des Golfmarktes Deutschland vorstellen.

 

Autor: Michael Althoff ❘ golfmanager 02/2017

 

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