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Die Spur des Geldes und der Ryder Cup

Lange Zeit wurde gerätselt, ob Italien die Vorbereitungen für den Ryder Cup 2023 rechtzeitig schaffen würde. Die gute Nachricht: Anlage und Platz liegen im Zeitplan, der vor gerade einmal zwei Jahren neu aufgesetzte Ryder Cup-Platz von Marco Simone präsentiert sich bereits heute in ausgezeichnetem Zustand. Doch während damit in Italien langsam weißer Rauch aufsteigt, ziehen an anderer Stelle Gewitterwolken auf. Auslöser ist die neue LIV Golf Turnierserie um Frontmann Greg Norman. Charl Schwartzel, Sieger des ersten Events im Juni in London, strich für seinen Einzel-Sieg 4 Mio. US-Dollar ein – ziemlich genau das Gesamtpreisgeld der Porsche European Open und der BMW International Open zusammen! Zudem wurden etliche Topspieler wie Dustin Johnson mit Wechselprämien im satten dreistelligen Millio-nenbereich belohnt – bei Tiger Woods spricht man gar von einem Angebot im hohen neunstelligen US-Dollar-Bereich. Zahlreiche Top-Golfer der PGA Tour sind zur LIV Golf Series gewechselt und haben ihre Karte für die US-Tour zurückgegeben – dem Rest hat Tourboss Jay Monahan inzwischen die Spielberechtigung entzogen. Die DP World Tour hat Teilnehmer des ersten Events mit einer Geldstrafe belegt und sie für die Irish und Scottish Open gesperrt, aber noch keine Gesamt-sperren ausgesprochen. Und hier kommt der Ryder Cup ins Spiel: Denn Team Captain Zach Johnson bekommt sechs Spieler über die Rangliste des Fed Ex-Cups (in dessen Wertung eben nur Turniere der PGA Tour sowie die Majors einfließen), hinsichtlich der Wildcards hat er ebenfalls deutlich gemacht, dass dafür wohl nur Spieler der PGA Tour in Frage kämen. Anders bei Team Europa um Captain Henrik Stenson: Hier wurden die Qualifikationskriterien noch gar nicht veröffentlicht – und vor Redaktionsschluss Ende Juni hielten sich hartnäckig Gerüchte, dass Stenson selbst in Verhandlungen mit der LIV-Tour stehe.

 

Wie viel darf der Spitzensportler verdienen?

Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob Sportler solch hohe Antrittsprämien und Preisgelder wert seien. Hauptvorwurf an LIV Golf bleibt jedoch, dass die von Saudi Arabien finanzierte Tour damit „Sports-washing“ betreibe. Doch wie so oft gilt auch im Sport: Wer frei von Schuld, werfe den ersten Stein – denn Saudi Arabien ist beileibe nicht das erste Land, das sein Image über Sport aufbessern möchte. Fußballfans werden sofort an die diesjährige WM in Qatar denken, und manch Olympische Spiele in Ländern wie Russland oder China kann man ebenso kritisch hinterfragen. Neben dem offensichtlich tiefen Graben zwischen Frontmann Greg Norman und den Verantwortlichen vor allem der PGA Tour bleibt damit die Frage, inwiefern man Sportler – die im Gegensatz zum Mannschaftssport als eigenständige Unternehmer agieren – dafür bestrafen sollte und kann, wenn sie finanziell äußerst lukrative Angebote annehmen und dabei deutlich weniger Zeit für Turniere aufwenden müssen als auf den beiden anderen großen Touren.

 

„Möge das bessere Team gewinnen“ lautet ein alter Grundsatz im Sport – doch aktuell ist völlig unklar, ob in Rom 2023 tatsächlich die besten Golfer beider Kontinente an den Start gehen werden. Martin Kaymer äußerte im Rahmen der BMW International Open die Hoffnung, dass alle Beteiligten sich an einen Tisch setzen mögen und das Thema rational angehen sollen – doch gerade in Richtung USA steht dahinter ein großes Fragezeichen. Die PGA Tour hat als Reaktion auf die neue Turnierserie ihr eigenes Programm um einige äußerst lukrativ dotierte Events erweitert, am 28. Juni verkündeten DP World Tour und PGA Tour zudem eine auf zunächst 13 Jahre befristete, enge strategische Allianz. Wer sich die Meldung jedoch genau durchliest, wird den Eindruck nicht los, dass die DP World Tour mit diesem Joint Venture endgültig zur „Korn Ferry Tour Europe“ wird, denn die zehn Bestplatzierten im Race to Dubai erhalten künftig die Tourkarte der PGA Tour. Man sollte nicht vergessen, dass seit Jahrzehnten die erfolgreichsten europäischen Golfer ihre Heimat längst auf der PGA Tour haben – und sicherlich spielt auch hier das deutlich höhere Preisgeld eine nicht unwesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung der Spieler.

 

Gefahrenfür (Profi-)Golf

Man mag sich derzeit kaum vorstellen, dass auch nur eines der Ryder Cup-Teams in Rom nicht in Bestbesetzung antreten wird – und Fans, die bereits eine Wochenkarte zum Preis von rund 1.000 Euro (Reisekosten nicht mitgerechnet) erworben haben, dürften ebenso wenig begeistert sein, wenn plötzlich nicht mehr die Besten der Besten aufteen. Ob (Profi-)Golf mit der neuen Tour tatsächlich vor einer Zerreißprobe steht oder ob auch hier Konkurrenz das Geschäft fördert, bleibt abzuwarten. Sicherlich werden einige Spieler ihren Ausschluss von der PGA Tour nicht einfach hinnehmen, sondern den Klageweg beschreiten. Mit Spannung ist auch die Entscheidung der R&A zu erwarten, ob über die Teilnahme an LIV-Events Weltranglistenpunkte erworben werden können – aktuell noch aus sportlicher Sicht das Hauptargument für die beiden großen Touren, denn nur so können die für Majors wichtigen Qualifikationspunkte erspielt werden. Vielleicht kehrt tatsächlich in den kommenden Wochen etwas mehr Rationalismus zurück – und die Reaktionen vieler Spieler zeigen, dass die Zufriedenheit mit den traditionellen Touren offensichtlich nicht so groß ist, dass ein entsprechend dotierter Scheck diese nicht in Frage stellen könnte. Offen ist auch, wie die Industrie auf die neue Tour reagiert – denn mittelfristig geht es auch für Spieler und Organisatoren der neuen LIV Tour darum, Sponsorengelder zu akquirieren. Dass Sponsoren und Golfindustrie dafür zusätzlich in die Tasche greifen, darf bezweifelt werden – wahrscheinlicher ist eine Umverteilung.

 

Fazit

Für die Organisatoren des Ryder Cups in Rom und die erwarteten zahlreichen Fans bleibt zu hoffen, dass das Event nicht unter der aktuellen Auseinandersetzung leidet. Dann würde tatsächlich der Golfsport insgesamt zum Verlierer – und nicht nur für Fans, sondern auch für Sponsoren dürfte die Strahlkraft eines Ryder Cups nachhaltig beschädigt werden und sich auf potenzielle Austragungsorte auswirken.

 

Michael Althoff | golfmanager 3/2022

Bild: © mhatzapa/shutterstock.com
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