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Im Gespräch mit Matthias Grafe, Spa & GolfResort Weimarer Land

„Weiß nicht, wem ich die Daumen drücken soll“

Der Inhaber des Spa & GolfResort Weimarer Land und Gastgeber für die deutsche und die englische Fußballnationalmannschaft, über Teambuilding im Trainingslager, die Gefahr eines Lagerkollers im Luxus-Camp, siebenstellige Investitionen und das Selbstwertgefühl einer Region.

Herr Grafe, mit dem Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft vor der Fußball-EM und den Aufenthalt der englischen Three Lions während des Turniers sind Ihnen für Ihr Resort zwei besondere Coups gelungen.

 Ja, ich glaube, das wird ein ziemliches Fest für Thüringen. Wir sehen, was in der Gesellschaft los ist und wir wissen, dass man mit Fußball vieles vereinen und wieder zusammenführen kann. Es geht nicht allein um das Resort. Mein Beweggrund war: Wie kann man die Menschen dafür gewinnen, mitzumachen, eine Region zu entwickeln? Deswegen ist mir schon vor drei, vier Jahren die Idee gekommen, in das Thema Fußball zu investieren, weil die Akzeptanz der Menschen dafür anders ist als für die touristische Nutzung, die wir ansonsten verfolgen. 2021 haben wir die Trainingsanlage mit anderthalb Fußballplätzen nach den Standards des Weltfußballverbands FIFA gebaut, die von unseren Platzpflegern um Head-Greenkeeper Andreas Bussmann ebenso hingebungsvoll gepflegt werden wie die Golfplätze.

Was hat den Ausschlag gegeben, dass sich der DFB und die englische Football Association (The FA) für das Weimarer Land entschieden haben?

 Vor allem kommen sie, weil wir ein Top-Resort sind, das mittlerweile zu den 100 besten Hotels in Deutschland zählt und als Wohlfühl-Oase gilt. Und weil Thüringen ein schönes Umland bietet. Wir machen nicht von ungefähr Werbung mit dem Slogan „Seele Thüringens“. Was die beiden Verbände betrifft, so muss man ein bisschen differenzieren. Im Unterschied zu den Deutschen fiel die Entscheidung der Engländer binnen 45 Minuten …

Das ging schnell …

Ich hatte ja mehrere Besichtigungen von Österreichern, von den Niederländern. Der Verantwortliche aus England kam allein. Da habe ich gedacht, wenn nur einer kommt, wird das eh nichts. Unser Hoteldirektor Daniel Stenzel hat ihn herumgeführt und ihm den Fußballplatz gezeigt. Nach einer Dreiviertelstunde wollte ich mich mal einmischen. Doch da drehte sich der Besucher aus England um und sagte: Herr Grafe, alles klar, wir kommen! Später stellte sich heraus, dass er während der Besichtigung per FaceTime im Handy ein Live-Meeting mit England hatte. Er erzählte, dass man sich für die Auswahl des Team Base Camp 33 Hotels in Deutschland angeschaut habe und er sich ärgere, nicht zuerst hier gewesen zu sein – dann hätte er sich viel Arbeit ersparen können.

Was gab es noch für Argumente zugunsten des Weimarer Lands?

Für die Engländer ist es von großem Vorteil, dass wir in der Mitte von Deutschland sind. Wir haben eine super Infrastruktur mit dem ICE-Knotenpunkt in Erfurt – es ist ja allgemein bekannt, dass man zur EM versuchen will, möglichst viel Bewegung auf die Schiene zu bringen. Wobei: Alle Teams, mit denen wir Gespräche geführt haben, sagen, dass das nicht funktionieren wird. Erstens ist es schwierig, mit einer Mannschaft durch die erwartbaren Menschenmassen in einem Hauptbahnhof zu laufen. Zweitens kann man in Deutschland nie sicher sein, wann und ob der Zug fährt. Andererseits haben wir hier noch den Regionalflughafen Erfurt – das sind für die Engländer ideale Rahmenbedingungen.

Sie haben angedeutet, dass der Entscheidungsprozess bei den Deutschen etwas langwieriger war?

Was den DFB endgültig überzeugt hat, ist der Umstand, dass ich ein Familienunternehmer bin und das Familienunternehmen und die Familie sehr in den Vordergrund stelle; dass ich auch unsere Mitarbeiter immer als Mitglieder der Familie betrachte. Wir sind nur deshalb so erfolgreich, weil unsere Mitarbeiter und meine Familie als Team zusammenarbeiten. Ich glaube, das ist die Motivation für den DFB, im Mai zu uns zu kommen: diese Atmosphäre zu nutzen, um den Zusammenhalt in der Mannschaft zu fördern und ein Team zu formen.

Ein Satz zur Sicherheit?

Natürlich sind die Sicherheitsbedürfnisse enorm. Und es wäre schlimm für unser Land, wenn einer der Mannschaften etwas passieren würde. Deshalb wird es ein großes Sicherheitsaufgebot geben. Aber nach all den Gesprächen mit Mannschaftsvertretern der Engländer und der Deutschen ist mein Eindruck, dass man sich nicht generell abschotten will. Ich glaube schon, dass alle Mannschaften – nicht nur hier – bemüht sind, auch die Menschen einzubeziehen.

Hinzu kommt: Für die Engländer sind wir ihre Home Base, ihr Zuhause während des Turniers. Ein Trainingslager brauchen sie nicht, weil sie austrainiert hierherkommen. Jetzt könnte ich gehässig sein und sagen: Die Engländer brauchen viel Elfmetertraining – jeder Fußballkenner weiß, worauf ich anspiele. Aber tatsächlich geht es nur noch um taktische Finessen, deswegen möchten sie abgeschottet trainieren und sich nicht in die Karten schauen lassen. Unser Fußballbereich mitten im Goethe Golf Course ist ideal für Geheimtrainings. Andererseits will die Mannschaft auch mal raus. Deshalb wird der kommunale Fußballplatz in der Stadt Blankenhain ebenfalls nach FIFA-Standards ausgebaut, um öffentliche Übungseinheiten abhalten zu können. Fußballer lieben es, Menschen zu begegnen. Und sie lieben die Fans. Sowieso ist deren größte Angst, dass es zum Lagerkoller kommt.

Das Weimarer Land hat 450 Hektar Gesamtfläche, davon 110 Hektar Wald, drei Golfplätze mit insgesamt 27 Löchern, eine Indoor-Trackman-Golfanlage, jede Menge anderer Sport- und Freizeitmöglichkeiten, einen jüngst erweiterten Wellnessbereich mit allem Zipp und Zapp auf 3.000 Quadratmetern und und und: Da dürfte keine Langeweile aufkommen.

 Na ja, das sind junge Menschen, die hoffen, dass sie hier vier, fünf Wochen zusammensein können, weil sie es dann bis ins Endspiel geschafft hätten. Zwischendrin sind schon mal sechs Tage spielfrei – da muss man die irgendwie beschäftigen. Wir bauen gerade einen Pickleball-Platz, auch bekannt als Paddeltennis. Fußballer oder Golfer wie der Weltranglistenerste Scottie Scheffler sind ganz versessen darauf, Bernhard Langer hat sich beim Pickleball sogar die Achillessehne gerissen. Jedenfalls habe ich Hansi Flick versprochen, so was zu bauen, als er noch Bundestrainer war und unser Resort besichtigte. Als ich vor einigen Wochen beim DFB war, um den Vertrag über das Trainingslager zu unterschreiben, habe ich Flicks Nachfolger Julian Nagelsmann auf Pickleball angesprochen: Nehme ich gern, antwortete er. Für die Engländer wird es noch lustiger. Die spielen auch Paddeltennis und wünschen sich zudem ein Basketballfeld. Also kriegen sie Basketball. Das sind nur ein paar Beispiele, wie eins zum anderen kommt. Insgesamt haben wir über eine Million Euro investiert. Aber ich halte für enorm wichtig, was wir hier im Spa & GolfResort Weimarer Land und in der Stadt Blankenhain machen: Es stärkt das Selbstwertgefühl in der Region.

Abschließend: Was macht Matthias Grafe während der EM?

Ich sitze da und weiß nicht, wem ich die Daumen drücken soll, den Deutschen oder den Engländern. Am schlimmsten wird es, wenn sie aufeinandertreffen sollten. Dazu muss man wissen: Je länger die Engländer im Turnier sind und mithin bei uns bleiben, desto mehr zahlen sie mir als Return of Investment. Wenn sie nach zwei Wochen rausfliegen, habe ich echt ein Problem. Das Höchste wäre natürlich ein Endspiel zwischen Deutschland und England. Dann hätten wir hier definitiv unseren Teil beigetragen, den Europameister 2024 zu machen.

Das Interview entstand im Rahmen einer Pressekonferenz im künftigen EM-Mediencenter Schloss Blankenhain mit Christiane Schmidt-Rose, Landrätin des Landkreises Weimarer Land, Jens Kramer, Bürgermeister der Stadt Blankenhain, und Matthias Grafe, Inhaber und Geschäftsführer Spa & Golf Resort Weimarer Land.

Autor: Michael F. Basche | Greenkeepers Journal 1/2024

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