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Straußgräser (Agrostis sp.)

Gräserarten für die Rasennutzung

Flechtstraußgras (Agrostis stolonifera) wird, von wenigen Ausnahmen abgesehen, als Puttoberfläche auf Golfgreens eingesetzt. Hierbei erfolgt die Verwendung entweder als Reinsaat bei der Neueinsaat oder Nachsaat oder als Mischungspartner von Festuca rubra commutata und Festuca rubra trichophylla. Zurzeit sind 3 Sorten in die Beschreibende Sortenliste Rasengräser des Bundessortenamtes eingetragen (BSA, 2021), jedoch sind nur 2 Sorten für RSM-konforme Mischungen einsetzbar (FLL, 2022). Im Markt verfügbar sind jedoch weitere Sorten, die ihre Eignung für den Golfbereich vornehmlich in den Rasenversuchen in USA (NTEP, 2022) bzw. den Prüfungen in UK bei STRI (BSPB, 2022) unter Beweis gestellt haben.

Rotes Straußgras (Agrostis capillaris) findet eine breite Verwendung in Mischungen für Greens, aber auch in Mischungen für Vorgrüns, Spielbahnen, Semiroughs und Roughs. In der aktuellen Sortenliste Rasengräser des BSA sind 4 Sorten beschrieben, über die EU-Liste ist eine fünfte Sorte für Regel-Saatgut-Mischungen mit Agrostis capillaris verwendbar (FLL, 2022).

 

Das feuchteliebende Sumpf-Straußgras (Agrostis canina), auch als Hundsstraußgras bekannt, findet in Mitteleuropa keine Verwendung. Aufgrund seiner Kältetoleranz wird es in Skandinavien auf Golfgreens eingesetzt. Die sehr feinen Blätter bilden selbst im Vergleich zu Flechtstraußgras extrem dichte und stark verfilzende Grasnarben. Zurzeit sind von Hundsstraußgras keine Sorten in Deutschland zugelassen. Informationen zu den in Skandinavien geprüften und vor allem in den nördlichen Regionen eingesetzten Sorten finden sich in den aktuellen Prüflisten von NIBIO (2022).

 

Bis vor wenigen Jahren wurden Straußgräser auch in Mischungen für Gebrauchsrasen im privaten Bereich empfohlen. Ihr dichtes Wachstum und die damit verbundene rasche Verfilzung in Kombination mit einem hohen Anspruch an die Wasser- und Nährstoffversorgung sowie die Krankheitsanfälligkeit überfordern jedoch den privaten Rasenbesitzer bei der fachgerechten Pflege. Die Streichung von Straußgräsern aus den Mischungen für Privatrasen war somit eine logische und fachlich gerechtfertigte Konsequenz. Somit bleiben die Straußgräser in den offiziellen Empfehlungen dem professionellen Einsatz vorbehalten.

 

Eigenschaften

Flechtstraußgras (Agrostis stolonifera) bildet, wie der Name schon sagt, mit seinen oberirdischen Ausläufern (Stolonen) ein dichtes Geflecht an Trieben mit relativ schmalen Blättern. Durch sein aggressives Wachstum wirkt es verdrängend auf andere Grasarten. Die hohe Narbendichte, gepaart mit der sehr guten Tiefschnittverträglichkeit, ist die ideale Voraussetzung für balltreue Golfgreens. Vor allem unter Tiefschnittbedingungen ist Flechtstraußgras sehr trockenheitsempfindlich und anfällig für Pilzkrankheiten. Die Tritttoleranz ist als ausreichend einzustufen, für Strapazierrasen mir auftretenden Scherkräften ist die Grasart nicht geeignet.

 

Bei der Pflege ist besonderes Augenmerk auf die mechanische Filzkontrolle zu legen, übermäßige N-Gaben sind zu vermeiden. In Versuchen hat sich zur Verhinderung des Einwanderns von Moos und zur Bildung einer akzeptablen Puttoberfläche ein jährlicher N-Bedarf von etwa 20 g N/m² herausgestellt. Die bei Frost auftretende rötliche Verfärbung der Blätter ist je nach Sorte mehr oder weniger stark ausgeprägt.

 

Rotes Straußgras (Agrostis capillaris) bildet mit seinen feinen Blättern ebenfalls eine dichte Grasnarbe, die unter Tiefschnitt nicht an die Narbendichte und die Rasenqualität von Flecht-straußgras heranreicht (NONN, 2005). Die Anfälligkeit für Schneeschimmel scheint bei Agrostis capillaris auch etwas stärker ausgeprägt zu sein. Aufgrund der unterirdischen Ausläufer (Rhizome) und des im Vergleich zu Agrostis stolonifera geringeren Wasser- und Nährstoffbedarfs findet Agrostis capillaris auch im Landschaftsrasen Verwendung. Seine Belastbarkeit ist als mäßig einzustufen.

Erkennungsmerkmale

Bis auf wenige Ausnahmen ist die leicht blau-grüne Farbe der Blätter typisch für Straußgräser. Die Arten sind nicht zuletzt auch wegen ihres eher liegenden Wuchstyps optisch meist einfach in Mischbeständen von Gräsern zu erkennen.

 

Auf den ersten Blick sehen sich die Arten A. stolonifera und A. capillaris sehr ähnlich. Gerollte Blattanlage, geriefte Blattoberseite, matte Blattunterseite, lanzettlich geformtes, spitz zulaufendes Blatt. Auch die Blattbreiten beider Arten sind vergleichbar. Bleiben als Unterscheidungsmerkmale noch die unterschiedliche Ausläuferbildung und das Blatthäutchen übrig. Da vor allem bei jungen Gräsern die Ausläuferbildung noch nicht ausgeprägt ist, ist bei zur Unterscheidung der beiden Agrostis-Arten die Ausgestaltung des Blatthäutchen heranzuziehen. A. capillaris besitzt ein kurzes, gerades, ähnlich einem Kragen, ausgebildetes Blatt-häutchen, das sich deutlich vom bis zu 6 mm langen, weißen und hinten hochgezogenen Blatthäutchen von A. stolonifera unterscheidet.

 

Auch die bei beiden Arten sehr kleinen und leichten Spelzfrüchte unterscheiden sich. Die unbegrannte Spelzfrucht von A. capillaris ist meist rötlich braun gefärbt und an der Basis fein behaart. Sie ist 1,5 bis 1,8 mm lang und 0,3 bis 0,4 mm breit.

 

Die ebenfalls unbegrannte Spelzfrucht von A. stolonifera sieht bei gleicher Breite mit bis zu 2 mm Länge etwas gestreckter aus und ist meist heller. Das Tausendkorngewicht beider Arten liegt zwischen 0,05 und 0,08 g, d.h. 1 g Saatgut enthält je nach Sorte und Anteil an Anteil an Hüll-spelzen bis zu 20.000 Körner.

 

Weiterführende Literatur zu Gräsern

BROUWER, W. u. A. STÄHLIN, 1975: Handbuch der Samenkunde. 2. Aufl. DLG-Verlag, Frankfurt.

BSA, 2021: Beschreibende Sortenliste Rasengräser 2021. Bundessortenamt, Hannover.

BSPB, 2022: Turfgrass Seed 2022. British Society of Plant Breeders Limited.

CONERT, H.J., 2000: Pareys Gräserbuch. Die Gräser Deutschlands bestimmen und kennen. Parey, Berlin.

ELSÄSSER, M., E. KLAPP u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2020: Gräserbestimmungsschlüssel für die häufigsten Grünland- und Rasengräser. 7. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

ELSÄSSER, M., E. KLAPP u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2020: Kräuterbestimmungsschlüssel für die häufigsten Grünland- und Rasenkräuter. 5. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

FLL, 2022: RSM Rasen 2022, Regel-Saatgut-Mischungen Rasen. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL), Bonn.

HUBBARD, C.E., 1973: Gräser. Ulmer, Stuttgart. Übersetzt von P. Boeker, Bonn.

KLAPP, E. u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2020: Gräserbestimmungsschlüssel für die häufigsten Grünland- und Rasengräser. 7. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

KLAPP, E. u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2013: Taschenbuch der Gräser - Erkennung und Bestimmung, Standort und Vergesellschaftung. 14. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

NONN, H., 2005: Tiefschnittversuche. Eurogreen Newsletter 3-2005.

NTEP, 2022: National Bentgrass (Putting Green) Test – 2015-19 data. Aufgerufen am 16.02.2022. https://ntep.org/data/bt14g/bt14g_20-13f/bt14g_20-13f.pdf.

NIBIO, 2022: Scanturf /Scangreen – Velvet bentgrass (Agrostis canina) for greens in Northern Scandinavia. Aufgerufen am 16.02.2022. http://www.scanturf.org/visData.php?type=north&species=1&ok=View+data.

 

 

Stand: Greenkeepers Journal 1/2022

 

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