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Damengambit – das Amundi German Masters

Ohne Berührungsängste, sympathisch, nahbar

Im Zusammenwirken mit allen anderen Partnern haben DGV und VcG großen Anteil daran, dass seit 2022 mit dem Amundi German Masters wieder ein LET-Turnier in Deutschland stattfindet. Das Engagement trägt Früchte.


Es wäre absurd, einen Beitrag über Damengolf auf höchstem Niveau in Deutschland nicht mit Esther Henseleit einzuleiten. Die Silbermedaille der gebürtigen Hamburgerin bei Olympia in Paris ist das Highlight des Golfjahres und wirkt nach: über den nächsten zweiten Platz, diesmal bei der Scottish Women’s Open, bis zum Solheim Cup Ende September in den USA. Henseleit ist die sechste deutsche Proette, die am Kontinentalwettbewerb der Damen teilnimmt, und eine von zwei Rookies im europäischen Team. Zweite Debütantin ist Albane Valenzuela aus der Schweiz, der die Kapitänin Suzann Pettersen den Vorzug vor Alexandra Försterling gegeben hat. Schade, immerhin ist die Berlinerin zweifache Saisonsiegerin.


Symbol, Synonym und Symbiose für deutsches Damengolf


Womit die Überleitung zum Amundi German Masters vollbracht wäre. Das Turnier der Ladies European Tour (LET) im Golf- und Country Club Seddiner See nahe Potsdam ist Symbol, Synonym und Symbiose der Entwicklung des Damengolf in Deutschland; es hat die Szene auf sympathische, souveräne und sportlich wertvolle Weise sichtbar gemacht, wie der Autor aus eigenem Erleben weiß. Bei der Premiere 2022 war Henseleit als zweifache Gewinnerin der Magical Kenya Ladies Open (2019, 2022) der Publikumsmagnet; in diesem Jahr gab sich Deutschlands Grande Dame des Golf, Sandra Gal, die Ehre. Und unvergessen ist das dramatische Play-off zwischen Försterling und ihrer Freundin Emma Spitz aus Österreich – ein Duell auf höchstem Niveau mit dem besseren Ende für die Deutsche. Aller guten Dinge sind drei.
 

Vor allem aber zeigt das Amundi German Masters dem ambitionierten weiblichen Nachwuchs, dass es hierzulande eine Bühne für Leistung gibt, die anzustreben sich lohnt. Dafür steht nicht zuletzt die Unterzeile des Turniertitels: powered by VcG. Die Vereinigung clubfreier Golfspieler, die sich als Förderer des Golfsports versteht, tritt als Co-Sponsor auf und erhält im Gegenzug zwei Wildcards für Spielerinnen, die nicht per se als LET-Mitglieder teilnahmeberechtigt sind (siehe separaten Beitrag). Auch das meint Marcus Neumann, Vorstand Sport beim Deutschen Golf Verband (DGV), wenn er beim olympischen Resümee „dem System“ einen Anteil am Erfolg zuweist.
 

DGV und VcG waren maßgeblich an der Installation des Turniers beteiligt. Das Feld lag brach, seit die Ladies German Open im Jahr 2016 im Golf Club Hubbelrath den Schwanengesang erlebte. Doch der Bedarf war nach wie vor da, wie LET-CEO Alexandra Armas im Gespräch mit dem golfmanager verdeutlicht: „Es war stets eines unserer großen Ziele, ein Frauenturnier in Deutschland zu veranstalten, in einem für uns eindeutig wichtigen Golfmarkt. Es gibt viele tolle Golfplätze, viele starke deutsche Spielerinnen, die Woche für Woche in Europa spielen. Doch wir hatten diesbezüglich ein Defizit im Terminkalender.“
 

Das ist seit drei Jahren ausgeglichen „und alle Beteiligten sind relativ happy“, weiß Dirk Glittenberg, der Chef des Promoters U.COM. „Aber mehr geht immer.“ Diesem Mehr kommt derzeit besondere Bedeutung zu. Denn die Verträge sind ausgelaufen: mit Amundi, mit der VcG, mit dem ausrichtenden Club. Es stellt sich die Frage: Quo vadis, German Masters? Die olle Kamelle „Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören“, ist keine Option. Marcus Neumann: „Wir stärken unser System über nationale und internationale Amateur- und Profi-Events […], auf denen sich unsere Athleten entwickeln und sich – aus motivationalen Gründen ganz wichtig – vor eigenem Publikum zeigen können.“
 

Die Herren haben einen Challenge-Tour-Stopp und die Turniere der DP World Tour in Hamburg und in München, die Damen eben nur das LET-Gastspiel am Seddiner See. Derzeit laufen hinter den Kulissen die Gespräche auf Hochtouren, im Lauf des September ist eine Entscheidung über den Fortbestand des Turniers zu erwarten – nicht zuletzt, weil der LET-Kalender für 2025 bedient werden will. „Wir suchen dringend nach weiteren Sponsoren und Partnern, um das Preisgeld und damit dieses Turnier anzuheben“, hat Turnierdirektor Dirk Glittenberg bereits 2023 klargestellt. Das gilt unverändert. „Wir sind bei 300.000 Euro, das ist der kleinste Preisgeldtopf auf der LET, und wir wollen uns natürlich steigern. Dafür müssen wir Unternehmen finden, die solche Turniere unterstützen. Ohne Partner wie Amundi oder die VcG geht es nicht.“
 

Ein möglicher Weg wäre, auch weiterhin auf die VcG zu setzen. Die Förderung ist sogar in der Satzung des Vereins verankert, der nicht gemeinnützig ist und daher Rücklagen bilden kann, ohne dass diese einer Zweckbindung unterliegen. 

Zurecht „Förderer des Golfsports“ in Deutschland
 

Auf diese Weise hat die 1993 gegründete VcG inzwischen mehr als 35 Millionen Euro für Förderprojekte zur Verfügung gestellt. Dazu gehörten „Abschlag Schule“ und das Projekt „pay & play“, aus dem 27 öffentliche Kurzplätze entstanden sind. Mit der Schnupperkurs-Kampagne „play golf – start living“ hat die „Trendsportart Golf“ es 1999 sogar auf die Titelseite des Magazins Stern gebracht. „Da hat die VcG das erste Mal richtig erkennbar eigene Mittel eingesetzt, um der Sportart Golf Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit zu verleihen“, sagt Paeke. „Das war eine Art Startschuss: Man hat gemerkt, dass man die VcG und ihre Mittel nutzen kann, um im eigenen System Nachschub zu schaffen und Nachwuchs zu kreieren. So sind wir in die Rolle eines Förderers des Golfsports hineingerutscht.“
 

Nach wie vor leistet die VcG eine jährliche Unterstützung für das DGV-Programm „Golf & Natur“. Auch die beiden – nicht erfolgreichen – deutschen Bewerbungen für den RyderCup 2018 und 2022 wurden fast ausschließlich mit VcG-Geldern
finanziert. Dafür wurde die Satzung um den Passus „Golfsportereignisse, die im nationalen Interesse stehen“ erweitert. Und „als klar wurde, dass die Unterstützung unserer Tourspieler nötig ist“ (Paeke), hat sich die VcG im Turnierwesen engagiert.
 

Es begann 2021 mit der Big Green Egg German Challenge der Herren im Wittelsbacher Golf Club, 2022 kam das Amundi German Masters hinzu. In der Schach-Fachsprache nennen sich die entsprechenden Spielzüge Damengambit: Sie stärken das Zentrum des Spielbereichs, eröffnen taktische Möglichkeiten und ermöglichen die effiziente Entwicklung der Spielfiguren. Passt. Bloß mit dem Unterschied, dass der VcG dies ohne ein Bauernopfer – bei den Männern – gelungen ist. Was man billigend in Kauf nimmt, ist eine eher eingeschränkte Eigenwerbung und werbliche Streuverluste.
 

Die 2024er-Auflage des Amundi German Masters hatte beispielsweise eine globale TV-Gesamtberichterstattung von 659 Stunden.
 

Darum ging und geht es bei dem Engagement der VcG aber auch nicht. „Wir wollten helfen, eine Marke und eine sportliche Plattform zu schaffen. Ein Turnier wie das Amundi German Masters ist für die Sichtbarkeit der Spielerinnen und deren eigene Vermarktung nicht zu unterschätzen. Außerdem geben wir dem Golfsport damit ein professionelles, jugendliches und weibliches Gesicht.“ Paeke ist wichtig zu betonen, dass all diese Bemühungen um Zugänge in den professionellen Golfsport und generell die Schaffung von Wettkampfmöglichkeiten nur im Verbund mit externen Wirtschafts- und Medienpartner und entsprechenden finanziellen Möglichkeiten gelingen kann.
 

Oder anders: Die Szene kann sich nicht auf Dauer selbst nähren. DGV und VcG leisten Starthilfe und gewährleisten Flankenschutz. Doch „wir brauchen mehr Mitstreiter“, bringt Promoter Dirk Glittenberg die Situation auf den Punkt. Auch Haupt- und Titelsponsor Amundi wird es nicht auf Dauer allein tragen wollen, obwohl „wir uns bewusst für das Thema Damengolf entschieden haben, weil wir damit Eigenschaften wie Power und Präzision verbinden“, wie Daniel Reitz, Marketingleiter der Fondsgesellschaft erläutert: „Chancengleichheit ist Teil unserer Unternehmensphilosophie.“

Fazit
 

Es bleibt zu hoffen, dass die Allianz für Damengolf auf Topniveau sich erweitert und der olympische Rückenwind neue Höhenflüge ermöglicht. Henseleit, Försterling und Co. haben es verdient. Sie bieten großes Golf, segeln trotzdem allzu oft unter dem Radar. „Dabei kann sich ein Freizeitgolfer von den Frauen viel mehr abschauen als von den Männern und fürs eigene Spiel adaptieren“, hat Elisabeth Esterl, ehemalige deutsche Nummer eins und erste deutsche Solheim-Cup-Spielerin mal gesagt: „Was Rory McIlroy oder Bryson DeChambeau abliefern, ist brutal. So weit wie die schlagen, fliege ich in den Urlaub. Bei Amateuren, die dermaßen draufzuhauen versuchen, geht’s höchstens kreuz und quer in alle Richtungen.“
 

Will heißen, die Damen schwingen geschmeidiger, rhythmischer, mit weniger Tempo, mit mehr Harmonie. Da lohnt es sich, hinzuschauen, sich was abzugucken, nachzumachen. Versuchsweise jedenfalls. „Durchschnittliche Golfer profitieren viel mehr, wenn sie statt der Top-Männer die Top-Frauen beobachten“, bestätigt ein deutscher Golflehrer, der ungenannt bleiben will.
 

Und sowieso: Die Profi-Golferinnen sind nahbar, aufgeschlossen, zugewandt, im positiven Sinne hochprofessionell und um das Image ihres Sports mehr als bemüht. „Sie haben weniger Probleme als die Männer, im direkten Miteinander auf Partner, Sponsoren und Fans zu treffen. Es gibt keine Berührungsängste“, sagt Dirk Glittenberg. „Warum? Vielleicht einfach, weil sie Frauen sind.“

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„Mehr Internationales auf deutschem Boden“
 

Erfolg ist mittels vieler Faktoren messbar: TV-Präsenz, Werbewert, Zuschaueraufkommen und was die Marketingalgebra sonst hergibt. Am unbestechlichsten freilich sind Ergebnisse und Entwicklungen. So gesehen hat Helen Briem heuer den Q.e.d.-Faktor – was zu beweisen war.
 

Im Mai dieses Jahres belegte die Amateurin aus Nürtingen beim Amundi German Masters den elften Rang, teilte sich die Platzierung unter anderem mit LPGA-Ikone Sandra Gal und LET-Siegerin Patricia Isabel Schmidt. Im Juni gewann Briem in Serie drei Profiturniere der LET Access Series, dem Sprungbrett auf die Ladies European Tour (LET); im Juli holte sie sich mit der Mannschaft die Damen-Europameisterschaft, avancierte zur Nummer eins der Amateurweltrangliste und wechselte anschließend ins Lager der Berufsspielerinnen, einen Monat vor ihrem 19. Geburtstag. Das ist mal ein Lauf.
 

Und wieso Q.e.d., Quod erat demonstrandum? Weil Briem erst durch eine Einladung der Vereinigung clubfreier Golfspieler (VcG) ins Feld des einzigen Gastspiels der LET auf deutschem Boden gelangt ist. Als Powering Partner erhält die VcG bei jeder Austragung zwei Wildcards, die in Abstimmung mit dem Deutschen Golf Verband (DGV) und Damen-Bundestrainer Stephan Morales vergeben werden: an Golferinnen, die keine Startberechtigung gehabt hätten, und „denen von sportfachlicher Seite attestiert wird, das eine Teilnahme gut für ihre weitere Entwicklung wäre“, so VcG-Geschäftsführer Marco Paeke.
 

2022 waren das Polly Mack, die sich eine Woche vor dem Amundi German Masters zum Profi erklärte, und Isi Gabsa, die schon lange dabei ist, aber keine LET-Berechtigung hatte. Im Jahr darauf fiel die Wahl auf Celina Sattelkau und Sarina Schmidt. 2024 waren es die beiden Helen – Helen Tamy Kreuzer und eben Helen Briem. „Ich kann nicht beurteilen, ob sie auch ohne den Start im Golf- und Country Club Seddiner See eine derartige Erfolgsstrecke hingelegt hätte“, sagt Paeke. „Aber ich glaube, das ist schon ein Boost, wenn man merkt: Ich kann hier bei diesem LET-Event mithalten.“
 

Das ist die Zielsetzung der VcG beim Engagement im Turniersport: „Wettkampferfahrung zu vermitteln, die den Aktiven helfen kann, ihren Weg zu machen.“ Ein gutes Beispiel im Herrenbereich ist Yannik Paul, der 2021 durch das VcG-Sponsoring der Big Green Egg German Challenge ein „Rundum-sorglos-Paket“ (Paeke) für Turnierteilnahmen bekam. Auf der Challenge Tour gibt es für den Veranstalter 50 Startplätze, daraus resultieren eine Menge Tauschmöglichkeiten mit anderen Veranstaltern. Yannik Paul nutzte seine insgesamt acht garantierten Starts und holte sich die Karte für die DP World Tour ab. Beim Amundi German Masters gibt es nur besagte zwei Einladungen, sechs in drei Jahren.
 

„Die Big Green Egg German Challenge powered by VcG hat sicherlich einen Beitrag dazu geleistet, dass Spieler wie Yannik Paul und Nick Bachem den Sprung auf die DP World Tour geschafft haben und sich dort hervorragend schlagen“, so VcG-Geschäftsführer Marco Paeke über den Wert des Engagements auf der Challenge Tour.
 

Das konterkariert offenkundig ein wenig die Intention der VcG, mit dem Sponsoring à la Challenge Tour weitere Spielmöglichkeiten für die Frauen in Deutschland zu schaffen, sportlichen Gegenwert auch für Nachwuchsgolferinnen zu generieren. DGV-Sportvorstand Marcus Neumann pflichtet in seiner Olympia-Bilanz indirekt bei: „Golfdeutschland darf nicht nachlassen, eher muss an Internationalem noch mehr auf deutschem Boden stattfinden, gerade im weiblichen Bereich und auf Amateurebene.“
 

Danke für das Stichwort. Unbenommen der weiteren Entwicklung beim Amundi German Masters drängt sich ein Vorschlag auf, ohne DGV und VcG damit ein eingeschränktes Sichtfeld attestieren zu wollen. In Wiesbaden wird man das gewiss auf dem Schirm haben: Wie wäre es denn mit der LET Access Series? Helen Briem hat bewiesen, welches Potenzial eine solche Förderung haben kann.
 

Autor: Michael F. Basche | golfmanager 04/2024

 

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