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Lägerrispe (Poa supina Schrad.)

Gräserarten für die Rasennutzung

Das besondere Potenzial der Lägerrispe, der Name stammt von den natürlichen Vorkommen an den Lagerstellen von Weidevieh in Mittel- und Hochgebirgslagen ab, als Rasengras wurde vor allem vom deutschen Saatzuchtunternehmen Saatzucht Steinach etwa Ende der 1960er Jahre erkannt. Jedoch führten dessen züchterische Anstrengungen erst Mitte der 1980er Jahre zu einer ersten Versorgung des Rasenmarktes mit Saatgut. Diese birgt bis heute aufgrund der speziellen Anforderungen an die Saatgutvermehrung sowie die stark schwankenden Erträge ein hohes Risiko. Der im Vergleich zur Produktion der anderen Rasengrasarten deutlich höhere Pflegeaufwand der Produktionsflächen, die spezielle Erntetechnik sowie die geringen Ernteerträge pro Hektar (Ø 200 kg) beschränken die Produktion auf wenige, ausgesuchte Vermehrungsbetriebe und derzeit regional auf Niederbayern. Die in den vergangenen Jahren spürbar gestiegene Nachfrage nach Poa supina, vor allem aus dem Bereich der Fertigrasenproduzenten, erfordert jedoch eine Ausweitung der Produktion und eine zukünftig bessere und sicherere Versorgungslage.

 

Zurzeit sind drei Sorten von Poa supina vom Bundessortenamt auf ihre Raseneignung geprüft. Vor allem die Trittfestigkeit, die Dichtewüchsigkeit sowie die schnelle Regeneration verleihen der Lägerrispe eine gute bis sehr gute Eignung für Gebrauchs- und Strapazierrasen (BSA, 2021). Zwei Sorten, ‚Supreme‘ und ‚Supranova‘, stehen dem Markt aktuell als Saatgut zur Verfügung.

 

Zur Verbreitung bzw. Auffrischung des Fachwissens ist diesem Beitrag eine zusätzliche Literaturliste zu Poa supina beigefügt. Hier sei besonders auf die ausführliche Beschreibung von PIETSCH (1989) verwiesen.

 

Eigenschaften

Die Lägerrispe ist das zurzeit schattenverträglichste Rasengras der gemäßigten Klimazone. Sie wird daher meist in Mischungen für schattige Standorte im Gebrauchs- und auch im Strapazierrasen verwendet. Gleichwohl wächst Poa supina bei ausreichender Wasserversorgung natürlich auch an sonnigen Standorten. Die hervorragende Schattenverträglichkeit, gepaart mit hoher Narbendichte und Konkurrenzkraft, ist auch der Grund für die zunehmende Verwendung von Poa supina in der Fertigrasenproduktion von Gebrauchsrasen.

Geringerer Unkrautdruck sowie die optische Unterdrückung der Jährigen Rispe (Poa annua) reduzieren die Reklamationsrate beim Einsatz von Rollrasen.

 

Im Golfbereich zeigen vor allem schattig gelegene Abschläge sowie Spielbahnen im alpenländischen Raum mit Poa supina deutlich dichtere Grasnarben als Rasenflächen ohne diese Grasart. Die in eigenen Versuchen betätigte Tiefschnittverträglichkeit bis zu 5 mm macht die Art auch für Golfgrüns interessant. So sind in Skandinavien, vor allem in Finnland, Grüns mit einem Bestand aus Poa supina anzutreffen. In Mitteleuropa ist dies auf den Alpenraum bzw. sehr schattige Lagen beschränkt.

 

Der sehr frühe Wachstumsbeginn im Jahr sowie die intensive Regeneration aus den Stolonen führen zu einer raschen Narbenbildung mit hoher Konkurrenz- und Verdrängungskraft gegenüber Fremdarten. Die hellgrüne Blattfarbe, identisch mit der von Jähriger Rispe, macht die Lägerrispe zu einem interessanten Mischungspartner in Poa annua-gefährdeten Beständen. Ihre positiven Eigenschaften kann die Lägerrispe jedoch nur bei ausreichender Wasser- und Nährstoffversorgung zeigen. Hitze und Trockenheit setzen der eher flach wurzelnden Art zu.

 

In Rasenflächen mit anderen Gräserarten kann der Farbunterschied durchaus problematisch sein. Bei einer Einsaat oder einer Nachsaat muss daher immer die gesamte Fläche mit einer Poa supina-haltigen Mischung eingesät werden. Bei Einsaat von Teilflächen ist ein fleckenhaftes Verbreiten der Lägerrispe wahrscheinlich.

 

Dank der hohen Konkurrenzkraft sind Mischungsanteile von 3 bis 5 Gewichts-% ausreichend. In zwei bis drei Jahren kann sich bei bedarfsgerechter Wasser- und Nährstoffversorgung ein Poa supina-dominanter Rasen entwickeln. Die geringen Mischungsanteile kommen auch der Tatsache zugute, dass Saatgut von Poa supina aus den bereits beschriebenen Gründen knapp und sehr hochpreisig ist.

 

Die ursprünglich ausgesprochene Eignung für Fußballrasen, obwohl es durchaus positive Beispiele hierfür aus der Praxis im Alpenraum gibt, muss differenziert betrachtet werden. Die hohe Trittfestigkeit und schnelle Regeneration lassen die Lägerrispe zwar für die sportliche Belastung generell als geeignet erscheinen, eine fußballerische Nutzung ist jedoch aufgrund der geringen Scherfestigkeit und der intensiven Stolonenbildung eingeschränkt. So werden die Stolonen durch die Stollen der Fußballschuhe hochgezogen und führen neben den herausgetretenen Grasstücken, ähnlich Divots auf Abschlägen und Spielbahnen, zu einer optischen Beeinträchtigung.

 

Erkennungsmerkmale

Die Lägerrispe besticht vor allem durch ihre hellgrüne/frischgrüne Narbenfarbe. Sie ist besonders im Frühjahr durch das rasche Ergrünen nach dem Winter sowie dem frühen Wachstumsbeginn leicht zu erkennen und mit Poa annua zu verwechseln. Im Gegensatz zur Jährigen Rispe blüht die Lägerrispe nur im Zeitraum April/Mai. Die Blütenstände sind dabei in aller Regel rotviolett verfärbt. Während bei Poa supina nur ein Seitenast am untersten Ansatz vorhanden ist, können bei Poa annua bis zu drei Seitenäste sitzen.

 

Weitere Unterscheidungsmerkmale zwischen beiden Arten sind das kürzere Blatthäutchen sowie die bei Poa supina fehlenden Querrunzeln im oberen Blattdrittel. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass nach Erfahrung des Verfassers die Unterscheidungsmerkmale aufgrund der Formenvielfalt von Poa annua nicht immer eindeutig ausgeprägt sind.

 

Mit einer den anderen Poa-Arten vergleichbaren Keimdauer von etwa 3 Wochen zählt die Lägerrispe zu den langsam keimenden und sich langsam etablierenden Gräserarten.

 

Da die Spelzfrüchte von Poa supina optisch nicht von denen der Poa annua zu unterscheiden sind, ist eine sichere Differenzierung nur mittels Elektrophorese möglich.

 

Die gelbliche Spelzfrucht von Poa supina ist ca. 2 bis 3 mm lang, 0,6 bis 1 mm breit und 0,5 bis 0,8 mm dick. Die Deckspelze ist gekielt, das Stielchen 1 bis 1,4 mm lang. Die bis 2 mm lange, bis 0,8 mm breite und dicke Karyopse ist gelbbraun. Das Tausendkorngewicht liegt bei etwa 0,2 bis 0,25 g.

 

Autor: Dr. Harald Nonn / Greenkeepers Journal 3/2021

 

 

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