Teil 3: Schadsymptome von U bis Z
Gefahrenbäume: Schadsymptome an Bäumen von A bis Z
Vitale Bäume im Vergleich mit Gefahrenbäumen mit Schadsymptomen wurden in Teil 1 und Teil 2 von A bis S behandelt, hier folgt nun die Fortsetzung.
Die hier aufgeführten Defekte haben sehr unterschiedliche Bedeutung im Leben eines Baumes. Nicht alle Defekte bedeuten eine akute Gefahr, sie sollten aber registriert werden und im Zweifelsfall von einem ausgebildeten Baumpfleger beurteilt und untersucht werden. Schließlich gilt es zu bedenken, dass auf Golfplätzen die Verkehrssicherheit zu gewährleisten ist, denn ein herabfallender Ast oder ein umstürzender Baum können für Personal, Spieler und auch Besucher eine Gefahr bedeuten, die es zu verhindern gilt.
Baumschäden/Defektsymptome mit Bildern in alphabetischer Reihenfolge
(dazu siehe auch Mattheck 2007 und ZTV-Baumpflege 2017)
Unglücksbalken
Spaltet sich ein Ast beidseitig auf, dann spricht man von einem Unglücksbalken. Bei vitalen Bäumen können an diesen Stellen Wundholz gebildet und die offenen Flächen verschlossen werden (Abbildung 1). Äste mit statisch problematischer Verzweigung und Wuchsweise (Abbildung 2) sind geradezu prädestiniert aufzureißen.
Ein Unglücksbalken entsteht durch Zugspannungen, die quer zur Faserrichtung verlaufen, wenn Äste zu schwer werden (Abbildung 3). Deshalb ist es wichtig, überlange Äste einzukürzen, bevor es zur Spaltung kommt. Wie der Name sagt, sind gespaltene Äste gefährlich, für Vögel sind sie das offensichtlich nicht, denn sie nutzen einen Unglücksbalken als Platz zum Nestbau (Abbildung 4).
Unterkrone
Bei älteren Bäumen kann die Vitalität nachlassen. Dies wird sichtbar, wenn im oberen Kronenbereich der Zuwachs schwächer wird (Abbildung 5). Oftmals bildet der Baum dann eine sogenannte Unterkrone und zeigt auf diese Weise an, welche Teile der Krone er noch ernähren kann (Abbildung 6).
Verdickter Stammfuß
Ist der Stammfuß verdickt, so ist dies ein deutlicher Hinweis auf eine Schädigung des Baumes (Abbildung 7). Ganz an der Basis dieser Rotbuche sind bei genauem Hinsehen die Fruchtkörper des Brandkrustenpilzes zu sehen (Abbildung 8). Bei einem solchen Befund ist Gefahr im Verzug.
Veredelungen
Wurde ein Baum veredelt – ein Reis auf den jungen Stamm gepfropft - dann ist es entscheidend, dass die beiden Partner zueinander passen, insbesondere in ihrem Wuchsverhalten. Wird beispielsweise das Reis einer stark wüchsigen Silber-Linde auf eine Winter-Linde gepfropft, dann kann die Silber-Linde über die Unterlage hinaus wachsen und aufgrund ihres Gewichtes abbrechen (Abbildung 9). Bei weiterem Wachstum kann sich ein Riss in der Unterlage und der gepfropften Krone bilden, wodurch sich die Gefahr noch weiter verstärkt (Abbildung 10).
Vergabelungen, Zwiesel
Bäume können sich in zwei etwa gleichstarke Stämmlinge gabeln. Dabei wird unterschieden zwischen Zugzwieseln (U-förmiger Zwiesel) und V-Zwieseln. Bei einer U-Vergabelung sind die Stämmlinge voneinander weg optimiert (Abbildung 11). Da sie keine eingeschlossene Rinde haben, sind sie kaum ausbruchgefährdet. Bei einer V-Vergabelung stehen die beiden Stämmlinge in einem spitzen Winkel zueinander (Abbildung 12).
Ist bei einer V-Vergabelung die Rinde eingeschlossen (Abbildung 13), dann gilt sie als instabil und ist bruchgefährdet. Durch die Belastung der beiden Stämmlinge kann es zu einem Zwieselriss kommen (Abbildung 14). Hier ist Gefahr im Verzug, der Baum sollte gefällt werden.
Wird nicht zeitnah reagiert wird der Zwieselriss vollzogen (Abbildung 15). Druckzwiesel entstehen aus einer V-Vergabelung, wenn sich die Stämmlinge gegenseitig quetschen und Rinde einschließen, was wie ein Riss wirkt. Der Riss wird beim weiteren Wachstum durch um den gesamten Stamm herum wachsende Jahresringe verschlossen, es bilden sich kleine Ohren, dieser sogenannte „Druckzwiesel“ ist relativ sicher. Hingegen gilt ein Druckzwiesel mit nur wenigen verschweißten Jahrringen und großen Ohren als ausbruchgefährdet (Abbildung 16).
Verschweißungen
Äste und auch Stämmlinge können, wenn sie sich im Laufe ihrer Entwicklung berühren, miteinander verwachsen (Abbildung 17). Hat sich diese Verschweißung über lange Zeit entwickelt, dann bildet sich eine stabile Verschweißung (Abbildung 18), die „Kuss“ genannt wird. Diese ist besonders wichtig, wenn sich an der Basis der beiden Stämmlinge eingeschlossene Rinde zeigt. Im Bereich von Wurzeln gibt es sogar Verschweißungen zwischen zwei verschiedenen Bäumen (Abbildung 19).
Weißfaules Holz
Werden im Holz durch Fäulnis Lignin und Hemizellulose abgebaut, dann wird das Holz weich. Es bekommt eine weißliche Farbe und faserige Konsistenz (Abbildung 20).
Windwurf
Bei starkem Wind können Bäume mit ihrem gesamten Wurzelteller herausgehoben werden (Abbildung 21). Am Rand des Wurzeltellers sind abgebrochene dicke Wurzeln und herausgerissene dünne Zugwurzeln zu sehen (Abbildung 22).
Würgewurzel
Bei verdichtetem Boden können sich an der Bodenoberfläche Wurzeln entwickeln, die um die Wurzelanläufe und den Stammfuß des Baumes wachsen, was zu Einschnürungen führen kann (Abbildung 23). Mitunter können Würgewurzeln sogar den Nachbarbaum umwachsen (Abbildung 24).
Wundholz
Am Rande von Wunden entsteht bei Verletzungen des Kambiums Wundholz, auch Überwallungswulst genannt. Je nach Vitalität des Baumes kann die Überwallung zum fast völligen Verschluss der Wunde führen (Abbildung 25).
Dieses Wundholz zeichnet sich durch eine besondere Struktur aus. Es wird gebildet entweder von den Rändern ausgehend oder auf der Fläche als Flächenkallus. Dieser kann entstehen, wenn frische Anfahrschäden schnell behandelt werden. Dazu ist zunächst neben dem Riss (Abbildung 26) die lose Borke zu entfernen und dann die Wunde mit Folie abzudecken (Abbildung 27).
Wurzelteller
Steht ein Baum auf stark verdichtetem Untergrund, dann können seine Wurzeln nicht tief genug in den Boden eindringen. In solchen Fällen wachsen die Wurzeln ein ganzes Stück auf der Bodenoberfläche (Abbildung 28). Insbesondere in Rasenflächen können diese Wurzeln leicht durch Rasenmäher beschädigt werden; das sind dann ideale Eintrittspforten für Sporen holzzerstörender Pilze.
Zuwachssstreifen
Riss mit deutlichen Zuwachsstreifen, zu erkennen an der helleren Farbe – sie sind noch nicht verwittert – müssen als aktive Bereiche eines Schubrisses angesehen werden (Abbildung 29).
Zwieselbruch
Siehe oben „Vergabelungen“ sowie die Abbildungen 14/15.
Fazit
Defekte an Bäumen bedürfen besonderer Beachtung, damit es nicht zu Schäden kommt. Bei der Beurteilung, wer für den Schaden an Gegenständen oder im schlimmsten Fall an Personen verantwortlich ist, wird zur Aufklärung in der Regel ein Baumsachverständiger hinzugezogen. In diesem Fall ist es von großer Bedeutung, dass belegt werden kann, dass der jeweilige Baum regelmäßig kontrolliert wurde und bei Verdachtsmomenten die notwendigen Maßnahmen durchgeführt wurden.
Selbst bei Schäden, verursacht durch einen Sturm mit hohen Windgeschwindigkeiten, wird im Schadensfall geprüft, ob der Schaden schon vorher bestanden hat und deshalb „vorhersehbar“ war und wer für die Verkehrssicherungspflicht auf dem Golfplatz zuständig ist. Die Hoffnung, dass die Versicherung Schäden durch Stürme mit hohen Windgeschwindigkeiten schon ausgleichen wird, muss sich nicht unbedingt erfüllen.
Da seit einigen Jahren immer öfter starke Stürme – auch mit hohen Windgeschwindigkeiten mit Windstärken über 8 und orkanartigen Böen – auftreten, sollte der Baumbestand gut betreut werden.
Das oftmals geäußerte Argument – bei Sturm spielt doch keiner Golf – ist zwar richtig, aber es können auch nach dem Sturm noch Schäden auftreten, wenn im Baum hängende, abgebrochene Äste herunterfallen oder durch Sturm gelockerte Bäume umstürzen.
Die hier aufgezählten möglichen Defektsymptome von A bis Z sind zur Veranschaulichung mit Bildern versehen. Die Liste der Defekte ließe sich weiter ergänzen.
Die angeführten Schadsymptome sollen die Aufmerksamkeit der Zuständigen auf mögliche Schäden lenken und als Hilfestellung für die Beurteilung des Zustandes der Bäume auf dem Golfplatz dienen.
Am sichersten ist es für die Verantwortlichen, den Baumbestand im Rahmen eines Managementplanes begutachten zu lassen. Sinnvollerweise sollte anschließend in einem Baumkataster der Bestand erfasst, regelmäßig kontrolliert und gepflegt werden. Das Ergebnis ist ein schöner und vor allem aber sicherer Baumbestand.
Literatur
MATTHECK, C., 2007: Aktualisierte Feldanleitung für Baumkontrollen mit Visual Tree Assessment. Forschungszentrum Karlsruhe GmbH.
Umweltamt, 2013: Höhlenbäume im urbanen Raum. Teil 2, Leitfaden. Magistrat der Stadt Frankfurt a. M.
ZTV-Baumpflege, 2017: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege. FLL - Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung e.V.
Autorin: Dr. Isolde Hagemann | Greenkeepers Journal 3/2019