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Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erfordert Anpassung digitaler Angebote

Barrierefreiheit stärken – Inklusion leben

Seit dem 28. Juni 2025 gilt in Deutschland das ,Barrierefreiheitsstärkungsgesetz‘, kurz BFSG. Außer, dass man nun ein wunderbares neues Wort für Scrabble hat, erfordert diese neue Rechtsvorschrift bundesweit Beachtung: Unternehmen müssen ihre elektronischen Angebote an die Vorgaben des Gesetzes anpassen. Die Regelung betrifft nicht nur klassische kommerzielle Unternehmen, sondern auch Vereine und somit grundsätzlich alle Golfanlagen. Ziel ist insbesondere die digitale Barrierefreiheit, so dass Webseiten im Mittelpunkt der Umsetzung stehen. Wer auf seiner Anlage auch Selbstbedienungsterminals einsetzt – beispielsweise zum Check-in vor der Golfrunde – muss auch diese an die neuen Vorschriften anpassen. Auch andere, interaktive elektronische Endgeräte sind von den neuen Regelungen betroffen. 

Die Vorgaben betreffen auch Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr wie beispielsweise Online-Terminbuchungssysteme – und damit natürlich sowohl Startzeitenbuchungen als auch Buchungen zu Trainerstunden, Schnupperkursen und mehr. Juristen gehen zudem davon aus, dass gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG solche Leistungen nicht gegen Entgelt angeboten werden müssen, um unter die neuen gesetzlichen Bestimmungen zu fallen. Damit gelten die Vorgaben auch für die (kostenlosen) Startzeitenbuchungen von Mitgliedern oder sonstige kostenlose Angebote wie beispielsweise kostenlose Schnupperkurse. Ausgenommen von den neuen Vorschriften sind lediglich Kleinstunternehmen, die ausschließlich Dienstleistungen erbringen. Als solche gelten Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten plus einem Jahresumsatz von maximal 2 Mio. Euro oder einer Bilanzsummer von höchstens 2 Mio. Euro – wodurch nahezu alle Golfanlagen aufgrund der Beschäftigtenzahlen betroffen sein dürften. Erfüllt eine Golfanlage die Vorgaben für Kleinstunternehmen, fallen seine digitalen Angebote nicht unter das BFSG – allerdings dürfen dann keine Waren oder Dienstleistungen elektronisch vermarktet werden, eine Online-Kursbuchung, eine Online-Startzeitenbuchung oder Online-Warenangebote würden sofort zur Pflicht zur Barrierefreiheit führen. Stichproben haben gezeigt, dass längst noch nicht alle Golfanlagen auf diese neuen Vorschriften reagiert haben – ein nicht zu unterschätzendes Risiko, denn Mitbewerber können bei Verstößen Abmahnungen samt Unterlassung und Schadenersatz einleiten, zudem können Marktüberwachungsbehörden Bußgelder bis zu 100.000 Euro verhängen. Übergangsfristen gelten gemäß § 38 BFSG für bestimmte, vor dem 28. Juni 2025 rechtmäßig genutzte Systeme und Produkte. Allerdings: Da die deutsche Golfbranche in letzter Zeit verstärkt auf das Thema Inklusion setzt, empfiehlt sich alleine schon aus Imagegründen, die neuen Vorgaben zeitnah umzusetzen.


Was barrierefrei wirklich heißt
 

Eine der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der neuen Rechtsvorschrift ist, wann Dienstleistungen und Produkte als barrierefrei gelten. Die IHK München nennt folgende Elemente, nach denen Produkte und Dienstleistungen als barrierefrei anzusehen sind:
 

  • für Menschen mit Behinderung
  • in der allgemein üblichen Weise, 
  • ohne besondere Erschwernis und
  • grundsätzlich ohne fremde Hilfe
  • auffindbar, zugänglich und nutzbar.
     

(Quelle: IHK München: Ratgeber Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Digitale Barrierefreiheit wird für Unternehmen Pflicht)
 

Wichtig ist dabei, dass unter ,Menschen mit Behinderung‘ nicht nur Personen mit Mobilitätseinschränkungen wie beispielsweise Rollstuhlfahrer verstanden werden, sondern – in Hinblick auf digitale Barrierefreiheit besonders wichtig – auch Menschen mit Seh- oder Höreinschränkungen. Einzelheiten hierzu regelt die ,Verordnung über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz‘, aufzurufen über http://bit.ly/4mnkQH2. Hilfreich sind zudem die ,Leitlinien für die Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes‘, welche über diesen Link bereitstehen: http://bit.ly/4mvmXsD. Kurz gefasst regeln diese, dass Inhalte stets über mindestens zwei Sinne wahrnehmbar sein müssen – Sehen alleine reicht somit nicht, weshalb eine Audio-Ausgabe von Inhalten (,Vorlesen‘) oft als zweite Option angesehen wird. Weitere Anforderungen betreffen beispielsweise Farbanpassungen (in diesem Zusammenhang sollten Golfanlagen auch an die praktische Umsetzung auf ihren Plätzen denken – rote Lochfahnen vor grünen Wäldern sind für Menschen mit Rot-Grün-Sehschwäche fernab aller digitalen Dienste schwer erkennbar) oder die Wahl der Schriftgröße. An dieser Stelle verweisen wir nochmals auf die sehr aufschlussreichen Ausführungen der Blindengolferin Karin Becker im Beitrag ,Blindengolf und die besonderen Herausforderungen der Inklusion‘ aus dem golfmanager 2/25, der online unter http://bit.ly/4flcygy abrufbar ist. Für Sprachausgaben oder Musik muss zudem die Lautstärke anpassbar sein. Zudem verlangen die neuen Vorgaben, dass auch eine manuelle Steuerung (auch per Tastatur, nicht nur per Maus oder Touchpad) für Menschen mit wenig ausgeprägten feinmotorischen Fähigkeiten möglich sein muss. Wer einen Onlineshop mit Sachgütern betreibt, muss zudem weitere Kennzeichnungspflichten zu den angebotenen Produkten beachten – erfüllt ein Produkt die Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht, darf es nicht mehr angeboten werden.


Tools für barrierefreie Golf-Websites
 

Die Vorgaben des BFSG erfordern letztlich, dass insbesondere Websites, aber auch Selbstbedienungsterminals stets in mehreren Versionen nutzbar sein müssen: In den bereits heute etablierten Versionen für Menschen ohne körperliche oder kognitive Einschränkungen und für Menschen, welche diese Darstellungen nicht oder nur eingeschränkt nutzen können. Für Golfanlagen stellt sich damit die Frage, wie man die Umstellung am besten angeht. Ähnlich wie beim Thema Mehrsprachigkeit lassen sich die Vorgaben des BFSG grundsätzlich auf zwei Varianten erfüllen: Man realisiert mehrere Versionen seiner Inhalte, angepasst auf die entsprechenden Vorgaben, oder man nutzt – wie überwiegend heute realisiert – eine allgemeingültige Website und löst die zusätzlichen Herausforderungen wie Mehrsprachigkeit oder Barrierefreiheit über zusätzliche Overlay-Tools. Da die Barrierefreiheit auf einer EU-Vorgabe basiert, ist sie übrigens nicht auf deutschsprachige digitale Systeme beschränkt. In der Praxis zeigt sich aktuell eine klare Tendenz zur Nutzung der Overlay-Tools, da der Aufwand für die Umstellung und laufende Pflege von BFSG-kompatiblen, nativen Digitalangeboten sehr hoch wäre. Hier sollte zusätzlich der Datenschutz beachtet werden, so dass Golfanlagen in Deutschland Systeme nutzen sollten, welche auf deutschen oder zumindest europäischen Servern laufen – sonst kann es beim Datenschutz schnell sehr komplex werden. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl solcher Tools am Markt – ob sie für die individuelle Website einer Golfanlagen nutzbar sind, hängt nicht nur vom darauf abgebildeten Content ab, sondern auch von den für die Website und sonstigen Systeme genutzten Content-Management-Systemen, denn die Tools zur Umsetzung der Barrierefreiheit müssen mit diesen kompatibel sein. Üblicherweise werden sie per HTML-Code in die Website eingebunden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die bloße Installation eines Overlay-Tools alleine nicht ausreicht. Wesentliche Komponente auf dem Weg zur Barrierefreiheit ist daher eine Prüfung, ob die Vorgaben gemäß Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) eingehalten werden. Solche Audits können ebenfalls über entsprechende Tools durchgeführt werden, entscheidend ist, dass die Hinweise des Audits in den eigenen Webauftritt eingearbeitet werden, denn der Audit alleine führt noch nicht zu einer Verbesserung. Je nach Tool können solche Optimierungen automatisiert oder durch manuellen Eingriff der Website-Administratoren umgesetzt werden. Wichtig ist zudem, dass die Tools nicht nur für Desktop-Versionen der Website, sondern natürlich auch für die Darstellung auf Smartphones und anderen digitalen Endgeräten geeignet sein müssen. Der Deutsche Golf Verband (DGV) nutzt für seine Website die Tools von Eye-Able (siehe golf.de) und hat mit dem Unternehmen einen Rahmenvertrag geschlossen. Die Lizenzvereinbarung umfasst die Module ,Audit‘ (Prüfung der Website auf Barrierefreiheit), ,Assist‘ (erweiterte Einstellung zu beispielsweise Schriftgröße, Kontrast oder Nutzung der Vorlese-Funktion), ,KI Einfache Sprache‘ (Umwandlung der Webseiten-Texte in leichte verständliche Sprache mit kurzen, einfachen Sätzen) sowie ,Generator‘, welcher die gemäß BFSG vorgeschriebene Barrierefreiheitserklärung erstellt. Besonderer Clou: Die Nutzung des Tools ist für alle DGV-Mitglieder kostenfrei! 
 

Wer lieber ein anderes Tool nutzen möchte, findet inzwischen eine Vielzahl entsprechender Anbieter, beispielsweise:
 

  • AccessGO
  • Digi-Access
  • Userway
     

Die Kosten belaufen sich gemäß Websites der Anbieter meist auf Beträge ab 50 Euro pro Monat, so dass die DGV-Rahmenvereinbarung den Golfclubs einen echten Kostenvorteil bringt. Wesentlich ist, dass man sich für künftige Veröffentlichungen von vornherein damit beschäftigt, welche zusätzliche Informationen in Hinblick auf die Barrierefreiheit digitaler Inhalte benötigt werden. Beispielhaft sei hier an alternative Texte anstelle anzuzeigender Bilder hingewiesen. Für eine weitere Anforderung im Bereich Barrierefreiheit, die sogenannte ,einfache Sprache‘, gibt es ebenfalls KI-basierte Lösungen, allerdings sollte man gerade im mit Fachbegriffen teils überfrachteten Golfsport genau prüfen, ob die damit generierten Inhalte eine korrekte Aussage ergeben. Da Webseiten von Golfanlagen einem permanenten Wandel unterliegen, sollten Prüfungen auf Barrierefreiheit regelmäßig erfolgen – und die dabei festgestellten Schwächen umgehend behoben werden. Erst aus dem Zusammenspiel von Audit in Hinblick auf WGCA, Optimierung der Inhalte auf Basis der Audit-Resultate und Overlay-Tool zur barrierefreien Darstellung der Inhalte ergibt sich langfristig eine gesetzeskonforme Umsetzung der neuen Vorschriften.
 

Fazit
 

Nicht nur aufgrund der rechtlichen Vorschriften, sondern auch vor dem Hintergrund einer stärkeren Ansprache einer inklusiven Zielgruppe durch Golfanlagen erfordern die Vorgaben des BFSG zeitnahes Handeln. Sofern nicht bereits geschehen, sollten sich Golfanlagen schnellstens mit ihren Website-Entwicklern und -Betreibern in Verbindung setzen, um gemeinsam die nächsten Schritte zur Umsetzung der Rechtsvorgaben sicherzustellen. Für manche ältere Website dürfte dies zudem eine gute Gelegenheit sein, die digitalen Angebote grundsätzlich zu überarbeiten. Gerade die Betonung des Golfsports als inklusivem Angebot sollte zudem Anlass für alle Golfanlagen sein, die Umsetzung schnellstmöglich zu realisieren – dadurch werden nicht nur Abmahnungen und Bußgelder vermieden, sondern der eigene Anspruch durch einen entsprechenden Außenauftritt manifestiert. 


Autor: Michael Althoff | golfmanager 4/25

DGV stellt kostenlose Lizenz von Eye-Able bereit
 

Der Deutsche Golf Verband (DGV) unterstützt Golfanlagen dabei, ihre Webseiten barrierefrei zu gestalten. Im Rahmen seines Engagements für Inklusion stellt der DGV seinen Mitgliedern kostenfrei eine Lizenz für das digitale Barrierefreiheits-Tool ,Eye-Able‘ zur Verfügung. Dieses bietet unter anderem Funktionen zur Verbesserung der Lesbarkeit, zur Kontrasteinstellung sowie zur Vorlesefunktion von Webinhalten und hilft so, digitale Angebote nutzerfreundlicher und inklusiver zu gestalten. Mit der Bereitstellung von Eye-Able unterstützt der DGV seine Mitglieder dabei, auf die neuen gesetzlichen Anforderungen zu reagieren und ihre Onlineangebote inklusiv auszurichten. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf dem DGV-Serviceportal oder direkt über https://bit.ly/3HLZBQH.

Nachgehakt: Zur Installation von Eye-Able
 

Ergänzend zu vorstehendem Beitrag hakten wir bezüglich der Implementierung von Eye-Able bei Mario Erdmann, DGV-Sportentwicklung – Inklusion und Golf für Menschen mit Behinderungen nach:

? Lieber Herr Erdmann, wie erhalten die Mitglieder den Zugangscode zur Lizenz und was ist zu tun, wenn man diesen nicht mehr findet?
! Der Zugangscode der Lizenz wurde per DGV-Newsletter an alle Mitglieder per E-Mail versendet. Sollte jemand diesen Zugangscode nicht mehr haben oder finden, kann sich die Person gerne direkt an mich wenden (E-Mail: erdmann@dgv.golf.de).


? Wie viele Golfanlagen haben sich bisher eine Eye-Able-Lizenz gesichert?
! Bisher haben sich ca. 100 Golfanlagen die Lizenz von Eye-Able gesichert – es ist also noch Luft nach oben (grinst).

? Wie funktioniert die Installation von Eye-Able für die Golfanlagen und braucht man dafür spezielle IT-Kenntnisse?
! Die Installation von Eye-Able ist extra so gewählt, dass die Golfanlagen selbstständig mit dem Support von Eye-Able die Installation vornehmen können. Hierzu werden keine IT-Kenntnisse zunächst benötigt. Der Support ist ebenso in unserer Generallizenz enthalten. Sollte also eine Golfanlage die Website selbstständig verwalten, ist der Umgang mit Eye-Able wirklich einfach.
 

Herr Erdmann, vielen Dank für diese praktischen Informationen – jetzt steht dem Abruf einer Linz nichts mehr im Wege. 

 

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