Goldrute, Knöterich und Co.
Krautige Neophyten und problematische einheimische Arten
Neophyten sind Neubürger, die aus anderen Gegenden dieser Erde zu uns gelangten, sich bei uns angesiedelt haben und ausbreiten. Das klingt eigentlich nicht besonders aufregend, wären da nicht bei einigen Arten starke Ausbreitungstendenzen, wodurch diese zu einer Gefahr für unsere einheimischen Organismen und deren Lebensräume werden.
Neubürger können Tiere, Pflanzen, auch niedere Pflanzen wie Algen, aber auch pathogene Krankheitserreger sein, die Vielfalt der möglichen Arten ist groß.
Wie kamen und kommen Neophyten zu uns?
Seit Kolumbus verbesserte sich ständig die Navigations- und Schifffahrtstechnik, eine größere Reisetätigkeit war die Folge. Menschen, Tiere, Pflanzen auch als „blinde Passagiere“ werden bewegt. Dabei ist die Auswirkung der Invasion eurasischer Arten in Amerika, Australien und Neuseeland weitreichender als die Invasionen in Europa, da im hiesigen Klima tropische und subtropische Arten nicht oder nur schlecht gedeihen können.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich die Geschwindigkeit beim Vordringen von Arten in andere Regionen stark erhöht. Zuerst wurde die Gefährdung für die einheimische Vegetation auf ozeanischen Inseln erkannt, beispielsweise auf den Galapagos-Inseln. Hier besiedelt das Wandelröschen (Lantana camara L.) größere Flächen, das aber ursprünglich in Mexiko, Zentralamerika und im nördlichen Südamerika vorkommt. Auch die Guave (Psidium guajave L.), ursprünglich aus Südamerika stammend, besiedelt dort weite Flächen.
An den Küsten der Tropen hat sich die Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes (Mart.) Solms), eine tropische Schwimmpflanze, stark ausgebreitet; dies ist für die Schifffahrt problematisch.
In privaten Gärten und auch in Botanischen Gärten werden interessante und schöne Pflanzen aus aller „Herren Länder“ kultiviert. Aus diesen Gartenkulturen heraus können sich Arten ausbreiten, dann dienen Gärten als „Sprungbrett“ für eine weitere Ausbreitung in natürlichen Lebensräumen; sie finden Zugang in die einheimische Vegetation. Das gilt beispielsweise für die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis L.) und die Riesen-Goldrute (Soilidago gigantea Aiton), die Erdbirne (Helianthus tuberosus L.), den Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum Sommier et Levier).
Für etliche Arten dienen Flussläufe als Wanderwege. Die Erfolgsgeschichte vieler Neophyten wäre ohne Flussläufe nicht so groß. Beispiele für diese Ausbreitung sind das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera Royle), der Japanische Flügelknöterich (Fallopia japonica (Houtt.) Ronse Decr.) und der Sacchalin-Knöterich (F. sacchalinensis (F. Schmidt.) Ronse).
Krautige Neophyten-Arten auf Golfplätzen
Bei der Betrachtung von Golfplätzen fällt auf, dass die Anzahl der in Frage kommenden krautigen Pflanzenarten mit neophytischem Potenzial nicht besonders groß ist. Die wichtigsten neophytischen Gehölze haben wir bereits in einem Beitrag unter der Überschrift „Bloß nicht“ behandelt.
Das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera Royle) ist einjährig und wird als Therophyt bezeichnet. Es stammt aus dem westlichen Himalaya und wächst dort an Bachläufen in 2.000 bis 3.000 Metern Höhe. Es kam 1839 als Zierpflanze wegen seiner schönen Blüten (Abbildung 1), als sogenannte „Bauernorchidee“, nach England in Gärten. Inzwischen kommt es in Mittel- und Westeuropa an zahlreichen nährstoffreichen und feuchten Standorten vor (Abbildung 2).
Das Springkraut ist einjährig und breitet sich nur durch Samen aus, die in saftigen Früchten heranreifen (Abbildung 3). Bei Reife reißen die einzelnen Fruchtblätter an den Verwachsungsnähten bei kleinstem Druck oder Erschütterung (beispielsweise durch vorbeifahrende Lastwagen) auf. Sie rollen sich wie winzige, windende Schlangen zurück und schleudern die kugelförmigen Samen wie kleine Schrotkugeln heraus. Durch diesen Schleudermechanismus können die Früchte ihre Samen bis zu sieben Meter weit weg katapultieren. Sie werden als „Saftdruckstreuer“ bezeichnet. Eine Pflanze produziert innerhalb von drei Monaten etwa 1.600 bis 4.300 Samen, deren Keimfähigkeit bei etwa 80 Prozent liegt, und die mehrere Jahre erhalten bleibt. Stehen die Pflanzen in Reinbeständen, beispielsweise an Flussläufen (Abbildung 4), dann sind bis zu 32.000 Samen pro Quadratmeter Boden zu finden. Das Drüsige Springkraut kann bei konsequenter Entfernung oder Schnitt nach Beginn der Blüte relativ leicht entfernt und seine weitere Ausbreitung eingedämmt werden.
Beide Flügelknöterich-Arten, der Japanischer Flügelknöterich (Fallopia japonica (Houtt.) Ronse Decr.) und der Sachalin-Knöterich (F. sachalinensis (F. Schmidt.) Ronse) stammen aus Ostasien. Sie wachsen dort in Auwäldern, auf Flussbänken, Fels- und Schutthalden und Lavafeldern. Sie kamen 1823 nach Europa und dienten als Zierpflanze in Gärten und Parks, aber auch als Viehfutter, zur Uferbefestigung und zur Begrünung von Halden. Die beiden Knöterich-Arten sollen große Mengen Schwermetalle aufnehmen können.
Inzwischen kommen die beiden Arten in Nord-Amerika, Mittel- und Westeuropa, Süd- und Südosteuropa vor. Sie bevorzugen Standorte mit guter Nährstoffversorgung und Feuchtigkeit (Abbildung 5).
Der Flügelknöterich bildet nach der Blüte (Abbildung 6) geflügelte Früchte, die vom Wind verbreitet werden. Die Ausbreitung erfolgt aber hauptsächlich durch Spross- und Rhizomteile, die mit dem Wasser transportiert werden, aber auch bei Erdarbeiten werden Rhizomteile verschleppt. Die Flügelnuss übertrifft einheimische Arten durch ihre beachtliche Wuchshöhe, zudem sorgt die zweizeilige Beblätterung für starke Beschattung der benachbarten Pflanzen (Abbildung 7). Die Rhizome verzweigen sich in viele Richtungen, sogar kleine Rhizom- oder Sprossfragmente können zu neuen Pflanzen heranwachsen.
Durch regelmäßigen Schnitt mit etwa vier Einsätzen pro Jahr über viele Jahre verringert sich der Austrieb, was bereits nach zwei Jahren festzustellen ist.
Die zwei Goldruten-Arten – Riesen-Goldrute (Solidago gigantea Aiton) und Kanadische Goldrute (S. canadensis L.) – kommen vom Tiefland bis in mittlere Gebirgslagen in Nord-Amerika vor. Sie wachsen dort in sommerwarmen Gebieten, an Bahn- und Straßenböschungen, in Brachflächen und brachgefallenen Gärten, Wiesen, Äckern, Magerrasen und Weinbergen.
In Europa wurden die beiden Arten als Zierpflanzen in Gärten durch den Menschen gepflanzt, die als Ausgangsorte für ihre Ausbreitung gelten. Die beiden Goldruten-Arten bilden reich verzweigte Blütenstände (Abbildung 8) mit zahlreichen kleinen Einzelblüten, aus denen sich Früchte mit einem Haarschopf, der dem des Löwenzahnes ähnelt, entwickeln. Die Ausbreitung erfolgt mittels zweier Strategien: Die Früchte werden durch Wind ausgebreitet, eine effektive Fernausbreitung. Durch klonales Wachstum mit kurzen Ausläufern werden die Standorte sehr nachhaltig besetzt, es entstehen dichte Bestände (Abbildung 9).
Pro Fruchtstand werden ca. 21.000 Früchte gebildet. In der Samenbank im Boden befinden sich etwa 17.000 Diasporen pro Quadratmeter. Eine zweimalige Mahd pro Jahr über einen längeren Zeitraum führt zu einer Schwächung der Bestände.
Dominanzbestände von einheimischen Arten
Auch bei uns einheimische Arten können bei für sie besonders günstigen Lebensraumbedingungen große Bestände bilden und sich stark ausbreiten. Als Beispiel sei der Adlerfarn (Pteridium aquilinum (L.) Kuhn) genannt, der weltweit vorkommt, nur nicht in Wüsten und in der polaren Zone.
Er wächst in lichten Wäldern und an Waldrändern und bildet dort hohe, dichte Bestände. Er bevorzugt artenarme Eichen-Birkenwälder, Kiefernwälder, Kiefernforste, Waldschläge und auch Waldsäume. Vorzugsweise siedelt er auf sauren, feuchten bis frischen Böden.
Auf Golfplätzen kann er sich in waldähnlichen Beständen über weite Flächen ausbreiten und die Spielbahnen säumen (Abbildung 10).
Der Adlerfarn bildet in der obersten Bodenschicht nahe der Oberfläche schuppige oder behaarte Kriechsprosse, sogenannte Rhizome, mit denen er sich stark ausbreiten und an geeigneten Standorten dichte flächendeckende Bestände bilden kann. Die gefiederten Farnblätter sind im jungen Stadium nach innen eingerollt und so während ihrer Entwicklung geschützt (Abbildung 11). Sie können eine stattliche Höhe von etwa zwei Metern (Abbildung 12) erreichen. Im Herbst werden sie braun und sterben ab (Abbildung 13), treiben jedoch in jedem Frühjahr aus den unterirdischen Rhizomen wieder aus.
Durch ihren dichten Wuchs ist eine natürliche Verjüngung von Bäumen kaum möglich. Als Farn bildet er keine Samen sondern Sporen, die beim Adlerfarn an den Rändern des großen Fiederblattes – Farnwedels – entstehen.
Bisher wurde mit Herbiziden versucht, die Bestände zu reduzieren, allerdings ist die Verwendung nicht mehr erlaubt. Eine mechanische Bekämpfung zeigt nur geringe Erfolge. Da der Adlerfarn auf sauren Substraten wächst, könnte mit Kalk versucht werden, die Bestände zu reduzieren.
Eindämmung der Ausbreitung von Neophyten
Bereits wenn erste Exemplare oder kleine Gruppen von Goldrute, Springkraut und Knöterich oder Adlerfarn auf Golfplätzen beobachtet werden, sollte diesen Arten besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. In jedem Fall muss eine spezielle Strategie zur Verhinderung der weiteren Vermehrung entwickelt werden, denn diese Arten haben das Potenzial, sich schnell auszubreiten. Deshalb ist es wichtig, im frühen Stadium Arten mit invasivem Potenzial zu erkennen und ihre Ausbreitung zu verhindern. Sonst können sehr schnell größere Flächen besiedelt werden. Es sollte das Motto gelten: „Wehret den Anfängen.“
Einjährige oder ausdauernde Neophyten?
Zur Begrenzung der Ausbreitung von Neophyten ist es ganz wichtig, zu wissen, ob es sich um einjährige oder mehrjährige Arten handelt und welche Ausbreitungsstrategie sie verfolgen, nur dann kann eine erfolgversprechende Methode angewendet werden.
Mehrjährige Arten sind oftmals mit zwei verschiedene Ausbreitungsstrategien erfolgreich: Effektive Fernverbreitung mit Samen oder Früchten und eine Ausbreitung durch klonales Wachstum mit Ausläufern und Rhizomen, die zu einer nachhaltigen Standortbesetzung führt.
Bei einjährigen Arten ist durch Schnitt vor der Blüte zu verhindern, dass sie sich durch Samen oder Früchte ausbreiten.
Fazit
Je früher mit der Bekämpfung von Neophyten und Dominanz-Beständen begonnen wird, umso aussichtsreicher ist eine erfolgreiche Bekämpfung. In jedem Fall ist eine konsequente Durchführung der eingeleiteten Maßnahmen besonders wichtig, weil sonst eine erneute Ausbreitung sehr schnell stattfindet.
Autorin: Dr. Isolde Hagemann | Greenkeepers Journal 2/2019