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Clubgebundenes Golf – ein Fall für Optimisten

Das (Des-)Interesse an der Sportart Golf

(Anm. d. Red.: Bei dem nachfolgenden Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus einem umfassenden Beitrag unseres Autors Horst Schubert)

 

Bei einer aktuellen Repräsentativbefragung des Marktforschungsinstituts Nielsen Sports zum Interesse der Bevölkerung an verschiedenen Sportarten landete Golf unter 36 abgefragten Sportarten weit hinten auf Rang 28 (Abbildung 1).

Ganze 13% der in der Altersgruppe 16 bis 69 Jahre befragten Personen gaben an, dass sie Golf interessiere oder sehr interessiere. D.h., dass sich eine von insgesamt acht Personen für Golf interessiert, oder anders herum ausgedrückt: Sieben von acht Personen finden Golf uninteressant. Dieser Wert ist zwar eine Momentaufnahme aus dem Jahr 2018, aber die gleiche Befragung hat im Zeitraum 2012 bis 2017 stets zu vergleichbaren Ergebnissen geführt (vgl. Abbildung 2). Bei den insgesamt 12 Repräsentativbefragungen, die in den sechs Jahren im halbjährlichen Abstand durchgeführt wurden, schwankte der Wert für Golf zwischen 16% (Maximum) und 9 % (Minimum). Der Mittelwert lag bei 12,4%.

 

Das Interesse der breiten Öffentlichkeit am Golfsport bewegt sich also seit etlichen Jahren auf einem konstant niedrigen Niveau. Eine positive Entwicklung ist nicht erkennbar.

 

Eine ebenfalls von Nielsen Sports in 2018 erstellte Studie bei Entscheidern von Sponsoring-Etats bezüglich der Frage, welche Sportarten im Sponsoring an Bedeutung gewinnen bzw. verlieren werden, kommt ebenfalls zu einem für den Golfsport negativen Ergebnis: Für 61% der Befragten wird vor allem E-Sport an Bedeutung gewinnen, gefolgt von Fußball (40%) und Straßenradsport (39%). An Bedeutung verlieren wird hingegen Boxen (52%), gefolgt von Schwimmen (38%) und Golf (36%) (vgl. Abbildung 3).

Die Mitgliederzahlen 2018 von DGV und VcG: Stagnation

Erstmals in der Geschichte des Deutschen Golf Verbandes (DGV) ist die Mitgliederzahl im Vergleich zum Vorjahr rückläufig, und zwar um 2.703 Mitglieder (vgl. Abbildung 4). Dieser Rückgang ist bedingt durch zwei Faktoren:

  • Trotz der sehr aufwändigen Interessenten-Werbe-Aktion „Gemeinsam Golfen“ war die Zahl der Neuzugänge in 2018 rückläufig (Neuzugänge 2017: 51.293 / Neuzugänge 2018: 47.790 = -3.503 Neuzugänge).
  • Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Austritte im Vorjahresvergleich um 985 Mitglieder (Austritte 2017: 49.508; Austritte 2018: 50.493 = +985 Austritte)

 

In 2017 gab es für den DGV noch einen Zuwachs von 1.785 Mitgliedern (+0,3%) zu verzeichnen. Für den Landesverband Berlin-Brandenburg wird in der DGV-Statistik 2018 im Vorjahresvergleich ein Zuwachs um 30 Mitglieder ausgewiesen (2017: 24.368 Mitglieder; 2018: 24.398 Mitglieder).

 

Seit vier Jahren stagniert die Zahl der DGV-registrierten Mitgliedschaften zwischen 640.000 und 645.000. Plausible Gründe für eine Trendwende zum Positiven sind für den clubgebundenen Golfsport nicht erkennbar. Hingegen gibt es etliche Gründe, die einen weiteren Abwärtstrend erwarten lassen.

 

Die Betrachtung der Entwicklung der Gesamtzahl der DGV-registrierten Mitgliedschaften sagt allerdings nichts aus über die unterschiedlichen Entwicklungen in den Teilsegmenten des clubgebundenen und des nicht-clubgebundenen Golfs (VcG und Fernmitgliedschaften mit DGV-Ausweis). Diese Marktsegmente hatte der DGV für das Jahr 2013 wie folgt quantifiziert: clubgebundenes Golf: 555.000 Mitglieder und clubfreies Golf: 83.000 Mitglieder (23.000 Mitglieder VcG + 60.000 Fernmitglieder mit DGV-Ausweis).

 

Aufgrund der allgemeinen Entwicklungstendenzen im deutschen Golfmarkt ist jedoch davon auszugeben, dass sich die Anzahl der club-gebundenen Golfer bereits seit einigen Jahren deutlich rückläufig entwickelt hat, und dass gleichzeitig das Segment der Fernmitgliedschaften mit DGV-Ausweis erheblich gewachsen ist, sowohl absolut als auch prozentual.

 

Neben diesen Strukturverschiebungen innerhalb des Segmentes der DGV-registrierten Mitgliedschaften – weg vom clubgebundenen Golf, hin zum clubfreien Golf – gibt es ein offensichtlich wachsendes Segment des nicht-organisierten Golfsports (d.h. Golfer ganz ohne Clubmitgliedschaft bzw. ohne DGV-Clubmitgliedschaft). An dieses Marktsegment verliert der DGV jährlich rund 50.000 Mitglieder. In diesen 50.000 Austritten aus einer DGV-Clubmitgliedschaft sind allerdings auch diejenigen Austritte enthalten, die durch eine finale Beendigung des Golfsports bedingt sind.

 

Mein Ausblick

Der Markt im clubgebundenen Golf in Deutschland wird kurz- und mittelfristig u.a. durch folgende Entwicklungen geprägt werden:

  1. Der gesellschaftliche Wertewandel (hin zur Individualisierung – weg von Vereinen und Organisationen) wird insgesamt zu einem weiteren Rückgang des in Vereinen organisierten Sports und somit auch des clubgebundenen Golfsports führen.
  2. Die Konkurrenz um die Ressource „Freizeit“ wird sich weiter verschärfen, auch durch das Entstehen neuer Freizeitaktivitäten (Beispiel „eSport“). Golf als zeitintensive Freizeitbeschäftigung wird eher zu den Verlierern dieses Konkurrenzkampfes gehören.
  3. Das Image des Golfsports hat sich in den letzten Jahren – wenn überhaupt – nur marginal verbessert. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern.
  4. Die Zahl der im DGV organisierten Mitgliedschaften (incl. VcG) wird bestenfalls stagnieren.
  5. Der Anteil der Vollmitgliedschaften wird sich in den Golfclubs weiter rückläufig entwickeln, der Anteil der Fernmitgliedschaften mit DGV-Ausweis wird weiter anwachsen.
  6. Der Anteil der passiven Clubmitglieder wird ebenfalls weiter steigen.
  7. Der Anteil der Clubmitglieder der Altersgruppe 41-50 Jahre (in geringerem Maße auch der Anteil der Altersgruppe 36-40 Jahre) wird sich weiter rückläufig entwickeln durch a) Aufgabe des Golfsports oder b) Abwanderung in das Marktsegment des nicht-organisierten Golfs.
  8. Der Trend zum „Altherren-Sport“ (überproportionaler Mitglieder-Zuwachs in der Altersgruppe 50+) wird sich weiter fortsetzen.
  9. Die soziale Bindung an den Golfclub („Clubleben“) wird weiter abnehmen. Das Segment der „Golfer, die nur spielen wollen“, wird hingegen weiter anwachsen.
  10. Eine Reduzierung der jährlichen Austritte aus dem DGV von zurzeit rund 50.000 Mitgliedern ist bei den gegebenen Rahmenbedingungen wenig wahrscheinlich. Aufgrund der vorstehend genannten Faktoren ist eher mit einer weiteren Zunahme zu rechnen.

 

Mein Fazit

Der Golfmarkt in Deutschland ist schwierig und wird schwierig bleiben. Er ist aber – um auf die einleitende Überschrift Bezug zu nehmen – nicht nur ein Fall für Optimisten, sondern auch für Spezialisten, die aufgrund ihrer Qualifikation und ihrer Marktkenntnisse in der Lage sind, für ihre Golfanlage eine an die jeweilige Marktsituation angepasste clubspezifische Vermarktungsstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Auch in einem sich weiterhin tendenziell negativ verändernden Markt können Golfclubs wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn sie entsprechend geführt werden.

 

Generell wird sich aber die Stagnation bzw. in Teilbereichen der Abwärtstrend im clubgebundenen Golfsport in Deutschland weiter fortsetzen. Deshalb gibt es bei der Einschätzung der weiteren Entwicklung in diesem Segment des deutschen Golfsports leider wenige Gründe für viel Optimismus – und umgekehrt.

 

Autor: Horst Schubert | golfmanager 01/2019

 

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