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Der Traum von einer fairen Verteilung von Startzeiten

Knappe Ressource Startzeit

Die Corona-Einschränkungen in den beiden vergangenen Jahren haben auf vielen Golfanlagen bleibende Veränderungen hinterlassen. So wurden viele Clubs aufgrund von behördlichen Vorgaben gezwungen, Startzeiten einzuführen. Einige Anlagen haben die Startzeiten recht schnell wieder abgeschafft – andere nutzen die Möglichkeiten und Informationen, die man daraus gewinnen kann.

 

Gerade in der Zeit als Startzeiten maximal für zwei Personen und mit möglichst großem Abstand organisiert werden sollten, sind viele Golfanlagen an ihre Grenzen gestoßen:

 

Sofern der Platz für eine Runde von 8:00 bis 18:00 Uhr zur Verfügung steht, stehen bei 4 Personen/10 Minuten insgesamt 240 Startplätze pro Tag zur Verfügung. Dürfen hingegen nur 2 Personen/15 Minuten auf die Runde, bleiben noch 80 Startplätze übrig. Auf vielen Anlagen nicht genug, um der großen Nachfrage nachzukommen. Eine simple Lösung zu Verdopplung der Ressourcen bestand in vielen Fällen darin, den Platz in zwei 9-Löcher-Runden zu trennen – aber auch so kamen viele an ihre Kapazitätsgrenzen.

 

Glücklicherweise sind die behördlichen Beschränkungen in der Zwischenzeit weggefallen. Jedoch haben viele Golfanlagen weiterhin Probleme, in beliebten Zeiten (z.B. an Wochenenden/Feiertagen) alle Golfspieler mit den Wunsch-Startzeiten zu versorgen. Als PC CADDIE erhalten wir zu diesem Thema viele Anfragen – von Golfanlagen, aber auch frustrierten Golfspielern. Denn in den beliebtesten Zeiten stehen immer wieder die „üblichen Verdächtigen“ und viele der weniger aktiven Mitglieder haben das Gefühl, nie eine der begehrten Startzeiten abzubekommen. Es stellt sich also die Frage, ob es die „Best Practice“-Lösung gibt, die die Startzeiten „fair“ verteilt. Um es vorwegzunehmen: Eine einfache, für alle passende Lösung gibt es leider nicht. Nachfolgend eine Anregung, wie ein solches System aussehen kann und was technisch zwischenzeitlich schon möglich ist.

 

Möglicher Ausweg: Neue Mitgliedschaftsmodelle

Aus marktwirtschaftlicher Sicht könnte man das Thema sehr einfach über den Preis regeln: Die Anlagen würden den Mitgliedern unterschiedliche Mitgliedschaftsmodelle anbieten, bei denen sie, je nach Status, bereits früher als andere Mitglieder auf die freien Startzeiten Zugriff erhalten. Eine solche Lösung würde jedoch dazu führen, dass sich hierdurch der effektive Preis der Mitgliedschaft erhöht (weil ohne das Upgrade ein Buchen der begehrten Zeiten nicht mehr möglich ist).

 

Gleichzeitig kann eine Anlage eine solche Form des Upgrades nicht unbegrenzt verkaufen, weil irgendwann doch wieder zu viele Spieler früher zugreifen können und der Kampf um die Startzeiten erneut (dann etwas früher) beginnt.

 

Ausgangslage

Der Golfclub Musterstadt hat eine stark frequentierte 18-Löcher-Anlage, auf der 1.165 Mitglieder dem Golfsport nachgehen. Die Startzeiten stehen jeden Tag im 10-Minuten-Takt zur Verfügung und die Buchung ist jeweils für die nächsten sieben Tage möglich. „Wenigspieler“ und „Berufstätige“ beschweren sich, dass an Wochenenden und Feiertagen keine Startzeiten verfügbar sind bzw. dass immer die gleichen Spieler ihnen die Startzeiten „wegnehmen“. Der Jahresbeitrag liegt bei 1.500 Euro und das Greenfee bei 75 Euro. Die betriebswirtschaftlichen Kosten einer Runde liegen bei 30 Euro.

 

Analyse

Im ersten Schritt verschaffen wir uns mit einer Heatmap den Überblick über die reale Belegung der Anlage. Dabei betrachten wir die Auslastung der einzelnen Zeitsegmente über die Woche. Ob die Heatmap dabei im 10-, 30- oder 60-Minuten-Takt erstellt wird, ist für unsere Zwecke erst einmal nicht entscheidend. Eine detailliertere Betrachtung wäre z.B. für „Yield Management“ bzw. „Dynamic Pricing“ anzuraten. Wichtig ist, dass unter anderem wöchentliche Sperrungen für Abteilungsturniere bzw. Pflegemaßnahmen auch zu einer Blockierung der Ressource führen und daher in der Heatmap als Belegung gewertet werden (Grafik 1). Die gesamte Belegung der Ressource beträgt 43,9%. Gut sichtbar ist eine Hauptnutzungszeit zwischen 08:00 und 16:00 Uhr.

Im zweiten Schritt analysieren wir das Buchungsverhalten der Kunden. Die Jahresauswertung hat ergeben, dass die 1.165 Mitglieder insgesamt 26.366 Buchungen getätigt haben. Im Schnitt sind das 22,6 Buchungen pro Person. Bei genauerem Betrachten der Auswertung wird allerdings schnell sichtbar, dass die Verteilung sehr unterschiedlich ist (Grafik 2). Die Statistik zeigt, dass 263 Personen trotz vollem Beitrag keine einzige Golfrunde gespielt haben und 452 Personen spielen maximal fünf Runden pro Jahr – immerhin 38,8% der Mitglieder.

Faire Verteilung der Ressource

Wie kann mit den gewonnenen Informationen ein faires System geschaffen werden? Die Heatmap zeigt, dass vor allem in den Hauptzeiten zwischen 08:00 und 16:00 Uhr eine Lösung notwendig ist, um die knappen Ressourcen zu verteilen.

 

Ein Ansatz könnte in einer Segmentierung der Kunden liegen, wobei die einzelnen Segmente dann unterschiedliche Buchungsprivilegien erhalten. Ich wähle in unserem Beispiel drei Segmente – es kann natürlich auch jede andere Zahl gewählt werden.

 

Die Einteilung der Segmente kann auf unterschiedliche Weise erfolgen (Grafik 3):

1. Basierend auf Kosten:

Erstes Segment wären Golfspieler, die günstiger agieren könnten, wenn Sie Greenfee statt Beitrag bezahlen würden (weniger als 20 Runden bei 1.500 Euro Beitrag und 75 Euro Greenfee). Umgekehrt wären die Spieler im dritten Segment, die mehr Runden pro Jahr spielen als die Summe der tatsächlichen Rundenkosten beträgt (im Beispiel mehr als 50 Runden pro Jahr). Diese Spieler werden von anderen Personen faktisch bei der Ausübung ihres Hobbys subventioniert.

 

2. Basierend auf der Anzahl der Mitglieder:

Ein mathematisches Dritteln der Mitglieder würde zu einem starken Ungleichgewicht führen. Das erste Drittel der Mitglieder spielt lediglich drei Runden oder weniger. Das zweite Drittel spielt bis zu 25 Runden und das dritte Drittel spielt die ganzen zusätzlichen Runden.

 

3. Basierend auf der gewogenen Summe der Buchungen:

Die ausgeglichenste Verteilung wird über die gewogene Rundensumme erreicht. Dabei werden die gespielten Runden der jeweiligen Spieler in den Dritteln summiert, so dass alle Drittel jeweils auf die gleiche Summe an Runden kommen. Hier ergibt sich dann das erste Drittel der „Wenigspieler“ mit 892 Personen, die bis zu 34 Runden spielen. Das zweite Drittel der „Normalspieler“ umfasst 184 Personen mit bis zu 69 Runden. Im Drittel der „Vielspieler“ befinden sich noch 89 Personen mit 70 oder mehr Runden.

 

Umsetzung

Alle Spieler können weiterhin außerhalb der definierten „Kernzeit“ von 08:00 bis 16:00 Uhr ihre Startzeiten sieben Tage im Voraus buchen. In der Kernzeit wird nun zwischen „Wenigspielern“, „Normalspielern“ und „Vielspielern“ unterschieden (Grafik 4). Während die „Wenigspieler“ auch weiterhin die Sieben-Tage-Vorausbuchungsmöglichkeit haben, steht die Kernzeit den „Normalspielern“ nur sechs Tage und den „Vielspielern“ nur noch fünf Tage im Voraus zur Verfügung. Durch dieses System wird sichergestellt, dass die Spieler mit wenigen Startzeiten bevorzugt auf die Kernzeit zugreifen können. Je nach der Anzahl der getätigten Buchungen verändert sich der Status ggf. auch von einem Typ zum nächsten.

Eine Variation könnte beispielsweise darin liegen, bei der Ermittlung der Buchungszahlen pro Person statt der Gesamtzahl nur die Buchungen in der festgelegten Kernzeit zu zählen und ggf. die Schwellenwerte daraufhin anzupassen. Eine andere Modifikation ist, ob die Buchungszahlen jeweils ab dem 01.01. eines Jahres ermittelt werden (somit würden alle Spieler zum Jahresbeginn wieder bei null anfangen) oder rollierend über die letzten 365 Tagen erfolgt. Was grundsätzlich die fairere Variante ist, aber für „Vielspieler“ die Rückkehr in ein niedrigeres Segment erschwert.

 

Fazit

Die vorgestellte Idee zu einer fairen Vergabe von Startzeiten ist nur ein Ansatz von vielen. Haben Sie weitere Ideen, wie eine Vergabe von knappen Ressourcen erfolgen kann oder bei sich selbst schon ein ganz anderes System der Startzeitenvergabe eingesetzt?

 

Der golfmanager und Axel Heck freuen sich über Ihre Rückmeldung unter redaktion@koellen.de und werden das Thema gerne auch in den kommenden Ausgaben dieses FachMagazins wieder aufgreifen.

 

Autor: Axel Heck | golfmanager 3/2022

 

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