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Rohrschwingel (Festuca arundinacea Schreber)

Gräserarten für die Rasennutzung

In wärmeren Klimazonen wurde der Rohrschwingel (Festuca arundinacea) aufgrund seiner Hitze- und Trockenheitstoleranz bereits seit vielen Jahrzehnten in Rasenflächen genutzt. In Deutschland hat die Verwendung von Rohrschwingel als Rasengras seit etwa 30 Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Neben den veränderten klimatischen Bedingungen ist vor allem der züchterische Fortschritt ein wesentlicher Grund für das gesteigerte Interesse. Die ehemals sehr breitblättrigen Sorten, die vorwiegend aus der Züchtung für die Futternutzung stammten, sind durch deutlich schmalblättrigere und für die Rasennutzung gezüchtete Sorten abgelöst worden. Aktuell stehen dem Rasenmarkt 12 Sorten, die die „Anbauprüfung auf Raseneignung“ des Bundessortenamtes erfolgreich absolviert haben, zur Verfügung (BSA, 2021, FLL, 2021).

 

Eigenschaften

Rohrschwingel ist ein horstbildendes Gras, bei dem von Natur aus Einzelpflanzen kurze Ausläufer bilden können. Spezielle Selektionen haben zu Sorten geführt, die diese Ausläuferbildung verstärkt aufweisen. Die Grasart bevorzugt wechselfeuchte Standorte. Aufgrund seiner tief reichenden Wurzeln, sofern der Boden dies zulässt, kann er Trockenperioden gut überstehen. Zudem rollen sich bei Hitze seine Blätter ein, hierdurch wird die im Vergleich zu anderen Rasengräsern hohe Transpirationsrate verringert. Festuca arundinacea verträgt auch lichten Halbschatten.

 

Die neueren Rasensorten sind tritt- und schnittverträglich mit guter Narbenbildung. Die Blätter moderner Zuchtsorten sind noch etwas breiter als die von Poa pratensis. Optisch, strukturell und von ihren Eigenschaften passen beide Arten gut zusammen. Die hohe Trockenheitstoleranz macht sie zu idealen Mischungspartnern für Trockenmischungen. Der Einsatzschwerpunkt liegt dabei im Gebrauchsrasen. Neuere Sorten zeigen auch eine gute Strapazierfähigkeit, die der von Poa pratensis nicht nachsteht.

Nicht nur aufgrund seiner vergleichsweise breiten Blätter ist Rohrschwingel ein schwieriger Mischungspartner. Die schweren Samenkörner, etwa 500 pro g, erfordern hohe Gewichtsanteile in Rasenmischungen. Ein Mindestanteil von 70 Gew.-% ist als untere Grenze anzusehen. In Kombination mit Poa pratensis sind auch bis zu 90 Gew.-% möglich (siehe RSM 2.2.2). Zudem liegt die Aussaatmenge mit 35 bis 40 g/m² deutlich über der von Mischungen ohne Rohrschwingel.

 

Auch die Nährstoffversorgung weist im Vergleich zu den übrigen Rasengräsern eine Besonderheit auf: Die mäßig grüne Winterfarbe, die Winterfestigkeit und die Toleranz gegenüber Schneeschimmel lassen sich durch eine adäquate Stickstoff-Kalium-Düngung im Herbst deutlich verbessern.

 

Erkennungsmerkmale

Festuca arundinacea fällt im Bestand vor allem optisch durch die breiten, derben Blätter auf. Je lückiger der Bestand ist, desto breiter werden die Blätter. Einzel stehende Pflanzen nehmen in Rasenflächen aufgrund des kreisförmigen Wuchses mit innerer Verkahlung und den breiten Blättern den Charakter eines Ungrases an.

 

Als eines der wenigen Rasengräser besitzt Rohrschwingel eine gerollte Blattanlage, auf die auch die, bereits aus etwas größerer Entfernung leicht erkennbar, gedrehten Blätter hinweisen. Der Stängelgrund ist meist rot-violett verfärbt, was zu einer Verwechslung mit Lolium multiflorum (Welsches Weidelgras) führen könnte. Typisch für Rohrschwingel sind die stark geriefte Blattoberseite, der mit feinen Kieselzähnchen besetzte Blattrand sowie die bewimperten, sich häufig überlappenden Blattöhrchen.

Die länglich-eiförmige Spelzfrucht von Festuca arundinacea ist 6 bis 9 mm lang, 1,4 bis 1,8 mm breit und 1 bis 1,5 mm dick. Die Deckspelze ist lang, ohne Granne, selten grannenspitzig, das Stielchen 1,5 bis 2 mm lang. Die 3 bis 4 mm lange, 1 bis 1,5 mm breite und 1 mm dicke Karyopse ist braun und fest mit der Vorspelze verwachsen. Das Tausendkorngewicht liegt bei etwa 2 g.

 

Autor: Dr. Harald Nonn |Greenkeepers Journal 4/2021

 

Weiterführende Literatur zu Gräsern

BROUWER, W. u. A. STÄHLIN, 1975: Handbuch der Samenkunde. 2. Aufl. DLG-Verlag, Frankfurt.

BSA, 2021: Beschreibende Sortenliste Rasengräser 2021. Bundessortenamt, Hannover.

CONERT, H.J., 2000: Pareys Gräserbuch. Die Gräser Deutschlands bestimmen und kennen. Parey, Berlin.

ELSÄßER, M., E. KLAPP u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2020: Gräserbestimmungsschlüssel für die häufigsten Grünland- und Rasengräser. 7. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

ELSÄßER, M., E. KLAPP u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2020: Kräuterbestimmungsschlüssel für die häufigsten Grünland- und Rasenkräuter. 5. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

FLL, 2021: RSM Rasen 2021, Regel-Saatgut-Mischungen Rasen. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL), Bonn.

HUBBARD, C.E., 1973: Gräser. Ulmer, Stuttgart. Übersetzt von P. Boeker, Bonn.

KLAPP, E. u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2020: Gräserbestimmungsschlüssel für die häufigsten Grünland- und Rasengräser. 7. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

KLAPP, E. u. W. OPITZ VON BOBERFELD, 2013: Taschenbuch der Gräser - Erkennung und Bestimmung, Standort und Vergesellschaftung. 14. Aufl. Ulmer, Stuttgart.

 

 

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