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Eichenprozessionsspinner sorgt für Unruhe – nicht allein auf Golfanlagen

Best practice Greenkeeping, Frühjahr 2020

Bereits seit 2018 kam es auf vielen Golfanlagen zu einem verstärkten Auftreten des Eichenprozessionsspinners. Durch die warme und trockene Witterung wurde die Entwicklung der Raupe begünstigt. 2019 kam es zum ersten Mal sogar zu einer Beeinträchtigung des Spielbetriebes. Aufgrund der gesundheitlichen Risiken für Mensch und Tier, mussten auf den betroffenen Golfanlagen Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

 

Art und Weise des Vorgehens, sowie der Erfolg der Maßnahmen wird jedoch durch die Natur bestimmt. Maßgeblichen Einfluss haben das Entwicklungsstadium der Raupen, sowie die Blattentwicklung der Eiche. Für eine aktive Bekämpfung, die auch zu einer Minderung des Raupenbestandes führt, steht nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung.

 

Im Grunde ist eine latente Gefährdung über das ganz Jahr gegeben. Über die Wintermonate geht diese nicht von den aktiven Raupen mit ihren Brennhaaren aus, sondern vielmehr von noch vorhandenen Resten der alten Verpuppungsnester. Bis in das zeitige Frühjahr gilt es, zu kontrollieren, ob im Umkreis der im letzten Jahr befallenen Bäume, solche Reste alter Nester am Boden zu finden sind.

 

Diese festen, ockerfarbenen Gebilde bestehen aus Spinnfäden, großen Mengen von Häutungsresten, Kot, Puppenhüllen und somit sind sie auch voller Brennhaare, die Widerhaken besitzen. Das darin enthaltene Nesselgift „Thaumetopoein“ behält über mehrere Jahre seine allergene Wirkung. Es kann zu einer Anreicherung im Unterholz, Bodenbewuchs kommen, ein Betreten oder Überfahren beim Mähen löst Raupenhaare. Beim Einsammeln der herabgefallenen Überreste muss der direkte Kontakt unbedingt vermieden werden. Schutzkleidung, Gummistiefel, Augen- und Atemschutz sind einzusetzen und im Anschluss mit einem scharfen Wasserstrahl zu reinigen.

 

Bereits im Juli/August 2019 hat die erneute Eiablage im oberen, der Sonne zugewandten Kronenbereich der Eichen stattgefunden. An den dünnen ein- bis zweijährigen Zweigen sind die ca. 1 mm großen Eier in Form von plattenförmigen Gelegen zu finden. Die Eier enthalten bereits im Herbst die voll entwickelten Jungraupen, die in einer Art Ruhezustand den Winter und sogar starken Frost überdauern.

 

Maßnahmen Frühjahr 2020

Zu Vegetationsbeginn, im Zeitraum Mitte April bis Anfang Mai, erfolgt der Schlupf der in diesem Stadium noch gelblich-braunen Raupen. Diese fressen zuerst an den nun austreibenden Blattknospen der Eichen, und dies ist der geeignete Zeitpunkt für eine Bekämpfung.

Nach der ersten Häutung nehmen die Raupen eine gräuliche Farbe an. Bis zur Verpuppung Mitte Juni bis Anfang Juli werden insgesamt sechs Larvenstadien durchlaufen, jedes einzelne umfasst etwa zehn Tage. Ab dem 3. Stadium, ca. Mitte bis Ende Mai, werden die gefährlichen Brennhaare ausgebildet. Die älteren Larvenstadien halten sich tagsüber in den auffälligen Nestern am Stamm oder in den Astgabeln auf. Je nach Witterung findet dann Mitte Juni bis Anfang Juli die 3-5 Wochen andauernde Verpuppung in den festen Nestern statt. Mit dem Schlupf und der erneuten Eiablage, im Umkreis von bis zu 2 km, schließt sich der Zyklus.

 

Bekämpfung

Grundsätzlich dient das Aufstellen von Warnschildern sowie das Absperren von befallenen Bäumen der Aufklärung und ist zu empfehlen. Im Vorfeld aller Maßnahmen gilt es eine Risikoanalyse durchzuführen:

 

  • Wo befinden sich die befallenen Bäume?
  • Sind weiträumige Absperrmaßnahmen, mindestens im Traufbereich der Bäume, ausreichend?
  • Kann aus der Erfahrung der Vorjahre der Umfang des Befalls abgeschätzt werden?
  • Wurde im letzten Jahr eine Bekämpfung durchgeführt?

 

Im kommunalen Bereich wird mit Bekämpfungsschwellen von mehr als drei Nestern pro Baum gearbeitet. Ergibt sich die Notwendigkeit einer Behandlung, so sind auf Golfanlagen verschiedene Methoden, auch in Abhängigkeit vom Zeitpunkt vorhanden. Grundsätzlich sind alle Maßnahmen durch sachkundiges Personal durchzuführen.

 

Insektizideinsatz

Je nach Schutzziel finden unterschiedliche Rechtsgrundlagen Anwendung. Erfolgt eine Behandlung zum Schutz der Pflanzen, in diesem Fall also der Eichen, handelt es sich um eine Pflanzenschutzmaßnahme. Der Schaden durch einen Kahlfraß beruht in der Regel auf einer Schwächung der Bäume, die dadurch anfälliger für Trockenstress oder einen Befall z.B. mit Eichenmehltau werden. Für einen Insektizideinsatz sind die Vorgaben des Pflanzenschutzgesetzes maßgeblich. Hier bestehen Beschränkungen im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Golfanlagen aufgrund der Zuordnung zu den „Flächen für die Allgemeinheit“ nach §17 PflSchG.

 

Aktuell ist lediglich Vertimec Pro (Abamectin) für die gezielte Behandlung von Einzelbäumen in Form einer Streichbehandlung zugelassen. Der Einsatz auf dem Stamm sollte zum Zeitpunkt des Schlupfes der Raupen erfolgen.

 

Biozideinsatz

Auf Golfanlagen wird eine Bekämpfung jedoch in der Regel zum Schutz der menschlichen Gesundheit durchgeführt. Somit kann sie durch einen Sachkundigen mit einem der zugelassenen Biozidprodukten erfolgen, wobei die notwendigen Anwendungsbestimmungen wie Abstandsauflagen, Informationspflicht, Sperrung und Wiederbetretungsfrist, einzuhalten sind. Informationen zu den Bioziden findet man bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin www.baua.de.

 

Zu beachten ist, dass die Temperaturen über 15 Grad liegen sollten, jedoch nicht über 25 Grad. Ideal ist Windstille bei der Ausbringung, sowie bedeckter Himmel, eine Regenfestigkeit ist etwa nach 10-12 Stunden erreicht.

 

  • Foray ES (Bacillus thuringiensis subsp. kurstaki)
    3 l/ha in 600 l Wasser
    Größtmöglicher Sicherheitsabstand zu Oberflächengewässern: bestenfalls 25 m. Wiederbetreten erst 8 Stunden nach Anwendung
  • Neem Protect (Margosa-Extrakt)
    100 ml in 20 l Wasser pro Eiche
    Mindestabstände zu Oberflächengewässern: 20 m bei handgeführten Sprühgeräten, 90 m bei Fahrzeug mit Sprühkanone

 

Hier gilt es, den optimalen Einsatzzeitpunkt zu wählen, etwa 12-14 Tage nach Schlupf der Raupen. Da die Mittel aber über einen Blattfraß der Raupen aufgenommen werden, sollten sie zum Austrieb der Eichen im sogenannten „Mausohrstadium“ (grüne Blattspitzen überragen Knospenschuppen um 10 cm und erste Blätter spreizen sich ab) bis maximal 50% Blattmasse appliziert werden. Dies wiederum ist stark von der Witterung bestimmt und kann Ende April bis Anfang Mai erreicht werden. Als phänologischer Anhaltspunkt für den richtigen Zeitraum kann die Rapsblüte dienen.

 

Zudem sollte der Einsatz idealerweise im 2. Raupenstadium, also noch vor der Ausbildung der Brennhaare erfolgen. Somit steht nur ein enges Zeitfenster zur Verfügung. Neben dem richtigen Behandlungszeitpunkt ist aber auch die vollständige Benetzung der Blätter eine Voraussetzung für den Erfolg der Maßnahme.

 

Die Größe der Bäume erschwert meist den Einsatz, der mit einer Hochdruckspritze in der Regel nur von einem Hubsteiger aus möglich ist. Das handgeführte Akku-Sprühgerät der Fa. Birchmeier verfügt beispielsweise (s. separaten Blog-Beitrag unten) über eine Injektordüse und eine Teleskop-Lanze und ist dadurch auch für den Einsatz vom Boden geeignet. Ansonsten erfolgt die Anwendung mit Gebläsespritzen vom Boden aus.

 

Einsatz von Nematoden

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich durch den Einsatz von insektenparasitären Nematoden Tp-Nema (Steinernema feltiae). Die Ausbringung sollte erfolgen, sobald die Raupen geschlüpft und aktiv sind, wobei die Temperaturen über 8 Grad liegen müssen. Wichtig ist zudem Windstille bis maximal Windstärke 2, um eine gleichmäßige Verteilung zu erreichen. Die Ausbringung in den Abendstunden, zwischen 20:00 und 06:00 Uhr verhindert ein Austrocknen der Nematoden und erhöht den Wirkungsgrad. Die Ausbringung erfolgt mit Sprühkanonen, eine zweite Behandlung nach 10-14 Tagen erhöht den Wirkungsgrad und wird empfohlen.

 

Eine EPS-Bekämpfungsmöglichkeit mittels Nematoden bietet beispielsweise die Firma e-nema an, weitere Informationen finden Sie HIER

 

Mechanische Maßnahmen

Ab Ende Mai bis zur Verpuppung ist nur noch das zeitaufwändige Absaugen der Nester sinnvoll, um das Ausfliegen der nächsten Generation an Eichenprozessionsspinnern zu verhindern. Dies sollte aufgrund der gesundheitlichen Risiken und der erforderlichen Schutzmaßnahmen, wie das Tragen von Vollschutzanzug (Kat.III Typ 5), Augenschutz, Atemschutz (Partikelfilter FFP3S) und Handschuhe durch Fachfirmen für Schädlingsbekämpfung erfolgen. Diese verfügen über die notwendigen speziellen Sauggeräte mit den entsprechenden Filtern und übernehmen auch die fachgerechte Entsorgung (Sondermüll bzw. Müllverbrennung). Von der Methode des Abflammens mit Gasbrennern ist dringend abzuraten. Zum einen kommt es dabei zu einer starken Freisetzung von Brennhaaren, die sich durch Aufwinde zudem verteilen. Zum anderen werden die Bäume geschädigt und es besteht ein hohes Brandrisiko.

 

Ein Absaugen der leeren Nester im Spätsommer oder Herbst, nach dem Schlupf, beseitigt bei gleichbleibenden Kosten nur das allergieauslösende Material, dient aber nicht mehr der Reduzierung des Eichenprozessionsspinners.

 

Alternative Methoden der Bekämpfung

Die zunehmenden Probleme und die damit verbundenen Kosten bringen eine Reihe von alternativen Produkten und Bekämpfungsvarianten hervor, beispielsweise den Einsatz von Leimringen oder Raupenleim.

 

EPS-Falle: In der Testphase der Straßenmeisterei der Stadt Geldern befinden sich diese Fallen (Quelle: muenster-journal.de), s. Blogbeitrag unter FEEDBACK. In Zusammenarbeit mit dem DGV-Arbeitskreis Integrierter Pflanzenschutz (DGV-AK IPS) wird auch Gert Schulte-Bunert diese Methode auf seiner Anlage testen.

Inwieweit diese Maßnahmen und Produkte wirksam sind, gilt es zu überprüfen. Der DGV-AK IPS informiert hierzu gegebener Zeit.

 

Es existiert derzeit keine Meldepflicht bei einem Befall. Auf öffentlichem Gelände sind die Städte und Gemeinden zuständig. Von daher kann man durch eine Nachfrage beim Ordnungsamt bzw. beim Gesundheitsamt der Städte und Gemeinden Informationen, z.B. in Bezug auf Fachfirmen, erhalten. Bei Privatgrundstücken tragen die Eigentümer die Verantwortung.

 

Haben Sie Erfahrungen mit dem Eichenprozessionsspinner? Dann teilen Sie uns und Ihren Kollegen diese mit, per Mail, Telefon oder auch nur als „mal eben schnell gemachtes“ Handyfoto auf dem Platz. Zuschriften gerne über E-Mail: beate.licht@googlemail.com oder s.vogel@koellen.de.

 

Autorin: Beate Licht | 06/2018, zuletzt aktualisiert 03/2020


Betriebsanweisungen sind erforderlich, um auf das sicherheitsgerechte Verhalten von Beschäftigten einzuwirken, wenn Gefährdungen am Arbeitsplatz nicht durch technische Maßnahmen, Änderung des Arbeitsverfahrens oder durch Verwendung ungefährlicher Stoffe vermieden werden können. Eine solche Betriebsanweisung zur EPS-Bekämpfung der „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)“ finden Sie HIER.


Einen informativen Beitrag zum „Arbeitsschutz bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners“ der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)“ sowie ein Hintergrundpapier mit den am häufigsten gestellten Fragen finden Sie HIER


Wertvolle Tipps zum „Arbeitsschutz bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners“ finden Sie auch auf der Seite der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ oder direkt HIER

 

Beate Licht, Redaktion gmgk-online.de | Jun. 2019


Ein Merkblatt zum Eichenprozessionsspinner ...

... finden Sie auch im Login-Bereich des GVD unter www.greenkeeperverband.de oder HIER.

 

Stefan Vogel, Redaktion gmgk-online.de | Jun. 2018


Eine aktuelle Information der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ...

... vom Juni 2018 übersandte uns Henrike Kleyboldt. In diesem Merkblatt findet sich nicht nur Wissenswertes zu „Biologie und Entwicklung“, sondern auch zu den „Natürlichen Feinden“, zu „Verbreitung und Befallsentwicklung“, „Beeinträchtigung der Gesundheit“, „Überwachung und Prognose“ sowie zur „Bekämpfung“.

 

Das Merkblatt finden Sie HIER.

 

Henrike Kleyboldt, DEULA Bayern | Aug. 2018

 

 

FEEDBACK

in chronologischer Anordnung


Befall von Eichenprozessionsspinner-Raupen; bei Bäumen in Randbereichen oder zur Überbrückung bis zur Entfernung durch Fachfirmen erfolgt sinnvollerweise eine weiträumige Absperrung mit Flatterbändern.

 

Thorsten Hartmann, Sekretariat (Golfbetriebswirt) GC Schultenhof Peckeloh e.V. | Jun. 2019


Alle aktuellen Pressefundstücke des Frühjahrs/Frühsommers 2019 an dieser Stelle aufzuführen, ist aufgrund der Fülle nicht möglich, deshalb nur drei ausgewählte Beispiele zum Anklicken, recherchiert von B. Licht, Jun. 2019


Platzpflegemitarbeiter und Golfanlage d. Red. bekannt | Jun. 2019


Weitere alarmierende Bilder von Blog-Autorin B. Licht von der Redaktion bekannten Golfanlagen, Jun. 2019:


Für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht (s. Beitrag HIER unter gmgk-online.de: Neben dem Insektizid- bzw. Biozideinsatz der Einsatz von Nematoden oder bis Mitte/Ende Juni der mechanische Einsatz durch Absaugen. Letzterer aber bitte nur mit entsprechender Schutzausrüstung oder durch Fachfirmen.

Beate Licht, Redaktion gmgk-online.de | Jun. 2019


Der Insektizid-/Biozideinsatz der rechtlich zulässigen Mittel lässt sich auch vom Boden bzw. etwas größerer Entfernung aus bewerkstelligen: So wurde am 23.06.2019 auf der demopark 2019 ein ursprünglich für den Weinbau konzipiertes Akku-Sprühgebläse der Firma Birchmeier prämiert. Das handliche Gerät ermöglicht das Ausbringen sowohl in dichte Laubbestände, als auch gezielt in große Höhen oder Weiten. Eine gleichmäßige Bedeckung ist dem Hersteller nach gewährleistet, gesprüht wird im Luftstrom mit druckgeregelter Flüssigkeitszufuhr. Es eignet sich nach Aussagen des Hersteller beispielsweise aber auch zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners vom Boden aus.

 

Weitere Informationen erhalten Sie HIER.

Stefan Vogel, Redaktion gmgk-online.de | Jun. 2019


Gefunden im Web: Zahlreiche Golfanlagen (wie hier auf dem Screenshot die Golfanlage Duvenhof Willich) nutzen derzeit ihre Homepage, um Warnhinweise und Verhaltensregeln beim Auftreten des Eichenprozessionsspinners zu veröffentlichen.

 

So ist bei der GA Duvenhof zu lesen: „ACHTUNG! EICHENPROZESSIONSSPINNER! Aufgrund des Befalls einiger Eichen mit dem Eichenprozessionsspinner sind die befallenen Bäume durch rot-weißes Flatterband gekennzeichnet. Bitte halten Sie entsprechend Abstand!

 

In diesen Bereichen muss Erleichterung nach Regel 16.2 (gemäß 16.1 b) „Gefährdung durch Tiere“ in Anspruch genommen werden.

 

Beate Licht, Redaktion gmgk-online.de | Jun. 2019


Mancherorts werden mittlerweile seitens der Behörden Straßenschilder mit entsprechenden Warnhinweisen auf den Befall mit Eichenprozessionsspinnern aufgestellt.

 

Thorsten Hartmann, Sekretariat (Golfbetriebswirt) GC Schultenhof Peckeloh e.V. | Jun. 2019


Presse-Fundstücke zum Anklicken zum Thema Eichenprozessionsspinner, per WhatsApp bei der Redaktion eingegangen, Apr. 2020: