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Kletterpflanzen auf Golfanlagen, Teil 1

Kletterpflanzen – wie machen die das?

Im dichten tropischen Regenwald mussten am Boden wachsende, krautige Pflanzen Strategien entwi­ckeln, um ans Licht zu kommen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, als:

 

  • Aufsitzer, sogenannte Epiphyten, siedeln sie in Baumkronen,
  • Würgepflanzen, wickeln sich um Baumstämme und bilden ein ­„Korsett“,
  • Lianen, schlingen sie sich um ­andere Pflanzenteile.

 

Epiphyten und Würgepflanzen gibt es bei uns nicht, aber Lianen – auch als Kletterpflanzen bezeichnet – mit sehr eleganter Wuchsweise sind hier in größerer Zahl anzutreffen. Sie wurzeln im Boden und „schwingen“ sich in hohe Baumkronen. Der Vorteil ist, dass sie keinen verholzten Stamm bilden und nicht lange wachsen müssen, um genügend standsicher zu sein und die notwendige Höhe zu erreichen. Stattdessen wird ein in der Nachbarschaft stehender Baum genutzt. Allerdings müssen sie flexible und elastische Achsen haben, damit sie Bewegungen des Wirtsbaumes aushalten. Außerdem sind größere Wassermengen in die Krone der Liane zu leiten. Da diese Wuchsweise in den Tropen weit verbreitet ist, könnte man meinen, diese Strategie wurde aus den tropischen Regionen zu uns „mitgebracht“.

 

Und tatsächlich wachsen in unseren Breiten verschiedene „Kletterer“, die aus tropischen Verwandtschaftskreisen stammen. Zum Beispiel der inzwischen bei uns weit verbreitete und wild wachsende Efeu (Hedera helix L.) aus der Familie der Araliengewächse (Araliaceae) klettert an Baumstämmen empor. Die Amerikanische Trompetenwinde (Campsis radicans (L.) Seem. ex Bureau) aus der in den Tropen weit verbreiteten Familie der Trompetenbaumgewächse (Bignoniaceae) wird hier kultiviert, hat leuchtend rote Blüten und wächst an Pergolen etc. Das gilt auch für die Amerikanische Pfeifenwinde (Aristolochia macrophylla Lam.) aus der Familie der Osterluzeigewächse (Aristolochiaceae), die durch ihre großen Blätter sehr dekorativ ist.

 

Es gibt bei uns jedoch weitere Lianen, die aus Familien stammen, deren Arten vorwiegend auf der Nordhemisphäre vorkommen, beispielsweise die Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba L.) aus der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Sie wächst hoch in Baumkronen und schmückt sich im Herbst mit behaarten Früchten.

 

Bei Lianen sollte der Wasserverlust in Blättern gering sein. Das wird durch eine niedrige Verdunstung in Gebieten mit hoher Luftfeuchtigkeit erreicht, etwa in den tropischen Regenwäldern, bei uns in Wäldern der Auenlandschaften oder durch ledrige Blätter, die aufgrund ihrer Struktur weniger Wasser verdunsten, beispielsweise der Efeu.

 

Bei der Vielzahl der Kletterkünstler finden sich bestimmt Arten, die eine Wand, einen Zaun oder Pfosten begrünen könnten und den Golfplatz noch schöner oder farbiger werden lassen. Für die Auswahl aus der Fülle von Kletterpflanzen sollte man die Wuchsstrategie genau kennen, damit die geeignete Art ausgewählt und gepflanzt wird, sonst könnte das Projekt fehlschlagen.

 

Da die Kletterkünstler aus den verschiedensten Pflanzengruppen stammen – Familien und Pflanzengattungen – wird hier auch einiges über die jeweiligen Verwandtschaftskreise gesagt. Dabei gibt es besonders schön blühende Arten, solche mit interessanter Beblätterung, gut schmeckenden Früchten und solche, die durch ihre Wuchsstrategie bemerkenswert sind.

 

Kletterpflanzen-Typen und ihre Strategien

  1. Spreizklimmer
  2. Schlingpflanzen
  3. Wurzelkletterer
  4. Haftscheibenkletterer
  5. Rankenpflanzen

 

Da die Anzahl der Beispiele für die genannten Typen sehr groß ist, soll das Thema in zwei Teilen behandelt werden, der erste Teil umfasst die Typen 1-3, 4 und 5 werden im zweiten Teil behandelt.

 

1. Spreizklimmer

Die Stengel der Spreizklimmer sind dünn, aber mit Stacheln besetzt. Dadurch können sie sich im Geäst anderer Pflanzen verhaken. Allerdings sind Spreizklimmer in ihrer Höhenausdehnung begrenzt.

 

Beispiele aus der Verwandtschaft der Rosengewächse sind die Rose, Gattung Rosa selbst, aber auch die Brombeere, Gattung Rubus. Durch Stacheln, die oftmals nach unten gebogen sind, können sogenannte Kletterrosen mit langen Achsen an Hauswänden oder Pergolen in die Höhe gelangen. Sie brauchen zusätzlich zu ihren Stacheln eine Befestigung an gespannten Drähten oder ein Klettergerüst (Abbildung 1). Erreichen sie keine Kletterhilfe, dann wachsen die Achsen bogenförmig nach unten.

Auch Brombeeren mit schönen Blüten und vor allem schmackhaften Früchten haben den Rosen ähnliche Stacheln (Abbildung 2). Sie können mit deren Hilfe an ihren Standorten, an Waldrändern, in Gebüschen emporklimmen, werden die Achsen zu lang, dann wachsen sie zum Boden (Abbildung 3). Am Ende können diese Triebe Wurzeln bilden und sind dann der Ausgangspunkt für einen neuen Brombeerstrauch.

 

2. Schlingpflanzen

Wie der Name schon ausdrückt, haben Vertreter dieser Gruppe die Fähigkeit, sich mit Hilfe dünner Achsen um andere Pflanzen, Drähte oder Kletterhilfen zu schlingen. Diese Strategie ist offenbar sehr erfolgreich und bei zahlreichen Arten in den Tropen zu sehen, aber auch in unserer heimischen Vegetation gibt es mehrere Beispiele.

In unseren temperaten Breiten wächst der Gewöhnliche Hopfen (Humulus lupulus L.) aus dem Verwandtschaftskreis des Hanfes (Cannabaceae) mit dünnen links schlingenden Stengeln (Abbildung 4). Diese sind mit winzigen Emergenzen versehen, die beim Haften an der Kletterhilfe sehr dienlich sind. Die kleinen männlichen Blüten stehen in vielblütigen Blütenständen, verfügen aber nur über Staubblätter (Abbildung 5), die weiblichen Blüten stehen in sogenannten „Hopfendolden“ (Abbildung 6). In den Achseln der Deckblätter stehen Drüsenschuppen, die Glanduli lupuli, die Bitterstoffe enthalten und deshalb in der Bierbrauerei verwendet werden. Der Hopfen ist ein ausgezeichneter Schlinger, deswegen wird er in Hopfenfeldern an langen Drähten in die Höhe gezogen und so sind die Hopfenfelder in der Landschaft weithin sichtbar. Findet der Hopfen keine Kletterhilfe, dann überwächst er alles, was sich ihm bietet und schmückt so manchen Strauch. Mit seinen schönen weiblichen Hopfendolden eignet er sich gut als herbstlicher Schmuck in Kränzen, aber auch ganze Ranken können zur Dekoration auf herbstlichen Tafeln dienen.

 

Als Schlinger wachsende Pflanzen aus der Familie der Windengewächse (Convolvulacae) ist in unserer Vegetation die Zaun-Winde (Calystegia sepium (L.) R.BR.) mit den typischen, zarten Windenblüten in Weiß anzutreffen. Die Blüten sind trichterförmig, der obere Teil erweitert sich in einen flach ausgebreiteten Saum, der eine augenfällige Schaufläche darstellt. Als Bestäuber fungiert der abendaktive Windenschwärmer, der vor der Blüte schwebend mit seinem etwa sieben Zentimeter langen Rüssel Nektar saugt.

Als Einjährige werden bei uns die aus Mexiko und Mittelamerika stammende Purpur-Prunkwinde (Ipomea purpurea (L.) Roth) mit leuchtenden Purpurblüten (Abbildung 7) und runden Kapselfrüchten oder die aus dem tropischen Amerika stammende Himmelblaue Prunkwinde (Ipomea tricolor Cav.) mit wunderschönen Blüten (Abbildung 8) kultiviert werden. Bei diesen Arten entfalten sich den ganzen Sommer ständig neue Blüten in leuchtenden Farben und zieren jede Stütze. Allerdings müssen sie in unseren Breiten alljährlich aus selbst geernteten Samen gezogen werden.

 

Übrigens gehört in diesen Verwandtschaftskreis die Batate, auch Süßkartoffel genannt (Ipomea batatas (L.) Lam.). Sie ist in den Tropen eine wichtige Kulturpflanze mit zucker- und stärkereichen Wurzelknollen, die bei uns inzwischen auch sehr geschätzt werden.

Einheimisch ist in unseren Breiten das Wald-Geißblatt (Lonicera periclymenum L.) aus dem Verwandtschaftskreis der Heckenkirschen (Caprifoliaceae). Die Gattung Lonicera ist mit etwa 180 Arten auf der Nordhemisphäre und in den Anden verbreitet; sie wachsen als Sträucher, etliche Arten auch als windende Sträucher. Das Wald-Geißblatt ist als Schlinger in Gebüschen und lichten Wäldern zu sehen ist (Abbildung 9). Es zeichnet sich durch sehr elegante zweilippige Blüten mit langer Kronröhre aus (Abbildung 10). Diese stehen in wenigzähligen Blütenständen und blühen von unten nach oben auf. Die Bestäubung erfolgt nur durch Nachtschwärmer, die mit ihren langen Rüsseln mit einer Länge von ca. drei Zentimetern in die Kronröhren gelangen können.

Öfter zu sehen ist der Blauregen (Wisteria floribunda (Willd.) DC.), der aus Japan stammt. Verwandte Arten kommen in China und Nord-Amerika vor. Wisterien werden als die Schönsten aller blühenden, winterharten Lianen in unseren Breiten angesehen. Sie haben wunderbare, lang herunterhängende Blütentrauben und zieren jeden Zaun und jedes Gebäude (Abbildung 11). Meistens erscheinen die Blütenstände in großer Zahl (Abbildung 12). Die schönen hellvioletten Schmetterlingsblüten (Abbildung 13) verströmen einen schwachen Duft. Der Blauregen erobert große Flächen, aber nur, wenn er stabile Kletterhilfen findet. Das mitunter kaum zu bändigende Wachstum kann etwas reduziert werden, wenn im Hochsommer überzählige Triebe auf wenige Blätter eingekürzt werden.

Der Windenknöterich (Fallopia aubertii (Louis Henry) Holub), auch Silberregen genannt, aus der Familie der Knöterichgewächse, stammt aus Ost-Asien und ist als anspruchslose Zierpflanze zur Begrünung von Zäunen und Straßenböschungen beliebt, weil er sehr rasch größere Flächen bedeckt (Abbildung 14). Die kleinen weißen Blüten und dreiflügeligen Früchte (Abbildung 15) erscheinen in großer Zahl. Das rasante Wachstum sollte bei der Pflanzung bedacht werden. Nur durch einen konsequenten regelmäßigen Rückschnitt kann diese Liane in Form gehalten werden, ansonsten wird alles überwachsen, was sich in der Nachbarschaft befindet, sogar über 15 Meter hohe Nadelbäume (Abbildung 16).

Mit schönen fünfteiligen Blättern ist die Fingerblättrige Akebie, auch Blaugurkenrebe genannt (Akebia quinata (Houtt.) Decne.) sehr dekorativ. Sie gehört in die Familie der Fingerfruchtgewächse (Lardizabalaceae) und ist als stark wachsende Liane für Klettergerüste bestens geeignet (Abbildung 17). Die Gattung umfasst nur zwei Arten, die in Japan, China und Korea vorkommen und dort in Wäldern mit gemäßigtem Klima bis in Höhen von 1.500 Metern wachsen. Die Akebie bildet hellviolette Blüten, die männlichen haben sechs Staubblätter, die weiblichen drei Fruchtblätter aus denen sich gurkenähnliche Früchte entwickeln, die violett gefärbt sind. In warmen Sommern reifen sie bei uns aus und öffnen sich mit zwei Klappen. Dann sind die schwarzen Samen mit geleeartigem Mantel gut zu sehen (Abbildung 18). Im reifen Zustand kann das Innere der Frucht mit einem Löffel roh gegessen werden; es hat ein vanilleartiges Aroma. In der Heimat wird sogar das Fruchtfleisch geröstet oder gebraten, so wie wir Auberginen zubereiten.

Die Kiwipflanze, auch Strahlengriffel genannt (Actinidia chinensis Planch.) aus der Familie der Strahlengriffelgewächse (Actinidiaceae), kann Hauswände begrünen, so sie denn ein Klettergerüst vorfindet (Abbildung 19). Die Kiwipflanze zeichnet sich durch dünne Achsen aus, die sich um jedes erreichbare Hindernis schlingen (Abbildung 20). Im Gegensatz zum Hopfen schlingen die Triebe zur rechten Seite. Sie haben schöne, orangegelbe Blüten. Allerdings ist die Kiwipflanze zweihäusig, das heißt: männliche und weibliche Blüten wachsen auf zwei verschiedenen Sträuchern. Nur wenn sich diese in der Nähe befinden, kann eine Bestäubung, Befruchtung und Fruchtbildung stattfinden. Die Blattunterseiten, Achsen und Früchte sind filzig behaart. Die Kiwifrucht mit hohem Vitamin-C-Gehalt ist in allen Lebensmittelabteilungen der Supermärkte zu finden. Sie stammt wie die anderen 36 Arten dieser Familie aus Ostasien. Doch sie wächst auch in unserem Klima und bildet sogar Früchte (Abbildung 21).

Die Pfeifenwinde (Aristolchia macrophylla Lam.) aus der Familie der Aristolochiaceae ist die einzige der 300 Arten, die für die Gartenkultur in unseren Breiten ausreichend winterhart ist. Sie stammt aus Nordamerika und braucht bei uns einen sonnigen geschützten Standort, dann erreicht sie Höhen von etwa zehn Metern. Mit Hilfe ihrer dünnen Achsen schlingt sie sich um jede Kletterhilfe (Abbildung 22) und ziert jede Pergola mit ihren großen herzförmigen Blättern (Abbildung 23). Ihre Blüten sind klein, von der Form einer Pfeife und verströmen einen unangenehmen Geruch. Sie locken kleine Insekten – vor allem Fliegen und Mücken – an, die in die Blüte kriechen. Die Blüten werden als Kesselfallenblumen bezeichnet, denn sie haben in ihrer Blütenröhre nach unten zeigende Haare in der Art einer Reuse. Die Insekten kommen erst aus der Falle frei, wenn sie die Blüte bestäubt haben und die Reusenhaare den Ausgang freigeben. Blütenbiologisch ist dies ein sehr interessanter Vorgang. Meistens sind die Blüten unter dem Laub versteckt und werden deshalb kaum wahrgenommen.

 

Fazit

Kletterpflanzen können Wände, Mauern, Zäune begrünen und wunderbare Farben ins „Spiel“ bringen. Da sie auf ganz unterschiedliche Weise klettern, sollte vor der Pflanzung aus der Fülle der Kletterpflanzen die geeignete Art ausgewählt werden. Dabei ist zu bedenken, ob und welche Kletterhilfe benötigt wird, oder ob die ausgewählte Art aufgrund ihrer Wuchsweise Mauern und Zäune so erobern können, siehe dazu auch Teil 2 des Beitrags.

 

Autorin: Dr. Isolde Hagemann | Greenkeepers Journal 1/2017

 

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