Fair Play auf der Golfanlage
„Fair Jobs" und „Fair Play" im Greenkeeping
Greenkeeping ist nicht nur ein „Beruf“, es ist vielmehr eine „Berufung“. Die Arbeit mit und in der Natur, die enorme Vielfältigkeit des Aufgabengebietes zeichnen diesen Beruf aus. Doch da gibt es auch die andere Seite: Greenkeeper bewegen sich in einem enormen Spannungsfeld. Da sind die Wünsche und Ansprüche der Golfer, die Auswirkungen der Witterungsveränderungen mit immer mehr Extremen, die eine vorausschauende Planung von Pflegearbeiten erschweren, sowie eine steigende Auslastung der Golf-anlagen und zunehmende Auflagen durch Umwelt-, Natur- und Pflanzenschutz. Zudem klagt der Berufsstand immer häufiger über die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung. Doch noch viel schwerwiegender und auch belastender im Alltag sind die mangelnde Wertschätzung der Arbeit und der oftmals respektlose Umgang im täglichen Miteinander. „The name of the game is golf“, es geht nur „zusammen“, beide, die Spieler und das Pflegeteam sind auf die hellen Tagesstunden angewiesen und müssen „beide“ am Wohl der Graspflanze interessiert sein, die letztendlich den beim Golfspiel so entscheidenden, lebendigen Untergrund darstellt.
Dass das Thema „Arbeitsklima“ auf Golfanlagen nicht nur in der Platzpflege relevant ist, zeigt unter anderem das Jahresthema 2021 des Golf Management Verbandes (GMVD) „Werteorientiertes Personalmanagement – Erfolgsfaktor für zeitgemäße und erfolgreiche Mitarbeiterführung“. So startete der GMVD eine Informationskampagne, deren Auftakt ein viel beachtetes Webinar von Referentin Fabienne Bill bildete. Die wichtigsten Informationen zu diesem Thema wurden darüber hinaus im Rahmen eines Sondernewsletters im März an die Mitarbeiter einer Golfanlage und Funktionäre in einem Golfclub in einem der zwölf deutschen Landesgolfverbände oder in einer anderen Einrichtung im Golfmarkt übermittelt.
Der erfahrene Anlagen-Verantwortliche und GMVD-Vizepräsident Marc-Frederik Elsäßer spricht im golfmanager 4/20 gar davon, dass die Sekretariate und Verwaltungen in der Saison 2020 „krasser gefordert worden sind als je zuvor“. Auch berichtete er von Mitarbeiter-Kündigungen „weil sie es leid sind, den unaufhörlichen Forderungen der Mitglieder ausgesetzt zu sein, weil die Arbeitsbelastung extrem ist und weil in ihrer Wahrnehmung keine Besserung in Sicht ist.“
Horst Schubert, langjähriges GMVD-Vorstandsmitglied und Vorstand der G&CC Seddiner See AG beschreibt das Anspruchsdenken und die mangelnde Wertschätzung von Anlagenverantwortlichen in seinem Fachbeitrag im golfmanager 1/21 noch drastischer: „Folgendes Szenario ist durchaus vorstellbar: Samstagnachmittag bei bester Witterung. Die Terrasse der Clubgastronomie ist brechend voll. Der Clubmanager eilt vom Clubhaus zur Driving Range und nimmt zur Abkürzung den direkten Weg über den Teich vor der Terrasse. Er geht über das Wasser! Kommentar eines Clubmitgliedes: ‚Kaum zu glauben – schwimmen kann er auch nicht!‘“
Nun ist dieses Thema durchaus nicht neu, erinnert werden soll an dieser Stelle nur an eine Podiumsdiskussion anlässlich der Fachmesse AREAL1991 in Köln mit dem Titel „Greenkeeper – von der Berufung hin zum Beruf“. Auf der anderen Seite ist es jedoch so aktuell wie nie, da die gesamte Branche zunehmend unter einem Fachkräftemangel leidet. Gerade junge Menschen, die mit Freude mit und in der Natur arbeiten, wandern in den Bereich GaLaBau oder kommunale Verwaltungen ab, die mit besseren Arbeitszeiten punkten und bei denen die mentale Belastung deutlich geringer ist.
Dieser Entwicklung gilt es, entgegenzuwirken, in einer Zeit, in der ein Imagewandel des Golfsports wichtiger denn je ist. Die Themen, die eine nachhaltige Vorgehensweise erfordern, wie Wassermanagement, Integrierter Pflanzenschutz oder Artenreichtum können nur in Zusammenarbeit mit den gut ausgebildeten Fachkräften vor Ort gelöst werden. Fehlt es am engagierten Fachpersonal im Greenkeeping erreichen wir den notwendigen Imagewandel über die grünen Themen nur schwer.
Um Wege aus diesem Dilemma zu finden, ist es nötig, Probleme anzusprechen. Ein Aspekt ist die anzustrebende Verbesserung beim „Miteinander“ von Golfspielern und Greenkeeping. Mit diesem Problem und Lösungsmöglichkeiten hat sich Matthias Wirsching, nicht nur in der Praxis (im GC Würzburg e.V.), sondern auch im Rahmen seiner Facharbeit zum Geprüften Head-Greenkeeper an der DEULA Rheinland 2019 auseinandergesetzt.
Im Gespräch erläutert er Details zu dieser Thematik (Anm. d. Red.: Das Interview wird aus Gründen der Anschaulichkeit durch Grafiken und Abbildungen aus der HGK-Arbeit von M. Wirsching ergänzt).
? Das Thema Ihrer 2019, im Rahmen der Head-Greenkeeper-Ausbildung an der DEULA Rheinland verfassten Arbeit, trägt den Titel „Maßnahmen zur Verbesserung der Beziehung zwischen Golfern und Greenkeepern“. Wie kamen Sie auf diese Fragestellung, da die DEULA Rheinland sonst doch eher fachspezifische Themen rund um die Golfplatzpflege vergibt?
! Letztendlich waren es zwei Vorfälle auf unserer Golfanlage, die den Anstoß gaben. Einer unserer Greenkeeper wurde von einem Golfball am Hinterkopf getroffen, kurze Zeit später prallte ein Ball am Überrollbügel des Fairway-Mähers ab. Da stellte sich die Frage, ob es Möglichkeiten gibt, die scheinbar gestörte Kommunikation zwischen Greenkeeping und Golfern zu verbessern, beziehungsweise das gegenseitige Verständnis füreinander zu fördern.
? Sie haben zwei Ansätze gewählt, um Golfer und Greenkeeper miteinander ins Gespräch bringen?
! Ja, zum einen gab es bereits seit 2016 monatlich erscheinende Greenkeeper-Beiträge, im E-Mail-Newsletters des GC Würzburg, mit über tausend Abonnenten. Zum anderen haben wir ein Greenkeeper-Golfturnier mit anschließender Preisverleihung und Imbiss in der Maschinenhalle durchgeführt.
? Die Idee mit dem Greenkeeper-Turnier ist sehr gelungen, zumal Sie das Ganze durch die Spielweise aufgelockert und um eine Sonderwertung bereichert haben.
! Als Spielmodus haben wir den sogenannten Texas-Scramble gewählt. Daneben spielen Sie sicherlich auf unsere etwas provokante Einzel-Sonderwertung „Nearest to the Greenkeeper“ an. Die Spieler mussten so nah wie möglich an eine, als Greenkeeper verkleidete Puppe, spielen. Das Ganze war mit dem Hinweis versehen: „Einmalige Gelegenheit, nur jetzt und hier …“ und „…danach bitte nie wieder den Ball in die Nähe eines Greenkeepers spielen!“ So wollten wir auf eine unterhaltsame Art und Weise auf den leider immer wieder vorkommenden Missstand aufmerksam machen.
Zudem haben wir eine mit dem eigenen Turnier-Logo versehene Pitchgabel ausgegeben, als stummen Appell an das zeitnahe Entfernen der Pitchmarken. Das Ausbessern der Pitchmarken ist nach wie vor ein Problem auf Golfanlagen und stellt einen nicht zu unterschätzenden Zeitfaktor im Greenkeeping dar.
Die Preisverleihung fand dann in unserer Maschinenhalle statt. Unser komplettes GK-Team, spielte den Gastgeber, bei Steaks, Bratwurst und einem frisch gezapften Bier.
? Wie war die Resonanz?
! Das Event kam gut an und an die 70 interessierte Golfer nutzten die Gelegenheit, mit uns ins Gespräch zu kommen. 90% der Teilnehmer wünschte sich eine jährliche Wiederholung des Greenkeeper-Cups. Mit der Score-Card wurde ein Fragebogen ausgehändigt. Dieser lag im Anschluss an das Turnier zusätzlich noch mehrere Wochen im Sekretariat aus, mit der Bitte um Beteiligung. In diesem wurden Fragen zum Miteinander von Pflege und Spiel, zur Akzeptanz für Sonderpflegemaßnahmen und zum Verhalten dem Greenkeeping gegenüber gestellt. Am Ende füllten 46 Personen den Fragebogen aus.
Best Practice-Beispiele zum Miteinander auf Golfanlagen
Der Bereich Greenkeeping wird auf den Websites der Golfanlagen unterschiedlich gewichtet dargestellt. Nachfolgend exemplarisch drei gelungene Beispiele:
? Nun zur zweiten Maßnahme, den Greenkeeping-Beiträgen im monatlichen E-Mail-Newsletter. Welche Themen werden da angesprochen?
! Sehr unterschiedliche Themen: So werden anstehende Sonderpflegemaßnahmen schon im Vorfeld angekündigt und erklärt, um mehr Verständnis und Rücksichtnahme zu erzeugen. Gelegentlich erläutern wir Maßnahmen, wie beispielsweise das Vertikutieren, als Tipp für den privaten Hausgarten. Das brachte viel positive Resonanz. Gelegentlich wird der Newsletter-Beitrag aber auch durchaus für kritische und mahnende Worte genutzt, wenn zum Beispiel wiederholt zu viele Golfer im Nebel auf dem Platz unterwegs waren oder sich die Pitchmarken auf den Grüns gehäuft haben.
Die Umfrage ergab, dass 71% der Newsletter-Abonnenten Interesse an den Greenkeeper-Beiträgen zeigen, 25% lesen sie nur, wenn die Themen interessieren und 4% nie.
? In Ihrem Fragebogen sprechen Sie die Golfer auch auf das Verhältnis zum Greenkeeeping an. Wie war da die Einschätzung?
! Im GC Würzburg empfinden 39% der Golfer das Verhältnis als sehr gut, 53% als gut und 4% als schlecht. „Greenkeeping ist mir egal“ kreuzte erfreulicherweise niemand an.
? Nun kommen wir zu den Fragen, die das direkte „Miteinander“ auf dem Platz betreffen.
! Zuerst haben wir die Akzeptanz für Sonderpflegemaßnahmen, die mit teilweisen Platzsperrungen verbunden sind, abgefragt. Da haben 76% der Golfer die Aussage „für eine gute Platzqualität ist jede Maßnahme und Platzsperre akzeptabel“ befürwortet. 18% meinten „nur wenn unbedingt nötig“ und „besser nur im Winter“ sagten 2%.
Wenn es während einer Trainingsrunde um das direkte Aufeinandertreffen von Golfern und arbeitendem Greenkeeper geht, erwartete niemand der Befragten ein schnelles Ausweichen des Greenkeepers. 73% gaben sogar an, gerne zu warten, bis der Greenkeeper seine Arbeit beendet und sich wieder entfernt hat. 27% sind dazu bereit, ihren Ball aufzuheben und ihr Spiel hinter dem Arbeitsbereich des Greenkeepers fortzusetzen.
Dieses hohe Maß an Bereitschaft, den Greenkeeper in Ruhe seine Arbeit machen zu lassen, spiegelt sich leider im täglichen Arbeitseinsatz so nicht wieder.
? Was ist Ihre Erklärung dafür?
! Vielleicht hat sich bereits durch die Turnierteilnahme und das Ausfüllen des Fragebogens die Sichtweise und Einstellung zum Greenkeeping geändert? Oder es haben sich von vornherein nur die Golfer in die Turnierliste eingetragen, die ohnehin eine hohe Affinität zum Greenkeeping haben.
? Man hört leider immer noch, dass Greenkeeper auf der eigenen Anlage nicht gerne beim Golfspiel gesehen werden. Dazu haben Sie ja auch eine Frage gestellt?
! Ja, von den Befragten halten es 16% für wichtig, dass der Greenkeeper Golf spielt. 60% meinten, es könne nicht schaden, und 20% meinten, es wäre nicht unbedingt notwendig.
? Zum Abschluss haben Sie dann die Frage gestellt, ob sich bei den Golfern durch die Teilnahme am Turnier, oder die Lektüre der Greenkeeper-Beiträge die Einstellung gegenüber dem Greenkeeping verändert hat.
! Von den Teilnehmern am Greenkeeper-Cup gaben 65% an, dass bei Ihnen keinerlei Veränderung erzielt wurde, 16% der Teilnehmer eine geringe und 2% eine sehr stark veränderte Sichtweise.
In der Tendenz ergaben sich ähnliche Ergebnisse in Bezug auf die Lektüre der Greenkeeper-Beiträge im Newsletter. Das Verhalten und die Sichtweise gegenüber dem Greenkeeping verändert sich bei 69% gar nicht, bei 11% ein bisschen und bei 9% stark.
? Herr Wirsching, welches Resümee ziehen Sie?
! Es gibt neben den in der Facharbeit angeführten Maßnahmen noch zahlreiche andere Vorgehensweisen, um das Verhältnis zwischen Greenkeeping und Golfern zu verbessern. Zum Beispiel ein kurzes Vorstellen bzw. Referieren des Head-Greenkeepers bei neuen Platzreifekursen und bei der Jahreshauptversammlung. Oder auch nur das grundsätzlich nette Auftreten und Grüßen jedes einzelnen Greenkeepers den Golfern gegenüber. Man muss sich aber auch bewusst machen, dass man mit egal welcher Maßnahme, niemals auch den letzten Golfer erreichen wird und es immer den ein oder anderen Quertreiber auf dem Platz geben wird. Je mehr aber die Greenkeeper in die Offensive gehen, aufklären und aufzeigen, dass sie immer die bestmögliche Platzpflege garantieren, desto schwerer macht man es den notorischen Nörglern, desto weniger werden diese und umso angenehmer gestaltet sich im Allgemeinen die Arbeit auf der Golfanlage.
Herr Wirsching, schönen Dank für Ihre Ausführungen, und dass wir Ihre Recherchearbeit für unseren Beitrag heranziehen durften.
Autorin und Interview: Beate Licht | Greenkeepers Journal 2/2021
► Weiterführender und lesenswerter Beitrag passend zu diesem Thema „Unternehmenskultur auf Golfanlagen: Gelebte Kultur – auf und abseits des Golfplatzes“ unseres Autors Michael Althoff